Kippen Frauen anders

Ob sie „unsichtbar werden“. Wiederholt schon begegnete mir diese Behauptung. Frauen, alternde, über die fünfzig hinaus, würden unsichtbar in den Augen der Männer. (Echt? Ist das so, Ihr Männer draußen?)
Sagte eine im Tatort. Niemand widersprach. „Zwischen vierzig und fünfzig“, hieß es dort auch, „kippen die Frauen“.
Bullshit. Kein Bullshit? Irgendwer lacht hell auf. Ich bin’s nicht.
Veränderungen wahrnehmen. Ich könnte schwören, dass gerade eben noch Jetzt war, doch etwas ist anders.
Anders.
Je länge ich starre, desto unheimlicher wird mir das Wort.
Manchmal denke ich, mir entgleitet so viel, so rasch, ins Anders, dass es irgendwann nur noch Extreme für mich geben wird: Berstend vor Worten oder komplett sprachlos. So fühlt es sich an, mein Leben; dazu dieses Knickknack im Nacken, wenn ich den Kopf nach hinten lege, um es zu schlürfen.

Der Unterschied zwischen Jetzt und Danach: den zu spüren. Ob es ihn gibt? Jetzt: Eine Seite vollzuschreiben. Danach: eine Seite zu lesen. Was ist zwischendrin geschehen? Wie kann man überhaupt leben? Oder wird man nur gelebt, alles nur Instinkt, Reflex, Anziehung, Zurückweisung? Ich wollte, bis ich fünfzig wäre, eine Art von Können erlangt haben. Nun, das Einzige, was mich noch daran hindert, ist das Anders in meinem Kopf. Es sagt: „Ja, wenn…“

Damit steht und fällt die Selbstkonzeption. Niemand von Außen kann sie aufrichten, solange das Ja, wenn sie zu Boden drückt. Die alternden Frauen vom Tatort, der Spiegel-Kolumne, was-weiß-ich, die alternden Frauen von überall: die lassen mich nicht los. Komisch.
Und eben läuft mir die Frage zu, wie das wohl ist. In der Außenwahrnehmung: Wie das wohl wäre, wenn sich hinter der konzilianten (meist) Frau, die ich hier präsentiere, hinter diesem hübschen, getupften, tageslichttauglichen Schirm das unverputzte Anders zeigte, mit dem ich so gerne hinterm Berg halte. Was, wenn ich Zeit zeigen würde.

(Welch himmelweiter Unterschied zwischen der Sehnsucht, dazu zu gehören, und dem Zwang, dazugehören zu müssen.
Andere schreiben besser als ich:
Andere schrieben anders als ich:
Ich schreibe besser als andere:
Je mehr man mit Wertungen herumspielt, desto behaupteter fühlen sie sich an. Wie Schrott, letztendlich.)

Der Fluss! Vielleicht ist der Fluss wichtiger als alles andere. Das Sich Gehen Lassen. Wir müssen uns verhalten. Gegenüber der Angst vor der Zeit. Wir sind keine Herde Fluchttiere, keine alternden Frauen oder triebgesteuerte Männer. Was wäre, wenn
wir alle Zuweisungen als eine Fiktion von unendlich vielen möglichen betrachteten, was wäre dann. Ich bin zum Henker, nicht das, was man mir in den Mund legt. Oder ins Hirn.

Vielleicht ist die Vorstellung, irgendetwas, und sei es Jugend, behalten zu können, zu wollen, schon ein zu großes Eingeständnis, nein, Zugeständnis an die Gegebenheiten. Man vergegenwärtige sich nur einmal das Wort „Gegebenheiten“! Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen, gelobt sei der Herr.
(Na, mal abgesehen davon, dass Gott damit nix, aber auch rein garnix zu tun hat, ob wer was hat und wer was genommen kriegt.)
Wie hell es werden könnte.
Wie, wenn man mal den ganzen Tag keinen Stuhl verwendete, auf dem Boden säße, wenn man mal eine ziemliche Weile nichts äße, sich das Haar samt Augenbrauen abrasierte, was, wenn es künstliche Schmuckfalten fürs Gesicht gäbe, dazu niedliche Silikonspeckrollen zum Umbinden und kleine, leuchtend gefärbte Haarbüschel für die Ohren, was, wenn wir uns hinausschöben, an den Konsensgrenzen vorbei, vorbei an zweifelnd hochgezogenen Augenbrauen und don’t kill the messenger und den Kaufläden der Normgesellschaft, zum Mond hin heulend, wenn wir stärker wären als alle
Anschauhuhuuung

25 Gedanken zu „Kippen Frauen anders

  1. Nein, sage ich (als) Mann hier draußen, die Frauen von Format zwischen vierzig und fünfzig und über fünfzig kippen nicht. Und die Männer über fünfzig von Format auch nicht. Die anderen vielleicht schon, und in manchen Kreisen bricht sich wohl auch ein gegenseitiges Desinteresse, eine Gleichgültigkeit bahn, was allerdings ein jeder und eine jede selbst zu verantworten hat. (Es gibt ja auch so viele schöne Ersatzbefriedigungen, die man sich nur leisten können muß!)

    • @Norbert Alle Erfahrungen, die mir etwas bedeuten, habe ich im Kippen gemacht, nicht auf ruhiger Fahrt. Was natürlich nicht heißt, dass ich während des Kippens immer Hurrah geschrien hätte… aber hinterher, irgendwann, von neuer Warte aus: dann schon.

      (Ich bin gegen Ersatzbefriedigungen, doch das werden Sie sich bestimmt schon gedacht haben ; )

  2. Bascha Mika behauptete letztens Ähnliches, las ich, und ich bin immer noch nicht entschieden, ob das gesellschaftliche (Teil)-Realität oder subjektives Empfinden ist. Ich weiß aber, daß die Angst bei Frauen in oder kurz vor der Menopause durchaus real sein kann und ab und an seltsames Verhalten fördert. Die Selbstwahrnehmung einer / s Schreibenden – ist sie nicht immer von Zweifeln begleitet ? Ich wüßte es nicht anders. Allerdings bin ich über 50. Und in manchen Bereichen verschwindet man unter bestimmten Bedingungen auch, wenn man Mann ist : einen Job suchen, z.B., das ist in der fünften Dekade eher vergeblich. Und doch hat sich subjektiv nichts geändert – man ist nicht von einem auf den anderen Tag anders, also etwa kränker, weniger leistungsfähig oder leistungsbereit geworden, nicht dümmer, nicht unattraktiver. Und wäre es so : vielleicht muß man dann eben dies behaupten – als Stärke : daß man anders ist, so wie ich es behinderungsbedingt seit meiner Geburt bin, was mir aber erst mit den Jahren nach und nach bewußt wurde (danke, liebe Gesellschaft – ich lerne ja gerne). LG tinius

    • @Tinius Für jemanden, der von Geburt an mit dem Anders zu tun hatte, ja, zu tun haben m u s s t e, stellt sich meine heutige Frage wahrscheinlich gar nicht erst. Na, jedenfalls nicht so, sondern anders…
      Ich selbst – bis zu meinem ungefähr dreißigsten so neurodermitisgeritten, dass ich weder Pläne machen konnte, noch wollte, die über das absolut notwendige hinausgingen – bin auch anders in mich hineingewachsen. Für mich gab’s seitdem so viel nachzuholen, was ich früher nicht tun konnte, dass ich noch gar keinen Grund sah, mich mit dem Älterwerden auseinanderzusetzen, schon gar nicht mit einem genderspezifischen Älterwerden: Ich bin einfach dankbar, meinen Körper nicht mehr als Feind wahrzunehmen. So, wie es aussieht, könnte diese Dankbarkeit noch viele, viele Jahre anhalten. LG Phyllis

  3. Toller Text, liebe Phyllis, aber nur mal zur Eingangsfrage: Wenn ‘Unsichtbar werden’ bedeutet, dass der Körper nicht mehr in die Bandbreite eines körperlichen Attraktivitätsideals passt, dann wird man (und frau auch) allerdings früher oder später unsichtbar. Körperlich-sexuelle Attraktivität hat eine evolutionär verdrahtete Komponente, der sich der so verdrahtete Betrachter bzw. die analog verdrahtete Betrachterin nicht entziehen kann.

    Selbst die körperliche Attraktivität hat aber Komponenten, die über die reine Körperform hinausgehen. Wie bewegt sich einer/eine? Wie bewegt sich einer/eine in einem Kontext von Interaktion? ‘Art’, Haltung, Benehmen (auch gegen Dritte), Augenspiel, der ganze Rapport-Tanz … Das ‘gewisse Etwas’ (was sicher eine Generalisierung sehr verschiedener Komponenten ist) – liegt irgendwo zwischen diesen (und weiteren) Stichworten. Diese Komponenten, obwohl noch durchaus ‘körperlich’ im Sinne von beobachtbar durch einen bezauberten Betrachter/eine Betrachterin könnte man gegen die reine altersbedingte Körperform abwägen. Was auf diese Weisen durch die statische Körperform ‘durchstrahlt’, das ist, denke ich, das für die Wirkung im Sinne erfreulicher Sichtbarkeit Dominierende. Sonst beliebig hübsche Schaufensterpuppe.

    Von Geist, Humor, Sprach- und Reflexionsvermögen noch gar nicht geredet. Ich habe mich schon einmal in die Syntax einer erstmal ‘gar nicht mein Typ’-Frau verhört und bekam nach zwei Sätzen weiche Knie, obwohl sitzend!

    Der Körper altert sicher, aber man kann etwas für ihn/sie 😉 tun. Ich hörte auch schon die Ansicht, man habe dem Partner/der Partnerin gegenüber eine gewisse, quasi ästhetische Verpflichtung zu entsprechender Betätigung. Ein heikler, aber bedenkenswerter Punkt.

    Übrigens kann man sich auch ganz furchtbar anziehen. Frau natürlich auch!

    Um am Ende dieser unvollständigen Überlegungen auf Ihre Eingangsfrage zu antworten: “Frauen, alternde, über die fünfzig hinaus” werden per se durchaus nicht unsichtbar, sondern (allerdings nicht alle) eher interessanter. Graue Strähnen, toll. Ich kenne und kannte ganz (auch durchaus körperlich) hinreißende, kopfverdrehende!

    Neulich auf einem Seminar eine (sehr junge) Teilnehmerin, die geradezu verwirrend schön war – noch nie solchen jugendlichen blühenden Liebreiz und Charme gesehen! Sehr schön, aber völlig uninteressant.

    PS: Wo wir gerade beim Körperlichen waren – auch Herz sollte sie haben! Fällt mir noch so ein.

    • Das kann ich, @Speedhiking, erst einmal so zurückgeben: toller Kommentar! Und genauso unvollständig, wie fließende Überlegungen eben sein sollten, wenn sie ihr Tastendes behalten wollen. Mit dem evolutionär verdrahteten haben Sie natürlich Recht. Diesbezüglich machen auch Einschätzungen von “fair” oder “unfair” überhaupt keinen Sinn. Es gibt Schlüsselreize, die relativ zuverlässig “funktionieren” und dann irgendwann ebenso zuverlässig nicht mehr. Ausnahmen bestätigen da nur die Regel.

      Viel interessanter (weil, wen interessieren schon Schlüsselreize, auf lange Sicht?) sind die Aspekte, die Sie aus subjektiver Sicht nennen. Das, finde ich, wird zu selten getan, geht unter in oft plakativen Äußerungen zum Thema. Was empfindet der Einzelne, die Einzelne als anziehend? Was wirkt auf mich beim Anderen, was für ein Vokabular evoziert jemand in mir, wie viel Lust inspiriert eine Person, strahlt sie etwas aus, das Energie freisetzt?
      Für mich, die ich weit häufiger Frauen hinterhersehe, Frauen beobachte als Männer, ist das keine oberflächliche Frage.

      (Ups, meine Mutter ruft gerade an, muss kurz Pause machen : )

      So, zurück.
      Ein Wort wollte ich noch sagen zur Verpflichtung, den eigenen Körper in Schuss, beziehungsweise in erotischer Spannung zu halten: dazu kann man sich, glaube ich, in einer festen Beziehung auf lange Sicht nur motivieren, wenn man sich immer mal wieder aus der Wohlfühlzone herausbegibt und sich von außen betrachtet. Klingt irgendwie künstlich, hm? Ist es auch. Aber meiner Erfahrung nach ist die Erleichterung, von einem bestimmten Menschen so angenommen zu werden, wie man ist, so groß, dass es tatsächlich einer fast heroischen Anstrengung bedarf, um diese Lage Fremdheit wiederherzustellen, die ebendiese Spannung als Grundlage braucht.
      Ist aber nur meine eigene Erfahrung – da mag es durchaus viele andere geben, die das nicht brauchen.

    • @LO Dieser Selbstvergewisserungsreflex: den kenne ich. Ich mache seit vielen, vielen Jahren Sebstporträts, die nie jemand zu Gesicht bekommt. Merkwürdig. Und meine Wohnung ist voller Spiegel. Beide – Fotos und Spiegel – sind nicht Ausdruck übersteigerter Eitelkeit: so gut kenne ich mich nun wirklich, um das mit Bestimmtheit sagen zu können. Nein, es ist wirklich so ein seltsamer Reflex, eine kleine Manie.
      Im Zen-Kloster war ich natürlich auch schon (wer nicht?) und hab mich ergötzt an der Spiegellosigkeit. Nur, mein Leben außerhalb des ZenCocons ist mir immer noch lieber, mitsamt seiner Zuspitzungen und Zwanghaftigkeiten. Himmel sei Dank, sonst wär’ mich die Welt bald los, weil ich die nächsten Jahre Kiesel harken würde im Klosterlein.

  4. Männeraugen Ich seh´ ja immer weniger durch “Männeraugen” oder aus einer Männerperspektive, je älter ich werde. Ich seh´ im Rückspiegel, dass diese Perspektive prägend war, klar, weil sie medial überall noch dominiert: in den Büchern, Bildern, in der Werbung, in “Funk und Fernsehen”. Aber ich bin nicht mal als ich jung war, eine Frau gewesen, die es besonders wichtig fand, ob Männer (im Allgemeinen und Besonderen) sie sexuell attraktiv finden oder nicht (vielleicht auch, weil ich eigentlich nie ´solo´ war). Und inzwischen ist es auch nicht mehr so, dass das Urteil von Männern (die ja immer noch viel Definitions- und reale Macht in vielen ´Betrieben´haben) für mich von großem Belang wäre. Seit ich mir meine Autoritäten selber suche, also jene Menschen, deren Urteil ich traue, sind ohnehin viel mehr Frauen darunter als Männer.

    Basha Mika ist offenbar, das zeigte auch schon ihr letztes Buch, eine Frau, die es ganz wichtig findet, sich an (mächtigen?) Männern und männlich geprägten Wertvorstellungen (Patriarchat, ich hör dir trapsen) zu messen. Da bleibt Frust nicht aus, klar. Muss eine Frau aber nicht. (Ein Mann auch nicht, nebenbei.) Mich hat das schon als junge Frau immer amüsiert, wie sich bei manchen Frauen die Halsmuskeln spannen und die Schulterpartie strafft, kaum taucht irgendein Schwanzträger auf, wie sie dann ihr Köpfchen heben und kichern und sich vollkommen auf den konzentrieren. Das gibt´s. Das ist schade. Für diese Frauen, vielleicht. Für die Männer auch, denn die werden ja auch ziemlich reduziert, indem die Frauen sich bloß f ü r sie so inszenieren.

    Für alle anderen: Altern ist schon Mist. Aber nicht wegen “Unsichtbarkeit” oder “mangelnder sexueller Attraktion” (eh nur hetero gedacht hier, oder?), sondern wegen der Zipperlein, der Sehschwäche, dem allmählichen Verfall. Kann man gegen ankämpfen. Oder sich einrichten. Oder was dazwischen. Mist ist es trotzdem. Für Männer und Frauen. Investieren ins Hirn – da hat Frau Berg schon recht. Lohnt sich am meisten. Andererseits: Ich will mich auch nicht als Investition denken. Also: Ball flachhalten.

    Es frühlingt da draußen. Menno!

    • Nicht alles ist so “anders” Interessante Ausführungen, sehr differenziert – von mir nur ein Stichwort zu dem Attribut “anders”. Das ist seit Menschengedenken ein bevorzugtes Attribut in Diskriminierungszusammenhängen: Farbige waren in Kolonialsystemen – durch die Kolonialherren – als “eben anders” definiert, Homosexuelle gelten aus Sicht der heterosexuallen Mehrheit als “anders” u.s.w.. D.h.: Andersartigkeit wird hier nicht als Grundlage zum gewissenhaften Unterscheiden bestimmter Phänomene festgestellt (oder behauptet), sondern als Werturteil zu Ungunsten des angeblich anders gearteten Menschen missbraucht. Der- oder diejenige, die als “anders” bezeichnet werden, sind dies also zunächst einmal aus dem Blickwinkel einer Majorität oder einer Herrschaftsklasse, die so u.a. auch ihre eigene Position legitimiert und verteidigt. (Darauf wies de Beauvoir ja schon im Titel ihres Hauptwerks hin: Das ANDERE Geschlecht ..)
      Will man dieser Denkfalle etwas entgegensetzen, besinnt man sich zur Abwechslung auf Gemeinsamkeiten: Auch Männer altern, und auch der männliche Körper wird durch diesen natürlichen Prozess unter sexuellem Vorzeichen nicht attraktiver. (Seien wir ehrlich: Wie oft haben wir eigentlich als Fünfundzwanzigjährige ältere Herren angesehen – unter erotischem Vorzeichen, wohlgemerkt …? Frauen sind keineswegs die besseren Menschen; allerdings erfüllt auch dieser Aberglaube hervorragend seine Zwecke, und sei es nur zur Aufrechterhaltung männlicher Illusionsmuster.)
      Und: Zum Glück – oder vielmehr nach Jahrzehnten entsprechenden Nachdenkens übers und des Experimentierens mit dem Geschlechterverhältnis – kommt mittlerweile auch immer öfter die Rede auf das Leiden alternder Männer, während man umgekehrt durchaus erotisch selbstbewussten Mittfünfzigerinnen als auch, in ihrer noch späteren Lebensphase, “großen alten Damen” begegnet.
      Ansonsten: Na klar ist Altern Mist! Für alle.

    • PS: Ach ja: Die Chose stellt sich – für Beobachterinnen wie Basha Mika – nicht nur aus heterosexueller Sicht so dar. Fragen Sie mal bei älteren homosexuellen Männern nach, wie “unsichtbar” sie sich fühlen …

    • ich mag ganz einfach schlabbrige, schlaffe hautlappen oder hautläppchen nicht
      – ganz egal ob altersbedingt oder as results of neglecting foodconsume.

      ich stelle mir dir frage nicht, wieso eine zwanzigjährige vielleicht noch mit mir vögeln kann, aber das aufwachen ( mit mir – ohne schminke z.b. ) per se verweigern muss as a man.

      je “dunkler” das fleisch wird, desto heller sollte der geist sein sowie makelloser ( eindeutiger ).

      es sollte jeder und jedem mittlerweile klar sein, dass sich laufende interaktion ( und deren aktionistisch womöglich sich gerierenden derivate ) auf subjektiv-ästhetischen anschauungsparametrien stützen, wobei nicht ganz ausser acht gelassen werden sollte, dass alter durchaus vor schönheit bestich und nicht nur vor torheiten nicht schützt.

    • @ MelusineB So. Jetzt kann ich noch einmal in Ruhe mit-denken, Melusine. Las auch eben das Interview mit Basha Mika – aus dem für mein Empfinden nicht deutlich wird, dass sie sich auffällig an männlich geprägten Wertvorstellungen orientiert. Sie bezieht sich darauf, aber woraus ließe sich schließen, dass sie sich an ihnen misst? Weil sie eine mehr oder weniger nachvollziehbare Karriere verfolgt? Nu’ habe ich ihre Bücher nicht gelesen, kann’s also wirklich nicht einschätzen.

      Zum Köpfchen heben: Wahrscheinlich hätten wir uns, wären wir uns als junge Frauen begegnet, erst einmal ziemlich naserümpfend beäugt, wären vielleicht sogar über dieses Stadium gar nicht hinausgekommen. Besonders souverän, geschweige denn emanzipiert, was auch immer das im Einzelfall heißt, war ich jedenfalls nicht. (Wie schön, dass wir uns als erfahrene Frauen kennen gelernt haben. Echt aber : )

      Was ich zum Jetzt sagen kann: sexuelle Energien zu spüren, auf sie zu reagieren, Unterschwelliges, Aufgeworfenes, mehr oder minder geschickt Verborgenes zu wittern, das liebe ich. Tatsache ist: ich kann’s besser als früher. Besser spüren, aber auch besser ignorieren, wenn mir nicht danach zumute ist. Ich hab’ die Wahl. Die hatte ich früher nicht. Früher war viel mehr Gefallenwollen im Spiel, mehr Anleihen an bestehende, abgesicherte Choreographien. Heute, das würde ich gerne mal so sagen (und tu’s auch hiermit), gehört sexuelle Aufladung für mich zu den Kräften, auf die ich selbstverständlich zähle. Bei mir und anderen.
      Umso verwirrender die Vorstellung, das könnte sich allein deshalb ändern, weil ich älter werde. „Hä?“, denke ich dann, „aber ich hab’ doch eben erst richtig angefangen!“
      (*lacht*)

      Dem Vergnügen am Hirn (nicht unbedingt an Frau Bergs) tut das keinen Abbruch. Sexualität ist Energie. Die kann überall hin schießen, wenn sie zugelassen wird, man kann damit auch nach Hause gehen und arbeiten, einen Stein zerhauen, ein Seminar halten, wasweißich, sie hat auch meines Erachtens nichts damit zu tun, ob man in einer festen Beziehung ist oder nicht: hört eine denn automatisch auf zu flirren (flirten mag i net), wenn sie einen Gefährten hat? Erwartet sie desgleichen von ihm? Ich käme mit solchen Vorstellungen nicht zurecht.

      Ein letztes: „Investieren ins Hirn“, wie Frau Berg propagiert, klingt tatsächlich sehr gemacht. Programmatisch. In meinen Ohren. Ich meine, Wachsein, Hungrigsein, geistig erregbar sein, das ist keine Investition für mich, das ist ein Zustand. Manchmal hab’ ich ihn, manchmal nicht. Der kommt genauso und entzieht sich mir auch genauso wie die andere Form der Erregtheit. Am besten fühlt sich’s an, wenn beide miteinander und ineinander schwingen. Und ich keine von beiden verleugnen muss aufgrund irgendwelcher Konventionen. Oder aufgrund dessen, dass ich älter werde.

    • @Sabina Wehrhahn Schön, dass Sie an Madame Beauvoir erinnen. (Obwohl “Das andere Geschlecht” nie zu meinen Lieblingsbüchern zählte. “Die Mandarins von Paris”, oder auch “Sie kam und blieb”: damit konnte ich mehr anfangen.)
      Was Sie zum Gebrauch des “Anders” schreiben, stimmt natürlich. Mein Problem, gleichzeitig aber auch meine Freiheit, besteht darin, dass ich manchmal Kontexte ignoriere (manchmal aber auch schlicht aus Unwissenheit), um unbeschadet schreiben zu können. Nein, zunächst einmal d e n k e n zu können. Eigentlich wäre ich gerne noch viel freier im Umgang mit bereits benutztem, okkupiertem, ausdefiniertem Vokabular. Denn so gewissenhaft und achtsam, wie ich gerne wäre, kann ich eh nie sein. So klug und belesen, wie ich gerne wäre, kann ich auch nie sein: immer fehlt etwas, immer, in meinen Überlegungen und Spekulationen, kommt jemand oder etwas zu kurz.

      So. Erstmal innehalten.
      Lassen Sie uns nach und nach und mit etwas Glück vergnügte alte Damen werden! Das “groß” kann frau sich eh nicht selbst anheften.
      *lächelnd winkend*:

    • Also irgendwo war da von sexueller Energie die Rede.
      Ich war früher immer ungläubig, wenn ich von Sublimation gehört habe. Das kann doch nicht funktionieren. Nun, heutzutage bin ich froh, dass ich nicht mehr jedem Rock hinterherrenne und mich durch Eroberungen definiere. Meine Sexualität ist vornehmlich in die Musik aufgegangen. Da passiert so einiges, was ich früher nicht für möglich gehalten hätte. Z.B. eine Konzentrationsmöglichkeit, die früher dem sexuellen Akt vorbehalten war. Eine Konzentration, die derart anstrengend ist, dass ich nach einer Stunde spielen, einmal eine Pause brauche. Der Energiehaushalt ist ein anderer geworden. (Für mich als Mann)
      Was mich an einer Frau heute anzieht, ist ihr Leben. Das heißt, dass Frauen unter 40 eigentlich nicht interessant sein können. Auch kann ich nichts mit Frauen anfangen, die sich erst selbst finden müssen oder wollen. Frauen sind attraktiv, die nie zu sich selbst finden mussten, aber in sich ruhen. Da spielt das Alter keine Rolle.
      Wenn ich einen gemeinen männlichen Spruch loswerden darf, dann ist es der: Nur die Frauen können “kippen”, die sich nie vom Mädchen zur Frau entwickelt haben. Frauen, die sich z.B. über die Anzahl ihrer Schuhe definieren.

      Und andersrum: Künstlerinnen scheinen nicht zu altern, selbst wenn ihr Äußeres an Attraktivität verliert. Es hängt einfach davon ab, wie sie noch lächeln können.

    • @ Phyllis: All die anderen Energien Antje Schrupp hat versucht Bashaa Mikas Buch zu lesen. Auf Seite 100 hat sie aufgegeben: http://antjeschrupp.com/2014/02/20/ach-bascha-mika/
      Vor einigen Jahren habe ich bei Mikas Buch über die Feigheit der Frauen zwar durchgehalten, aber mit großer Mühe und viel Wut im Bauch: http://gleisbauarbeiten.blogspot.de/2011/10/wut-buch-uber-basha-mikas-feigheit-der.html
      Daher glaube ich, dass die These, Mika orientiere sich an patriarchalischen Werten, der symbolischen Ordnung des Patriarchats, belegbar ist.
      Zur Sexualität und sexuellen Schwingungen – schon als junge Frau habe ich das weniger als Energiemotor empfunden, denn als Bedrohung und Reduzierung, zumindest in den allermeisten Fällen. Vielleicht liegt es hieran: http://gleisbauarbeiten.blogspot.de/2010/06/nachtrag-zum-tagebuch-eintrag-vom-3.html , was – zugegeben – eine zweischneidige Sache wäre. In jener symbolischen Ordnung, in der wir noch immer überwiegend leben, wird der weibliche Körper als Waffe und Ware eingesetzt – und diese Verbindung ist mir immer unangenehm gewesen; ich habe nicht so gesehen werden wollen oder mich selbst so nutzen, jedenfalls nicht von oder gegenüber den meisten (Männern). ´Verdinglichlichung´, also als Objekt der Begierde gesehen zu werden, kann – wie Martha Nussbaum schreibt – , zweifellos sein kostbarer Bestandteil der Sexualität sein, aber eben – für mich – nur mit wenigen, mit jenen sehr, sehr wenigen, denen ich diesen Blick zurückgeben will, die ich auch so sehen will; also, um es klarer auszudrücken, nur mit jenen wenigen, denen ich das eindeutige Signal gebe, dass ich mich für sie sexuell interessiere (können Männer oder Frauen sein). Ich könnte es auch egozentrischer ausdrücken: Ich finde es wichtiger zu wissen, wer mir gefällt, als wem ich gefalle. (Überraschenderweise habe ich nie erlebt, dass ich jemandem, der/die mir gefällt, nicht gefalle. Ich glaube dabei an Magie 🙂 ).

      Auch als junge Frau, wenn ich mich recht erinnere, habe ich selten andere Frauen misstrauisch beäugt. Die Möglichkeit der Konkurrenz (um Männer) war mir kaum bewusst. Ich habe eher geschaut: Gefällt mir diese Frau? Könnte sie eine Freundin sein? Und auch dabei gab es diese magischen Momente.

      Daran glaube ich, an diese Energien, die zwei Menschen zueinander und in eine Beziehung bringen. Sie sind selten (in meinem Fall) sexuell aufgeladen. Und vielleicht ist es das: Wenn ich spüre und beobachte, dass nur diese eine Art Aufladung, die sexuelle, möglicherweise auch noch pur heterosexuelle Aufladung zwischen Menschen funktioniert, bin ich irritiert und auf eigentümliche Weise auch beschämt.

      Darüber will ich noch mal nachdenken. Denn Sie haben recht: Es ist ein energetisches Problem. (Ach was, kein Problem – ein Thema!) Ich spüre dabei auch deutlich eine Form von Angst: Die Sexualisierung aller oder vieler Beziehungen würde jene Form von Freundschaft zu Männern und Frauen, die mir so wichtig ist, zumindest gefährden.

      Haben wir eine Wahl? Können wir uns die Energien aussuchen, mit denen wir uns aufladen? Oder sind das Prägungen, denen wir ausgeliefert sind?

      Und dann ist mir noch eingefallen: Altern ist nicht nur Mist! Ich bin älter geworden und glücklicher, weil ich mich weniger kontrolliere und mehr sein lasse, was mir nicht wichtig ist. Denn ich wollte auch gefallen als ich jünger war, weniger als Objekt der Begierde, sondern als intellektuelle Gesprächspartnerin, als ´perfekte Mutter´, als Doktorandin, im Beruf. Jetzt bin ich eine unperfekte Frau mittleren Alters und messe mich mehr daran, wie sehr ich mir selbst gefalle. Das ist schon besser geworden. Meine Freundinnen, die noch eine Dekade älter sind, erzählen, dass dieses Selbsteinverständnis sich noch verstärkt, wenn die Menopause und der große Hormonumbau hinter mir liegen werden. Bin ich gespannt drauf.

    • @Phyllis Schön, hier mitzulesen …
      Ganz kurz noch mal zur de Beauvoir: Ich erwähnte “Das andere Geschlecht” nur als Hinweis auf eine Betrachtung der Bedeutung bzw. Instrumentalisierung der Vorstellung vom “anderen”. (Kennen Sie übrigens “Tango. Eine Distanz” von Barbara Köhler? Ein kurzer Text, der das Thema unter sprachkritischer Sicht aufgreift, sehr klug, scharfsinnig, poetisch. Zu finden in “Wittgensteins Nichte”.)
      Und natürlich haben Sie ganz recht: Die “großen alten Damen”, an die ich dachte, sind selbstverständlich allesamt von außen mit diesem Ehrentitel bedacht worden, Louise Bourgeois etwa, oder auch Carmen Herrera u.v.a.
      Mit dem Vergnügtsein hatte ich schon immer Probleme, aber es gibt ja noch Humor – ohne den wäre ich komplett aufgeschmissen.

    • @S. Wehrhahn (Kürzen Sie Ihren Vornamen jetzt ab, weil ich ihn in meiner ersten Replik falsch geschrieben hatte? ; )
      Danke für den Hinweis auf Barbara Köhler; ich werde ihm nachgehen. Immer wieder merke ich, wie wechselwirksam TT “funktioniert”: wie viele Anregungen ich hier schon gefunden hab’ im Laufe der Jahre! (Von Erregungen ganz zu schweigen ; )

      Vergnügen, stimmt, ist ein unzuverlässiges Flämmchen, oft kann ihm schon der leiseste Windhauch den Garaus machen. Humor, andererseits, lebt bei Gegenwind geradezu auf. Manchmal zumindest.

    • @MelusineB Okay – ist belegt! (*Lacht*) Bin im Grunde ganz froh, dass ich mir die Lektüre der Frau Mika nun sparen werde: Ich komm’ eh nicht mehr nach gerade, mein ZU LESEN-Stapel killt mich.

      Zu “Waffe und Ware”: Ich finde es auch wichtiger zu wissen, wer mir gefällt! Aber dieses Gefallen entwickelt sich oft erst in der Interaktion. Und zu der gehört – für mich – eben auch ein grundsätzliches Schwingen, Ausschwingen des Körpers, gehört, übermütig Köder auszuwerfen und sich an Reaktionen zu freuen – oder ein Nichtreagieren des Gegenübers zu bedauern. Es ist also weniger so, dass ich Zeichen aussende, wenn mir jemand gefällt (auch in meinem Fall geht das an beide Geschlechter). Sondern so, dass es Tage gibt, an denen ich aufgeladen das Haus verlasse und so viele Menschen wie möglich bezaubern und verführen möchte, und andere, da wären mir Sack und Asche das liebste. Kennen bestimmt viele, diese Schwankungen. Das, was Sie “Sexualisierung von Beziehungen” nennen, ist bei mir also keine Frage gegenseitigen Erkennens sexueller Anziehung, (geschweige denn etwas, mit dem ich Freunde verwirren würde), sondern schlicht eine der Tagesform. Wenn ich gut “drauf” bin, flirrt etwas in mir. Und dieses Flirren muss, im Gegensatz zu verbalen Kommunikationsformen, nicht erklärt werden. Entweder jemand reagiert darauf, oder eben nicht. Wer darauf in irgendeiner wachen Weise reagiert, die Magie teilt, “gefällt” mir.

      Ich glaube nicht, dass wir uns die Energien aussuchen können, mit denen wir uns aufladen. Für mich war der Körper als Energiequelle schon immer maßgeblich: Er war neurodermitisbedingt entweder entzündet oder heil. Schubweise. Genauso schubweise erlebe ich auch sexuelle Energie. Auf mein Denkvermögen ist einigermaßen Verlass (naja…), aber nicht auf dieses Flirren. Doch wenn es da ist, werde ich ganz bestimmt nicht anfangen, es im Zaum zu halten, nun, weil sich mein unzuverlässiger Körper dabei vielleicht in eine Waffe verwandelt, in eine Ware oder in sonst etwas Männerblick-Klischeebeladenes! Ich lass’ es raus und danke der Göttin.

      Ja. Auch ich bin jetzt, im mittleren Alter, glücklicher. Mehr eins mit mir. Ich traue mir auch zu, gelegentlich freies Denken zu praktizieren, die Intellektualität eines Individuums nicht nur am Grad seiner oder ihrer Belesenheit zu messen, in Schuhen mit niedrigen Absätzen flirtbereit zu sein und Ignoranten, egal welchen Geschlecht und Alters, in ihre Schranken zu weisen. Ich übe mich darin, mir Erlaubnisse zu erteilen und freue mich zunehmend an Menschen, die komplett anders ticken als ich. Ja, es ist grandios, Lebenserfahrung zu spüren. Sogar der olle Körper sagt das, auch wenn er gerade autscht, weil ich mich beim Laufen übernommen hab’ heute…
      “Old age is creeping up on you”, sagte mein Vater immer: Er fing damit an, da war ich gerade mal achtzehn.

    • @Steppenhund Was Sie über Frauen schreiben, “die in sich ruhen”, ohne vorher zu sich selbst gefunden haben zu müssen, finde ich überraschend. Wie soll das gehen? Wie soll eine Ruhe s e i n, ohne vorher gewühlt, gefragt, gezittert und gezaudert zu haben? Bestimmt hatten Sie Beispiele im Kopf, als Sie das schrieben. Ich hingegen, halte ich mir die Menschen vor Augen, die mich als Vertraute umgeben, sehe dieses “in sich ruhen” in keinem und keiner von ihnen. Sie sind, mich eingeschlossen, Suchende. Tendenziell eher (ver)störbar als ruhig. Begeisterungsfähig, aber auch erschreckend schnell wieder im Tal, manchmal Gott, manchmal Wurm. Zyklisch eben…

      Sublimation, zumindest jene, von der Sie schreiben, jene in die Musik, kann ich mir gut vorstellen. Auch den so genannten Energiehaushalt und die damit verbundenen Entscheidungen, in welche Kontexte man die Kräfte fließen lässt. Meiner Erfahrung nach sind diese Kräfte aber nciht so säuberlich zu trennen, schon gar nicht in Spreu und Weizen…

      Lächelnd:
      TT

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