Sporen

Manchmal möchte ich diesem Blog einfach die Sporen geben und losgaloppieren.
Aber ich weiß nicht, wohin ich sie rammen soll! Damn!

Zwei neue Formate hab ich entwickelt für meine Inhalte und Ideen, die ich hier auf TT testen will.

(Dazu brauche ich eure Meinung!!!!
Im Ernst.
Seid nicht so faul)

Zum einen DR EATON SHRINK, den fiktiven Analytiker, der mit einem fiktiven Gegenüber eine Sitzung abhält. Die Themen setzen immer eine gewisse Introspektionsfähigkeit des Clienten voraus. Die Sitzung wird durch die typischen psychoanalytischen Konstanten geklammert, Anrede, Begrüßung, Verabschiedung, verschiedene wiederkehrende Elemente im Gesprächsablauf. Dr. Shrink hat die Situation im Griff: Er ist die Autorität, hat das letzte Wort.

Genau umgekehrt ist das bei meinem zweiten Format TT:TALKS, in dem ich mich mit einem fiktiven Gast unterhalte.
Hier geht es um Themen, die zu flach, zu übermütig, zu populär sind für eine Sitzung bei Dr. Shrink. Die Gäste sind auf Augenhöhe; es besteht keine therapeutische Situation, sondern ein Austausch zu bestimmten Fragestellungen, die von mir oder meinen Gästen aufgebracht werden. Ich versuche natürlich immer, mich ihnen gegenüber durchzusetzen (bin schließlich Löwe 🙂 aber manchmal reden sie mich auch an die Wand.

Na, Leser?
Was haltet Ihr davon? Beide Formate oder auf eines beschränken? Zu lang? Zu viel Text? Welches klingt interessanter? Oder beide fad? Keine Scheu vor Kritik, bitte.

Stellt euch vor, Ihr könntet ein eigenes Thema in eines der beiden Formate einspeisen:
Welches Format würdet Ihr wählen??

Lasst es mich wissen.

Phyllis

TT:Talks!

Valery: „Was ist das eigentlich, selbst bestimmt sein?“
TT: „Sprechen wir über den idealen Zustand“
Valery: „Bitte, ja.“
TT: „Das wäre jener, in dem die grundsätzliche Dynamik des eigenen Handelns aus freiwilligen Entscheidungen heraus entsteht.“

Pause.

Valery: „…..und die ganzen Verpflichtungen?“
TT: „Eine Frage der Benennung und der Interpretation.“
Valery: „Natürlich. Verzeihen Sie.“
TT: „Lassen Sie das! Wir führen ein Gespräch. Achten Sie darauf, nicht passiv zu werden in Ihrem Gesprächsanliegen. Was ist Ihr Thema?“
Valery: „Selbstbestimmtheit.“
TT: „Gut.“
Valery: „Sie sagten, die ideale Form von Selbstbestimmtheit sei Freiwilligkeit.“
TT: „Das sagte ich.“
Valery: „Ich möchte mehr darüber wissen! Ich… Alles, was ich mache, besteht zu neunzig Prozent aus Pflichten, Notwendigkeiten und Verbindlichkeiten.“
TT: „Beispiel?“
Valery: „Alle intelligenten Leute tun, was sie wollen, und nur die einfach gestrickten werden von anderen manipuliert. Dachte ich immer. Aber ich werde selbst auch ständig gegängelt!“
TT: „Ich fragte nach einem Beispiel.“
Valery: „Ausgesaugt! Wie in dem Film Matrix, verstehen Sie? Ich träume. Und während ich träume, ernähren sich die anderen von meiner Substanz.“
TT: „Dann wachen Sie mal auf…“
Valery: „Sie sollen mich ernst nehmen!“
TT: „Das tue ich. Doch Sie müssen präziser werden. Ich frage nach Ihren eigenen Erfahrungen, nicht nach einem Hollywood-Film. Nun wiederhole ich: Was gibt Ihnen das Gefühl, Ihr Leben nicht in der Hand zu haben?“
Valery: „Alles. Was die Leute von mir erwarten. Fremde. Arbeitskollegen. Alle, die ich lieb habe. Die erwarten, dass ich so bin, wie sie mich sehen.“
TT: „Und haben wollen…“
Valery: „Um ihr Bild von mir bestätigt zu kriegen, setzen sie alle möglichen Hebel an. Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll.“
TT: „Na, so ein Schäfchen.“
Valery: „Man merkt es nicht rechtzeitig! Ich sag’s Ihnen! Haben Sie mich nicht eben auch gemaßregelt? Sie wollten unbedingt ein Beispiel dafür, wie fremdbestimmt ich mich fühle. Dann sage ich, so wie in diesem Film, Matrix. Das hat Ihnen dann aber nicht gepasst. War das etwa keine Manipulation?“
TT: „Ich ermutige Sie, bei sich selbst zu schauen und eigene Bilder zu entwickeln. Die sind im Zweifelsfall nicht so spektakulär. Es ist auch weit anstrengender, eine individuelle Form für das eigene Gefühlsleben zu erfinden, als sich mit einer Figur in einem Kinofilm zu identifizieren. Doch diese Anstrengung wird Ihnen mehr Substanz verleihen.“

Schweigen.

Valery: „Okay, also, ganz banal jetzt. Eigene Erfahrung. Wenn sie“
TT: „Wer?“
Valery: „Ist doch egal! Wenn mir eine Person auf Band spricht, einmal, zweimal, dann zwei Tage Pause, dann wieder. Immer wieder. Ich bin aber vielleicht gerade nicht in Stimmung, zurückzurufen, okay? Hab vielleicht viel zu tun. Ich behalte im Hinterkopf, dass sie mich sprechen will. So. Wenn ich Lust habe, werde ich zurückrufen. Ist schließlich kein Notfall.“
TT: „Und dann?“
Valery: „Ich vermisse dich, sagt die Person. Hab schreckliche Sehnsucht nach dir. Wann sehen wir uns. Ruf an. Alles auf meinem Band. Nicht einmal, sondern immer so gesteigert, wissen Sie? Wenn ich das abhöre, wird mir von Mal zu Mal mulmiger. Das ist doch emotionale Erpressung, oder?“
TT: „Na, vielleicht auch einfach Impuls. Zuneigung, ganz unverstellte. Was macht Sie denn daran so aggressiv? Die meisten Leute werden ganz gerne vermisst.“
Valery: „Ich nicht! Ich vermisse auch niemanden!“
TT: „Na, na. Jetzt bleiben Sie mal auf dem Teppich.“
Valery: „Da! Sie machen es schon wieder! Sie maßregeln mich für ein Gefühl, das ich formuliere, weil es nicht dem entspricht, was Sie glauben, was ich empfinden sollte!“

Pause.

TT: „Mag sein. Trotzdem reagieren Sie recht unverhältnismäßig. Darf ich Sie an den Anlass dieses Gesprächs erinnern? Es ging um Freiwilligkeit.“
Valery: „Genau. Es fängt an beim telefonieren und endet, keine Ahnung, im Beziehungsleben, Beruf, wahrscheinlich endet es gar nicht! Die Erpressung. Die Manipulation.“
TT: „Ich weiß.“
Valery: „Das Einzige, was ich will, ist eine Methode, wie ich mich dieser Manipulation entziehen kann. Ich will dem nicht ausgesetzt sein. Wie machen Sie das denn? Wie schaffen Sie es, so frei zu sein?“
TT: „Die Frage ist, welchen Preis man dafür zu zahlen bereit ist. Wer keine gängigen sozialen Vereinbarungen bedienen will, muss neue Maßstäbe entwickeln. Sie mit Begriffen und Handlungen bekleiden. Eine Methode gibt es dafür nicht. Eher die Bereitschaft, selbst zum Schöpfer zu werden.“
Valery: „Anstatt immer nur zu reagieren auf das, was die anderen…“
TT: „Treten Sie heraus aus dem Reaktiven, der Passivität. Das ist ein guter Anfang.“
Valery: „Und wie soll ich das machen?“
(…)

Feuchtgebiete

Ein paar Anmerkungen zu Frau Charlotte Roche. (Wohlweislich, ohne bereits erschienene Kritiken gelesen zu haben, weil ich’s sonst wahrscheinlich gar nicht erst angehen würde)
Dieses Buch, „Feuchtgebiete“ war AUSVERKAUFT, als ich vor einigen Tagen in meiner Lieblingsbuchhandlung einen Blick reinwerfen wollte. Ein ausverkauftes Buch! Was treibt uns Deutsche hin zu diesem Erstlingswerk?
Ich hasse Rezensionen.
Das hier wird auch keine.

Nur dies: Ich hab vier Stunden gebraucht. Die Feuchtgebiete sind butterweich zu lesen, wenn man sich mal an die Tabubruch-Überforderung gewöhnt hat, die Frau Roche auf gut 200 Seiten mit Inbrunst betreibt. Inbrunst ist hier ausnahmsweise mal zweideutig gemeint.
Soll es zum Bestseller werden. Im Ernst. Ich finde, das Buch hat haufenweise Leser verdient. (Komisch, selbst harmlose Worte wie „haufenweise“ bekommen kurz nach der Lektüre von „Feuchtgebiete“ einen anderen Klang.)

Die Schreibe ist unkompliziert und locker, wie in einem Rutsch gesprochen, und trägt auf ihren fröhlichen Wellen das ein- oder andere Juwel mit sich, zum Beispiel das Wort „Perlenrüssel“.
Ich verkneife mir zu berichten, welchen Körperteil Frau Roche damit bezeichnet. (Ziemlich lustig, der Perlenrüssel. Und die Vanillekipfeln. Und die Hahnenkämme. Schade, dass sie nicht weitergemacht und auch die männlichen private parts mit neuen Wörtern belegt hat. Die hätten ein wenig verbale Auffrischung ebenfalls nötig)

Befreiung von Zwängen ist was feines. Wer nicht genießt, wie der eigene Körper schmeckt und riecht, wer schlimme Angst vor Peinlichkeiten hat und sich nicht traut, mit eigenen und fremden Körperöffnungen entspannt umzugehen – lest!
Doch weil heute Sonntag ist, gönne ich mir einen kleinen Zweifel. Einen Luxus-Zweifel, sozusagen. Mit zehn Jahren mehr Erfahrung als die Autorin mach ich jetzt mal ne Ansage:
Ich find’s ja interessant, wenn hilflos und schamhaft verkapseltes irgendwann dennoch zutage treten darf. In einem Moment vielleicht, in dem man schon gar nicht mehr damit gerechnet hat. Und unter Mitwirkung eines anderen wohlgesinnten Körpers bitte, wenn’s geht, weil es nur halb so viel Vergnügen macht, sich selbst und ganz alleine zu befreien.
Frau Roche indes lässt ihre Hauptfigur Helen Memel auf alle Schamhaftigkeit nicht nur gefasst, sondern bis zum letzten Grunzen vorbereitet sein.
Die Botschaft, so scheint mir, ist diese: Kümmert euch selbst drum, Frauen, sonst wird das nichts mit dem Körpervergnügen. Bereitet den sexuellen Tisch, deckt alles auf, kostet alles vor und lernt, eure Willigkeit so zu zeigen, dass auch der verbrämteste Kerl weiß, er hat’s hier mit einem perfekt enthemmten Girl zu tun. Dann wird’s auch was mit dem Nachbarn.
Ich denke, so kann’s klappen. Ich trete trotzdem einen Schritt zurück von diesem gelungenen Aufruf zur Selbstentblößung.
Wahrscheinlich das Alter : )

Ich weiß, ich weiß,

ihr wollt was lesen.
Aber vielleicht wollt Ihr auch wissen, wie Dr. Eaton Shrink aussieht?
Hm?
Es hat eine Weile gedauert, bis ich mich locker genug machen konnte, ihn zu erfinden.
Aber jetzt, denke ich, macht er eine ganz gute Figur.

Persönlichkeiten, die mir heute untergekommen sind:

Charlotte Roche, Multitalent, mit ihrem Erstlingsroman “Feuchtgebiete”

Andrew Blake, Filmer, von dem geraunt wird, er produziere gute Pornos (gibt’s das? Hab vor, das zu überprüfen)

Miranda July, Künstlerin und Autorin, mit ihrem Film “No one belongs here more than you”

Beim Zeichnen heute ne Adorno CD gehört, “Aufarbeitung der Vergangenheit, Teil 1”;
der Meister spricht selbst.

War ein schöner Sonntag. Im Ernst.

Hat jemand eine Aufstöberung beizutragen? Nur zu. Ich freu mich.

Meet Dr. Eaton Shrink

„Take a seat.“
„Danke.“
„Wie geht es Ihnen heute?“
„Ich möchte nicht über mein Befinden sprechen.“
Er zieht die Augenbraue hoch.
„Jedenfalls nicht so, dass alle hinterher denken, eine Meise hat die.“
„Was würde passieren, wenn alle das denken würden?“
Hm.
„Was würde passieren, wenn alle das denken würden?“ wiederholt er.
„Keine Ahnung. Erstmal nichts. Solange ich nicht verhaltensauffällig …“
„Sind sie das denn mal gewesen?“
„Natürlich. Oft. Aber mit Absicht.“
„Beängstigend wäre nur, wenn es unwillentlich geschähe?“
„Genau. So weit ist es aber noch nie gekommen. Zum Beispiel, dass ich Selbstgespräche führe in der Öffentlichkeit, ohne es zu merken. Oder rieche, weil ich vergesse, mich zu waschen. Oder zu laut lache. Zu oft.“
„Oder nie?“
„Ja“
„Das wären Symptome von Verhaltensauffälligkeit, die Sie ängstigen würden.“
„Ja“

Pause.

„Ihr so genanntes blog im Internet, von dem Sie erzählt haben“
„Was ist damit?“ Aggressiv.
„Die Visibilität ist beabsichtigt ?“
„Gewiss!“
„Als wie auffällig würden Sie Ihre Auftritte im world wide web einordnen?“
„Es ist nur ein blog, kein ‚Auftritt’! Millionen gibt’s davon. Manche sind viel offenherziger als meines.“
„Millionen.“
„Es ist vollkommen normal!“
„Diese individuellen Repräsentationen heißen alle ‚blog’. Richtig?“
„Yes“
„Also ist die positive oder negative Interpretation eines auffälligen Musters vom Format abhängig, meinen Sie nicht?“
„Wie bitte?“
„Nun, ein Internet ‚blog’ scheint allgemein als Format akzeptiert.“
„Yep“
„Was wäre, wenn Sie die gleichen Gedanken stattdessen auf Ihrem Desktop-Drucker ausdrucken und in der Fußgängerzone verteilen würden?“
„Zu Tode genieren würde ich mich! Oder es wäre eine Kunstaktion.“
„Sie könnten es gutheißen, wenn es eine Kunstaktion wäre?“
„Ja“
„Also wieder eine Frage des Formats“
„… ja“
„Verstehe ich Sie richtig, dass Sie sich in Mustern wohl fühlen, die entweder von Millionen anderer mitgetragen werden, oder ganz klar als künstlerische Handlungen definiert werden können?“
„Ja.“
„Das sind zwei Formate: Mainstream und Kunst. Kommen Sie damit aus?“
„Wenn ich beide mal richtig ausschöpfen würde…“
„Und was hindert Sie daran?“

(to be continued)

bin

am arbeiten. Keine Ahnung, wie andere das hinkriegen, selbstständig sein, Jobs abwickeln und parallel ein knackiges Internet-Journal führen, das wenigstens alle paar Tage mal gefüttert wird. Ich jedenfalls schaff’s nicht. Dabei gäb’s einiges, worauf ich reagieren, anderes, das ich gerne loswerden würde. Na, mal sehen, vielleicht heut Abend. Jetzt muss ich erstmal ein Imagebooklet für eine Fluglinie texten.

Bis dann : )
Phyllis

Sie überraschte mich

mit folgender Beobachtung:

Dass sie verfolgt, wie ich in meinen Beiträgen hier immer wieder um Form und Fassung ringe. Mich geniere. Nach Themen suche. Über Diskretion nachdenke. Hin- und her laviere, um herauszufinden, wie die interessanteste Balance zwischen öffentlich und intim herzustellen wäre. Mich was traue, entschuldige, lösche, wieder von vorn anfange.
Na, Ihr wisst vielleicht. Die ganzen Manöver, die man macht, machen muss, bevor man sich dann das zugesteht, was man eigentlich sagen wollte, von Anfang an.

“Das Oktopusgetue”, sage ich. “Immer erstmal rundum alles vernebeln, damit er nicht so auffällt, dieser Moment. Des Plazierens. Einer Meinung. … Meinst du das?”

“Ja” sagt sie. “Und das, was DANACH kommt: Das mag ich. Das interessiert mich.”