Die Sprache der Anderen, 55

“Jener Trieb zur Metapherbildung, jener Fundamentaltrieb des Menschen, den man keinen Augenblick wegrechnen kann, weil man damit den Menschen selbst wegrechnen würde, ist dadurch, daß aus seinen verflüchtigten Erzeugnissen, den Begriffen, eine reguläre und starre neue Welt als eine Zwingburg für ihn gebaut wird, in Wahrheit nicht bezwungen und kaum gebändigt.”
Friedrich Nietzsche, aus: Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinne

Manchen rauschen die Fundamentaltriebe ja so laut in den Ohren, dass sie selbst die Metaphernbildung überhören. Aber das ist ein anderes Kapitel.
Guten Morgen!

Vergnügt, wenngleich wortkarg, Ihre
Madame TT

Die Amsel

ist schuld, dass Madame neuerdings bereits morgens um sechs hier ihren ersten Gang übern Hof macht.
Die Amsel singt schön.
Ab fünfdreißig in der Früh’.
Madame schliefe gerne bis sieben, Herrschaftszeiten, schließlich ist sie rekonvaleszent.
Die Amsel muss aufpassen, dass ihr nicht das Gurgelchen umgedreht wird, wenn sie so weitermacht.

Morgen, allerseits!

Kelchschwemme

Guten Morgen. An jene Kommentator:innen, die sich gestern angesprochen fühlten: Sorry wegen der gefauchten Ansage, das war schlechter Stil. Die Sache ist einfach die, ich schleppe seit Wochen eine Grippe mit mir herum. Die schwächt und legt die Nerven bloss, weil ich keinen Sport treiben kann. Ohne Sport wird Madame nämlich zum Drachen. Is so. Zittrige Muskeln und Kurzatmigkeit schlagen ihr aufs Gemüt, besonders, wenn trotzdem volles Rohr gearbeitet werden muss. Außerdem hat mich die Künstlersozialkasse am Wickel, fragen Sie mich nicht warum, es geht um Zahlen. Ich hasse Zahlen. Ich leide unter Dyskalkulie. Im Ernst. Ich mag Zahlen weder erstellen, geschweige denn überprüfen. Anyway, auch dieser Kelch wird nicht an mir vorübergehen. (Wer hat eigentlich d e n Ausdruck erfunden?) Ich hab’ gerade so viele Kelche auf dem Schreibtisch, dass kaum noch Platz für die Tastatur ist.
Acht Uhr vierundvierzig.
Hm.
Nachher, um zehn, beginnt eine Tagung. Wichtige strukturelle Veränderungen werden dort verkündet werden, die auch meine Arbeit betreffen: Dort zu fehlen würde wie ein Zeichen wirken, also hin. Zuvor ein Schälchen Haferflocken & schöne, wollige Sachen anziehen. Und dieses flimmernde Gehirn? Tja. Die Leute werden einen Blick in mein Gesicht werfen und Sicherheitsabstand einhalten. Sollnse! Meine Viren gehören mir.
Na, dann mal Leinen los.
Ihnen einen schönen Tag (hier in Frankfurt, immerhin, scheint eine blasse Wintersonne), und vermeiden Sie Kelche. Die bilden nämlich Kolonien. Von wegen vorübergehen! Meine sind Siedler. Aber sobald ich wieder gesund bin, werf’ ich die Planierraupe an.

Herzlich, Ihre
Mme TT