Anders

Ich könnte schwören, dass gerade eben noch Jetzt war, doch etwas ist anders.
ANDERS
Je länge ich starre, desto unheimlicher wird mir das Wort.
Manchmal denke ich, mir entgleitet so viel, so schnell, ins ANDERS, dass es irgendwann nur noch Extreme für mich geben wird: explodierend vor Worten oder komplett sprachlos.

Der Unterschied zwischen Jetzt und Danach: den zu spüren. Ob es ihn gibt?
Jetzt: Eine Seite vollzuschreiben.
Danach: eine Seite zu lesen.
Was ist zwischendurch geschehen, war ich während des Denkens wirklich bei mir, oder doch jemand ANDERS?

Wie kann man überhaupt geistesgegenwärtig sein? Oder wird man von den eigenen Zuckungen gelebt, alles nur Instinkt, Reflex, Anziehung, Zurückweisung, Inklusion, Exklusion? Ich wollte immer eine Art unbestrittenen Könnens erlangen, irgendwann gewisser Dinge sicher sein. Das Einzige, was mich dabei immer wieder irritiert, ist dieses ANDERS in meinem Kopf. „Ja, aber”, flüstert es, “Du solltest es anders machen: nicht so, wie Du bist. Sondern so, wie Du sein solltest.“

Damit steht und fällt die Selbstkonzeption. Niemand von Außen kann mich aufrichten, solange dieses ANDERS mich kleinlaut macht und formatiert. Ich spüre es. In mir, in uns, es ist nie zufrieden mit dem IST, will immer woANDERShin.

Und eben läuft mir die Frage zu, wie das wohl wäre…? Ich spreche von Außenwahrnehmung,
wie es also wäre, wenn sich hinter der höflichen, rücksichtsvollen Person, die wir präsentieren, hinter unserem hübschen, tageslichttauglichen Schirm das unverputzte IST zeigte, das wir so gerne verschlossen halten. Was, wenn wir unser IST zeigen würden?

Der Fluss! Vielleicht ist der Fluss der Schlüssel. Das sich in der Gegenwart aufgehen lassen. Wir müssen uns verhalten! Gegenüber unserer Angst vor dem IST.
Wir sind keine Herde Fluchttiere, auch wenn das Krisenvokabular unserer Zeit uns genau dort haben will. In der Flucht. Der Vermeidung. Von innen aber sind wir grundsätzlich vielschichtiger als das Bild, das sich fremde Wortgeber von uns machen. Was, wenn wir geistesgegenwärtiger wären als alle, die bereits ihre Schlüsse gezogen haben?


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