Ansonsten, im Zuge der heutigen Parole, eher maulfaul.
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Guten Morgen, erster Mai.
Unheimlich, die Stille da draußen. Nur der dicke Tauberich auf der Birke vor meinem Fenster gurrt aus Leibeskraft. Wo bist Du, wo bist Du.
Heute letzter Tag
zur Manuskriptabgabe beim Litfonds. Ich hab’ eins. Es beißt mich nur immer, wenn ich versuche, es anzufassen. Hoffentlich krieg ich’s unbeschadet in den Umschlag.
Auf der Fußmatte vor meiner Wohnungstür fand ich heute Morgen einen frischen Barschkopf, eingeschlagen in mehrere aus einem Taschenbuch herausgerissene Seiten.
Den Kopf hab’ ich entsorgt, die völlig durchweichten Seiten in die Sonne gelegt. Soweit ich sehen kann, stammen sie aus A perfect day for bananafish. (Ausgerechnet Salinger!)
An den Absender: Für die nächsten Botschaften bitte ich um Verwendung von Briefmöven. Und, bitte, keine weiteren Köpfe.
Im Atemhaus wohnen
Rose Ausländer im himmlischen Palast der Falkin.
Hab’ das Gedicht, das hier ursprünglich stand, rausgenommen. Hat mich melancholisiert.
Verlieren
Ist ja nicht zu glauben, ruft der Athlet quer durch den Raum und kommt mir mit offenen Armen entgegen, kaum, dass ich das Drehkreuz passiere. Wo waren Sie denn all die Monate? Sie sehen aber gut aus, sie haben verloren, nicht wahr?
Er scannt meine Waden, Oberschenkel, Bauch, Oberkörper, Arme, Gesicht, zwei Sekunden später ist er durch und landet in meinem Blick. Immer noch der Modellathlet, der schönste im Studio, (ach, was sag’ ich, der Einzige; die Muckiboys sind alles Attrappen), Anfang sechzig und könnte Nüsse knacken mit seinem Gesäß. Ich kenne nur einen, der ihn in dieser Kategorie aus dem Feld schlagen kann.
Markante Züge mit vielen perfekt gelegten Falten, ein Gang zum niederknien. Aus seiner ausgesuchten Höflichkeit schloss ich jahrelang, er sei schwul; ist er aber nicht.
Ich mag es, wenn Menschen mich siezen, zum Beispiel. Ein Trainingsgewand überstreifen und irgendwo die Muskeln spannen ist noch lange kein Grund, jeden gleich anzukumpeln.
Wie auch immer, ich war ewig nicht mehr im Studio. Ich hatte Angst. Seit den beiden Rückenoperationen fühle ich mich wie eine Wespe, jeder Tag schwebt wie ein Messer über mir, um mich mit einem Ritsch durchzuschneiden.
Gestern dann dachte ich, wenn schon Wespe, dann Taille. Die muss wieder geformt werden. Das sachte Atmen mit meinem Physiotherapeuten ist gut fürs Gemüt, doch davon werd’ ich nicht verlieren, um in der Sprache des Athleten zu bleiben. (Das Wort „Gewicht“ ist ihm in all den Jahren nie über die Lippen gekommen)
Er trainiert montags, mittwochs und freitags, vierzehn bis siebzehn Uhr, ich kam immer dazu. Zwischen seinen eigenen Sätzen lehrte er mich. Dann fiel ich aus dem Muster. Ginge Ihnen auch nicht anders, wenn ständig wer an Ihrer Wirbelsäule rumschnippeln würde. Herr Schonung und Frau Vermeidung rieten mir dringlichst, noch ein paar mehr Kissen zu kaufen: Ich fügte mich. Sowas soll man nie machen, fügen. Die anderen wissen es n i c h t besser, und diese beiden sind die schlimmsten von allen.
Da steht er nun.
Ich trage Rock, halbwegs vernünftige Pumps (ich komm’ grad vom Termin) und ein hautenges beigefarbenes Jackett aus weichem Leder, das mit einem einzigen, wollüstig zerrenden Knopf in der Taille geschlossen wird. (Ich kaufte es in Paris, an jenem Tag, an dem ich meine erste und einzige Extasy-Pille schluckte. Bei Jitrois, aber dazu ein anderes Mal) Wenn man sich anschickt, wieder Herrin des eigenen Körpers zu werden, sind enge Klamotten äußerst hilfreich.
Da steh’ ich nun. Alles riecht wie immer. Die Maschinen glänzen, der Athlet prangt in seinen Muskeln, der fette Manager kommt rüber und spendiert mir fünf Trainerstunden. (Wegen des Jacketts)
Ich frag mich, warum ich so lange gewartet habe. Seit Monaten heule ich meinem Park, dem frühmorgendlichen Joggen hinterher. Wespe. Pah! Sanft, aber beharrlich wieder Muskeln unterm Pelz züchten. Das isses.
Moment noch.
Krass.
Twoday fluppt wieder wie am Schnürchen. Ich weiß gar nicht wohin mit all der gesparten Zeit.
Blitzartig erkannt:
Die Nuller sind die Einser von morgen!
High-heels day
Guten Morgen.
Textarbeit bis zwölf, dann Termin zum Mittagessen am Flussufer. Einer von jenen, die eigentlich schwindelerregend hoher Absätze bedürf(t)en. Nu ist mir das Tragen von Stilettos (so sehr mich die Vorstellung ergötzt, nachher über die Planken des Restaurants zu staken) wirbelsäulentechnisch gerade nicht möglich. Vielleicht nie wieder. Oder nur inhouse. Was langweilig wäre.
Doch es gibt immer Möglichkeiten. Sich kutschieren lassen. Fällt aus, da kein Kutscheur verfügbar. Oder man reitet bis direkt an den Tisch.
Mal sehen, was sich so ergibt.