Farah Days Tagebuch, 7

Mittwoch, 21. November 2012

Jetzt soll ich also einen Text über LICHT schreiben.
Pressemitteilung ist raus, ich hatte bereitwillig zugesagt, klar schreib’ ich einen Text über LICHT. (Pah, ein Klacks)
Obwohl, außer nachts bei Kadim auf dem Futon, wenn der Ölofen seine flackernden Ringe an die Decke wirft, denke ich selten über LICHT nach, und das wär’ ja was, der Futon, den vorzubringen mit Marie im Publikum, bestimmt wieder in der ersten Reihe, die an die gleiche Decke und auf die gleichen Ringe starrt, wenn sie neben ihm liegt.
Fällt also flach. Eh zu privat, wenn die Kollegen was real LICHTiges schreiben. Aus der Pressemitteilung klingt’s, als hätten die seit Jahren nichts anderes gemacht als über LICHT nachzudenken, wow, heißes Eisen. Das ganze Land ist davon ergriffen, anscheinend!
Mein eigener Text jedenfalls, der imaginäre, gleisst mir im Kopf, ich steh’ Qualen aus, weil, mit Transferleistung hab’ ich schon lang’ nichts mehr verfasst. Privates geht mir locker von der Hand, aber LICHT?
Da kommt der alte Trotz hoch, wenn’s einen Sinnzwang gibt denk’ ich mir immer schnell was aus, natürlich originell und möglichst kühn, aber trotzdem, umgehend.
(Kadim erinnerte mich gestern vergnügt an die einzige Hausarbeit, die ich ihm mal abgeliefert hab’: wie mutwillig lüstern die am Thema vorbei war.)
Also, LICHT. Ich schreib’ so schnell ich kann um dem Kalkül voraus zu sein, denn, fast sicher, weiß ich wirklich was Grundlegendes über LICHT. Komm raus, komm’ ohne Üben raus, beLICHTe mich.
(Frag’ mich ja schon, wie Kadim da drauf gekommen ist. Hat einfach genommen, was ihn selbst am meisten interessiert und es zum allgemein relevanten Thema hochgejubelt. Wie komm’ ich eigentlich dazu, mich darauf einzulassen, schön blöd.)

Schon witzig, wie sehr ich das Schreiben hasse. Ich richte mich ein, die richtigen LICHTverhältnisse, Kissen, Musik, alles in Reichweite, beginne und das einzig tröstliche ist die Zukunft, in der das alles schon geschehen sein wird, als würd’ ich mir von weiter vorne in der Zeit dabei zusehen, wie ich schreibe.
Mein Lieblingstrick. Die Vorstellung, daß ich später LICHT sein werde. In der Gegenwart auf Grund laufen, später ein LICHTfisch mit Laternchen am Kopfe. (Denke ja immer noch, ich muß strahlen, aber lieber später als früher. Modifikationen jedenfalls.)
Jedes externe LICHT ist gelogen. Worte sind einfacher, weil flexibler zu handhaben, aber schwieriger, weil flexibler zu handhaben.
Immerhin bieten sie ein Aufgrundgefühl.

7 Gedanken zu „Farah Days Tagebuch, 7

  1. Hell auflachend:

    Die Maus

    Wenn wir uns eine Maus betrachten, wie sie durch die künstlichen Layrinthe unserer Forschungsabteilung läuft, ein bißchen verwirrt manchmal und immer schnuppernd, dann stellen wir als erstes fest, daß sie kleiner als ein Elefant ist, nicht nur kleiner als der große afrikanische, sondern auch als der kleinere indische Elefant, die beide, also der indische und der afrikanische, eine Familie der Rüsseltiere bilden, in der sämtliche heute noch lebenden Vertreter der Rüsseltiere zuhause sind – bekanntlich die derzeit größten Landtiere, weil ihre Kälber schon bei der Geburt bis zu 100 Kilogramm schwer sind. Das kommt natürlich daher, daß Elefanten mindestens 20 Monate lang schwanger sind – immerhin die längste bekannte Schwangerschaftszeit aller Landsäugetiere -, und schließlich kann ein Elefant bis zu fünf Tonnen Körpergewicht auf die Waage in unserem Badezimmer stellen, ich meine, wenn sie das aushält und dann noch etwas anzeigen würde. Waagen sind ziemlich alt, weshalb sie, wenn sie das aushalten, also, auch schon vor vielen hundert Jahren so ein Gewicht angezeigt hätten, während man für eine Maus zum Beispiel eine Briefwaage nehmen muß, die aber noch nicht so alt ist, weil zum Beispiel die Babilonier auf Tontafeln schrieben, die sich zum Aufkleben von Briefmarken nicht richtig geeignet haben. Briefmarken sind aber auch viel kleiner als die Elefanten, sogar als neugeborene, ich muß einfach mal nachgoogeln, wann es die ersten Briefmarken überhaupt gab. Aber das schaffe ich in der Zeit nicht mehr, die ich bis zur Abgabe meines Textes über die Maus zur Verfügung habe. Jedenfalls haben sich nur die indischen Elefanten als Arbeitstiere bewährt, was vielleicht daher kommt, daß man in Afrika für Arbeitstiere Sklaven nahm – ein nicht wirklich humanes Vorgehen, dem Abraham Lincoln Gottseidank das Ende gesetzt hat, aber nur in Nordamerika, wo es Elefanten gar nicht gibt. Da sind die Elefanten gegenüber der Maus sehr im Nachteil, die es außerdem in Indien, beiden Amerikas und sogar in Asien gibt, vielleicht auch in Australien. Aber auch da würden wir niemals einen Elefanten in dieses Labyrinth hineinbekommen, weswegen die Maus für uns auch dann nützlicher ist, wenn wir, ich meine Kadim und mich, nachts so auf dem Futon liegen und der Ölofen seine flackernden Ringe an die Decke wirft, und obwohl wir da über sie gar nicht schreiben, sondern eben an die Decke starren und lauter Elefanten sehen.

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