Fremdkörper

Nachdem wir den ganzen Abend über gesprochen hatten, öffnete mein Vater sein Hemd und zeigte mir einen Schnitt, der seinen Rumpf vom Brustkasten bis hinunter zum Schambein geteilt hatte. Die Ränder der klaffenden Öffnung waren verheilt. Ich konnte in seine Bauchhöhle sehen.
Die Organe waren ausgetrocknet, lange schon, vielleicht Jahre; ich weiß, wie luftgetrocknetes Fleisch aussieht. Wie lange stand er schon offen?
Eines der Organe sah aus wie sein Herz. Etwas wuchs aus ihm heraus, ein zwiebelgroßes, trichterförmiges Gebilde aus Fleisch. Auch das Herz war nicht viel größer als eine Kinderfaust.
Mein Vater sah hinaus in den Garten.
„Die Glyzinie …“, sagte er.
„Warum lässt du das nicht behandeln?“ fragte ich.
„Ich kann es selbst abschneiden“ erwiderte er, „niemand weiß davon. Bring mir ein Messer.“
„Und wenn du es nicht überstehst?“
„Das wäre nicht schlimm. Der einzige Grund, weshalb ich noch lebe, ist, weil ich denke, du hältst es ohne mich nicht aus“, sagte er.
Da rief ich einen Orkan.
Ich weiß nicht mehr, warum ich das gemacht habe.
Ich holte meine Schwester.
„Papa stirbt vielleicht“ sagte ich, „wenn er sich selbst operiert.“
„Vielleicht will er das ja“, sagte sie.
Alle mussten sich in einer großen Halle vor dem Orkan in Sicherheit bringen, den ich gerufen hatte. Ich konnte solche Dinge. Ich wusste auch, wie ich meinen Vater retten konnte, doch stattdessen hatte ich unser aller Leben aufs Spiel gesetzt.
Papa stirbt, dachte ich unentwegt.
Ich wollte mich in ihm verkriechen, in seiner Brusthöhle, vor dem Orkan.
Er war schon sehr alt. Er hatte gar keine Kraft mehr und keinen Lebensmut, nur leiden konnte er noch. Heimlich.
Ich war die Einzige für ihn und er war wie mein eigenes Fleisch für mich.
Und dann, wir drei hatten uns auf einer der unteren Ebenen der Halle versteckt, fanden die anderen heraus, dass ich es war, die den Orkan gerufen hatte.
Ich spürte es sofort. Eine Gruppe von Leuten hatte sich an der Fensterfront eines höher gelegenen Raumes versammelt und starrte auf uns herunter.

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