Das Handwerk der Freiheit. Sonntag, 31. Juli 2011

Bin nicht richtig da und nicht richtig fort. Es hat auch keine (was gelegentlich passiert) Verpuppung stattgefunden, die mich dann für Tage oder Wochen aus dem Rennen nimmt, bis ich mich aus dem Cocon säble, um mit neuer Kraft … Sie wissen schon.
Auch der Impostor gibt Ruhe. Kein Neugeborenes, kein Welpe, keine Freundin mit Liebeskummer zieht an meiner Aufmerksamkeit und ich hab’ auch kein neues äh… Hobby. (Ich hab’ keine Hobbys)

Ich bin einfach beschäftigt. Erinnen Sie sich an diese alten Fieberthermometer? Haben Sie mal eins fallen gelassen? Ich schon. Als Kind. Da versuchte ich natürlich, die ganzen auseinanderwitschenden Quecksilberkugeln zu einer großen zu verbinden. Man musste sie nur ein bißchen anstubsen. Meine Großmutter bekam fast einen hysterischen Anfall, als sie mich das tun sah. Ich glaube, so manisch bin ich in meinem ganzen Kinderleben nie wieder gewaschen worden.
Warum erzähle ich das?
Weil man für das Handwerk der Freiheit nicht in die Lehre geht, sondern in – sich. Und mir scheint im Moment, es sind keine Glasperlen, mit denen eine da spielt.
Ich bitte Sie um etwas Nachsicht, geschätzte Leser:innen, falls sich nicht immer alles gleich erschließt, was ich in diesen Tagen schreibe. Kommt alles mit der Zeit! Versprochen!
Vor allem mir selbst versprochen.

Objektiv betrachtet. Dienstag, 26. Juli 2011

Strümpfe, Jeans, schwarzer Büstenhalter unter weißer, eng anliegender Bluse. Haare hochgesteckt, Haltung gerade, Augen geschwollen. Creme aufgetragen. Ebenso auf Gesicht und Hände. Kaffee. Erstes Wort gesprochen. Konzentration bei ca. sechzig Prozent. Nachrichten gelesen. Außentemperatur am Fenster zwanzig Grad Celsius.
Ein Tag im Juli des Jahres 2011. Alles, was an ihm interessant ist, wird dort stattfinden, wohin Objektivität niemals gelangt.

13:04
Ach, übrigens: Den perfekten Satz zum Thema Geistesgegenwart (die sich mir heute ((verdammtnochmal)) noch nicht zugesellt hat) finden Sie stattdessen >>> drüben beim Kollegen Schein.

Microcotton. Donnerstag, 21. Juli 2011

Es ist eine „Was wäre wenn“- Geschichte. Was wäre, wenn man die Gründe außer Kraft setzte, die dem Schreiben im Netz Realität und Gewicht absprechen, als hätte es seine eigenen Bedingungen, die es als reine Schaubühne disqualifizierten. Doch die sind nicht gesetzt; wir schaffen unsere eigenen. So wie gestern Abend.
TT ist für mich tatsächlich ein Ort. Ich stelle ihn, aber Sie bereiten ihn mit. Es gibt Freunde und Anonyme, und anonyme Freunde. Es gibt sogar eine Ombudsfrau. [edit: eine ehemalige Ombudsfrau] Es gibt Wohlwollende. Und Leute, die sich trauen, mitten in einer gereizten Gesprächssituation mit einem Schmetterling auf der Hand reinzukommen. Es gibt Ironisierer und Störer und Beschwichtiger und einen Haufen Leute, die einfach vorbeischnuppern, ohne was Verbindliches zu machen. Und es gibt Sie, die Sie das hier gerade lesen. Sie sind Ihre eigene Kategorie.
Ich lege unterschiedliche Maßstäbe an. Ja. Sorry, ich bin nicht Jesus und Sie befinden sich nicht auf objektivem Terrain. Ich stelle nicht die wichtigen Fragen oder die angemessenen, sondern einfach meine.
Ach, was soll’s, Sie wissen das alles und ich hab’ immer noch einen Wattekopf. Wollte Sie nur begrüßen eigentlich : )
Bis später.

Don’t get the blues… Mittwoch, 20. Juli 2011

… unless you’re a blue tit.

(Bedingungslose Keksversorgung für alle!
Für H. Er weiß schon warum.)

Der ständige Regen, übrigens, geschätzte Leser:innen, ist kein Grund zur Klage. Überhaupt keiner. Denken Sie nur an die Pflanzen! Die besaufen sich jetzt, während wir an unseren Sommererkältungen laborieren. Meine eigene bringt momentan allen protestantischen Arbeitseifer zum Erliegen; mein Hirm (ja, Hirm!) hat das Kaliber einer Blaumeise. Äh, blue tit. Die heißt wirklich so. Würd’ mich ja schief lachen über die Blautitte, wenn’s nicht grad’ so anstrengend wäre.

Friedlich hustend,

Ihre Miss TT

15:48
[Mit jeder Tasse Salbeisud,
die sie sich runterwürgen tut,
wächst das Verlangen nach Gebäck…
die erste Packung ist schon weg.]

Talisman. Dienstag, 19. Juli 2011

Sie träumt von einer Gala, bei der sämtliche Leute versammelt sind, für die sie arbeitet, dazu Freunde und Fremde, alle vorzüglich gekleidet, auch sie selbst, doch ihr Oberkörper ist nackt. Durch die Menge sucht sie den Blick ihres Mannes, sein Lächeln. Tatsächlich, er lächelt, doch es scheint, als ob er im Gehen wäre; er wendet sich ab.
Braucht sie Respekt? Sie hat die Konzepte satt, die Beschwichtigungen, das Sattsein. Veränderungen, so man sie in der Hand hat, sollten im Sommer ausgelöst werden, wenn der Körper sie mittragen kann: ein vor der Kälte zurückscheuender Leib ist kein Komplize.
Zugang. Es geht immer um Zugang. Was eine will, ist längst da, meist seit Kindertagen; es gibt keine neuen Wünsche, nur neue Zugänge.
“Sie haben eine Tür geöffnet” sagt jemand.
“Die war bereits da, ich hab’ sie nur eingetreten.”
“Ich fand’ Sie wunderbar ohne diese Tür.”
Sommer, Du musst wärmer werden, viel wärmer noch.
Sanssourir baut ihren Arbeitsplatz um, eine lange Arbeit steht bevor. Gerade sitzen, aber in Schwüngen denken. Hör’ auf, Dich zu wappnen, leg’ los. Eine Dame nickt mit ihrem kleinen, klugen Kopf, sie mag ihre Freundinnen mutig. Sanssourir ist Mut egal, ein von anderen vorgehaltener Spiegel, wer braucht schon Spiegel, im Endeffekt. Der Ausdruck, denkt sie, sollte abgeschafft werden – Endeffekt gibt es keinen, außer beim Sterben. Sie streift den Siegelring ihres Vaters über den Finger. Ein blanker Stein ohne Gravur. Schon, als er noch lebte, wollte sie ihn tragen; er lieh ihn ihr manchmal.