Die Sprache der Anderen, 48

[…] Ob die Welt grauer wird, wenn das Verlangen erlischt, das alles anders sein sollte? Es geht dir gut. Du hast genug zu lieben. Das Alter, wie du es gerade jetzt empfindest, ist eine Zeit, in der du der Kultur des Mangels abschwörst. Es ist genug. Zeit zu verschwenden.
Melusine Barby, 15. Februar 2013 auf >>> Gleisbauarbeiten

Montag, 18. Februar 2013
Nachtrag:

[…] Doch über alle Ahnung hinaus können wir e r f i n d e n, träumen, fantasieren und dadurch mitschaffen, was werden wird. Atemlos und begeistert. Und es beschreiben. So auch das Unheil, das in Ihnen, scheint es mir, festgefroren und, damit es nicht mehr wehtut, auf Zimmertemperatur hinuntergedämpft worden ist. Ich habe dafür Verständnis, es ist aber kein Ansatz, Kunst zu verstehen. Kunst kommt von Hitze. Oder von Kälte. Nie aber aus der Wärme. […]
ANH in einem >>> Kommentar an einen Leser in Die Dschungel, 23.03.2009

Eines der wenigen Dinge, die man nicht kaufen muß, ist Leistungsdruck. Ganz im Gegenteil, man wird gemeinhin sogar dafür bezahlt, daß man sich ihm aussetzt, vorausgesetzt natürlich, er kommt von außen. Selbstgemachter Leistungsdruck ist dagegen zunächst rein selbstbezüglich und muß der Welt nicht nur vermittelt, sondern auch noch, umgewandelt in ein Produkt oder eine Dienstleistung, verkauft werden. Das ist schwer, man braucht dafür Geduld und Ausdauer und Glück und Unterstützung und eine Portion Wahnsinn und gute Freunde und überhaupt viel mehr, als man benötigte, ließe man sich den Druck vernünftigerweise von außen liefern und entspräche ihm entsprechend, was nicht leicht, immerhin aber regelkonform ist. […]
Ausschnitt aus: >>> “Ein grausiges Beispiel für die Freigeisterei”, Norbert W. Schlinkert – Nachrichten aus den Prenzlauer Bergen, 6.1.2013

“Everything is better than being slapt in the face with a wet fish.”
Schottische Redensart

Die Sprache der Anderen, 47

[…] Tja, die Verblödungsindustrie liefert geistige Hamburgers, Feuilletonicwater, AntiRheumalyrik, Politbräu, philosophisches Doublebubble … Das alles verdient nur ein »Spottbewahre!«, keine Jeremiade! – Dennoch gilt: »Da wir uns allein durch das Wort verständigen können, verrät, wer es fälscht, die Gesellschaft« (Montaigne). Und kein Psychodesigner kanns wegtherapieren: Ein Mensch verkommt zuerst in der Sprache, dann in der Lebensweise. – Meine Devise ist die Radikalisierung des Augenblicks, Revolte, die Autonomie der Wörter, logos statt legos, … die Weigerung, Ideen und Utopien zu predigen, die keiner je am Leben geprüft hat. Solche Sprachkritik ist Sozialarbeit, – unter Spiel und Verwandlung sogar lustvolle Sterbehilfe.[…]

Interview mit >>> Uwe Dick, erschienen in SALZ – Zeitschrift für Literatur, Heft 111, 28.03.2003

Die Sprache der Anderen, 44

Und hier wieder mal eine Lektion in Halbstarkdeutsch, geschätzte Leser:innen! : )

Schlecht und abwertend: “Du Opfer”, “Du Knecht”, “Du Lutscher”, “Du Fisch”.
Schlecht, aber liebevoll: “Du Pico”. (“Bezieht sich das “pico” auf einen bestimmten Körperteil…?” fragte ich. “Nö”, informierte man mich. “Nur so allgemein.”)

Gut für Kerle: “Du Gigo!”
Gut für Mädchen: “Chick”.
Abwertend für Mädchen/Schlampe: “Chaya”.

Gut, allgemein: Etwas ist “baba”. (“Aber das ist doch einfach das Wort für ‘Vater’, sagte ich. “Ja, schon”, erklärten die Jungs, “aber es heißt auch einfach, dass etwas gut ist.”)
Gut, gesteigert: Etwas ist “stabil”, “killer”, “fett”.

Die Sprache der Anderen, 41

“That’s the way it is. If you believe in something your very belief renders you unqualified to do it. Your earnestness will come across. Your passion will show. Your enthusiasm will make everyone nervous. And your naivety will irritate. Which means that you will become suspect. Which means you will be prone to disillusionment. Which means that you will not be able to sustain your belief in the face of all the piranha fish which nibble away at your idea and your faith, ’till only the skeleton of your dream is left. Which means that you have to become a fanatic, a fool, a joke, an embarrassment. The world – which is to say the powers that be – would listen to your ardent ideas with a stiff smile on its face, then put up impossible obstacles, watch you finally give up your cherished idea, having mangled it beyond recognition, and after you slope away in profound discouragement it will take up your idea, dust it down, give it a new spin, and hand it over to someone who doesn’t believe in it at all.”

Ben Okri, >>> “In Arcadia”, 2002