Ich komme darauf, weil drüben in Die Dschungel >>> gestern anlässlich des Freitods von Fritz J. Raddatz die Rede davon war. Und weil in der Diskussion um ein selbst bestimmtes Lebensende immer heftig Zündstoff freigesetzt wird, wie die Kommentare zeigen.
Auseinandersetzungen zu diesem Thema versteh’ ich, kann mich aber auf keine “Seite” schlagen. Muss an mir liegen. An meiner seltsamen Bereitschaft, mir den Tod vorzustellen. Klassischerweise frönt man Todesphantasien als Teenager und legt sie irgendwann im Laufe des Erwachsenwerdens ab. Hat bei mir aber nie stattgefunden, ich hab’ im Laufe der Jahre immer wieder über den Tod gesprochen und wie er sich idealerweise vollziehen sollte: mit meinem Vater schon Jahre, bevor er starb, mit meiner Mutter, obwohl sie hoffentlich noch ewig leben wird und auch mit meiner Schwester gelegentlich. Sprechen über Sterben ist für mich normal, einfach Teil meiner Vorstellungswelt. Wie gesagt, das mag eine familiäre Eigenheit sein.
Ich will in diesem Zusammenhang nichts sagen über in Heimen untergebrachte Menschen, denen die Erben auf der Bettkante sitzen. Und schon gar nicht nichts über den moralischen Druck, dem ein Mensch ausgesetzt sein könnte, wenn der Freitod nicht mehr tabuisiert, sondern zu einer Art verantwortungsbewussten Akts deklariert würde, sobald man “zu nichts mehr nütze” ist.
Hilflose müssen geschützt werden. Immer. Mit allen Mitteln.
Verzeihen Sie mir bitte, liebste Leser:innen, den schlichten Tonfall meiner Überlegungen. Ich kann nur einfach schreiben zu diesem Thema oder gar nicht. Vielleicht sollte ich’s auch lassen.
Aber.
Mir liegt etwas an der Vorstellung frei und bewusst gewählter Lebensabschnitte, wozu dann auch das endgültige Abschneiden des Lebens gehört, wenn der Zeitpunkt nach eigenem Ermessen gekommen ist. Das Bewusstsein dafür kommt nicht über Nacht, zumindest sehe ich es so. Sondern es begleitet einen mehrere, vielleicht viele Jahre. Bis man irgendwann sagt: Bevor mir der Verstand schwindet, verschwinde ich. Oder bevor ich unablässig auf fremde Hilfe angewiesen bin. Oder bevor die Schmerzen…
Es gibt so viele Gründe, wie es Menschen gibt, nehme ich an. Wichtig, für mich, ist das “bevor”. Also, sich für den Tod zu entscheiden, wenn möglich, bevor Fremde ins eigene Sterben mit hineingezogen werden. Das ginge. Vielleicht.
“Sich das Leben nehmen.”
Merkwürdig, oder? Die Doppelbedeutung.
Ich muss weg, bin verabredet. Schade, der Text steckt irgendwie noch in den Kinderschuhen.