Ommm

Die Klosterkatze Lucia weiß: Die Wand, vor der sie täglich meditiert, steckt voller Beute. Was ich von meiner trotz stundenlangen Ausharrens nicht mit Gewissheit behaupten kann.
Lucia ist mir mehrere spirituelle Dimensionen voraus, definitiv.

Zurück am Schreibtisch.
(((Behalte meine Wand mit im Auge, Lucia, okay? Und wenn sich was rührt, schnapp’ es Dir!)))

Montagsflausenarbeitsjournal

Also, was tut sich? Madame läse gerne haufenweise Schmöker gelehrte Bücher, vorzugsweise im Park oder am Strand. Die Wahrscheinlichkeit indes, dass das heute geschieht, beläuft sich auf Null. Ebenso wie ihre Vorliebe, auf dem Wochenmarkt nach kulinarischen Leckereien Ausschau zu halten, die sie abends in die Pfanne werfen kann, heute nicht befriedigt werden wird, nicht nur, weil kein Markt ist, sondern, weil sie sich seit Paris zwei Kilo Frustspeck angefressen hat, der weder zum Sommer, noch zu den schönen Kleidern passt, die sie von dort mitgebracht hat. Also weiter. Die Buchführung liegt hier noch herum, blockiert wichtige Arbeitsflächen, muss erledigt und eingetütet werden. Yeji. Natürlich sagt der Drucker just zu diesem Zeitpunkt, er brauche neue Patronen, also müssen welche besorgt werden. Ein Blick aufs Konto. (Huch.)
Das Wort Fixkosten ist für Selbstständige noch bedrohlicher als für Angestellte, vermute ich, doch da lässt sich vielleicht etwas drehen. Ein paar Mitgliedschaften in irgendwelchen Freundeskreisen kündigen, vielleicht sogar das teure Sportstudio? Joggen kostet nichts und Krafttraining lässt sich mit den neu entdeckten youtube-Filmen auch ziemlich gut von zuhause aus machen. Bin eh stark genug, mein Bizeps jagt sogar mir manchmal Angst ein. Und eine Parkbank lässt sich für überraschend viele Übungen nutzen, wenn man die Blicke der Passanten ausblenden kann.
Die Künstlersozialkasse hat nach der Prüfung meinen Monatsbeitrag verdreifacht, übrigens. Nicht, dass ich dreimal mehr verdiente dieser Tage, nein, nur die Einstufung meiner Erwerbstätigkeiten hat sich verändert: Nach ehrlicher Offenlegung meiner Tätigkeiten war diese Konsequenz abzusehen. Meinetwegen. Hab’ keine Lust, die KüSo anzulügen, bin froh, dass sie überhaupt noch existiert.
So wird das aber nichts mit den Flausen, wenn ich hier nur Organisationszeugs aufliste. Aber wenn es mich doch verfolgt!

Ich hab’ viele Auftraggeber für Seminare und Kurse. Ich werd’ mich auch weiterhin tragen können. Gut fühlt sich der neue Ansatz an, Schreib-Workshops in eigener Verantwortung anzubieten – der erste, letzten Monat, war ein voller Erfolg, daran gilt es nun anzuknüpfen. Werbung zu machen. Nicht meine Lieblingsbeschäftigung, doch die Leute müssen ja irgendwie in die Bude kommen. Ab dann ist’s sowieso wunderbar: mit wachen Menschen zu arbeiten.
Apropos wach: bin sowas von schlapp dieser Tage. Am Sommer kann das doch nicht liegen?! Ein genialer Sommer ist das. Nur der Blick über die Landesgrenzen in die Kriegsgebiete: jeden Tag eine Ladung Gram und Grimm. Da scheint mir mein eigener Kummer fast unwesentlich: Ich verliere mein Atelier, in drei Wochen muss ich’s geräumt haben. Fragen Sie mich nicht, warum, die Person, die es mir über Jahre zur Verfügung gestellt hat, braucht es jetzt einfach für neue Zwecke. Ich bin dankbar. Und hochnervös. Die Sache ist nämlich die, um das Geld zu haben, regulär ein Atelier anzumieten, müsste ich so viel mehr Lohnarbeit machen, dass ich keine Zeit mehr fürs Atelier hätte. Verflixt, das. Falls Ihnen zufällig eine Idee kommen sollte, wo Madame in Zukunft hier in Frankfurt und Umgebung ohne große Kosten zeichnen könnte, lassen Sie bitte von sich hören, ja? Meine Uhr tickt. Und das gerade zu einem Zeitpunkt, zu dem ich künstlerisch hochinspiriert bin, nach der Arbeitsphase im Pariser Atelier.

Am Donnerstag gehe ich übers Wochenende mit Ladybird in ein Yoga-Retreat ins Kloster. Vermutlich wird sich der nächste Montag dann anders anfühlen als dieser. Vielleicht sogar flausiger! ; )
Ich leg’ dann mal los. Drei Stunden getändelt seit dem Aufstehen, das muss ich hinten wieder dranhängen… wird ein langer Tag.

Ihnen einen guten!
Herzlich:
Phyllis

Bettelfische

Und morgens, rücklings bei Ladybird auf der Holzterrasse, während die Meisen in den Ästen der alten Kiefer herumpiepen, zu deren knorrigen Ästen man, atmend (heute mit “ocean-breath”, für die Eingeweihten), aufblickt; dazu die zwölf (In Zahlen: 12) Goldfische im Teich, von denen man nicht viel mehr weiß, als dass sie Bettelfische sind, weil sie immer angeflutscht kommen, kaum, dass man unten an die Teichkante tritt, sie kommen pulkweise und schwappen und reißen erstaunlich große, innen rosafarbene Mäuler auf, auf dass man etwas hineintue, wofür nur das Einmachglas zu öffnen ist, das dort immer bereitsteht, hernach hineinzugreifen und ein Händchenvoll Flocken herauszu, die wie ein Rieselwind von oben in die schaukelnden Mäulchen,
während plötzlich diese Brise,
und Ladybird verabreicht in Sri Lanka handgefertigte, freundliche Hosen, denn Yoga wird nicht einfach gemacht, sondern praktiziert, das geht entweder ganz nackend oder in weichstem Gewebe
(der > Wirklichkeit)
und die Fingerspitzen am Holz, während wer sich vom Aste aufschwingt mit leichtem Flügelschlag (nein, nicht die Seele, ein Fink ist’s)
doch ich ihm hinterher (feinstofflich betrachtet)
während der Körper einmal nicht (gottlob) irgendwas will, Hunger Pippi Durst, oder Ziepen hat irgendwo, des Körpers Verfassheit also einfach nur wohlwollend, einen Moment lang (kaum zu fassen: wohlwollend!)
und ocean breath (!) mittenmang der hessischen (!) Vogelwelt, gell, von den Insekten ganz zu schweigen:
frag’ einer bitte keiner nach der Ameisenstraße, die Ladybird seit Tagen argwöhnisch in der Küche beobachtet, von draußen durch die Kachelritzen schnurgeradewegs ins Schlaraffenlad ihres dreifach segmentierten Mülleimers ziehen ordentliche Kolonnen,
frag’ auch niemand nach dem REIHER, der schon siebenbisachtmal alle Fische gefressen, nein, heruntergeschlungen haben soll, ihren Klagen zufolge,
während doch alle aus der dunklen, dunklen Tiefe des Gewässers irgendwann (bis auf den dicksten, dreizehnten, doch das ist auch der älteste gewesen und vielleicht an Altersschwäche(…?)…) wieder quicklebendig zum Betteln heranschwimmen, sobald wir, schlaff und wehrlos glücklich (sagte letztens ein Kursteilnehmer, im Ernst, “wehrlos glücklich” sei er nach meinem Kurs!), also wir runter zum Wasser, halberleuchtet ins Konservenglas greifen,
Futterwind machen,
lachen,
und wirklich einen Augenblick lang vergessen, was wir eigentlich gewollt haben sollten