Frühling, komm bald fühling, ff

Ich weiß nicht, wie ich’s unverblümt sagen soll, doch verblümt ist auch nicht immer besser, also raus damit: Hier auf TT fehlt etwas in letzter Zeit. Fühlt sich ein bisschen ungesellig an, das virtuelle Atelier. Die Leute halten sich bedeckt. Ich kann’s Ihnen nicht verübeln! Auch mit meiner Sprungkraft steht’s nicht gerade zum Besten. Ausgelassene Tage oder Nächte kommen zufällig mal vor, klar, ändern aber nichts an dieser seltsamen, passiven Grundstimmung. Das Grübeln, unmerklich, hat mal wieder neben mir Platz genommen – und je breiter es sich macht, desto lethargischer werde ich. Sitze vor dem Rechner und schweige mich an. Schweige Sie an. Mein Schweigen ist sehr freundlich, sehr beredt, doch das können Sie ja nicht wissen. Ebensowenig, wie ich Ihr Schweigen zu deuten weiß.
Andererseits, man könnte ihn ja auch einfach mal eine Weile so liegen lassen, den Mantel des Schweigens. Schließlich ist immer noch Winter, auch wenn die Vögel anderer Meinung sind. Ich wollte im Grunde nur mal ausgesprochen haben, dass ich mich auf lebendigere Zeiten freue. Ausrufezeichen.

(((Vielleicht braucht Madame Künstlerin auch einfach mal wieder eine lohnarbeitsfreie Phase, Zeichnen, Herumspinnen, lange Texte schreiben und in den Alleen hin und her … : )))

Zerknirschtes Zettelchen

Madame, in bester Gesellschaft, hat sich gestern dermaßen einen hinter die Binde gegossen, der Weinhandlung Teufel sei Dank. Irgendwie hat die Truppe aber noch eine Flasche übersehen, die einsam an der Graderobe hing. Äh, Garderobe. Madame erwägt ernsthaft, besagte Pulle ihrer Nachbarin vor die Tür zu stellen. Mit einem zerknirschten Zettelchen versehen. Man war nicht gerade leise des nächtens.
Ah … die ungeplanten Besäufnisse sind doch die besten!

(Sagt’s, und zieht sich diskret zurück ; )

Handeln aufspüren

Wissen Sie, wie ich am liebsten schreibe, geschätzte Leser:innen? Ich meine, frei fabulierend? Morgens im Bett, direkt nach dem Aufwachen zwei Stunden frei, Milchkaffee, Laptop, Fenster offen und Blaumeise pickpick am Bällchen. Gib mir noch einen Krokus dazu, der draußen beherzt sein Köpfchen sehen lässt, dann isses perfekt.
Leider war die Witterung der letzten Wochen, ja Monate in mehrfacher Hinsicht dem freien Schreiben abträglich. Da gibt es die Auftragstexte, die Seminare, die tausend Aufgabenstellungen des Selbstständigseins. Zudem hat die Künstlersozialkasse mich einer Prüfung unterzogen, fünf Jahre rückwirkend, um festzustellen, ob meine Angaben zu meinen Einnahmen aus selbstständiger künstlerischer Tätigkeit korrekt waren. Ein Haufen Zahlen kam da über den Tisch. Ich hasse Zahlen, wie schon mehrfach erwähnt, und ordenlich auswerten kann ich sie erst recht nicht. Also Steuerberater. Bin im Zuge dessen zu jemandem gewechselt, der sich mit Künstlern besser auskennt als mein alter. Viel Papierkram und Scannerei. Die Sache ist immer noch anhängig, weil irgendwelche Unstimmigkeiten in meinen Zahlen aufgespürt wurden. Nein, nicht was Sie denken! Irgendwas zu manipulieren würde mein Antimathehirn komplett überfordern – was in meinem Zahlenwerk nicht stimmt, ist schieres Ungeschick.
Na, jedenfalls. Wird schon werden.
Zudem sind die ersten Monate eines Jahres auch immer kribbelig, weil Aufträge für neue Workshops und Seminare reinkommen. Die Stiftungen, meine regelmäßigen Auftraggeber, sind da längst mit ihren Terminen im Trockenen, doch es kommen ja jedes Jahr neue hinzu. Museen. Städtische Einrichtungen. Da heißt es abwägen: Geld oder Zeit? Wie viel Auftragsarbeit muss ich machen, um über die Runden zu kommen, wie viel Zeit brauche ich für freie künstlerische Arbeiten? Das ist hochsensible Psychonavigation. Ich werde dieses Jahr übrigens zum ersten Mal selbst Schreib-Kurse anbieten, hier in Frankfurt. Wie und warum, annonciere ich demnächst auch hier auf TT – für diejenigen unter meinen Leser:innen, die Lust auf zweidrei Tage gemeinsamen kreativen Resonanzboden haben!
Aus meiner kurzen Schilderung können Sie ersehen, dass die Frei-Schreibstunden morgens im Bett momentan eher rar sind. Wenn ich das Jahr einigermaßen strukturiert habe, weiß, wann und wie die Auftragsarbeiten laufen, die Termine grob im Kasten sind, dann, dann …
Ende März, übrigens, erscheint ein Büchlein mit Texten und Zeichnungen beim >>> Literaturquickie. Hihi.
Und Sie?

Zurück an Deck

So!
Falls eine(r) von Ihnen weiß, wie –
Ach, was rede ich, das kann mir doch eh niemand, und immer, wenn…
Mannomann, so ein Gehirn macht einem ganz schön zu schaffen, und dann auch noch das ganze Fleisch drumherum, man weiß ja gar nicht, wo man –
Jesses!!
Wo, zum Henker, ist das Steuerrad? Wie soll eine ordentlich Kurs halten, wenn nicht einmal klar ist, wo vorne und hinten …?

“Immer die Ruhe, Madame. Gehen Sie erst einmal laufen, heizen Sie die Muskelage auf, hissen Sie Ihr Gehirn.”
“Und wo ist vorne???”
“Da, wo Ihre Nase ist. Und jetzt ab mit Ihnen.”

(Dem Himmel sei Dank für meinen ersten Offizier.)

Farah Days Tagebuch, 19

Februar 2014

Mir scheißegal, welches Datum heute ist

„’Zehn Überlebenstipps von Pennern und Künstlern’ soll es heißen.“
„Sollte es nicht f ü r heißen?“
„Die brauchen keine.“
„Außerdem, Penner ist abfällig.“
„Ist Künstler etwa wertschätzend?“
„Heutzutage? Nur vermeintlich.“

Gesetzt den Fall, er breitete seinen Mantel auf den Stein für mich: eine galante Geste. Dann nähme er so Platz, dass ich die Welt, er hingegen nur mich sähe. Dein Anblick genügt mir, würde er gewiss sagen, ich bin ein Mann des neunzehnten Jahrhunderts. Stimmt, dächte ich, es ist schwer, hier ein Schwärmer zu sein, doch sei unbesorgt, mein Schöngeist, ich falle nicht aus der Rolle. Nichts neben unserer Korrespondenz. Obwohl es uns gut anstünde.
(Soweit die Theorie.)

„Sobald ich meine Ideen mit deinen vermenge, beginnt das Wachstum. Ich aber bekomme nie genug von dem, was zuvor passiert, dem quellenden Moment.“
„Beobachtest du dich, während du zeichnest?“
„Unablässig. Ich habe überall Spiegel, muss mich meiner Existenz vergewissern. Tausende Selbstporträts, die nie jemand außer mir zu Gesicht bekommt. Doch das meinst du nicht, oder?“
Seine Pupillen, stelle ich fest, glühen, als hätten
„… sie heimlich Mondschein getankt, während du schliefst“ sage ich.
„Hm?“
„Nichts.“
Genug. Es geht niemanden etwas an.

((„Eine Liste der Dinge, die mich traurig machen:“
„- Bist du verrückt? Bloß nicht!!!!“
„Okay.“))

„Ich hatte versprochen, ihm wehzutun. Schon vor Jahren, doch er kam mir zuvor.“
„Immer noch nicht erholt?“
„-Davon? Nie.“
„Was kannst du tun?“
„Alles, doch ich verschiebe es immer wieder, achte auf Lappalien.“
„Wirst du gehen, wenn so etwas noch einmal geschieht?“
„Wenn es soweit ist. Erst dann.“

(…)

„Erzähl’ etwas Neues!“
„Hm?“
„Neues Thema! Lass’ mal die Männer sein.“
„Schlag’ was vor.“
„Inspiration. Erzähl’, wie sich das anfühlt.“
„Es ist Eisprungzeit, da denke ich an Männer und Schwänze, nicht an Kunst.“
„Ihr Wortschatz, Gnädigste!“
„Der Trieb braucht keinen elaborierten Code. Männer singen auch keine Oden, wenn sie geil sind, sie –“
„Sag’s nicht!“
„Warum? Verträgst du keine Natur?“
„Nur bedingt…“
„Dann fort mit dir. Ich gebe Bescheid, wenn’s vorbei ist.“