Eine Dame namens Charlotte Pimpernell

behauptet, Sam Kaprielovs Arbeiten entstünden in Pastelltechnik, auf deren Schicht er anschließend durch Fingerwischen Licht und Schatten durchkomponiert.
Ich mag Kaprielovs graue Welt und verfolge sein Schaffen, seit ich seinen surrealen Szenarien vor einigen Jahren in der Revolver Gallery in London begegnete. Dass sie allerdings mit den Fingern gemalt sind, möchte ich dann doch bezweifeln. (Und Charlotte Pimpernell: kann der Name echt sein?)
Guten Morgen.
Buchhaltung ist gemacht; ich bring den Packen gleich mal zur Post. Dann Seminartexte Korrektur lesen. Und ein Termin mit Dr. Adloff, er will sich meinen linken glutaeus maximus ansehen.
“Petzen Sie mal fest die Hinterbacken zusammen: die müssten jetzt hart sein. Greifen Sie sich ins Gesäß” befahl er beim letzten Mal.
“Die rechte ist hart, die linke ganz weich” seufzte ich.
“Das liegt am Nerv, der immer noch taub ist. Dadurch atro (Moment, muss nachsehen, wie man das schreibt) atrophiert der Muskel. Sie müssen schwimmen.”
“Keine Physiotherapie?”
“Alles Unfug. Schwimmen Sie.”

So viel schwimmen ist mir aber zu nass, einmal die Woche, mehr schaffe ich nicht. Nu hab’ ich zusätzlich einen Tänzer, der mich das Wort Kinese ganz neu entdecken lässt. Doch dazu ein anderes Mal.

Löschungen

Nun haben Sie Ihre Kommentare unter dem Beitrag über Netzliteratur gelöscht, @sturznest. Das ärgert mich, ich schrieb meine Antworten an Sie nämlich direkt hier auf TT (noch so was, das man nie tun soll, ohne Sicherung schreiben.)
Damit sind meine erwidernden Überlegungen nun auch futsch.
Zufrieden?
Was für eine Verschwendung unserer beider Zeit.

Technische Frage:

Ich kann keine neuen Bilder mehr einstellen, twoday sagt, ich hätte meine Kapazitäten erschöpft. Liegt daran, dass ich meine Bilddateien immer in viel zu hoher Auflösung eingestellt habe, nicht als gifs, sondern als fette jpgs.
Blöd, ja.
Shame on me.
Muss ich jetzt sämtliche Bilder hier einzeln neu formatieren, um wieder Platz zu schaffen?
Weiß jemand Rat?

Haare raufend,
Phyllis

Auf der Suche nach dem verlorenen Ort

Immer noch Krisenzeit. Physisch und psychisch. Mein Körper, so sehr ich mit ihm spiele, Bilder inszeniere, mit ihm flirte, mir seiner Glieder bewusst bin – mein Körper ist mir nicht wirklich ein verlässlicher Ort. Nur manchmal gelingt es mir, Normalität herzustellen. Im Moment eher selten.
Ich habe über ein Dutzend verschiedener Kissen im Bett, um ihn in verschiedene Positionen zu bringen. Vor den Rückenoperationen waren es fünf oder so. Im Moment, da ich mit dem Laptop im Bett schreibe, verwende ich zwei weiche längliche unter den Knien, ein dreieckiges für den Rücken, ein geschäumtes kleines, ein flaches kleines, eines mit Kügelchen für den Nacken und noch ein knochenförmiges, um meinen Schreibarm abzustützen.
Ich bin sehr mit mir selbst beschäftigt, bleibe oft stumpf für Themen. Treffe keine Aussagen, schwer berührbar von Dingen, die außerhalb meiner inneren Landmarken liegen.

Verdammt,

ich brauch’ eine Kur. Mit Anwendungen! Das Wort gefiel mir schon immer. Ich komm’ zu nix hier, Leser! Die freie Produktion liegt brach… Rückgrad auskurieren und Lohnarbeit fressen mir die Zeit weg.
Und ich tüttel’ an unwichtigsten Lohntexten so lange herum, bis auch der letzte Schnetz perfekt ist; eine einzige Formulierung kann mich Stunden für alles andere lahm legen.
Mein Talent für ökonomische Zeiteinteilung bewegt sich im Minusbereich. Das stimmt mich sehr miss, und doch kann ich’s nicht lassen, jeden flüchtigen Auftragstext auf Wettbewerbsreife zu tunen. Kein Wunder, dass keine Zeit bleibt fürs Atelier. Für freie Arbeiten. Für Kuren.
Ich will weg. Irgendwo wartet ein Ausnahmezustand auf mich. Muss nur die Funksignale orten.
Pssst… sonst hör ich nichts…

Der Knast der freundlichen Gesinnung

Die Zelle ist gläsern, man spürt sie nur, wenn man an ihre Wände stößt: Neun Schritte lang, fünf Schritte breit, kleinere Schritte lassen sie größer wirken. Ein guter Ort; ein lebenslang vergeht dort schneller, als man Striche machen kann. Ich hab mich gewöhnt. »Wer bist Du?« fragen die Neuen, und mein Gesicht antwortet für mich, bevor ich dazu komme, einen Gedanken zu fassen.
Unser Knast ist groß, wir sind viele. Ich kann ganz nach hinten sehen, bis zur letzten, zur obersten und untersten Einheit, auch die Böden und Decken sind aus Glas. Wir verständigen uns mit Zeichen. Abends wische ich die Wände, die immer ganz bedeckt sind von den Abdrücken meiner Küsse. Wir sind alle freiwillig hier. Wir hauchen gegen die Scheiben und schreiben kleine Sätze. Längere sind schwierig, weil der Hauch so schnell verblasst.

Aus dem Gehäuse

Die Frauen kommen, Stipendiatinnen der Stiftung. Manche verschleiert.
»Es ist keiner außer uns im Haus, niemand wird hier hereinkommen« sage ich.
Da nehmen sie die Schleier ab. Wir sitzen um den großen Tisch, an Wochentagen arbeitet hier das Team der Crespo Stiftung, jetzt, über Ostern, ist alles frei geräumt für uns.
Kaffeemaschine läuft, der Caterer hat Obst und Kekse geliefert. Vor uns Blöcke und Stifte, keine der Frauen besitzt ein Laptop, also hab’ auch ich meines zu Hause gelassen.
Es sieht alles so harmlos aus: Papageientulpenstrauß auf dem Tisch, Post-it Blöckchen, Büroklammern. Ein Flipchart. Saubere, leserlich beschriftete Ordner, ein paar Fotos auf der Pinwand. Die Stühle sind alle rot, das gleiche Rot wie die Schalen für Kleinutensilien, die überall herumstehen. Ein freundliches Büro.
Dann die Worte. Die aus den Frauen herauswollen. Die leichten kullern flott über den Tisch, aber um die geht’s nicht, es geht um jene, die schon zu lange in verschlossenen Kammern warten. Die Schicksalsgeschichten, Flucht, Gewalt, Isolation. Nun sollen sie raus. Rauslassen ist das große Wort in dieser Gruppe. Aber wie? Und was, wenn man den Druck zurückliegender Ereignisse wieder weckt beim Schreiben, wenn die Kraft nicht ausreicht, das fehlende Vokabular einem wütende Tränen in die Augen schießen lässt? Diese Frauen sind erfahren und klug. Es tut weh, so zu sein und nur einen Bruchteil dessen, wer man i s t, nach außen bringen zu können. In ein paar Jahren werden sie es können, doch das ist im Augenblick kein Trost. Ich wünsche mir einen Zauberschlüssel. Vielleicht habe ich einen, denn sie fangen an. Ich liebe sie für jeden Satz, den sie schreiben. Ist mir verdammt egal, wie kitschig das klingt.
Sie merken, Leser, ich bin erschöpft, hab vor lauter Sprechen keine guten Sätze mehr übrig heute Nacht.