Farah Days Tagebuch, 39

Samstag, 2. April 2016

Band, Lind, Tatzel:

Die Wahl der Würmer.
(Wie viele Unterarten es wohl gibt? Keine Ahnung. Alles, was allzu leicht gegoogelt werden kann, langweilt mich.)
Ich mag Würmer, auch glitschige. Mäandernde sowieso.
Menschen, die sich (aus welchen Gründen auch immer) in welche transformen, widern mich allerdings an. Bin gliedmaßenfixiert, schon immer. Mit Betonung auf dem Plural; am Rumpf muss einfach was schlenkern. Zupacken. Sich aufrichten.
Einem Wurm zu sagen er sei einer, da fühlt der sich nicht beleidigt.
So what?!? wird er nur fragen. Mit so einer fieseligen Stimme.
(Wollte das nur mal kurz loswerden.)

Eigentlich will ich übers Vermissen schreiben. Jemand muss eh anfangen, also kann ich’s auch gleich selbst tun. Im Anfangen bin ich gut, Kontinuität ist nicht so meine Stärke.
Grundsätzlich hab’ ich derzeit vergessen, was meine Stärken sind, nur diese eine ist mir noch bewusst, ich kann aus dem Stand loslegen. Brauch’ dazu auch keinen Pfeil. Keine Markierung. Ich fang’ einfach irgendwo an.
Auch beim Schreiben. Ich meine, ein Gedanke oder ein Satz beginnt ja auch willkürlich da oben: Niemand im Gehirn sagt ihm, wo dafür der richtige Platz ist.

Meins wurde kürzlich gescannt. Mein Gehirn, ich hab’ jetzt Aufnahmen davon. Scheint alles in Ordnung zu sein.
Also hat dieses andauernde Brummen in meinem Kopf keine körperliche Ursache, sagte ich zur Ärztin.
Die zog die rechte Braue hoch. Wer soll’s denn sonst machen, wenn nicht Ihr Körper?!
Oh, sagte ich. Natürlich, wie dumm von mir.
(Man muss dazusagen, die Ärztin ist alte Schule und fackelt nicht rum. Seitdem sie weiß, dass ich Künstlerin bin, lässt sie sich freien Lauf.)

Eben ist die Kogge gelandet. So hat LeBlanc ihn getauft. Meinen Tauberich. Weil er so schwer ist.
Die Kogge ist ein prächtiger Vogel und kein bisschen fett.
LeBlanc sieht das anders.
Er denkt, er sei eine Meise, spottet er.
Wie kommst du denn darauf?
Na, weil er sich immer auf die dünnsten Ästchen deiner Birke niederlassen will, die, auf denen die Meisen sitzen. Natürlich halten die Ästchen sein Gewicht nicht aus, aber er versucht es immer wieder.
Er glaubt, er sei schlank und grazil, sage ich, ein hübsches Ding, das überall landen kann. Er versucht es immer wieder, weil er gar nicht weiß, dass es ein Versuch ist! Für ihn ist es eine Selbstverständlichkeit.
Tja, sagt LeBlanc.

Ich frage mich, womit man die bessere Landung erzielt: mit dem Bewusstsein, dass man etwas riskiert, oder mit dem, dass eh klar ist, dass man gut landen wird.

(Vertrauen.
Ich vermisse Vertrauen.
In mich.
Anderen vertraue ich grundsätzlich und lande prima damit.)

Gestern, zum ersten Mal seit Monaten, lief ich wieder durch meinen Park, mehr oder weniger mühelos. Erstaunlich leichtfüßige acht Kilometer, eigentlich, in Anbetracht dessen, was ich vermisse. Morgen werden es schon wieder zehn sein.
Kraft ist reichlich vorhanden. Dreimal in der Woche stemme ich mich gegen die Eisen, mein genialer Coach bellt mich zu Höchstleistungen.
Für die dünnen Ästchen bin ich dennoch zu schwer.
Ich bin so verdammt hungrig.
Wenn der edle Lebenshunger nicht gestillt werden kann, schalten die Synapsen bei mir auf primitiv: Essen hilft, viel essen hilft mehr.
(Komisch, dass man Bissen wiederholen muss, ist doch immer der gleiche Geschmack(?!) Wie oft muss dieses Aha-Signal im Hirn ankommen, bis etwas sagt, man könne jetzt aufhören zu essen? Bei mir passiert erst einmal gar nichts, nachdem ich das Gericht erkannt und gewürdigt habe,
dafür brauch’ ich eh nur einen Bissen.
Esse dann weiter, bis ich satt bin. Immer noch kein Signal. Also weiter, bis nichts mehr auf dem Teller ist. Signal manchmal immer noch keines, also neuer Teller. Erst, wenn etwas einsetzt, das ich Betäubung nennen würde, leg’ ich die Gabel weg.
Ich sag’ ja – Einfachmodus.
Muss wieder aufhören mit dem Taubessen. Zu psycho. Nur richtige Tauben kommen damit zurecht.)

Also, mein Gehirn ist in Ordnung, ich hab’s offiziell auf CD.
Kostenfreies Patienten-Exemplar, für Kopien wird eine Gebühr erhoben.
Steht drauf.
Kein Leck, kein Tumor, kein gar nichts. Ein prima Gehirn. Kann sein, es braucht einfach ein paar Tropfen imaginäres Öl, damit das Brummen aufhört.
Vielleicht aber auch etwas ganz anderes.

8 Gedanken zu „Farah Days Tagebuch, 39

  1. Wo genau? Wo ist das Brummen genau? Einfach irgendwo, überall im Kopf? Oder mehr links? Rechts? Hinten? Vorn? Ist es immer da? Oder zu bestimmten Zeiten? Ändert es sich? Verschwindet auch mal?

    Wenn Ihre Ärztin wirklich “alte Schule” wäre, dann hätte sie m i n d e s t e n s das gefragt. Ich glaube aber, Ihre Ärztin ist eher eine blinde Gläubige bildgebender Verfahren, wie fast alle Ärzte heutzutage.

    Gruß von der Kogge

    • Ich habe inzwischen Antworten, zumindest temporär gültige, auf diese und andere Fragen. Da ich mit einem Neurologen befreundet bin, kam ich bereits mehrfach in den Genuss interessanter Tests, die ganz ohne Maschinen oder bildgebende Verfahren durchgeführt werden. Letzten Endes ist aber ein tiefes, unregelmäßig an- und abschwellendes Brummen, wie ich eines habe, nicht “behandelbar” im klassischen Sinne.
      Es ist auch kein Tinnitus. Fühlt sich eher wie ein Cello-Trio an, das in einem mit Schallschutzwänden ausgestatteten Kellerraum meines Gehirns probt. Wenn die Jungs gut drauf sind, dringt das recht laut zu mir durch. An anderen Tagen höre ich sie nur schwach; manchmal auch gar nicht.

      Anyway, mit der “alten Schule” haben Sie natürlich Recht: Die Ärztin hat mir zu wenige Fragen gestellt.

      Gruß von der anderen Kogge!

    • faraday war ja übrigens physiker nach dem ein käfig benannt.
      ( der faradaysche käfich )
      so ein brummen kann tinnitus ( von innen ) sein oder taos-hum ( eher von aussen )
      bei mir brummt es seit mehr als 15 jahren ( wenn ich ne micky maus – sprich bauarbeiter_innenlärmschutz, wie kopfhörer aussehend – aufsetze oder mir zwei finger in die zwei ohren stopfe, dann halte ich das leidlich aus, ansonsten hätte ich mich bereits totsediert, es geht auch mit alkohol – oder hätte die apothekerei nach affinität durchforscht so als versuchskaninchen )

      übrigens half bei mir gegen neurodermitis einfach nur kamillentee ( ich war mal ein ganz schwerer alzenau-fall ) – das muss ich aber im akuten auftritt echt knallhart durchziehen – keine ahnung ob das bei jeder cutis klappen kann.

    • ja gut, ich hatte sonen dermatitis-schub letztes jahr, das ging echt schnell und schon war meine haut von den füssen bis über die glutei maxi fast zu 50 % betroffen ( klarer fall für klinik )
      der tee wird dann nicht getrunken sondern aufgetragen : es wird erstmal schlimmer. der juckreiz nimmt zu, aber : ich habe so gut wie keine stelle mehr ( allerdings nach einem halben jahr hartnäckiger betulichkeit – nach dem aufkratzen gleich wieder was flüssiges/verflüssigtes von der pflanze drauf )

      bei meiner (!) haut klappte das soweit ( mehrmals ) hervorragend.

    • o.t. du das hat doch echt nix mit unserer sympathie, unserer vertrautheit zu tun ( hopin u “under”stand that ) – die wege verändern sich, roots bleiben wenn auch nur als marginalitäten.
      für mich schön(ste)
      wie das letzte bild, wo ich mich gutaussehend fand.
      ( war ich das wirklich oder war mir das zugeredet, oder sehe ich ich nicht als weissbärtiger fella fast wie ein filosof, ein weisheitsliebender, aus wie ein nicht altersmilder milder – dem die gemeinschaft auf’s neue uralt widerspricht )

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