Old school, zum Zweiten

Wie alle Kinder in Frankreich hab’ auch ich die Galette des Rois, den Kuchen der Könige, geliebt.
Immer am 6. Januar gab es in allen Bäckereien diese wahnsinnig süßen, runden Kuchen mit Marzipanfüllung, in die jeweils eine “Fève”, eine “Dicke Bohne” eingebacken war. Wobei “Bohne” die Sache nicht ganz trifft, denn die Fèves waren Porzellan-Figürchen, kleine Männchen und Weiblein, Madonnen, Babys, Königinnen und Könige, Phantasiefiguren oder Personnage aus Comics oder Fernsehserien und vieles mehr. Man konnte sich locker die Zähne an ihnen ausbeißen, wenn man nicht vorsichtig war. (Unnötig zu erwähnen, dass die Fèves inzwischen aus Plastik sind, oder?)

Die Galette kam zudem mit einer Krone aus goldfarbener Pappe: wer nämlich die fève in seinem Stück fand, war König oder Königin für einen Tag und durfte r e g i e r e n!
Der Kuchen wurde in ebenso viele Teile geteilt, wie Leute um den Tisch versammelt waren. In manchen Familien (zu denen meine nicht zählte, muss ich gestehen) schnitt man, der Tradition folgend, ein zusätzliches Stück für “die Armen” von der Galette… das dann für die nächste Person, die zu Besuch kam, reserviert gewesen wäre. Doch was, wenn ausgerechnet in diesem Stück die Fève versteckt war? Das konnten wir Kinder keinesfalls dulden.
Das jüngste, also vermeintlich unschuldigste von uns (das war fast immer ich) musste nach dem Schneiden des Kuchens unter den Tisch krabbeln und ausrufen, wer als Nächstes ein Stück bekommen sollte, bis alle verteilt waren. (Wie ich da unten saß und dachte, wenn ich die Fève nicht kriege, sterbe ich bestimmt)

So. Kleiner Exkurs in die Vergangenheit beendet. Da ich die Fève nicht oft in meinem Stück fand, durfte ich leider selten regieren. Ein Manko, das ich inzwischen nachgeholt habe ; )

Neues vom Lieblingsmessie

Die alte Dame hatte ursprünglich mal einen Blumenladen, in den aber ob ihrer Sammel-Leidenschaft schon lange keine Blumen mehr hineinpassen; auch sie selbst kann sich nur mit Mühe durch die einzig verbleibende Gasse in ihn hineinzwängen, wenn sie sich für ihr Mittagsschläfchen zurückziehen will. Da der Laden seiner Bestimmung nicht mehr gerecht werden kann, hat Madame zwei Topfpflanzen auf dem Trottoir stehen, die niemand sich zu kaufen traut, und einen Kübel mit Frischblumen – den aber nur, wenn sie gute Laune hat, was nicht oft vorkommt.
Hinzu kommen zwei Klappstühle (die Dame ist zu alt, um schwer zu schleppen) und ein Tischchen für ihre Limonade und die Zigaretten. Auf den zweiten Klappstuhl darf man sich setzen und ihr Gesellschaft leisten, wenn man sehr privilegiert ist. (Ein Vorrecht, das ich noch nicht das Glück hatte, gewährt zu bekommen, aber ich bleib’ dran; ich liebe Herausforderungen ; )

Der Himmel über Paris heute schwer verhangen, selbst die Stimmen der Krähen klingen nässlich.

Korrespondenz, ganz alte Schule

Der Chopin im Freien gestern wäre sicher toll gewesen …. stattdessen, auf dem Fußweg dorthin, blieb Madame TT auf einem Stadtteilflohmarkt hängen, der war so angenehm schludrig, üppig, vor allem aber billig, dass sie den Chopin ganz vergass. Und sich stattdessen ein Buch kaufte, wie es heute nicht mehr gebraucht wird… eines, das in Zeiten handschriftlicher Korrespondenz aber wichtig war: Es diente dazu, die eigenen Briefe zu kopieren, bevor man sie abschickte.
Toll, oder? 500 Seiten nummeriertes, hauchdünnes Pauspapier, man legte den fertigen Brief unter eine dieser Seiten, schrieb ihn ab und trug den Namen des Adressaten samt Datum in das Adressregister im hinteren Teil des Buches ein. Ich konnte einfach nicht widerstehen: Vielleicht mache ich Frottagen in dieses Buch, oder einfach Skizzen… das Papier ist so dünn, dass man mit diesem Durchschein-Effekt sicher großartig herumexperimentieren kann. Falls man den Respekt vor dem Buch verliert – gar nicht so einfach, denn ich bezweifle, dass es noch viele un-beschriebene dieser Art gibt… wir schreiben ja lieber Mails und lassen uns gründlich ausspionieren…

Und die Handschuhe? Na hören Sie, weiße Lederhandschuhe braucht Frau doch geradezu ständig!

So. Erstmal den Plan für die Juli-Text der Stiftungswebsite machen, damit ich den Kopf frei habe : )

Schönen Tag allerseits!