Farah Days Tagebuch, 17

Sonntag, 20. Oktober 2013

(Seit neun Tagen schizophren, danke, gut)

[… ] weigerst dich einfach zu sehen, dass ich es nie wagte, zu glauben, dass es auf mich ankäme. Musste mir das immer von anderen leihen, von dir zumeist, von Hütern, von Fremden. Niemand ist, wo ich bin. Ich, das sind immer die anderen; wer wüsste das besser als
– Du?
Nein, Du!
Wie läppisch wir sind.
Nehmt uns was weg, damit wir zu schreien lernen.

Liegt die Kraft wirklich im Mitfühlen und Einmischen? Außerhalb der Käfige und Bühnen tobt der Stellungskrieg, nur die Aufklärer haben bei uns einen guten Job, alle anderen verheizen sich. Niemand aus dem Dazwischen kommt jemals irgendwo raus; es gibt kein Raus.
In meinem Kopf die Stimme, immerzu leiert sie: compare, compare, compare, stunden- und tagelang, wieso sie Englisch spricht, ist mir nicht bekannt, viel weniger noch, mit was denn zu vergleichen ich aufgefordert werde. Mein Kopf ist ein bootcamp.
I would prefer not to
(love you, Bartleby)

Wir schaffen uns Meisen an in der Hoffnung, die würden die Originalmeisen neutralisieren, nicht wahr, Kampfmeisen, gewollte, stilisierte, getunte Meisen, die darüber hinwegpiepen sollen, wie verkorkst wir schon waren, als wir noch gar nichts dafür konnten

Käfige und Bühnen baue ich euch, sehr kleine. Sie kommen im Doppelpack, ein Käfig und eine Bühne, hängt sie nebeneinander ins Schlafzimmer, von der Decke. Sie sind leer und leuchten im Dunkeln. Nur so als Erinnerung.

„Hab’ ich jemals…?“
Noch so ein Satz, den ich nicht mehr hören will!

Ich hingegen liebe einen, für den wäre etwas Lebendiges zu unterlassen die größte Sünde von allen; er würde alles tun, nein, er wird alles tun…
Lass ihn.
Mach ich doch.
(„… Hast du heute schon über das Wort „immerzu“ nachgedacht?“)

Ruhe, Ihr. Was seid ihr nur für ein Pack, immer noch vom Fruchtwasser weichgespült, ich kann’s nicht mehr hören. Leckt euch endlich trocken. Scheiß Memmen. Echt aber.
Alles ist Botschaft! Alles! Wie solle eine das aushalten? Wie mache eine, dass sie nicht überglüht, vor lauter?
Indem sie formt!
Ah… das große Multilind, den letzten Eisbrecher, die getarnteste Kappe, such’ dir was aus. Es gibt kein Draußen, versteh’ das doch endlich, mein Dappes, du bist der Universalerneuerer, bist Teer und Federn, die Original- und die Kunstmeise. Vergolde dich.

– Hä?

Ich spreche von Wertschätzung.
– Ich nie!
Das ist es ja. Da liegt der Hase im Pfeffer und dort, leider, gefällt es ihm einfach zu gut, obwohl er eine blutige Nase hat vom Niesen, seit Jahren schon.
Hört’ mit den Scheißtiervergleichen auf. Denkt doch an alle diejenigen, denen es schlechter geht als euch, denkt daran, wie scheißunfair die Scheißressourcen verteilt sind, manche kriegen nur Neins ihr Leben lang und selbst das Nein müssen sie bewachen! Ihr suhlt euch in euren Pri

Halts Maul.
Okay, lasst uns erstmal frühstücken.

Comparecomparecomparecomparecomparecomparecomparecomparecomparecomparecomparecomparecompare

Farah Days Tagebuch, 16

Ich habe viel, wie im Rausch, geschrieben. Die verdammten Texte kommen alle in den alten, hölzernen Kasten, den ich in einem Haufen Sperrmüll auf der Straße gefunden habe. Wenn alles geschrieben ist, nehme ich den Kasten, fahre auf’s Land, suche mir ein leeres Feld und verbrenne ihn. Die Nacht wird feucht sein, doch ich kenne mich aus mit Feuer. Die Ascheflöckchen werden aufsteigen. Ich werde zusehen, wie sie in der Luft verglimmen und dann

Farah Days Tagebuch, 14

Montag, 9. September 2013

Schall und Rauch

Meine Liebe, du hast alle Zeit der Welt.
Die Dinge, die ich von Hand auf Zettel schreibe, sind jene, die nicht von alleine haften. Unzuverlässiges Zeugs.
Meine Hände altern schneller als der Rest meines Körpers, meine Ideen altern schneller, als die Zeit lang ist. Ich war der Freiheit immer troy, nun stellt sich heraus, sie ist ein riesiger, komplett leerer Parkplatz. Niemand greift sie an, niemand da außer mir. Ich parke trotzdem immer auf der gleichen Stelle, leg’ die verdammte Parkuhr an die Windschutzscheibe, obwohl keiner kontrollieren kommt. Mir egal; ich bestehe darauf.
Immer bin ich gewahr. Deswegen die Vorsicht. Vor-sicht: das, was man sieht, bevor man sieht.

„Dein Schlafzimmer“, moniert er, „sieht aus wie eine Krankenstation, die Kissen, dies gebrochene Weiß und Grün.“
„Ich brauche Sicherheit zum Einschlafen“, sage ich.
„Lass uns zu mir gehen“, sagt er, „hier kann man nicht dreckigsein.“
Ich mag weiß, sauber und Stille. Am allermeisten Stille. Lautloses Gleiten. Der Herbst tändelt schon in den Ecken, ich weiß nicht, ob ich diesmal gut vorbereitet bin, immernochmehr Türen, die sich nicht schließen lassen.

Eigenmächtig.

Was für ein unheimliches Wort.

„Sie ist mein Lieblingsmensch“, sagt er zu der Frau. Ich stehe dabei.
Die Frau lächelt, sieht mich an, sagt: „Oh, ich glaube, sie ist so eine, die der Lieblingsmensch von vielen ist.“
Er nimmt mich in den Arm. „Ja“ sagt er. „Nur ihr eigener nicht.“
„Vielleicht mögt ihr mich deswegen so gerne“, sage ich. „Ich nehme mir nichts heraus.“

Ich nehme mir nichts heraus, ich maße mir nichts an, ich bin frei. Mein Parkplatz ist der größte von allen.
Er
Ist
Unheimlich
Groß.

Selbst wenn …
… doch das sag’ ich nicht.

Auf einem anderen Zettel steht:
Bist Du derjenige, der meine Flucht aufhalten wird?

Die Raupe Stück für Stück, die mit ihrer Körperlänge die Welt ausmisst. Ausdehnen, Zusammenziehen, Atmen. Kann ich alles. Nur die Klebefüßchen unten an der Raupe, die bewirken, dass sie mit Ausdehnenzusammenziehenatmen vom Fleck kommt: die fehlen mir. Vielleicht muss ich von vorne anfangen. Einen ersten Punkt entdecken, an dem ich haften
bleiben
wollen
würde.
So viele Zettel. Unterscheidungen. Verschenkungen. Wer will schon besitzen? Von fern ein Geheul.

Die Hölle, das sind die Anderen.
Read my stitches. Replace me. Take over.

Meine Zunge schmeckt süß, wie frisch gemäht, seitdem ich nicht mehr rauche, und der Wind, der Wind, fährt mir ins Maul hinein. Wer will da noch atmen.

Alles ist immer anders.
Alles ist immer neutral.
Alles ist immer gleichzeitig.

Ich wähle mich. Und Euch. Und von einer Sekunde auf die andere schnurrt der Parkplatz auf die Größe eines Raupenkörpers zusammen. Man misst immer nur sich selbst, in allem, was fremd und anders ist, misst man nur sich selbst.
Die Welt, meine Kleine, mein Littelwitsch, ist nicht größer als Du.

Farah Days Tagebuch, 13

Samstag, 6. Juli 2013

Ich könnte mir jeden Tag etwas Neues erlauben. Es könnte auch sein, dass ich alles ziehen lasse, von dem ich dachte, es gehörte unabdingbar zu meinem Ich, mir stattdessen andere Dinge angedeihen lasse. Schwer, natürlich. Es darf jetzt auch mal soweit kommen, dass es mir scheißegal ist, ob mir etwas zusteht oder nicht, wenn ich es einfach will, wenn es einfach auftaucht. Dieser Wille. Der geheimnisvolle. Immer hadere ich damit herum, dass es die Augen der Anderen sind, die ihn errichten. Wie es mich manchmal provoziert, wenn sie einen so starken haben, dass er ihre Gesichtszüge verzerrt: als müsse immer, bei aller Anstrengung, allem Wollen, die Kack-Fassade gewahrt bleiben. Bullshit. Wer ist schon souverän, wenn wirklich etwas auf dem Spiel steht. Niemand. Also. Siehst Du Farah. Wenn mir etwas wichtig ist, soll es mich verzerren dürfen, mein Gesicht, meinen Trott. Es ist nicht schlimm, verhaltensauffällig zu sein, jedenfalls nicht so schlimm, wie sich die Vorstellung davon anfühlt.

Aus dem Maul der toten Ziege steigen eines Nachts die little people und spinnen eine Puppe aus Luft.
Haruki Murakami hat auch keine Angst vor seiner Vorstellungskraft. Und der, wette ich, ist in Japan noch viel mehr auf Anpassen gedrillt worden, als kleiner Junge, als ich mir vorstellen kann.
Das Wort angelegentlich häufiger verwenden.
Das Wort unschlüssig wieder in den Wortschatz aufnehmen.
Dem Fluss mehr Bedeutung beimessen, Sachen nur auf Vorrat tun, wenn’s nicht anders geht, ansonsten lieber regelmäßig.
Sinnstiftung, Dschinn-Stiftung, Dschinnftung: wenn Worte sich kneten lassen, lässt sich auch Wirklichkeit formen.
Die Sache mit den Vorbildern: es könnte auch so sein, dass man sich klammheimlich damit begnügt, dass andere die tollen Dinge machen, klugen Ideen ausschwärmen lassen, dringenden Entschlüsse fassen. Als ob die Vorbilder zu Stellvertretern würden, die eigenes Handeln überflüssig machen.

Zwischen ich will alles haben und ich kann auf alles verzichten liegt die große, weite Landschaft der Sozialverträglichkeit, die Bundesgartenschau der Mäßigung. Der erste Preis für die schönste Hecke wird millionenfach vergeben.
Hecken schützen, Heckenschützen, Hägen Schudts. Fast schon Eiscreme. Worte lassen sich kneten, man muss nur auf Vorbilder verzichten, dann ist es ganz leicht.
Einen Sommer lang. Mich anrühren lassen. Mir vorstellen, ich meine wirklich, dass alles Vorgestellte nur ein Paravent vor dem Brodeln des Ungeformten ist und selbst wenn man ihn wegnähme und versuchte, in das Brodeln einzudringen, klappte schon der nächste hoch. Wer noch denkt, verpasst das Unmittelbare. Hören wir auf zu denken.

Farah Days Tagebuch, 12

Dienstag, 18. Juni 2013

Ich wäre ein Schmaltier auf überlangen Beinen, ein Fluchtgeschöpf, nervös und dünn, ich käme niemandem nah, spürte meine Rippen, von hinten sähest Du mich kaum. Ich neigte den Kopf, wenn Gefühle mich jagten, wenn Geheul anfinge, wenn nur der Wind drehte, Brüste in Zweierreihen, klein, verschwänden im kurzen Fell. Mein Körper passte in ein Körbchen, eine Wiege, zwischen zwei Nussschalen, er spräche leise, nicht mit Fleisch, das zum Angriff drängt, nicht mit Nacken, auf dem der Anderen ein Amboss wächst, ich fürchtete nicht zu versiegen, ich liefe schneller als der Verlust, viel schneller, ich dürfte Angst haben.
Wie seltsam dagegen dieser muskelbepackte Körper, der nicht zurückweichen will.

Farah Days Tagebuch, 11

Freitag, 5. April 2013

Wie Edie als Halbwüchsiger in einem Streit mit seinem Vater zur Pistole griff und einen Schuss abfeuerte. Seine Kugel traf einen Elefanten, der hinter dem Kopf des Vaters auf dem Regal stand, ließ das rechte Ohr der Figur zerschellen und blieb in der Wand stecken.
Viel später nahm Edie den Elefanten an sich und stellte ihn in sein eigenes Regal. Das Elfenbein ist dunkel jetzt, ein Ding mit einem kaputten Ohr.
Edie weigert sich, Geschichten aufzuschreiben, die mit dem Schuss ist die einzige, die er zu Papier bringt. Er datiert nie seine Notate, Zettel in Papiertüten, namenlos, zeitlos, zum Haare raufen.
Er hat nie wieder einen Schuss abgefeuert. Statt sich zu wehren, nimmt er die Kugeln in den Mund und beisst darauf, bis sie flach wie Plomben sind.
Seine Zähne sind schwer geworden.

Farah Days Tagebuch, 10

Freitag, 4. Januar 2013

Außer Rand und Band, Selbstdisziplin nur im Autopilot auf regulären Strecken, Essen als DrogeFix, Beschwichtigung, viel zu viel, wütend dabei, traurig, rauche wie angestochen, Gegenstände immer an ihrem Platz sein,
fix, ertrage kein Schwarz im Schlafzimmer, pflege exzessiv Augen und Hände, bestelle unmäßig Kleidung, verfolge keine privaten Vorhaben, merke nur, was ich sofort aufschreibe, wichse nicht, kraftlos und trivial, erwäge, keine Kunst zu machen, richtig Kunst zu machen, ertrage keine Musik, verabscheue den Körper, nicht aber das Gesicht, beneide schöpferisch aktive Menschen, mich als Hochstaplerin, begehre nur das Erreichbare, nutze Menschen nicht aus, lasse jedem seinen Freiraum, schütze Erwartungen, wünsche mir, dringlich, Unsichtbarsein, esse, wahnhaft,
fix, kann nicht mehr nicht essen, Katze, Menschen mich rasend, sie zu gut verstehe, überfordern, spiegeln, kann gut tricksen, Überspielen als Spielen verkaufen, vertraue Geliebten, ohne Lachen nicht leben, Unordnung als Anschlag, lese nur Bücher, die mich nicht anstrengen, recycle Erfahrungen, im Liegen entladen,
fix, komme immer zurück, lasse mich von Egoisten befreien, sozial Überengagierten, Autoaggressiven und Kriechern, die besten Spiegel, rede nicht gerne, hasse Frieren, reagiere extrem, allergisch, mag Exzentriker, verlange Respekt und bekomme ihn

Farah Days Tagebuch, 9

Montag, 28. Januar 2013

Wovon ich schreiben könnte.

Als erstes natürlich: über Cremediebinnen.
Dann über Berg, der ständig nach Öl riecht, den Gebieter über die – nein, alle – verpassten Augenblicke. Das unschlüssige Gespräch mit der mächtigsten Frau der Stadt. Der schwarze Mann mit dem Totenkopfring fällt als Thema durch (zu vorhersehbar), nicht aber, warum Kunstausstellungen langweilig sind und warum sie das einzige sind, das langweilig ist. Die Frau, die langsam älter wird, die sich immer im Gesicht zwickt. (Warum?) Die schönsten Worte der letzten fünf Jahre. Armut und ihre Auswirkungen. Mutwilligkeit und ihre Auswirkungen. Der Atem, den der langjährige Geschäftsfreund ausstößt, als er zum ersten Mal ihre Hand auf seinem Schwanz spürt. Die unsägliche Energie, die der Tod eines Familienmitglieds freisetzt. Ein paar kleine, grandiose Tricks, um Komplexität auszuhalten. Grundlose Aggressionen gegenüber Leuten, die allzu versiert sind. Über Untermalungen, in jeder Hinsicht. Die private Aufzeichnung: was sie bedeutet, was sie verhindert. Die Sehnsucht danach, nicht zu sprechen, sondern gesprochen zu werden. Der Auftritt im Kultursender der Stadt und warum es unabdingbar ist, eingeführt zu werden. Über Einführungen. Von der Schwierigkeit, sich zu konzentrieren und der Angepisstheit gegenüber jenen, die das besser können. Vom Pop in der Literatur (als Klanginstallation), die Sehnsucht nach Unterwerfung, die Fetische der Saison und warum gerade sie. Alte Freunde bei alltäglichen Verrichtungen beobachten, ihre Bewegungen studieren, Kleider, Gesten, Accessoires. Warum Henry Jagloms ‘New years day’ ein erwähnenswerter Film ist. Exibitionismus: Warum es verboten ist, aus dem Tagebuch vorzulesen. Warum es bei allem und jedem und immer untendrunter um die Vereinnamung (nein, kein h) von Zeit geht und wie unterschiedlich sie bei den einzelnen ist. Die einfache Sprache könnte Rettung sein. Das Ei muß auf: dafür ist die kleine Säge am Schnabel da. Die Schwierigkeit, sich einem möglichen Erfolg zu stellen. Männerfreundschaften: wie zwei aufeinanderfallen. Wie ich mir immer gewünscht habe, jemand würde Arsch, Bauch und Hinterkopf mitfühlen, die unausgesprochenen Ideen, das Ticken der Muschi, das Gewicht der Brüste, die unglaublich unzähligen Formen weiblicher Nervosität: unmittelbar. Eine Situation beschreiben, in der Vertrauen entstand. Eine schöne Frau beschreiben, von der sich erst am Schluß herausstellt, daß man sich selbst damit meint.
Ein Wort beschreiben, als wäre es ein Bild. Die verwahrloste Wohnhöhle eines älteren, fernsehsüchtigen, menschenscheuen Mannes, der trotz ausufernden Pornokonsums ein Gentleman ist. Harten Sex sentimental beschreiben, den ersten Kuss wie einen Verkehrsunfall beschreiben. Ein Plädoyer schreiben für das Warten: Endlich Partei ergreifen für das Warten. Das Handeln hat weißgott schon genügend Staranwälte. Befangenheit: Wahrscheinlich die schlimmste Hemmschwelle von allen. Sätze, die einem gelegentlich unterkommen, die so abgefahren gut sind, daß man sofort mit der Person ins Bett gehen würde, die sie geschrieben hat, ganz gleich wessen Geschlechts. Was man macht, wenn man einer Situation nicht mehr entrinnen kann. Eine Liebeserklärung, an alle überdimensionierten Körper gerichtet. Jedem einen besonderen Namen geben, und jenen, die keinen verdienen, einen geben, der genau das ausdrückt. Die Höflichen mögen ihre eigene Höflichkeit mehr als die Menschen, denen sie sie angedeihen lassen.
Ein Haus erfinden: Ein einziges. Der Körper sollte auch mal über den Geist siegen dürfen, darf er aber nie; umgekehrt wird ein (Hemm)schuh draus.
‘Warum läßt du sie dann nicht endlich fallen’: Sich zu trennen von Menschen, die das Neue in dir nicht sehen. Der Duft des Geschlechtsteils nach einem langen, arbeitsreichen Tag, warum es nicht belanglos ist, wie man seinen eigenen Geruch empfindet. Was macht der Dichter? Er verbindet Wortwurzeln aus 1000 Plateaus, das ist das Zauberhafte, damit kriegt er uns. Das Bild einer Frau, die die Traurigkeit in ihrem innersten Wesen kompetent in Schach hält, wie viele Partien und Eröffnungen sie auswendig gelernt hat, was für einen Beruf sie ausübt. Die Vorstellung, daß Vater und Tochter gleichzeitig einen Roman über die gleiche Familie schreiben. Mosaikromane: mehrere Autoren schreiben innerhalb einer verabredeten Welt, jeder steuert eine oder mehrere Figuren bei, die auch von den anderen benutzt werden dürfen. Wie es sich anfühlen würde, in die Obhut eines reichen Mannes zu geraten: sind die Gelenke schmal genug? Frauen, die ausgehalten werden wollen, brauchen schmale Gelenke. Was den alten Freund zum Henker machte.
Irgenein Pelztier muß auftauchen und reden, so wie Blooms Katze im Ulysses oder die Gamecat bei Jeff Noon in Nymphomation. Sprache darf knacken. Erstmal einen Raum ausstatten, Personen hinzufügen, dann Dialog und im Dialog muß sich die nächste Szene vorankündigen, eine Überleitung, dann nächste Einstellung. Wie einen Film mit Kameraeinstellungen imaginieren – mein visuelles Vermögen ist besser entwickelt als das logische. Jede Figur hat sowohl ein Angebot als auch ein Bedürfnis, die allererste Vorstellung der Figur sollte beides schon mal heimlich implizieren. Nichts ist zu blöd, um es erst einmal hinzuschreiben. Manchmal sprechen mehrere Leute im Hintergrund, während vorne irgendwas passiert; die Stimmen im Hintergrund könnten kollagiert sein. Von Assoziationen allein jedenfalls wird niemand satt.

Farah Days Tagebuch, 8

Donnerstag, 13. Dezember 2012

Ich weiß, wie man zahlt
wie es ist, bezahlen zu wollen
es sich so richtig zu geben
immer darauf gefasst, geradezustehen
für die Freiheit, die man sich nimmt
man handelt mit dem Bauch
und bezahlt mit dem Bauch

So ein Verhalten,
sage ich, ist rein mechanisch
wer mehr leidet kann nicht belangt werden
so ist es doch
wie ein Vorhang
hinter dem man herauslugt und piept,
hab’ mich schon selbst bestraft
tu’ Du es nicht auch noch

– Aber wie geht es,
fragt Suri,
wie entmustert man sich
– Alles ist möglich,
sage ich
aber
manche Möglichkeiten nimmt man die ganze Zeit wahr
die Kanäle sind ganz weit und ausgeschwemmt
die anderen sind nur klitzekleine Schlitze in der Realität
und
… wwusch
fließt die Absicht wieder durch das Weite
obwohl die Schlitze ebenso real sind
es ist nur viel schwerer
(Ich weiß nicht, wie man es macht)
(Berg weiß es auch nicht)
– Du weißt es nicht?
Es gibt aber Beispiele
sage ich