TT goes Neon

Der heutige Tag, in zehn Tagen dann noch einmal ein Wochenende: Damit hat es sich mit den Workshops in diesem Monat. Gut so. Ich habe so viel zu lesen, will so viel lesen und komme momentan nicht dazu. Wobei das nicht stimmt. Ich käme dazu, wenn ich mir abends nicht Filme ansehen würde. Ist aber mein Muster. Wenn’s tagsüber knallt, brauch’ ich vor dem Einschlafen Bilderflut. Gestern eine Doku über das Westjordanland, hervorragend gemacht, konnte trotz blinkender Augen einfach nicht abschalten, so klar und persönlich war dieser Film. Mal sehen, ob ich noch einen Link dazu finde, falls ja, setz ich ihn später noch ein.
Ah, Leser:innen! Der Herbst ist eine komplizierte Jahreszeit für Madame. Hochsaison für Workshops und Seminare bei gleichzeitiger Verdunklung des Gemüts. Heute, zu allem Überfluss, beginnt die Buchmesse, noch so ein Ding, zu dem man ein öffentlichkeitstaugliches Gesicht braucht. Meines – Moment, ich schau’ schnell mal in den Spiegel – sieht aus, als habe es heute Nacht unter einem Stein geschlafen. Na, egal.
Heute bin ich in der CHS-Schule. So wie ab heute jeden Mittwoch bis zum Mai nächsten Jahres. Ein “KünstlerInnen mischen den Schulalltag auf” – Projekt. Schreib ich später mal drüber. Auch darüber, was ich von Sätzen wie diesem halte, der im Vorfeld fiel: “Manche der Schüler bewegen sich im autistischen Spektrum”.
À propos Slang und politically correct: Wissen Sie, welche Wörter mir meine Jungs vergangene Woche beibrachten? “Schwarzköpfe” sind alle mit dunkler Hautfarbe. Die hellen heißen aber keineswegs “Weißköpfe”, sondern “Svens”.
Wieder was gelernt.
Hab’ noch andere Wörter auf Lager. Aber die Zeichen und Be-zeichnungen wechseln so schnell, von Gruppe zu Gruppe! Fasste man es in einem Nachschlagewerk zusammen, wäre es schon von Tag eins seines Erscheinens an veraltet.
Anyway, was quassele ich hier? Muss das unterm-Stein-geschlafen-Gesicht auf Vordermann bringen, bevor ich den Schüler:innen entgegentrete. Passend zum Styling. Hab’ ein Spezialoutfit für dieses Projekt: Streetfighterpants, Kapuzenpulli, alle Accessoires und Kursmaterialien und auch das ganze Spielzeug für die – grob geschätzt achtzig Prozent hypermotorischen – Kids in Neonfarben, dazu die neue XXL-Tasche aus Fahrradschläuchen genäht. Sieht ziemlich cool aus, das Ganze. Denken Sie bloss nicht, das wäre egal, ich kenn’ diese Schule, kenne auch bereits einige der Kids, auf die ich gleich treffen werde, vom vergangenen Projekt. Sie mögen den Wiedererkennungseffekt, hab’ ich festgestellt. Können sie kriegen! Ich hab’ so viel Neon am Körper, mich sieht man schon von weitem. *grinst*

Alles gut soweit. Das einzige, was mir in diesen Tagen fehlt, ist Poesie. Ich schriebe gerne mal wieder ein Gedicht oder zwei. Oder ließe Farah zu Wort kommen. Oder Sanssourir. Meine Pinsel liegen hier auch rechts neben mir und jaulen leise vor sich hin, grob vernachlässigt. Heute Abend liest übrigens Alban Nikolai Herbst im >>> Literaturbüro im Mousonturm aus seinem Roman “Traumschiff”. Darauf freue ich mich, das i s t bereits Poesie. Vielleicht sehen wir uns ja dort.

So. Unbedingt weiter jetzt.
Machen Sie’s gut heute und trotzen Sie dem Grauschleier!

Herzlich,
TTNEON

MonsTTer

Madame wurde gestern während eines Workshops aufgefordert, innerhalb von dreißig Minuten ein monstermäßiges Alien zu kneten.
Der Prozess brachte diverse Erkenntnisse mit sich:

1. Dreißig Minuten können wie im Fluge vergehen: auch für Menschen, die n i c h t an Monitoren sitzen!
2. Madames Monster – behaupteten zumindest gestern die anderen – wird keiner Fliege was zuleide tun.

Zu weiteren Erkenntnissen ein anderes Mal. Madame hat heute frei – und das war schon ziemlich lange nicht mehr der Fall.
Sie ist (sagen Sie’s nicht weiter!) immer noch im Morgenmantel.

Schönen Sonntag, allerseits!
Herzlich:
TT

Handreichungen

“Schreibe in die obere Hand eine Botschaft an Deine Freunde. Und in die zweite eine Botschaft an die Welt”, sagte ich zu Hawa und den Jungs.
Hier ist, was Tesfaldet, Hawa, Ablel, Ismail, Abdinasir, Abdisamed, Harun und die anderen gestern auf der Wand hinterlassen haben, als sie gingen.

Ich bin immer für dich da im guten Moment.
Helft denen, die kein zuhause haben und zu essen.

Meine Freunde. Ihr seid meine Leute! Ich vergesse euch niemals, weil ihr seid mein ganzes Leben an meiner Seite geblieben.
Ich bin auf die Welt gekommen, obwohl ich ganicht wusste wie sie sieht aus und ich habe einfach gelernt was man braucht.

Ich vermisse meine Freunde sehr. Dieses Leben ohne euch ist verdammt scheisse für mich.
Ich lebe auf dieser Erde, obwohl andere Menschen verhungern müssen. Wann gibt es Weltfrieden?

Mein Schatz, keine Sorge. Solange ich für dich da bin, kämpfen wir beide bis zum Ende.
Liebe Welt, du hast uns gezeigt, dass krieg und Armut schlecht für die Menschen sind, also zeig uns jetzt, dass es auch anders geht.

Ich bin mit euch immer glücklich. Ich vermisse euch.
Man kann nicht so viele Jahre leben in der Welt. Nutzt die Zeit, die euch bleibt.

Ich will immer bei euch sein, ich vermisse euch sehr. Ich kann nicht ohne euch leben.
Ich will Weltfrieden.

Meine Freunde. Ich habe euch beim Fussballspielen kennen gelernt. Und ich will weiter mit euch spielen.
Die Welt sehr schön. Ich will dass die Welt deswegen kein Krieg und alle es wertschätzen.

Hassan, ich vermisse dich. Weil wir immer so viel Spaß zusammen hatten.
Ich wünsche allen Menschen, dass sie Fußball spielen können und dürfen.

Meine Freunde! Ihr seid die besten. Noch besser als die in den guten Filmen.
Hallo Welt! Du bist so schön. Ich finde es schade, dass die Menschen deine Schönheit nicht wertschätzen.

Schmitten, ff

Sie haben keinen Schimmer, wo Schmitten liegt? Das wussten meine Jungs ganz sicher auch nicht, als sie vor etwas über einem Jahr aus Somalia aufbrachen. Jetzt aber wissen sie’s, dort leben sie nämlich inzwischen.
Dass sie jetzt, nebst einem Mädchen, bei mir im Freestyle-Schreibzimmer des Weltkulturen Museums sitzen, ist verrückt in allen Bedeutungen der Okabel.
(“Okabel”klingt irgendwie weltläufiger als “Vokabel”, oder?)
(( Und “weltläufig”, je länger ich darüber nachsinne, klingt definitiv ein bisschen pikant.))

Mittwoch, 7. Oktober 2015
Noch bis zum Ende der Woche Sprech- und Schreibtraining. Und bereits jetzt die Überlegung, wer das mit ihnen weitermachen wird, wenn mein Part beendet ist. Wird jemand?

Von Frauen lernen

Madame bekommt heute selbst einen Workshop verpasst. Yeij! Schon der zweite in den vergangenen zwei Wochen. Beim ersten ging’s um “Anti-Bias” (schreib’ ich ein anderes Mal drüber), beim heutigen gehts um die Website, die ich für eine “meiner” Stiftungen als Redakteurin betreue. Wie ich während eines neugierigen Streifzugs über ihre Website festellen konnte, hat die Dame, die den Workshop halten wird, Kunst, Germanistik, Philosophie und irgendetwas mit Theater studiert und ist inzwischen Expertin für so ziemlich alles im Bereich öffentlicher Kommunikation. Kluge Frau, die wartet bestimmt nicht gern. Ich mach’ mich besser mal auf die Socken ; )

Have a good day, folks!
TT