Farah Days Tagebuch, 30

21. März 2015

Fragen an einen potentiellen Geliebten

Wie hast du es bis hierhin geschafft? Was ist dein bester Trick? Worauf verlässt du dich, wenn alle Systeme versagen?
Könntest du einen schwierige-Fragen-Text schreiben? In welches Tier hättest du dich verwandelt, wenn du Kafka gewesen wärest? Wie lange kannst du dich wirklich am Stück konzentrieren? Wie hoch ist die Miete für den Lagerraum, in dem du deine unlösbaren Probleme aufbewahrst?

Wie oft hat es dich schon weitergebracht, der Realität ins Auge zu blicken? Wärst du gern häufiger unsagbar geil? Gibt es einen Alptraum aus deiner Kindheit, an den du dich immer noch erinnerst?
Hast du ein Talent, für das du noch nie Anerkennung bekommen hast, geschweige denn Entlohnung? Wie viele Häute besitzt du?
Wie viele Überlebensrituale praktizierst du? Wie viele davon hast du selbst erfunden? Wer kann dir das Wasser reichen? Wer reicht dir Wasser? Wie oft hat dich in der vergangenen Woche der Gedanke, hinterher aufräumen zu müssen, an einem Vorhaben gehindert?

Wer bügelt deine Versäumnisse aus? Vermutest du oft, dass andere etwas besser hinbekommen als du? Riechst du heimlich an deinen Achselhöhlen?
Schöne Bescherung: Klingt das in deinen Ohren eher nach Weihnachten oder danach, dass du etwas ausgefressen hast? Wie belohnst du deine Verbündeten? Kannst du dich einem Menschen hingeben, für den du nicht die erste Wahl bist?
Könntest du eine Stalkerin lieben? Glaubst du, dass Wichsen zur Psychohygiene gehört? Wie viele Menschen leben in deiner Wohlfühlzone? Stehen dir Parallelwelten zur Verfügung?
Hast du eine Exit-Strategie? Was löst das Wort „Beschwörung“ in dir aus?

Bist du troy? Pickst du Rosinen? Welches Verkehrszeichen würdest du gerne in der Straße aufstellen, in der du lebst? Hast du ein unsichtbares Muttermal und welche Form hat es? Welche Auswirkungen hat deine Genügsamkeit? Welche Auswirkungen hat dein Größenwahn?
Wie raffiniert ist das Vokabular, mit dem du deine Ängste verschleierst? Zuckst du zusammen, wenn eine Frau „ficken“ sagt? Magst du Hefe?
Sollten dir mehr Menschen huldigen? Was inspiriert dich zu aufregenderen Ideen: Information oder Desinformation? Wärst du glücklicher, wenn du tatsächlich der Mensch wärst, den die anderen in dir sehen? Wie fändest du es, wenn ein Abguss deines Körpers als Modell für eine Schaufensterpuppe verwendet würde? Genießt du es, wenn dich andere kopieren?
Bist du endgültig?

12 Gedanken zu „Farah Days Tagebuch, 30

  1. Seit wann wühlen denn Frauen in den unteren Schubladen unseres Wortschatzes? (Ach was, schon immer!) Um die Männer zum Zucken zu bringen? Gäbe es da nicht andere Möglichkeiten? Und wieso heimlich an den eigenen Achselhöhlen riechen? Gibt es eine bessere Methode, unsagbar geil zu werden? Wichsen als Psychohygiene? Naja, schon, aber doch wohl auch als Vorbeugung gegen Prostatabeschwerden, drei Mal die Woche ejakulieren, zwingend, sagt meine Urologin. Potentielle Geliebte müssen doch auch immer Komplizen sein, nicht? Aber bei was genau? Bei allem, oder doch nur bei manchem? Kann man der Realität eigentlich ins Auge blicken? Kann ich jetzt noch weiterschreiben, oder muß ich den Text hier erstmal aufräumen. Mmh.

  2. Wirklich inspirierende Fragen! 🙂 … gälten sie mir, von einem Gegenüber gestellt, nicht wie Fallen, sondern fallend, Sternschnuppen gleich, würde ich, fürchte ich, auf nahezu jede einen Schwierige-Fragen-Text verfassen können.

    Bis auf die Combo:

    Ja. Jein. Spielstraße. Utopia. Wenig. Wahn.
    Feinst. Kommt auf den Tonfall an. Weizen.
    Nein. Fragen an einen potentiellen Geliebten. Niemals! Innovativ/zu spät. Nein.
    Als Mandelbrotkrümelchen des Fraktals Mensch – ja.

    … für den letzten Absatz.

  3. Was für wunderbare Fragen!
    Und wie inspirierend, auch wenn man dann – wie in meinem Fall – nicht über Antworten nachdenkt, sondern über einen eigenen Fragenkatalog. Und wie man – also ich – dann erst mal sich (mich) selbst fragen muss. Oder frei assoziieren, das geht natürlich auch. Aber eben auch eintauchen, dahin, wo die wirklich relevanten Fragen (sich ver)stecken. Das ist richtig, richtig gut.
    Bin dann mal beschäftigt …
    Thx und herzliche Grüße,
    Iris

  4. Antworten (ohne doch “potentiell” zu sein): Trotz, Illusionen, Lebensbegeisterung. Zu lächeln und – vorzulesen. Darauf, Glück zu haben.
    Tu ich andauernd. In einen Otter (aber dann wäre ich nicht Kafka gewesen: Samsa verwandelte sich in ein Ungeziefer, weil er sich als eines solches empfand). Das kommt drauf an, worauf; in der Musik mehrere Stunden, im poetischen Rausch ebenfalls – aber manchmal keine zwei Minuten. In welcher Währung berechnet man Schmerzen?

    Weitergebracht hat mich, aus den Augen der Hoffnung zu schauen. Mittlerweile: ja.
    Ja: in der Ferne läutete ein Zug, den seltsam graue Gestalten, unerkennbare aber, begleiteten, und das Läuten war hell, doch bedrohlich; es kam und kam näher, immer immer näher, langte aber nie bei mir an, weil ich rechtzeitig erwachte. Nein.
    Ich kann sie nicht zählen.
    Manche, aber sie wechseln (meinen Ofen versorgen, in die Oper gehen, Sport treiben, Brot backen). Keines. Sie aufzuzählen, gefährdet meine Zeitökonomie. Frauen und Freunde. Nicht ein einziges Mal.

    Die mich lieben. Nicht so oft, nein. Selten (ist, wenn man allein ist, heimlich?).
    Das hängt vom Monat ab. Ich stelle ihnen Weichen. Ja.
    Wenn ich sie liebe, dann ja. Onanie ist Kapitulation, hat D‘Annunzio geschrieben. Zwischen zehn und zwanzig. Dauernd.
    Nicht nur eine. Faszination.

    Ich bin kein Gewicht. Nein, sondern ich setze sie sizilianischen Sugos bei, rühre sie ins Müsli oder nutze sie, um Hefewasser herzustellen. Füchse haben Vorfahrt. Meinen Geburtsnamen als Label auf der Stirn. Keine, denn ich bin nicht genügsam. Produktivität und soziale Ablehnung.
    Es ist meisterhaft gestaltenreich. Das kommt darauf an, wann und zu wem. Ja.
    Ja. Desinformation. Das kommt darauf an, wer mich sieht. Fremd. Ja, aber wer kann das?
    Nein.

    • @Albannikolaiherbst Beim Lesen stellte ich mir vor, wie lange Sie wohl überlegen mussten auf die Fragen hin und dachte: gar nicht. Unmittelbarer Zugriff auf Lebenserfahrung und Selbstbild. Aber ich mag mich täuschen.
      Falls nicht, beneide ich Sie. Ein bisschen. Merci für diese schöne Reaktion.

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