Auf der schiefen Ebene.
Archiv des Autors: phyllis
Blitzbeobachtung
Wann Sie wissen, dass Sie Ihre Empfindsamkeit zu sehr hochgezüchtet haben? Wenn Sie anfangen, sich bei Ihren Küchenkräutern zu entschuldigen, bevor Sie sie abschneiden.
Oder sich gar nicht erst dazu entschließen können. Passiert mir andauernd.
Notiz an mich selbst:
Alles doppelt anpflanzen. Eins darf glücklich wachsen, das zweite wird geerntet.
Na, das wollten Sie doch wissen, oder?
Übermütig, Ihre:
Mme TT
Wolpertingerlesen, 1
… und sobald mir der Roman eine Pause lässt, schreib’ ich auch darüber, wie er sich liest!
Zumindest ist das die Vornahme. Weil “Wolpertingerlesen” einfach eine zu gute Rubrik wäre, um sie wieder zu vergessen, nun, nachdem sie mir eingefallen ist.
Das Buch jedenfalls ist beruhigend dick. Und beunruhigend geist:reich. So viel lässt sich immerhin schon mal sagen, ohne allzulang aus der Sonne gehen zu müssen.
Wohin Madame jetzt zurückkehrt.
*Lächelt*
Schleifen lassen
(Die ersten Brummfliegen.)
Draußen der zart gefältelten Päonie beim Blühen Gesellschaft leisten, dabei an hartsilberne Rosen und Kavaliere denken. Denken, dass eine Figur wie die Marschallin so zeitlos, trotz aller –
Seltsam, wie mir grad’ dazu Léa einfällt, große Frauenfigur in Colettes „Cheri“. Die weiß auch, wann es Zeit ist, ihren Laffen geh’nzulassen. Ebenso wie die Marschallin Octavian ihre Warnung hinsingt, die sie eigentlich an sich selbst richtet und die mir das Herz straucheln lässt:
Taverl, umarm’ Er nicht zu viel. Wer allzuviel umarmt, der hält nichts fest.
Wünschte nur, ich könnte schneller schreiben als Erinnern, aus durchtränkten Zellen herausschreiben. Wann werd’ ich wohl wieder leicht, mon coeur?
Entsperren.
Und Rechnungenschreiben. Tipptipp, Ernte einfahren.
Liyu, meine chinesische Freundin, sms’t gerade, sie erwarte mich Mitte Juli in Paris. Das ist die Frau, die mir bei ihrem letzten Aufenthalt in China einen Signierstempel mit meinen Initialen hat anfertigen lassen, aus Speckstein.
(Goldiger Name für einen Stein, fast wie zum Ablecken.)
Wie lang schon nicht mehr „wir“ geschrieben: Muss das wieder üben. Wir, wir.
Da war doch was.
Schwebendes.
Immer schön alle Bälle in der Luft halten, Kleines. Kannst Du doch, darfst nur nicht einschlafen.
(PARIS!)
((Noch fünf Wochen.))
Stützkonstruktionen
(…)
(((Sorry, TT hochgradig abgelenkt dieser Tage, bitte sehen Sie’s mir nach, ich komm’ verstärkt zurück!)))
Lieber Fron als Leichnam
Wer lugt denn da herein
Zum Workshop für die Autorinnen und Autoren der so genannten “Bibiothek der Generationen”, den ich zweimal jährlich im Auftrag des Historischen Museums abhalte, hat sich mit der Zeit eine kleine feste Gruppe zusammengefunden. Wenn Sie genau hinsehen, erkennen Sie Herrn XY, wie er von draußen erst einmal vorsichtig das Arbeitsumfeld sondiert.
Die Kursleiterin ist noch angeschlagen, hat aber beschlossen, diesem Zustand nicht weiter Rechnung zu tragen. Aus leisem trotz (Ich schreib’ den extra klein, er schwankt nämlich gerade) hab’ ich beschlossen, heute mein neues Trainingsprogramm zu beginnen. Der Athlet, gestähltester unter meinen Vertrauten, hat sich bereit erklärt, meinen von Arbeit und Herztaumel der vergangenen Monate geschwächten Körper wieder in Form zu bringen.
Argh.
In dreißig Minuten geht’s an die Hanteln.
Mein Schreibkurs beginnt um halb sechs.
Wie sich ersteres auf zweiteres auswirken wird, wage ich momentan kaum, mir vorzustellen ; )
Fiep
Madame ist kränklich. Leider muss sie die ab heute drei Tage Seminar halten, doch glücklicherweise erst ab fünf. Also zieht sie jetzt die Laufklamotten wieder aus, die sie morgens ganz automatisch als erstes überstreift und legt sich mit ihrem Laptop zurück ins Bett.
Falls Sie gesund und wohlgestimmt am Schreibtisch sitzen sollten, schicken Sie mir im Geiste was Wolliges, ja? Merci.
Un nu’ ab in die Horizontale. Damit meine wunderbare Schreibgruppe später keinem blassen Bündel Lauch gegenübersitzt.
Guten Montag, allerseits!
Herzlich:
TT
Farah Days Tagebuch, 31
Freitag, 29.Mai 2015
mein leben als stapel
ich bin so groß. doch so gut ich mich auch schichte, die hohlräume werden nicht kleiner.
: wie gewandt der fremde mit den kids umging, da konnten wir uns alle ein blatt rausnehmen. die kriegten sich kaum noch ein!
einer kleinen, pickeligen, die sich weigerte, lieh er seinen kopf wie eine vorratskammer:
s o macht man das.
hat ihre abwehr notiert, als ob sie ein text wäre und ihre abwehr wurde ein text und sie schrie: “das dürfen sie nicht aufschreiben, was ich schreie” und er ließ sich gar nicht beirren, notierte auch das, gab ihr das blatt und sie zappelte und las und sagte schließlich:
„okay.“
– geht’s denn je um etwas anderes? sich sein blatt zu eigen machen. darum drehen wir uns. jenen, die’s nicht können, leihen wir unsere köpfe als zwischenlager.
wir sind jäger und stapler.
mein leben als stapel begann vor langer zeit, da war ich noch nicht hoch; seitdem wachse ich. ich seh’ viele von meiner art. nur wenige von uns sind stabil.
ich selbst hab’ gewellte blätter, auch demolierte; auf kante kriegt man mich nicht mehr.
die hölle, das sind die anderen: die noch dazwischenzukriegen. aus liebe oder solidarität. andere gründe lasse ich nicht gelten.
stapelleute, die alles auf kante haben, weisen die Gewellten natürlich zurück. könnte was durcheinanderkommen, ihr wollt nicht neu gemischt werden, stimmt’s? ein anständiger stapel tut sowas nicht.
ihr müsst aber.
sonst lebt ihr im rechteck.
ich sag’ euch das nicht gern.
also, weiter. an meiner verständlichkeit muss ich noch arbeiten, weiß ich. ich hab mich nass gemacht, meine schriften vermengen sich, gefühle pappen aufeinander als gehörten sie zusammen. das ist euch doch nicht fremd?
ich mag mein leben als stapel nicht mehr, will in die fläche.
fläche
(komm’ doch mit. breite dich aus.)
nur noch ein einziges, riesiges blatt.