face your challenges! Donnerstag, 16. Juni 2011

Kann noch ein Weilchen dauern mit dem Sinn heute. Kaninchen sind harte Gegner.

19:31
Es war nicht zu bezwingen. Am frühen Nachmittag gab ich mich geschlagen und beschloss, mir eine Atempause zu gönnen. Ich fand den Laden mit den Masken nach einigem Nachfragen. Die junge Frau, die mich bediente, war außergewöhnlich schön und äußerst kühl. Bestimmte Leute finden diese Kombination ja reizvoll, ich selbst nicht. Ich dachte nur, Göre, in fünfzehn Jahren reden wir nochmal. Was natürlich auch Unfug ist: sollen sie doch, die Nachwuchsdiven. Mir schnuppe. Ich war noch nie kühl. Kann es aber sein, wenn ich darum gebeten werde. Solche Situationen gibt es. Wie auch immer, sie beriet mich gut, nachdem ich ihr mein Vorhaben dargelegt hatte. Ich erstand zwei Modelle, dazu ein paar lange, cremefarbene Handschuhe. Dann, die Straßen entlang schlendernd, fiel mir ein Schönheitssalon ins Auge. Ich betrat ihn, zeigte beide Masken vor, sagte, können Sie mich beraten, wie zu schminken ist darunter, und der Mund. ich bin mir unsicher mit dem Mund. So und so wird das Kleid dazu aussehen, die Schuhe, der Anlass ist ein verschwiegener. Niemand wunderte sich. Man nahm sich meiner an. Möchten Sie sich hier bitte setzen, sagte eine sehr freundliche Dame. Ich versuchte, ihren Namen auszusprechen, der in Schreibschrift auf ihr Oberteil gestickt war, in Gold: Sie lachte mich aus.
Sie erklärte, während sie an mir arbeitete, ganz genau, wie alles aufzutragen sei, zu malen, zu bestäuben. Ich dachte an mein Kaninchen und wie richtig es war, das Haus zu verlassen. Man kann nicht immer mit seiner Innenwelt.
Nach einer halben Stunde legte die Unaussprechliche Tuben und Pinsel zu Seite. Ich besah mir mein Gesicht im Spiegel und dachte nur, ja. Genau so. Was bin ich Ihnen schuldig, fragte ich. Man wollte kein Geld für diesen Dienst. Sie haben mich inspiriert, sagte die Dame. Im Ernst – sie sagte, inspiriert. Ich war erleichtert; dieser Salon sah nicht aus, als könnte ich ihn mir leisten. Nur meiner eigenartigen Stimmung war es zu verdanken, dass ich ihn überhaupt betreten hatte.
Auf der Straße fand meine neue Erscheinung große Beachtung. Ich schritt anders aus als zuvor. Das Kleid. Nein nicht das Abendkleid, jenes schwarze mit den weißen Tupfen, das ich heute trage, es schwang mir um die Schenkel wie, ach, ich weiß nicht. Anders eben.
Nun, zurück, verlassen mich die Worte. Eins nach dem anderen. Wenn keines mehr übrig ist, werde ich ausgehen.

Gier. Mittwoch, 15. Juni 2011

“We lived in a larger world where there is also a sense of hunger and a sense of lack. We can call it a loss of religion, loss of the nuclear family, loss of community, but whatever it is, it has created a deep and insatiable hunger in our collective unconsciousness. Our perpetual search for something that will be big enough to fill us has led us to a strange idolatry of at once consumption and starvation. We execute “complicated vacillations … between self-worshipping and self-degradation”, the pendulum swinging back and forth, missing the point of balance every time.”

Marya Hornbacher
“Wasted. A memoir of anorexia and bulimia”

Diese Autobiographie stand einige Jahre im “zu lesen”- Regal, bevor ich mich ihr zuwenden konnte. Als hätt’ ich’s gewusst. Nein, ich h a b’s gewusst. Ohne selbst je praktizierend gewesen zu sein – ich erkenne das setting. Und sieh’ an: Fettberg, so fiktiv und bizarr der plot auch ist, hat seine Wurzel in einer sehr verwandten Psychostruktur. Hui, dachte ich, als ich “Wasted” dann doch las, als ich hierher kam, da ist er ja, der Hunger. In Reinform, nicht fiktionalisiert und ohne happy-end. Und: welche Freiheit ich mir nehme, diesen Hunger mit meinem Roman Fiktion werden zu lassen. Ihn genüsslich zu pervertieren. Ihm meinen Stempel aufzudrücken. Not wasted.

Ganz in der Nähe improvisiert jemand am Klavier. Seit sechs Wochen täglich das immer gleiche, merkwürdige Grundmotiv. Noch jemand, der lange braucht, um hineinzuwachsen.

(@Eugene Faust
Ihr Hinweis ist bearbeitet, danke! : ) Im Modul “TT abonnieren” ist nun der username verlinkt mit dem jeweils eigenen Blog. Gut so? Sonst noch strukturelle Verbesserungsvorschläge? Ich freu’ mich immer über Rückmeldungen dieser Art)

12:30
TT wird neu strukturiert. Nicht irritieren lassen, falls heute in der Sidebar irgendwas doppelt oder komisch auftaucht, das ist bis heute Abend dann abgeschlossen.
14:25
DONE! : )

21:58
Neues Kapitel fertig! Ich sortiere jetzt zum Abkühlen vom Skript mal ein paar Lieblingstexte aus dem TTagesjournal in die “Gewebeprobe” – Rubrik um … nicht wundern also, wenn die jetzt unten links nochmal Beiträge als aktuell auftauchen, obwohl sie’s nicht sind.

Vier Worte gesucht. Dienstag, 14. Juni 2011

20:10
Mein Favorit ist ganz klar Nömix’ Beitrag, dicht gefolgt von Too smart for artschool. Bin halt bilderaffin.
Komme eben vom Training. Das nahm mehr Zeit länger als üblich in Anspruch, weil mich die Damen von der Bauchtanzgruppe völlig in Bann zogen. Meine Güte! Plötzlich tauchten die im Rudel auf, lächelnd und gewandet wie, na, Sie können sich’s vorstellen, gingen an uns harm- und hirnlos stemmenden Hantelmenschen vorbei in den Spiegelraum und fingen an zu tanzen. Nach meinem eigenen Training saß ich noch eine halbe Stunde verschwitzt draußen auf dem Boden und sah ihnen zu. Kommen Sie doch rein, signalisierte mir die Vortänzerin, doch das Ding mit der Hüfte, ich hätte das nicht mehr geschafft. Auch falsche Klamotten. Ich mach’ das morgen. An der Tür im hinteren Zimmer hängt ein Tuch meiner wunderbaren Gastgeberin, wie gemacht für diese Premiere; ich bin mir sicher, sie hat nichts dagegen, wenn es ausgeführt wird.
So. Noch ein Stündchen oder zwei an den Roman, das wars dann für heute. Morgen ist mal wieder die Stiftung dran, die Texte für die website laufen immer parallel. Aus Frankfurt kam letzte Woche das Signal, man sei mit meiner Arbeit aus K**** zufrieden, ich verpasste nichts in RheinMain und man sei mir insgesamt wohlgesonnen. Eine schöne Geste. Trotzdem: Ende des Monats wird zusammengepackt. Husch! Will noch gar nicht daran denken.

Blinde Flecken. Pfingstmontag, 13. Juni 2011

Vor einiger Zeit fiel mir auf, meine Hände sehen älter aus als der Rest von mir; seitdem creme ich sie fast manisch ein. Da mein Gehirn anscheinend Schreiben und Nägelkauen zusammengeschaltet hat, habe ich nun ständig diesen Geschmack von Handcreme im Mund. Grrr.
Der Drucker rattert, produziert mein Manuskript zum Anfassen. Ich sitze wie ausgehöhlt, die Schilder der Bahnhöfe rauschen seit Tagen einer nach dem anderen an mir vorbei, da scheint kein Ausstieg geplant aus diesem Kopf.
Der Moment aber, er wäre passend; ich muss mal raus. Diesen Geschmack loswerden. Gestern suchte ich nach einem Laden hier in K****, der Masken anbietet. Fand einen im Netz, morgen werde ich hingehen und mir ein zweites Gesicht zulegen. Ich hab’ es bereits ausgesucht, die Maske sprang mich geradezu an aus den Hunderten, die auf der Site abgebildet sind. Eine Nacht lang eine Andere sein. Die entsprechende Kleidung hängt am Bügel, ich dachte mir schon, bevor ich abreiste, dass ein solcher Moment eintreten würde. Könnte kritisch werden ohne Begleitung, doch ich werde für beide Wege ein Taxi nehmen, und dort, wo ich hinfahre, ist es sicher.
Auf dem Weg werde ich bei dem Händler halten lassen, der diese orientalischen Süßigkeiten verkauft.

Schreiben ist wirklich ein seltsames Tun. Ich meine, Fiktion schreiben. Die Parallelwelten, die eine erfindet: sie wird sie nicht mehr los. Es ist erstaunlich, wie viel Platz da oben ist für Bilder und Möglichkeiten. Einmal kartografiert, fühlt es sich wie Verrat an, diese Bereiche nicht zu durchwandern. Immer wieder. Mit Details auszustatten. Angrenzende, noch brach liegende Gebiete zu erkunden. Doch dieses multi-optionale hat seinen Preis. Für mich. Nie kehrt wirklich Ruhe ein, immer ist da dieses Zerren, das von den blinden Flecken ausgeht, die noch gefüllt werden wollen. Immer Rezeption, Rezeption. Ein Monster.
Deswegen Masken: zur zeitweiligen Reduktion der Fülle. Diesen Mund, der ständig nach innen spricht, von einem anderen schließen lassen. Die Vorstellung, eine Nacht lang nicht mehr als fünf Sätze zu sagen. Einfach nicht zeigen, wer man ist. Sondern was.

20:08
Ich liebe Sommergewitter. Meine Taube sitzt draußen sehr nass, sehr exponiert auf einem kahlen Ast, dem höchsten weit und breit. Entweder sie ist zu blöd, um weiter unten im Blattwerk Schutz zu suchen, oder sie duscht. Ihr Umriss zeichnet sich perfekt gegen den graurosa Himmel ab. Meine Fenster stehen alle weit offen; eben hat sich ein dicker Regenbogen gespannt. Die Taube singt. Sie hat jetzt ein Badezimmer in Multicolor.

Vom Hunger. With love. Samstag, 11. Juni 2011

Artwork: >>> Gabi Schirrmacher

Eines der wunderbaren Dinge an einem Kunststudium: man findet, auf diese Lebensphase zurück blickend, nicht nur Schnappschüsse von Tanten und Freunden im Ordner. Sondern Aufnahmen wie diese. Womit gesagt wäre, das Studium der bildenden Künste besteht, neben allem anderen, eben auch daraus – die Instrumente für gelingende Selbstinszenierung zu schärfen.
Wir waren über viele Jahre eine eingeschworene Truppe. Die Idee für die Aufnahme stammt von Gabi Schirrmacher, einer Künstlerkollegin, die immer schon ein besonderes Talent dafür hatte, aus Prozessen, in die wir verwickelt waren, bildnerische Essenzen zu destillieren. (Sie sehen, ich bin immer noch gedanklich in diesem Laden von gestern ; )
Von jenen, die damals die Gang bildeten, sind viele aus meinem Gesichtsfeld verschwunden. Schirrmacher natürlich nicht. (Huhu, meine Liebe!) Und einige andere auch nicht. Alle, die hungrig geblieben sind, sind mir weiterhin nah.
Ich frag’ mich übrigens nicht, wo die Jahre hin sind.
Nö.
(Aber wo ist dieses T-shirt abgeblieben, das ich da trage?)

Ans Werk jetzt.
Die Taube gurrt aus Leibeskraft; sie ist verliebt. Ich auch.
See ya.

me & lancholia. Freitag, 10. Juni 2011


Es ist kühl geworden hier, und die Hunde beißen.

18:15
So. Genug gezagt. Ein paar Stunden geschlendert, der Fluss, dazu ein Besuch beim berühmtesten Parfumeur der Stadt. Der hat natürlich kein Regal bei irgendeinem Franchiser, sondern sein eigenes Reich, in dem jeder Flakon zelebriert wird. Viele sind es nicht, knapp drei Dutzend insgesamt. Der Meister ist alt jetzt – vielleicht kommen noch ein, zwei Düfte hinzu, bis er aufhört, aber das war’s dann.
Ein wunderbarer Ort, sein Laden. Das Gehirn hat dort viel Platz, einen Duft als Erinnerung anzulegen, bevor es das Revier des nächsten erkundet.
Schnuppern.
Wunderbare Methode zur Vergegenwärtigung. Um einen Resonanzraum entstehen zu lassen.

Bin natürlich mit dem Tagespensum im Verzug jetzt. Macht nichts, dann schreibe ich eben in die Nacht hinein…

Stilwirr. Donnerstag, 9. Juni 2011

Ich hatte schon Handke. Und (schwer zu glauben) Adalbert Stifter.
Jedes Mal, wenn mich mal wieder jemand darauf bringt (thanx, anyway ; ), den “Ich schreibe wie…” – Test der FAZ mit einem neuen Text zu machen, präsentiert mir der Robot ein anderes Ergebnis. Heute allerdings, Premiere (!), eine Frau: Melinda Nadj Abonji. War mir bislang unbekannt, die Autorin, klingt aber nach erster Sondierung spannend. Der Test selbst ist natürlich Zeitvertreib, doch manchmal bringt der Stilvergeich Namen auf, die eine noch nicht kennt. Witzige Art, sich neue Lektüre zusammenstellen, oder? Testen Sie sich doch auch mal! Wäre gespannt auf die Autor:innenliste, die da entsteht.
So. Back to work. Bis später.

20:45
Geschätzte Leser:innen, ich hab’ ein paar Wartungsarbeiten auf TT vor. Wundern Sie sich bitte nicht, wenn hier in den nächsten Stunden öfter mal alte Beiträge links unter dem “Aktuell” Stichwort auftauchen.

22:39
So fertig für heute. Wer merkt, was sich verändert hat, bekommt eine … hm …
; )

Schreibdämmung. Mittwoch, 8. Juni 2011

Tauche für ein paar Stunden ab. Atelierschlüssel wie immer rechts unter der Matte. Bin nebenan im Kabuff. Ach ja, bitte den Keil nicht verschieben, die Tür hat keine Klinke von innen. Ihnen allen einen schönen Tag! Und lassen Sie sich nicht lumpen!

Herzlich,
TT

22:23
Potzblitzzapperment, ich hab’ einen netzfreien Tag überlebt!!

Der Neid der Frauen. Dienstag, 7. Juni 2011

In einem Kommentar gestern schreibt anh, nicht alle Frauen seien neidisch, Kienspan entgegnet, doch, aber manche äußerten sich nicht dazu. Frau könnte auf solche Aussagen natürlich mit einem bonmot antworten, doch ich hab’ gerade keines zur Hand. Ah! Ich beneide Frauen um die Fähigkeit, geistreich und schlagfertig zu reagieren! Ich meine, schnell, nicht erst drei Tage später. Ich liebe das. Wenn jemand quick ist.
Ich beneide Frauen um ihre Bildung, um die Fähigkeit, gute Geschichten zu erzählen, ihre Körperspannung, um ihren Gang, ihren BMI, den Schnitt ihrer Gesichter, ihren Mut und ihre Selbstsicherheit. Und noch tausend andere, tiefer sitzende Eigenschaften. Genauso wahr wäre es zu sagen, ich bewundere Frauen, die auf mich stimmig wirken.
Neid ist ein Impuls, eine Vorstufe: wer sich dafür selbst verachtet, verschwendet Zeit. Bei mir schlägt er meistens in Freude um. Stimmigkeit an anderen Frauen zu beobachten kann wie ein Schwips sein. Anregend. Ich merke schon, ich beschäftige mich lieber mit dem, was nach dem Neid einsetzt, aber bleiben wir mal dort. Die berühmte Stutenbissigkeit ist ja nicht aus der Welt; vor allem Männer scheinen der Vorstellung anzuhängen, wir könnten nicht ohne. Na, ich geb’ zu, das Wort hat was. Aber, sorry lads, meiner Erfahrung nach läuft das anders. Mein Lohnarbeitsleben spielt sich fast gänzlich mit Frauen ab, und wenn’s da im Jahr ein, zweimal hart zur Sache geht, ist das viel. Neidisch auf irgendwas sind wir alle, doch da wird eher geschnaubt als gebissen: je älter Frauen werden, desto mehr Tricks kennen sie, die Neidphase möglichst kurz zu halten. Wie gesagt – so erlebe ich das. Vielleicht hab’ ich einfach Glück. Oder, böswillige Variante: ich schau’ nicht genau genug hin.
Ich beneide Menschen, die richtig gut denken und das in spannender Form nach außen bringen können; das kann mir durchaus auch mal kurz die Luft abschnüren vor dem Schwips. Doch alles andere, was sich so als Neid in mir abbildet? Pillepalle. Da geht frau mit einem Lächeln drüber. Sie auch? ; )