Handeln aufspüren

Wissen Sie, wie ich am liebsten schreibe, geschätzte Leser:innen? Ich meine, frei fabulierend? Morgens im Bett, direkt nach dem Aufwachen zwei Stunden frei, Milchkaffee, Laptop, Fenster offen und Blaumeise pickpick am Bällchen. Gib mir noch einen Krokus dazu, der draußen beherzt sein Köpfchen sehen lässt, dann isses perfekt.
Leider war die Witterung der letzten Wochen, ja Monate in mehrfacher Hinsicht dem freien Schreiben abträglich. Da gibt es die Auftragstexte, die Seminare, die tausend Aufgabenstellungen des Selbstständigseins. Zudem hat die Künstlersozialkasse mich einer Prüfung unterzogen, fünf Jahre rückwirkend, um festzustellen, ob meine Angaben zu meinen Einnahmen aus selbstständiger künstlerischer Tätigkeit korrekt waren. Ein Haufen Zahlen kam da über den Tisch. Ich hasse Zahlen, wie schon mehrfach erwähnt, und ordenlich auswerten kann ich sie erst recht nicht. Also Steuerberater. Bin im Zuge dessen zu jemandem gewechselt, der sich mit Künstlern besser auskennt als mein alter. Viel Papierkram und Scannerei. Die Sache ist immer noch anhängig, weil irgendwelche Unstimmigkeiten in meinen Zahlen aufgespürt wurden. Nein, nicht was Sie denken! Irgendwas zu manipulieren würde mein Antimathehirn komplett überfordern – was in meinem Zahlenwerk nicht stimmt, ist schieres Ungeschick.
Na, jedenfalls. Wird schon werden.
Zudem sind die ersten Monate eines Jahres auch immer kribbelig, weil Aufträge für neue Workshops und Seminare reinkommen. Die Stiftungen, meine regelmäßigen Auftraggeber, sind da längst mit ihren Terminen im Trockenen, doch es kommen ja jedes Jahr neue hinzu. Museen. Städtische Einrichtungen. Da heißt es abwägen: Geld oder Zeit? Wie viel Auftragsarbeit muss ich machen, um über die Runden zu kommen, wie viel Zeit brauche ich für freie künstlerische Arbeiten? Das ist hochsensible Psychonavigation. Ich werde dieses Jahr übrigens zum ersten Mal selbst Schreib-Kurse anbieten, hier in Frankfurt. Wie und warum, annonciere ich demnächst auch hier auf TT – für diejenigen unter meinen Leser:innen, die Lust auf zweidrei Tage gemeinsamen kreativen Resonanzboden haben!
Aus meiner kurzen Schilderung können Sie ersehen, dass die Frei-Schreibstunden morgens im Bett momentan eher rar sind. Wenn ich das Jahr einigermaßen strukturiert habe, weiß, wann und wie die Auftragsarbeiten laufen, die Termine grob im Kasten sind, dann, dann …
Ende März, übrigens, erscheint ein Büchlein mit Texten und Zeichnungen beim >>> Literaturquickie. Hihi.
Und Sie?

Zurück an Deck

So!
Falls eine(r) von Ihnen weiß, wie –
Ach, was rede ich, das kann mir doch eh niemand, und immer, wenn…
Mannomann, so ein Gehirn macht einem ganz schön zu schaffen, und dann auch noch das ganze Fleisch drumherum, man weiß ja gar nicht, wo man –
Jesses!!
Wo, zum Henker, ist das Steuerrad? Wie soll eine ordentlich Kurs halten, wenn nicht einmal klar ist, wo vorne und hinten …?

“Immer die Ruhe, Madame. Gehen Sie erst einmal laufen, heizen Sie die Muskelage auf, hissen Sie Ihr Gehirn.”
“Und wo ist vorne???”
“Da, wo Ihre Nase ist. Und jetzt ab mit Ihnen.”

(Dem Himmel sei Dank für meinen ersten Offizier.)

Die Amsel

ist schuld, dass Madame neuerdings bereits morgens um sechs hier ihren ersten Gang übern Hof macht.
Die Amsel singt schön.
Ab fünfdreißig in der Früh’.
Madame schliefe gerne bis sieben, Herrschaftszeiten, schließlich ist sie rekonvaleszent.
Die Amsel muss aufpassen, dass ihr nicht das Gurgelchen umgedreht wird, wenn sie so weitermacht.

Morgen, allerseits!

Kelchschwemme

Guten Morgen. An jene Kommentator:innen, die sich gestern angesprochen fühlten: Sorry wegen der gefauchten Ansage, das war schlechter Stil. Die Sache ist einfach die, ich schleppe seit Wochen eine Grippe mit mir herum. Die schwächt und legt die Nerven bloss, weil ich keinen Sport treiben kann. Ohne Sport wird Madame nämlich zum Drachen. Is so. Zittrige Muskeln und Kurzatmigkeit schlagen ihr aufs Gemüt, besonders, wenn trotzdem volles Rohr gearbeitet werden muss. Außerdem hat mich die Künstlersozialkasse am Wickel, fragen Sie mich nicht warum, es geht um Zahlen. Ich hasse Zahlen. Ich leide unter Dyskalkulie. Im Ernst. Ich mag Zahlen weder erstellen, geschweige denn überprüfen. Anyway, auch dieser Kelch wird nicht an mir vorübergehen. (Wer hat eigentlich d e n Ausdruck erfunden?) Ich hab’ gerade so viele Kelche auf dem Schreibtisch, dass kaum noch Platz für die Tastatur ist.
Acht Uhr vierundvierzig.
Hm.
Nachher, um zehn, beginnt eine Tagung. Wichtige strukturelle Veränderungen werden dort verkündet werden, die auch meine Arbeit betreffen: Dort zu fehlen würde wie ein Zeichen wirken, also hin. Zuvor ein Schälchen Haferflocken & schöne, wollige Sachen anziehen. Und dieses flimmernde Gehirn? Tja. Die Leute werden einen Blick in mein Gesicht werfen und Sicherheitsabstand einhalten. Sollnse! Meine Viren gehören mir.
Na, dann mal Leinen los.
Ihnen einen schönen Tag (hier in Frankfurt, immerhin, scheint eine blasse Wintersonne), und vermeiden Sie Kelche. Die bilden nämlich Kolonien. Von wegen vorübergehen! Meine sind Siedler. Aber sobald ich wieder gesund bin, werf’ ich die Planierraupe an.

Herzlich, Ihre
Mme TT