TTag, Freitag, 15. Oktober 2010. Alles K****.

Soweit.
Nur, dass mein Laptop behauptet, ich haette die Konfiguration fuer den Netzzugang geaendert, was nicht stimmt, und mich jetzt nicht reinlassen will. Ins Netz, meine ich. So dass ich jetzt im Internetcafé sitze und mit einer Tastatur kaempfe, die hoechst, ich wiederhole hoechst fremdartig ist. Ich tippe hier im Schneckentempo, waehrend die Ortsansaessigen an den Rechnern links und rechts neben mir drauflos pladdern, was das Zeug haelt. Mist. Ich wuerd ja mal offline bleiben ne Weile und das Ganze unter Omen einordnen, geht aber nicht – die Trips ins Ausland kann ich mir nur leisten, weil ich meine Lohnarbeit von ueberall machen kann. Solang das Laptop online geht natuerlich nur.

Sie verstehen, geschaetzte Leser:innen, ich muss raus aus diesem Café und nach einem technischen Wunderchen Ausschau halten.

Bis spaeter. (Hoffentlich ; )

TTag, Donnerstag, 14. Oktober 2010. Oje,

hab’ die Quartalsbuchhaltung vergessen, die müsste längst beim Steuerberater sein. D e n Kram nehm’ ich nicht mit nach K****! Also irrwitzig schnell jetzt, bevor der Flieger geht, das Ding noch erledigen. Mist Mist Mist schieben Sie mich ein bißchen an
ich
werd’ sonst nicht fertig und der
HechtSPRUNG ist meines Rückens Sache nicht
los jetz, Quasselstrippe!!!!!

Hat jemand ein Privatjet, zufällig?

14:23
So. Unterwegs, wenn auch noch nicht in der Luft. Ah, Luft!! Zuviel heavy jelly in letzter Zeit.

TTag, Mittwoch, 14. Oktober 2010. Vorabreisetag.

Morgen dann. Will mal wieder anonym sein, nach all dem Gläserklirren der letzten Zeit. Nichts leichter als das in K****. Bin gespannt, ja fast unruhig, ob L. sich blicken lassen wird – oder ob die seit ihrem letzten Brief vergangene Zeit ihr die Sprache zerschlagen hat. Dreieinhalb Monate ist das her, ich schaue sie an, ein Tausendfüßler auf meiner Handfläche, der das Weite sucht. Werden wir eigentlich wirklich älter?

TTag, Dienstag, 12. Oktober 2010. menno & ätsch.

>>> Diese, Melusines, Beobachtung stimmt mich miss. Weil sie so verdammt leicht zu belegen ist. Die freiwillige Selbstbeschränkung findet zuverlässig statt im Krabbenkorb. Ich würd’ ja eher Krabbelkorb sagen. Mängelberichte und Beschwichtigungsreflexe.
Menno, ich kann das nicht. Doch, kannst Du. Nein. Erst, wenn ich abgenommen, mich nachgebildet habe, erst, wenn das Kind mich nicht mehr so braucht und ich mehr an mich glaube. Zum Aufjaulen. Wenn’s denn dabei bleibt.
„Ich bin klug, ich nehme mir das“ wäre der Griff über den Korbrand. Und dieses unsichtbare „trotzdem“ hängt da immer noch hinten am Satz: „Ich nehme es mir — trotzdem.“
In einer mit Männern besetzten Runde wäre da hinten an der Stelle, wo es unsichtbar wird, immer das andere Wort: „Ich bin klüger als Du – und indem ich mir das nehme, bekommst Du es nicht — ätsch.“
Jene, mit denen ich zusammenarbeite, (und ich arbeite fast ausschließlich mit Frauen) legen indes viel Wert darauf, sich gegenseitig zu stärken, ohne sich mit Zuckerwatte einzunebeln; sie blenden ihre vermeintlichen Schwächen dabei aber nicht aus. Es gibt immer ein „Menno“ – ein Handikap, viele Handikaps, gegen die es anzustürmen und anzuschleichen gilt.

Die benennen und überwinden zu können, macht Frauen anderen Frauen gegenüber interessant. Doch sie können – meine Beobachtung – ihre Erfolge am besten genießen, wenn die anderen mitwachsen. Man will nicht allein sein da oben, will den Preis nicht bis zur Neige zahlen, hofft, es gehe auch ohne harte Bandagen: Wettbewerb ist weniger treibendes Motiv und schafft weniger Genugtuung als in Männerrunden. Ein Freund von mir, der eine Führungsposition in einem Institut innehat, berichtet, er treffe dieses speziell weibliche Muster auch in seinem Kontext an: sie zauderten. Fast alle.
Frauen wollen nicht an die Macht. Ist ihnen zu ungemütlich. Also reden sie sich den zweiten und dritten Platz schön.
Wenn sie’s doch wollen, und es gelingt – zweite Behauptung – verhalten sie sich als Alphafrauen genauso wie Männer in vergleichbaren Positionen.
Ätsch.
Ich könnte jetzt anfangen, die Typen, mit denen Melusine die männliche Seite verunspottet, mal für die weibliche zu definieren. Nur, dass Spott nicht unbedingt eines meiner Instrumente ist. Ich bedaure das gelegentlich: mein Mit-gefühl nervt mich. Vielleicht sollte ich mal ein Antimitgefühlseminar belegen und aufhören, liebevoll über die mich umgebenden Schneckenhäuser zu streicheln. Oder auf jedes ein Ausrufezeichen sprühen, für den Anfang.

TTag, Montag, 11. Oktober 2010. Eigentlich ganz einfach.

“Wir sollten leben, um glücklich zu sein und Freundschaften zu schließen” sagte ein Freund gestern, “klar, eine gewisse wirtschaftliche Sicherheit ist angenehm, aber niemand zwingt uns, die Mörderkarriere zu machen. Hielten wir es aus, wenn wir bekannter würden? Mehr unter Erwartungsdruck und Zugzwang gerieten, als wir ihn schon selbst erzeugen? Wozu der ganze Druck? Wir haben das Recht, uns zu schützen. Wir haben auch das Recht, unauffällig zu bleiben.”

23:57
Wollte kurz vor Mitternacht doch zumindest noch schnell ein eigenes Wort hinzugefügt haben:

EigenesWort.

TTag, Samstag, 9. Oktober 2010.

Kommunikation wird überschätzt.

P.

12:30
Hektische Zeit gerade. Ich hab keine Ahnung, wie andere Leute das machen. Er habe gestern von Nachmittags um fünf bis Nachts um fünf durchgeredet, erzählte mir eben ein Freund. Ich selbst bin nach drei Stunden irgendwas am Stück meistens bedient: egal, was es ist.
Ab in die Sonne.
Einen schönen Tag Ihnen, liebe Leser:innen : )

TTag, Freitag, 8. Oktober 2010. Buchmesse.

“Ja, bis später!”
Rrrring … haben Sie schon mit X? Nein. Sollten Sie aber. Er ist mit Z am Stand Y, kommen Sie doch mal rum. Mach’ ich. Tschuldigung, ich hab’ Ihren Namen… – Bitte?
Ja, sicher. Nehmen Sie nur.
Nein, nein, ich zahle!
Sagen Sie das nicht, sonst geh’ ich drauf ein. Wie war noch gleich Ihr Name?
Ich hab’ keinen.
Na, wenn das so ist, nehmen Sie gleich zwei!
Grappa?
Ja.
Weiter.
Rrrring: wo treffen? Viertel nach an der Bücherinsel. Gut gut. Moment mal eben, stop, keine Tragetasche! Hasse die Dinger.
Wer liest? D e r? Und wenn schon. Bis gleich.
Ich versteh’ nix, Sie etwa? Mikro kaputt? Nee, lassen Sie nur, hört eh keiner zu. Buchmesse halt. Hier meine Karte. Warten Sie, das muss ein Fehldruck sein, auf Ihrer steht kein …
Ich hab’ keinen.
Wie. Kein Name?
Nein.
Das ist ja mal interessant. Wollen Sie nicht, kleines Interview, wir machen’s gleich hier. Jemand ohne fehlt uns noch.
Ach, ein andermal, danke. Bin in Eile.
Rrrring.
„Hallo?“

TTag, Mittwoch, 6. Oktober 2010. K**** & Kacheln.

In einer Woche fliege ich nach K****. Nicht lang, zehn Tage, mehr ist nicht drin diesmal. Vorher ist diese Liste abzuarbeiten, die rechts neben mir liegt. Scheißlange Liste. Konzentrationskram. Fällt mir schwer im Moment, konzentrieren. Oder sagen wir’s so, ich hab’ eine Phase, in der mir die Gehirne der anderen alle knackiger vorkommen als meins.
Die krieg’ ich immer mal: Phasen ohne Turbo. Gefühlt, zumindest. Ist ja alles da. Nur zäher als mir lieb ist. Wohlwollen mir selbst gegenüber: warum krieg’ ich das bloß nicht hin. Nur, wenn ich im Studio schwere Hanteln stemme, hält mein inneres Parlament mal still. Kurzfristig. Meinetwegen könnten die alle nach Hause gehen, ihre Abstimmungen fallen eh nie wirklich zu meinen Gunsten aus. Immer muss ich sie austricksen, die Klugschwätzer.
Gestern schrieb mir eine junge Frau, die am Wochenende in meinem Seminar war, ein Phyllis-Gedicht. Als Dankeschön. Ich war schrecklich gerührt. Meine Schwester, der ich’s nach England ins Telefon las, sagte nur: wow. Das muss auf ne Kachel und in Dein Klo.
(S., falls Du mitliest, das war ein Kompliment. Meine Schwester hat englischen Humor! : )
Liebe Leser:innen, guten Morgen.
Ich mach’ mich besser mal ans Werk.

– Und Sie? Agenda oder Antiagenda?
Lassen Sie doch mal von sich hören –

10:35
Kennen Sie eigentlich diese random Funktion? So eine Art automatischer Text-Shuffle. Eugene Faust – mal wieder – hat was tolles zum spielen : ) Klicken Sie einfach zu ihr rüber.
Verblüffender Effekt. Man gibt oben in die url-Zeile “http://hier Ihre url/randomText” ein und bekommt in einer Sekunde einen surrealen, aus der eigenen Textmasse generierten Wolpertingertext. Bei jedem “Seite neu laden” einen neuen. Schon erstaunlich – die klingen teilweise besser als das Original.

15:30
Tainted Talents randomisiert:

In der Schneekugel Yasmina Reza, die französische
was über Egoboosting schreiben, speziell (aber nicht nur) für explodedheadsnomore, aber mein Ego ist so eine Ahnung, wie andere Weidetiere, Kühe oder Gnus, die sich „Sturmwaisen“ nennt.
Es ist so heiß geführt wird.
Eine Frau, ein Mann.
Beide sprechen akzentuiertes Französisch.
Seit einer ganzen Weile gehen die Stimmen auf und man will unbedingt hin.
An anderen weckt solches Verhalten meine schlimmsten…

(I love it.)
((by the way: Was ist eigentlich aus explodedheadsnomore geworden? Sind Sie noch da draußen??))

TTag, Dienstag, 5. Oktober 2010. Als sie dort war.

Hätte sie alles tun können. Und tat’s nicht. Tat’s nicht.
Dahin will sie, sagt sie. Wo kein Licht, kein Fehlen ist. Wo das Deuten aufhört. Wo das ist ist.
Wie sie sich bewegt: als wäre sie zwei, und die erste immer eine Sekunde zu spät.
Wie, fragt sie, wäre das, wenn ich aussähe, wie ich bin. Dort. Drin. Wer riefe mich, riefe den Namen, wartete, scherte sich nicht um Augenschein, nur um den Schein der Augen. Sehen Sie mich an, sagt sie: zwei Flammen.
– Sie spielen Theater?
Sie schüttelt den Kopf. We are Alcatraz, sagt sie. No way out.
Warum sprechen Sie Englisch.
Warum nicht, sagt sie. Öffnet die Lippen. Langsam. Lässt ihr Ding sehen.
Hübsche Zungenspitze, sage ich.
Nicht wahr?
Haben Sie Lust, mit mir abzuhauen, fragt sie. Ich brauche jemanden.