Ein Blog das bringt
gewisse Pflichten
zum Beispiel Texte zu entrichten
ich tu das manchmal
manchmal nicht
das ist okay
(aus meiner Sicht)
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10 years after
»Ein weithin unangefochtenes, weil gesellschaftlich bequemes Klischee, daß Künstler besessen sein müssen von ihrer Arbeit. Manisch immer weitermachen sollen sie, allen äußeren Unannehmlichkeiten zum Trotz. Entgegen allem, was man so über die Menschen und ihre grundlegenden Bedürfnisse nach Bestätigung weiß, sollen die Künstler, bitteschön, am langen Faden verrecken, schließlich hat sie niemand dazu gezwungen, welche zu werden.
Ausstellungen mag ich auch nicht. Nicht mal meine eigenen, das ist schon hart. Sind mir zu ungemütlich. Gib mir einen englischen Club mit Ledergarnituren und einem seriösen Kellner, Coktailgläser mit geeistem Rand und ein einzelnes Bild, gut ausgeleuchtet, auf einer anständig grundierten Wand zum Draufkucken, das ist was. Dazu ein paar interessante Leute mit Geld, von denen einer schon einen roten Punkt neben das Bild hat kleben lassen. Leute, die jeden Monat wieder kommen und einer davon kauft dann das Bild, das gerade da hängt. Ehrensache. Hat nichts mit Kunstverstand zu tun, das Bild wird gekauft, weil es aus genau diesem Grund dort hängt, und einer nimmt’s mit nach Hause.
Wer nie kauft, fliegt raus aus dem Club. Der Künstler, der das eine Bild gemalt hat, ist den ganzen Abend auf einem Podest angekettet, zeigt Fotos von seinem Atelier und seinen Liebschaften rum, erzählt pikante Geschichten, lästert über die Kollegen, wird ausgehalten und hofiert, begrapscht und gekniffen. Der Künstler muß eine Nacht lang büßen. Das ist fair, denn alle finden es eigentlich unverschämt, daß er sich das Recht rausnimmt, Künstler zu sein, und sie selbst müssen sich plagen mit Normalscheiß. Das Bild ist okay, aber der Künstler ist ein Arschloch, man muß ihn ein bißchen zurechtstutzen dürfen. Wofür hält der sich, für was besseres?
Dem Künstler macht das nichts aus, denn er muß den ganzen Abend nichts bezahlen, er hat schon einen ganzen Stapel Visitenkarten zugesteckt bekommen, einige Leute ins Atelier eingeladen und so weiter. Jede Stunde kommt eine gutriechende Visagistin und macht ihn wieder zurecht. Sie pudert ihn ab und säubert die Bißwunden. Daß er sich keine Krankheit holt, sowas will niemand. Der Künstler hat durchaus Bewegungsfreiheit mit den Ketten und wälzt sich auf den Bauch, wenn’s ihm zuviel wird, alles kleinere Unannehmlichkeiten im Vergleich zu dem Stress, den ihn das Bild gekostet hat, und das ist ja fertig, zum Glück. Die sollen sich ruhig ein bißchen austoben, wo soll denn der ganze Kreativneid sonst hin. Der Künstler weiß, daß es ihnen nicht reicht, dieses eine Bild, diese armen, hilflosen Sadisten. Schließlich gibt es jedes Mal nur eins zu kaufen, und das hat schon der Große dort hinten, alle anderen müssen jetzt wieder einen ganzen langen Monat warten, bis sie eine Chance kriegen. Der Künstler liegt wie eine glänzende prächtige Robbe auf seinem Podest und flappt zufrieden mit dem Schwanz.
Von dem Geld kann er gut ein- zwei Monate leben, selbst nach Abzug der achzig Prozent, die der Club als Vermittlungsgebühr für sich beansprucht. In diesem Zeitraum muß er das Beste aus dem rausholen, was jetzt in seiner Brusttasche steckt: Namen. Jeder Name kann sich in Bargeld verwandeln. Geld ist dem Künstler eigentlich egal, aber die anderen wollen ständig welches von ihm. Als einer der Hauskünstler des Clubs braucht er zwar für seine Lebenshaltung nicht selbst aufzukommen, aber die Extras fressen ihn auf. Klamotten, Maniküre und Make-up, Muskeltraining, Analytiker, Massagen, das alles geht auf die eigene Kappe. Die Urlaube zahlt der Club, wenn auch widerwillig. Sie müssen aber, denn freiwillig würde der Künstler das Land nicht verlassen, er kann kein Englisch und die Anstrengung ermüdet ihn.«
Phyllis, vor zehn Jahren.
“Gestatten, Plagiat”
Wer sich für das Plagiatsthema und die Litgöre Helene Hegemann interessiert – ich hab mich gestern mal (besser spät als nie) umgesehen. Bei der von mir geschätzen Andrea Diener in ihrem FAZ Blog fand ich lesenswertes dazu.
Geschafft.
Fotos gibt’s noch keine, aber wer von Ihnen zufällig zur Ambiente geht ab morgen kann “Cargo Kult”, unsere vier wilden Cafeteria-Installationen, dort bewundern. Bin immer noch benommen von den Farbdämpfen. Trotzdem macht so ein Job irre viel Spaß: Messen sind eigentlich nur während der Aufbauarbeiten interessant. Dröhnende Mucke aus allen Lautsprechern. Ab Abends, wenn alle groggy sind, macht dann immer irgendjemand Hardcore-Techno an. Ächz. Die Gänge so mit Europaletten verstopft, dass kein Durchkommen ist. Radikale, übermüdete Gabelstaplerfahrer. Billige Frikadellen, die einem stundenlang in der Darmwand hängen.
Nach so einer zwölf-Stunden-Schicht hat man nix mehr in der Birne. Gar nix. Für Schreibtischtäter wie mich ist die Erfahrung ziemlich speziell.
“Mache Sie da noch Teppisch drunner?” fragt eine Dicke, die uns beim Sprühen beobachtet. “Nee” sag’ ich. Absurd, unsere mit Graffity gestalteten Lounges und dann Teppich?! Die Frau schüttelt missbilligend den Kopf und zieht weiter.
Kalt ist es. Ein Tag Heizen auf der Frankfurter Messe kostet eine halbe Million Euro, ich hab mich erkundigt. Für die Handwerker wirft man die teure Wärme noch nicht an, sollen sich gefälligst bewegen.
So. Ab heute
wieder der jährliche Design-Job auf der Ambiente. Nachdem wir 2009 mit unserer gestalterischen Intervention so gut ankamen, sind Thomas Erdelmeier und ich wieder gebucht. Drei Tage Knochenarbeit. Vergnügliche Knochenarbeit. Auftraggeber wie letztes Jahr Thomas Tritsch.
Das Wort zum Sonntag, 34
muss heute wegen exzessiven Müßiggangs leider ausfallen.
Am Rande:
Würden bitte alle sofort diese Schutzhüllen schreddern, in die sie ihre blöden kostbaren Handys stecken? Wie sieht das denn aus, wenn man einen Anruf entgegen nimmt und erstmal das Gerät aus dem Kondom ziehen muss? Hm? Weg damit.
Angemeldet:
Ende Februar im Hessischen Literaturforum: Seminar »Dichtung und Internet« mit Alban Nikolai Herbst
Werde dort sein.
Dieses Jahr soll eines der Teilnahme werden. In jeder Beziehung.
Soweit ich weiß, sind noch Plätze frei.
Wenn die Haut rebelliert
Neurodermitis, meine alte Freundin. Mein anderes Gesicht. Heisses Wasser schwappt von innen gegen die Haut; die Flut kommt.
Warum ich das einstelle? Weil mich glatte Oberflächen zunehmend weniger interessieren, an mir nicht, an anderen nicht.
(Nachtrag: Ich musste das Selbstporträt entfernen, das zu diesem Beitrag gehörte. Hat mich zu sehr irritiert.)