Wie lang das schon herzusein scheint: Die Tage unter Wasser am roten Meer.
Manchmal ärgert es mich richtiggehend, wie perfekt ich mich wieder in die konkreten Aufgabenstellungen hineinfüge nach einer Abwesenheit – und wie lang es andererseits dauert, bis alles, was nicht Pflicht ist, ebenfalls wieder seinen Raum findet. Es ist, als knurrte mein Schreibtisch, sobald mich Gedanken beschleichen, die nicht zielführend sind. Und das, knurrt er, sind allein Handlungen, die die Miete bezahlen und das Leben und die Lipsticks. (Nein, das mit den Lipsticks sagte er nicht, das ist von mir)
Tja.
“Du lebst diese Arbeit mit den Jugendlichen”, sagte LeTigre kürzlich. “Ich selbst habe auch Freude daran, aber mir fehlt dein Sendungsbewusstsein.”
Über dieses Wort, Sendungsbewusstsein, denke ich seitdem nach.
Denn, ja, ich kann mir kaum etwas sinnvolleres als meine Arbeit im Rahmen der Schreibseminare vorstellen. Gleichzeitig unterminiert diese ungebrochene Sinnhaftigkeit meine freie künstlerische Arbeit: Es gibt für mich als – na, wie soll ich’s sagen? – motivierende Leitfigur im Rahmen meiner Workshops so viel zu tun, zu denken, zu konzeptualisieren, dass meine gesamten Energien instinktiv immer dorthin fließen wollen.
Ich hab’ mir das schon oft vor Augen gehalten, aber noch keine Lösung gefunden, wie sich eine Pendelbewegung vom Angewandten zum Freien leichter herstellen ließe. Und kontinuierlicher. Wahrscheinlich gibt es einfach keine.
Die einzige, die ich bisher gefunden habe: mich für ein-, zwei Monate ganz herauszuziehen. Ins Atelier nach Paris.
(- Oh, da fällt mir ein, ich muss die Bewerbung für die Cité Internationale des Arts fertigmachen. Jedes Jahr aufs Neue muss ich mich dort um ein Atelier bewerben, doch bisher hat es fast immer funktioniert.)
Jetzt knurrt er schon wieder:
Es gibt an die sechzig Seiten Texte von Kursteilnehmerinnen zu lektorieren.
Aber Madame braucht erst einmal Luft. Laufen im Park geht heute nicht, bin krank. Aber dick eingewickelt ein paar Schritte in die Sonne: Das geht.
Schönen Tag, allerseits!
Und lassen Sie es sein, das auf die Wangen küssen. Ich kann mich nie davon abhalten, meine Teilnehmer:innen auf die französische Weise zu begrüßen, wenn sie den Raum betreten, doch nun hat eine aus dem letzten Kurs mich angesteckt. Ich konnte das Virus geradezu abheben hören, als es mich ansprang, doch da war’s natürlich zu spät.
Also, vergessen Sie meine üblichen Aufforderungen und lassen Sie das Küssen sein! Zumindest, bis diese Grippewelle sich gelegt hat.
Reuig:
TT