TTag, 30. Mai 2010. Mit orientalischen Einflüssen.

Moin, moin.
Gestern, nachdem ich sie mittels Tafelspitz, grie Soß und mehrerer Gläser köstlichen Weines fröhlich gestimmt hatte, bat ich meine Freundin Parastou, mir einen persischen Smiley für die Sammlung zu zeichnen.

Hier also “Bitte lachen” auf persisch…

ach, und dann gab’s auch noch den: superreduziert.

Nachtrag: die übrigen Entwürfe, die gestern am roten Tisch nach dem Mahl entstanden, insbesondere das verruchte Schwanzkopfsmiley, werd’ ich Ihnen, werte Leser, leider vorenthalten müssen, da wir hier nun in Gesellschaft gläubiger Christen uns befinden, wie Sie aktuellen Kommentaren entnehmen können.

TTag, 27. Mai 2010. Aus der Deckung gehen.

Wie mich gestern den ganzen Tag ein Unwohlsein begleitete, meine Darstellung des Herrn K. betreffend. Ob das geht, ob ich das will: hier auf TT einen realen Namen attackieren. In meinen Überlegungen spielte dabei überhaupt keine Rolle, ob gerade dieser Mann es seinem politischen Handeln zuzuschreiben hat, aufs schärfste angegriffen zu werden. Hat er – er hätte viel mehr Gegenwind, ja Gegensturm ernten sollen im Laufe seiner Amtszeit. Ebenso nebensächlich ist, dass er selbst so massiv ausgeteilt hat, dass jeder Skrupel, ihn öffentlich an den Pranger zu stellen, eigentlich im Keim ersticken sollte. Man muss, vorausgesetzt, man fühlt es auch, sein Handeln bekämpfen. Ja.
Wahrscheinlich ist das genau der Punkt. Sie, werte Leser, werden es, und zu Recht, völlig absurd finden, denn Tainted Talents ist ein privates Weblog und hat keine Macht: ich mag es nicht, Menschen lächerlich zu machen, sie beschädigen zu wollen. Es geht mir richtig gegen den Strich. Egal, wie sehr sie es “verdient” haben.
Nun, mir ist bewusst, das ist keine angemessene Haltung jenen gegenüber, die selbst mit größter Selbstgerechtigkeit und Aggression gesellschaftlichen Schaden anrichten. Deswegen hab’ ich mich auch geäußert, obwohl ich politisches Handeln eher instinktiv als faktisch zur Kenntnis nehme: um das, was Koch repräsentiert, abzulehnen, reichen gute Instinkte völlig aus.
Dennoch stelle ich fest, wie unwohl ich mich dabei fühle; ich ziehe indirekte, künstlerisch übersetzte Angriffe vor. Und obwohl es mich geniert, will ich Ihnen dieses Unwohlsein nicht vorenthalten. Denn vielleicht bin ich nicht die Einzige, die aus diesem Grund immer wieder zaudert, dort Haltung zu zeigen, wo sie verdammt noch mal nötig ist, auch aggressiv.
Aber würde ich mich auch hinstellen und einem politischen Gegner meine Meinung vor versammelter Mannschaft direkt ins Gesicht sagen? Ja. Natürlich. Aber wie oft, wie beharrlich? Na, wenn ich wütend genug wäre, auch sehr ausdauernd. Die Sache ist nur die: ich weiß nicht, ob ich eine solche Situation nicht bewusst umgehen würde. Und solange ich nicht felsenfest sagen kann, ja, ich würde in den Ring steigen, kommt mir meine wohlfeile private Empörung ein wenig redundant vor.
So. Jetzt isses gesagt. Sie dürfen sich mir jetzt gerne überlegen fühlen.

TTag vor Pfingsten, 22. Mai 2010

Werte Leser,

ich vermute, Sie sind gar nicht hier, sondern aalen sich in der Sonne. Tainted Talents wird sich nun auch in den Park begeben, mit den Freunden auf der Decke lümmeln und Erdbeeren essen. Und dazu auch einen Blick in wenigstens eines der Bücher von diesem Stalagmiten (oder war es – titen?) werfen, der sich seit Wochen hier auftürmt. Gute, intelligente, erwachsene Bücher, mit Themen und allem.
Was ich stattdessen las, wenn ich nicht anderes trieb, wag’ ich kaum zu berichten – es war “Es” von Stephen King. Keine Ahnung, warum ich das nach Jahren noch mal lesen zu müssen schien; ich träumte auch wieder schlecht. Egal. Ich bin durch. Ich hab hier schon mal Rechtfertigungsversuche bezüglich meiner unseligen King-Affinität gepostet und werde heute nicht nachlegen, fürchte ich, unten auf der Straße zwitschern schon die Freunde mit dem Picknickkorb. Ein anderes Mal aber schon: weil dieser Autor etwas hat, das mich immer wieder stutzig macht.
Und stutzig ist gut.
Immer.

TTag, 20. Mai 2010. Ocean breath und Power-porn

Ich lese mich gerade in zwei Projekte ein, die die Crespo Stiftung (deren Website ich betreue) neu fördert, werde später dazu Texte für die Homepage verfassen. Bilder auftreiben.
Außerdem einen Termin mit meiner Neurologin vereinbaren, weil meine linke Hinterbacke plus des daran befestigten Beins nach der Op vor gut zwei Monaten immer noch nicht wiederhergestellt ist. Der Nerv, meine ich. Meiner groben Schätzung nach fehlen ihm noch vierzig Prozent Sensibilität. (Der Adloff-Test: wenn ich den glutaeus maximus anspanne, ist die rechte Backe gut und fest, während die linke sich anfühlt wie Hefeteig)
Später radle ich zu meinem Physiotherapeuten (der zwei beneidenswert stramme Hinterbacken sein eigen nennt, wie mir nicht entgangen ist) und übe, mein Brustbein mit meinen Organen und dem Ci-Zentrum (Schamhaar-Ansatz – to whom it may concern) zu verbinden. Mittels ocean-breath. (Von diesen fast feinstofflichen Vorgängen erzähle ich ein anderes Mal mehr)
Nachdem ich gestern beim Treppen-Inder (Die Treppe führt vom Shop runter in eine Bewirtungseinheit (sie ‘Restaurant’ zu nennen, wäre vermessen) wo man sich extrem scharfes Curry in Selbstbedienung all you can eat auf metallene Gefängnistabletts häuft, mit Mulden)
(Oh je, die Klammern haben sich mal wieder eingeschlichen)
nachdem ich also gestern bei jenem Inder inmitten der Freunde kurz (und gegen meine Natur) aus der Haut fuhr ob meiner beschädigten Grundverfassung, bekam ich einen Anruf heute Morgen: Ein Treffen sei anberaumt, mich beratend zu unterstützen, wie es weitergehen könne mit Muskeln, Nerven (leiblich) und Nerven (seelisch). Gut.
Dann will ich heute noch auf cellinis Frage nach zeitgemässen Ritualen reagieren. Auch Eugene Fausts Dreizeilenpsychoporno lässt mir keine Ruhe – kann mich nicht erinnern, dass mir das Format vorher schon mal untergekommen wäre. In Zeiten des power-nappings sollte man eigentlich annehmen, der power-porn sei nicht weit.
(Aber nein. Kaum benennt man so etwas auf englisch, wird’s sofort Marketing, das wollen wir nicht. Also neues Wort dafür finden)
Sie sehen, werte Leser, ich muss mal langsam in die Pötte kommen –
(oder doch lieber Hufe?)

Neue Romane in 3 Sätzen werden auch heute mit Spannung erwartet!

TTag, 9. Mai 2010. Mit seiner Wunde spazieren gehen.

[…] »Die h e i l i g e n (Wunden), die bleiben offen, die, deren (Weiter-)Bluten wir ersehnen, weil wir uns nicht trennen wollen von dem Schmerz, der uns fühlen macht. Die anderen aber, die wir versorgen,cremen und pflastern, aus denen bilden sich Narben, oft häßliche, fühllose. Das gibt es auch. Und da verkümmert´s. Deshalb darf die Kunst – auch weibliche – nie fürsorglich sein und schonend. Was für die meisten von uns Frauen hieße, dass wir uns gegen das uns Anerzogene stemmen müssten. […]

Diese sechs Zeilen beschäftigen mich nun schon, seit MelusineB sie in in Frauen über Kunst gepostet hat.
Wunden ist ein schwierig oszillierendes Wort; selbst jene Künstlerinnen, deren Werk um nichts anderes kreist, nehmen es selten als solches in den Mund. Echte Wunden zu haben ist in Ordnung, aber metaphorische? Da landet man schneller im Stigma oder in der Genderdiskussion als man Luft holen kann, und bei Narben ist’s auch nicht besser. Das liegt daran, was im obigen Zitat als “nicht vom Schmerz trennen wollen” bezeichnet wird: solch verdächtiges Verhalten findet wenig Akzeptanz hierzulande, außer in klar definierten (und vor allem diskreten) Gesprächsanordnungen, gerne therapeutischer Natur. Geht man außerhalb dessen mit seiner Wunde spazieren, heißt es schnell mal, man beanspruche milderne Umstände – um sich Vorteile gegenüber jenen zu verschaffen, die sich zusammenreißen können. Und jenen, die immer brav alles ins selbstironische übersetzen, um den anderen auch ja nicht zu überfordern.
“Kunst, auch weibliche, darf nicht fürsorglich und schonend sein”: Ja und nein. Kunst darf alles sein, sonst wäre sie keine. Sie darf auch peinlich sein. Unfair. Oder missglückt. (Ich sage absichtlich nicht misslungen.) Das Einzige, was sie nicht sein darf, ist unsichtbar.
Wenn also Fürsorge und Schonung so weit führen, dass künstlerische Positionen im Tagebuch verrecken, statt in ein Werk zu münden, stimme ich zu. Wo ein Talent ist, ist auch Pflicht. Als eine der ersten jene, die eigenen Skrupel erfolgreich aushebeln zu lernen.
Ich selbst hab’ für diese erste so lange gebraucht, dass ich schwer im Rückstand mit den übrigen bin.

TTag, 7. Mai 2010. Musterbürger und grollende Katzen.

Was weiß ich, woher die Stadt Frankfurt das Geld hat, unter dem Fenster meiner Arbeitswohnung eine neue Straße zu bauen. Die alte wurde mit schwerem Gerät komplett entfernt, nun kommt eine neue, die so blitzblank aussehen wird, mit Parkbuchten und Grünstreifen, dass mein ohnehin viel zu schick werdendes Viertel bald einer baulichen Versuchsanordnung für Modellbürger gleichen wird, mit alle zwanzig Meter in den Asphalt gepflanzten Kacktütenspendern für Hundebesitzer.
Im Ernst. Bald werden hier nur noch Leute mit spiegelnd geputzten Geländewagen wohnen, die doppelt so viel Platz und Benzin brauchen wie mein Smart. Den kann ich eigentlich auch gleich abschaffen. Ich ahne, dass in die vier bis sieben schicken Parkbuchten, die im Zuge der Straßensanierung übrig bleiben werden, reservierungstechnisch die Nummernschilder der Geländewagenfahrer von Hand eingelegt werden, rosa auf grauem Grund. Und für die beknackten Kinderwagen, die sie aus den Hinterteilen ihrer Gefährte ziehen, wird’s wahrscheinlich auch farblich markierte Rollwege geben.
Inzwischen schreit hier wirklich jeder Quadratmeter nach gepflegtem Mittelstand; wie lange die Alkis auf dem kleinen Plätzchen sich da noch halten können, ist fraglich. Kürzlich wurde auch noch der Glascontainer abgeschafft: Ich hatte meine Pfandflaschen immer daneben auf den Boden gestellt, damit sie sie im nahen Kiosk einlösen können. Kiosk? Der muss auch noch weg. Seitdem der Luxusreve bis Mitternacht geöffnet hat, braucht den doch kein Mensch mehr.
Ich erwäge, zur Einweihung der neuen Musterbürgerstraße ein Bettlaken aus dem Fenster zu hängen: “Dieses Haus ist besetzt”.

»Schluss mit auf die Straße pissen, hörst Du?«

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Der Tainted Talents Bär zum Sonntag, 38

Macht ja nix: Tierlieb bin ich nicht allein. Ein Künstlerfreund spielte mir gestern die Zeichnung eines gewissen (einer gewissen?) Jen Ray zu, der (die??) sich offensichtlich auch gerne mit Bären vergnügt. Hm. Nicht unsymphatisch, das Blatt des Kollegen (der Kollegin?)
((Moment, ich schau mal schnell nach, wessen Geschlechts Jen Ray ist))

Okay, eine Frau also. Gut.
Hier also ihr Bär:

.. und hier meiner:

Frauen, die Frauen sind, neiden sich ja nichts, wie ich vorgestern in einem Kommentar bei der wunderbaren Alea Torik schrieb. Ich muss das heute doch um eine Winzigkeit einschränken: Sähe Jen Ray die cochones meines Bären, sie würde sich ihre Zeichnung vielleicht noch mal vornehmen.
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Der Tainted Talents Ausflug zum Sonntag

Ich werd’ mich in seine aus Stein gehauene Badewann’ legen. Seine steinerne Schlange streicheln und den Granit, den Marmor, den Speckstein und die anderen, deren Namen ich nicht kenne, betasten. Auch den Steinbildhauer selbst, ein wenig (bei allem Respekt), einfach, weil er so wunderbar fest ist. Verstehen Sie mich nicht falsch, werte Leser, das wird ein Familienausflug; die Freunde kommen alle mit. Auch die Kleinen selbstverständlich. Vielleicht wird der Steinbildhauer ja seine Vogeltränke aus Granit für das Mittagsschläfchen unserer Kleinsten freimachen.