Die Button-Maschine

… ist ungeheuer beliebt, auch jetzt wieder in meiner neuen Gruppe. Macht alles irgendwie offiziell, was danach passiert.
Ein Name ist ja nun keine Kleinigkeit. Vor allem nicht für die jungen Leute, die erst vor ein, zwei Jahren zu uns ins Land gekommen sind. Wobei “gekommen” ihren Wechsel von ihrem Heimatland in unseres nur sehr unzureichend beschriebt, wie sich jeder mit ein bisschen Phantasie denken kann.

Bin wieder im Museum zugange. Mit sechzehn Jugendlichen, alle um die achtzehn, die eigentlich ur eines wollen: auf möglichst unspektakuläre Weise dazugehören. Spaß haben. Lachen. Sich zeigen, spielen, Fortschrite machen, ohne dass ihnen gleich irgendein Etikett verpasst wird.
Können sie kriegen. Zumindest mal für die paar Tage, in denen wir zusammen sind.

Wir haben heute – unter anderem – einen Text geschrieben, der nur aus Fragen besteht. Und vorgelesen. Und einer der Jungs hat so zarte, erschütternde, haarsträubende Fragen aneinander gereiht, dass uns allen die Tränen in den Augen standen.
“Du hast mein Herz geschüttelt”, sagte ihm ein junger Iraner hinterher. Und jener, der vorgelesen hatte, hat den Kopf geneigt und sich gefreut.

Himmel, ich liebe diese Momente!

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Frankfurt Life Juli 2016

Liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Gäste,

ich werde immer wieder gefragt – von Fremden, die nicht dabei waren … – wie das eigentlich geht mit dem Schreiben bei uns im Frankfurt Life-Projekt. Wie sollen denn junge Leute, von denen viele im Deutschen noch sehr unsicher sind, kreative Texte schreiben? Oder Geschichten, die von ihrem Leben erzählen? Müssten diese jungen Leute nicht erst einmal Vokabeln, Grammatik und Rechtschreibung büffeln, bevor sie Freude am Schreiben entwickeln können? Bevor sie gute Sätze schreiben können?
(…)
Tja.
Müssen sie nicht.

Wer nämlich sofort alles richtig machen will beim Schreiben, ist auch von Anfang an gestresst. Deswegen gibt es viele Leute, die gar nicht erst loslegen damit – vor lauter Angst, Fehler zu machen.
Dabei sind Fehler ganz toll.
Jedenfalls, wenn später jemand kommt und einem freundlich erklärt, wie es richtig geht. Wenn jemand da ist, der Zeit hat zum Reden. Wenn man das Gefühl hat, dass man ernst genommen wird, obwohl man noch gar nicht so viel in der deutschen Sprache sagen kann, wie man möchte.
Oder schreiben…
Schreiben ist ja noch schwieriger als Sprechen.
Aber für eine gute Sprache bekommt man immer Respekt von anderen. Auch, wenn diese anderen merken, dass man sich Mühe gibt, obwohl man noch nicht so gut ist.
Jemand, der zeigt, dass er gerne lernt, wird immer Hilfe von anderen bekommen.

Wir alle vom Projekt hatten viel Spaß mit Euch! Es ist toll, mit jungen Menschen zu arbeiten, die Fragen stellen.
Es macht Spaß, wenn man als Schreibtrainerin merkt, dass eine Gruppe zusammenhält. Dass eine Gruppe sich konzentrieren kann. Auch wenn es schrecklich mühsam ist, so viele Wörter im Handy suchen und übersetzen zu müssen, bevor man ein paar vollständige deutsche Sätze schreiben kann.
Aber in den Momenten, wenn wir uns im Museum unsere Sätze und Texte vorlesen, sind die anderen immer ganz still.

(((Na ja, f a s t immer… ; )))

Es ist still, weil jeder weiß, was das für ein Gefühl ist, vor einem leeren Blatt zu sitzen und nach deutschen Wörtern zu suchen.
Was das für ein Gefühl ist, Dinge aus dem eigenen Leben zu erzählen.
Was das für ein Gefühl ist, die eigene Persönlichkeit zeigen zu wollen, obwohl einem noch so viele deutsche Wörter dafür fehlen.
Aber so wird es nicht bleiben!
Ihr seid alle jung. Und neugierig. Vor allem aber seid Ihr mutig. Und von diesem Mut können wir Älteren alle noch etwas lernen.

—– Aber jetzt wollen wir endlich anfangen zu lesen!

Das Wort mit P

Ende nächster Woche werde ich mit meinen Förderschulkids eine Installation zeigen. In der Bibliothek, in der wir seit Anfang Oktober letzten Jahres einmal wöchentlich versuchen, die Lust am Schreiben aus der Umklammerung der Unsicherheit zu befreien.
Dieser Leichtigkeit wegen auch die Luftballons als Teil unserer Text-Präsentation. Wir befüllen sie mit Helium. Neiiiin, nicht einatmen!!!

Das waren sehr, sehr konzentrierte Monate mit diesen kids. Einer der Gründe, weshalb nie genug Zeit für TT war. Ich musste – und wollte – mich erst einmal einstellen auf unsere wöchentlichen Sessions. Vor allem auf die Kids. Einzeln. Das bedeutet einen Tag Vorbereitung, dazu ein Tag Ausführung, das saugt ganz schön an meinem Zeitreservoir. Und die übrigen Workshops wollen ja parallel mit gleicher Verve durchgeführt werden.

Doch ab Ende nächster Woche ist dieses Förderschulprojekt abgeschlossen und der neue Turnus beginnt erst wieder im Oktober. Ich weiß noch gar nicht, was ich mit all der Zeit anfangen soll, die mir dann plötzlich wieder zur Verfügung steht, aber mir wird etwas einfallen… und irgendwo da draußen wartet auch Paris.

Lächelnd,
TT