TTag, 12. August 2010. Angstfrequenzen.

Nur vorab schnell: liebe Melusine, in den nächtlichen Kommentaren unter meinem gestrigen Eintrag fällt Ihr Name. Nun will ich das Kiffgepladder nicht löschen, ohne Ihnen alternativ anzubieten, dem Rabauken verbal eins auf die Schnauze zu geben.
Ich lasse das noch mal ein, zwei Stunden stehen, während ich meinen Tageseintrag schreibe – vielleicht schauen Sie ja heute Morgen hier vorbei .. ; )

11:26
So. Hat sich geklärt inzwischen.
Nun nochmal zu „Einmal geübt, schon gekonnt“. Hans1962 stellte in seinem Kommentar gestern eine Frage: „Als Sie, liebe Phyllis, das Bild einstellten mit eben jenem Untertitel, verhielt sich Ihr inneres “Alarmsystem” ruhig, nicht wahr? Als Sie alarmierte Rückmeldung bekamen, insbesondere von jener Freundin, ging da wirklich IHR Alarm los? Oder war es nicht vielmehr eine Resonanz infolge der Ihnen übermittelten “Angstfrequenzen”?“

Stimmt, es war Resonanz. Angst ist unheimlich ansteckend. Interessanterweise gibt es auch auf Hans’ Weblog aktuell eine Fragestellung zur Angst, wenn auch in ganz anderem Zusammenhang.
Die einfache Antwort ist natürlich, wenn Freunde „Pass auf!“ schreien, zuckt man zusammen. Völlig in Ordnung, dann inne zu halten und nachzudenken. Hab’ ich getan. Und zusätzliche Meinungen einzuholen. Hab’ ich ebenfalls getan – Ihre Reaktionen gestern, liebe Leser:innen…
Die andere Antwort ist länger.
Ich hab’ hier schon mal versucht, ein paar Dinge zu Serie zu sagen, will’s aber aktualisieren. Das eine ist meine künstlerische Ebene: ich arbeite mit nahe liegenden, schnell verfügbaren Materialien. Zeichnungen. Fotos. Text. Meinem Körper. Mit diesen Mitteln geh’ ich an Themen ran, die mich umtreiben. Wenn ich mich selbst „benutze“ für Fotos, bin das einerseits ich, andererseits ist dieser Körper dann natürlich auch inszeniert und damit stellvertretend für bestimmte Fragen weiblicher Selbstwahrnehmung, die über meine Person hinausgehen. MelusineB hat das in ihrem gestrigen Kommentar sehr gut beschrieben. Klar geht’s in meiner künstlerischen Arbeit viel um Sexualität, aber nicht nur um meine; die Serie ist eine Einladung. Eine Zuspitzung. (Um das Wort Provokation zu vermeiden, das ich nicht sonderlich mag)
Für mich ist das Ganze stimmig. Bin gespannt, was weiter passieren wird in der geübt, gekonnt-Kategorie. Absichern kann man das nicht. Wenn man die Arbeiten groß abzieht und in eine Ausstellung hängt – ja, das wäre der vermeintlich professionellere Umgang mit einer künstlerischen Produktion, die man von privater Verletzlichkeit klar abgrenzen will. Aber mich interessiert das Netz! Dieses schnelle Veröffentlichen. Die Unwägbarkeit. Die Interaktionen mit Ihnen allen. Ich will nicht in den white cube: ich will hier sein.

18 Gedanken zu „TTag, 12. August 2010. Angstfrequenzen.

  1. As an English Gentleman, From the old school where true manners mattered, it annoys me… no stronger than that it pisses me off to read the comments from some of these bone headed Neanderthals who have never even heard of the fine line or manners for that matter!

    : (

    • Versteh’ ich gut, mich nervt bekiffter Vulgärsprech auch. Aber TT ist ein Ort nicht nur für mich. Und so sehr ich gute Manieren schätze und pflege, ich will den Wildwuchs hier nicht immer automatisch beschneiden. Ateliers sind im Allgemeinen nicht dafür bekannt, extrem ordentlich zu sein. Oder nur gesitteten Leuten offen zu stehen. Um interessant zu sein, braucht ein Ort eine Mixtur unterschiedlicher Menschen, stimmts? Im Fall von TT ist ein Joker darunter, der manchmal besser die Finger von der Tastatur lassen sollte. Aber zu anderen Zeitpunkten auch Sachen schreibt, die Hand und Fuß haben, oder einfach sprachlich für mich interessant sind.
      Ich werde den Kram einfach nachher löschen. Der Grund, warum ich’s nicht gleich mache? Ein Gast wie Melusine, die hier oft schreibt, könnte ja auch selbst entscheiden, wie sie mit so etwas umgehen will, das wollte ich nicht vorwegnehmen.

  2. Hab´s schon gesehen – lassen Sie´s ruhig stehen. Wenn er runter kommt, stört´s ihn vielleicht. Dann löschen Sie es, wenn es ihm peinlich würde (weiß man ja nicht). Mich stört´s nicht.

    • es kann sein dass mich da gefühlsmässig was stört was ich da schrieb – ich werde das jetzt stante pede nicht eruieren – ein verzagtes sorry hier vielleicht dir gegenüber melusine und der gastgeberin phyllis.
      ich zähle zu meinen freunden sowohl akademiker wie auch bauarbeiter, deshalb bediene ich mich unterschiedlicher sprachen.
      ich schaffe es leider nicht ein eigenes blog zu pflegen, also wenigstens einmal die woche
      etwas zu posten und so bin halt eher ein parasitärer kommentierer, der manchmal sich erfrecht und kleinere für mich dann performative komm-serien plaziert, welche oft dann den anstrich des volkstümlichen mit sich tragen, bekifft zudem.
      ich muss sagen, hätte ich es drauf, schriftstellerisch aktiv zu sein richtung buchformat, so würde ich ganz klar für meine bauarbeiterfreunde schreiben.
      es gibt schon genug literatur für seminarist:innen oder für schichten, welche sich irgendwie elitär fühlen müssen und vielleicht meinen, sie hielten ausschliesslich kultur hoch und wären innerhalb ihrer exklusiven hermetik sowas wie führungspersönlichkeiten.
      mir ist oftmals einer lieber der mir mein auto reparieren kann oder meinen fernseher als jemand der lacan oder bataille zitiert aber schon den klempner rufen muss wenn der wasserhahn mal tropft )
      gut ich bin da wohl extrem vorurteilsbeladen, mag sein.
      vielleicht stelle ich auch nur handwerkliches können vor theorie und sophisterei.
      und manchmal da sticht mich eben der hafer und dann purzeln die vulgärsprechleute zwischen den präsynaptischen spalten – eine art kontrollverlust bahnt sich seinen schnödederben weg durch einen kommentarbaum.
      sorry – es steckt keine persönlich motivierte häme gegenüber frau kiehl dahinter, derer
      lassez faire konzept ich ja wirklich schon etwas zu weit gehend ansehe – sie hätte durchaus diese kommentare löschen können, ohne bei mir auf dissonante gefühle dadurch
      gestossen zu sein.

    • wenn ich solche leicht devianten aktionen mache so sehe ich mir das in der regel erst ein paar tage später an – meist trägt mich ein gefühl, als ob ich tatsächlich emotional bewusstseinsgespalten gewesen wäre und dann wäre mir tatsächlich etwas peinlich –
      richtung melusine vergriff ich mich wohl im ton, also sorry melusine.
      bei vielen anderen solcher relativ unzeniserten echtzeitplappereien bemerke ich aber einen sound ( oder mehrere sounds ) die ich zumindest ansatzweise noch goutieren kann.
      es ist aber schon etwas dreist das blog von jemand anderem für kleinere experimente zu benutzen, zumal da ja schon kritische impeti zuhanden waren.
      also kündige ich hiermit mal eine etwas gezügeltere umgangsform – auch richtung sujetsprengung / -erweiterung an, vielleicht ist mir ja doch nun mehr peinlich, als es mir augenblicklich noch bewusst ist.
      sorry.

    • Schwamm drüber ? Ich kann den Wasserhahn nicht selbst reparieren, Lobster. Wenn ich ein Loch in die Wand bohre, kommt ein Trumm raus, in das man seinen Arm stecken kann. Mist. Ich wollte, ich könnte das. Wäre praktischer. Deshalb habe ich auch große Achtung vor Leuten, die das können. Ich komme nicht aus einer Akademikerfamilie. Und ich habe auch nicht bloß Freunde, die Lacan zitieren (konkret: ich habe, wenn ich drüber nachdenke, gar keinen, der das macht.). Bei der Arbeit bin ich auch mit Leuten konfrontiert, die nicht lesen und/oder schreiben können. Sie können ´ne Menge Sachen, die ich nicht kann. Die F-Wort-Sprache beherrsche ich auch, wenn ich sie brauche. Allerdings habe ich die Erfahrung gemacht, dass nur Kinder aus dem Mittelstand ihre Benutzung irgendwie “progressiv” oder “subversiv” finden. Genug – Schwamm drüber! Mach Musik!

    • ja danke melusine für deine generös anmutende geste der verzeihung.
      wir hatten ja schon kleinere kontroversen soweit ausgetragen – mir war bislang einfach noch nicht so klar, wie bei dir erotik und monogamie zusammenläuft, wobei mein letzter fauxpas wohl eher eine reminiszenz darstellte an etwas was sich für mich eigentlich längst
      soweit erschloss.
      also du kommst mit der monogamie soweit klar ( warum auch nicht ) und erotisch-künstlerisches reichert irgendwie konstruktiv deinen extrinsisch befeuerbaren “appetenzapparat” an.
      ist ja o.k. – ich selbst bin in festen beziehungen meist auch monogam, weil sich das halt aus starken gefühlsbewegungen heraus ergibt, selbst wenn die beziehung jeweils als offene beziehung (vor)grundiert ist – also meist vermiss ich halt nix bei meinen festen beziehungen, naja – ein individuelles ding von vielen, vielen möglichen.
      ( bin aber auch echt ein langweiler irgendwie )
      sollte wirklich lieber musik machen als so linkisch herumzutexten wie soeben.
      danke nochmal fürs schwamm drüber, melusine.

    • @lobsiemaus Nur ganz kurz: ich schrieb ja schon, dass ich Vielflat mag. Ich lass das mal so stehen ; ) Löschen ist immer unbefriedigend für mich, ich mach’ das eigentlich nur, wenn wirklich unverständlich belangloses Zeug gepostet wird. Aus allem anderen, Aggressionen, Vulgärkram, kann manchmal wieder Austausch entstehen, wie heute dieser Abgleich mit Melusine.
      Mit laisses-faire Konzept hat das nichts zu tun, jedenfalls nicht im Sinne von Beliebigkeit – ich mag einfach, wenn Dinge und Dialoge wachsen. Aus sterilen Böden tun die das nicht, da kriegt man nur Einheitstomaten.

    • naja – ihr grosses herz in noch grösseren ehren, frau kiehl, ich sollte nichts über gebühr überzeichnen.
      ich nötige ihnen ja so eine art korrekturlesen auf, insofern ich hier gäste mit unflätigem material persönlich attackiere.
      aber selbst wenn solche inbeddedten mini-privat-dialögchen ohne invektivenhafte schlenkereien verlaufen und einfach nur abgedreht oder sonstwas sind, so verlassen diese doch das eigentlich verabredete kommunikative eines normalen blogs, das jweils dialogische zwischen blogbetreiber:in und kommentator:in.
      damit können sie erstaunlicher weise umgehen, was sie in meinen augen auszeichnet aber trotzdem kann das ja andere kommentator:innen verunsichern wenn nicht bisweilen gar ärgern.
      ausserdem biete ich keine konstanz oder kontinuität an, sporadisch verlaufen solche spontanen mikroimplementierungen divergenter codequalitäten ( also günstigstenfalls ohne indignierungen ) und sind halt soweit wirklich unzuverlässig, marginales beiwerk.
      ich muss mir schon mal angewöhnen, nicht alles aus mir raussprechen zu lassen, was in enthemmten, entgrenzten situationen so in mir herumloziert.

      einen schönen abend allen leser:innen und insbesondere ihnen

    • p.s.

      hab halt manchmal ein regelrechtes faible für etwas abgedrehtere sachen – oft halt für ne art tarantino-komik ( weiss gar nicht ob ich sowas überhaupt soweit irgendwie simulier(te) ) – gehören ja auch die vielen kameraeinstellungen dann dazu.
      naja.
      bin grad gehörig auf introspektion.

      lieben abend

    • Tarantino ist o.k. (Die beste Szene war die mit der Milch:) War vom Verhältnis zwischen Monogamie und Erotik die Rede? —Habe ich gar nicht mitgekriegt? psst. Lobster – alles ist immer kompliziert. Aber auch einfach. Und nicht. Jeder ist anders. Jede auch. Monogamie ist ein Konzept. Konzepte lebt man aber nicht. Man lebt halt. So. Oder anders. Nicht alles, was ich schreibe, ist autobiographisch. :))

  3. Über “das Bild” Liebe Phyllis,
    die Möglichkeit der Interaktion mit Rezipienten ist ein Aspekt des Netzes. Für den Umgang mit Bildern kommt aber etwas Entscheidendes hinzu: Es löst das Bild von seiner materiellen Existenz. Und das war für das BILD (im Gegensatz zur Schrift) konstitutiv. Was macht das mit “dem Bild”?
    Die Frage treibt mich zur Zeit um. Was ist ein Bild? (auch in einem anderen Zusammenhang: mit Markus A. Hediger “streite” ich um das religiöse Bilderverbot) Ich bin mit dem Denken noch nicht mal am Anfang. Ich suche. Wälze Bücher. Schaue nach. Auch bei Ihnen. Überlege, was aus dem Bild wird, wenn man es nicht mehr auf- und abhängt (also als Gegenstand “hat”), sondern einstellt bzw. runternimmt (ins/aus dem Netz). Das Format (also die Größe) scheint mir da nur einen Nebenaspekt zu sein.

    Wollte Ihnen nur kurz mitteilen, dass ich an der Fragestellung weiter sehr interessiert bin und gespannt auf Ihre – nicht theoretischen – Lösungsansätze.

    • “Nicht theoretische Lösungsansätze” Darüber, liebe Melusine, bin ich sehr froh – fühle mich im abstrahierenden nicht zuhause.
      Muss erstmal ‘ne Runde an etwas anderem arbeiten. Bis später.

  4. gerade WEGEN der anderen antwort – unnötig/schade, dass sie das bild wieder entfernt haben!
    die konkreten bedenken kann ich nicht wirklich nachvollziehen – aus der traurigen tatsache gefolgert, dass frauen eher von tatsächlich bekannten, denen sie (zu unrecht) zumindest ein wenig vertraut hat, tatsächlich gewalt angetan wird. und mit 99% wahrscheinlichkeit NICHT von fremden …

    • Dieses spezielle Bild, liebe La-Mamma, hat nur eine Auszeit, bis ich mir mit einem einzigen Satz sagen kann, warum diese Serie für mich wichtig ist. Und zwar genauso, wie sie ist, und auch so, wie sie sich noch entwickeln wird.
      Diesen Satz destilliere ich gerade. Wenn er fertig ist, kippe ich ihn auf ex und stelle das Bild wieder ein. Das nächste nimmt auch gerade schon Formen an : )

  5. Hmm… Frau Kiehl… warum wollen Sie Ihr Ansinnen, welches Sie mit dieser Rubrik verfolgen, jetzt noch einmal wörtlich extrahieren? Diese Funktion übernehmen doch schon die Bilder. Rechtfertigen müssen Sie garnix…. da hat einfach jemand seine Frequenz (Angstfrequenz) ausgesendet, die Ihre genau traf. Angst will schützen, mehr nicht. Sie wissen doch, warum Ihnen diese Rubrik so wichtig ist.

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