Kazua Ishiguro / Die Ungetrösteten

“Dem Taxifahrer war es offensichtlich peinlich, daß niemand – nicht einmal ein Angestellter an der Rezeption – anwesend war, um mich willkommen zu heißen.”

Die Ungetrösteten. Rowohlt, 1996

(Übermittelt von ANH: “Im Original erschienen 1995 und in Isabell Lorenz’ hinreißender deutscher Übersetzung 1996, ist dieser Roman wahrscheinlich einer der bedeutendsten Werke der phantastischen Weltliteratur seit Bulgakovs “Der Meister und Margarita”, bzw. Miodrag BulatoviÄs “Die Daumenlosen”. Daß der erzählte Umstand dem Taxifahrer peinlich ist, zumal offensichtlich, stellt schon dem ganzen Buch die Weichen. Dieser erste Satz erfüllt jeglichen auch ästhetisch-konstruierenden Zweck eines Ersten Satzes.”)

12 Gedanken zu „Kazua Ishiguro / Die Ungetrösteten

    • @Kis zu Miodrag BulatoviÄ. Ich sehe den Fehler in meiner Schreibung nicht: Миодраг Булатовић heißt er in serbischem Kyrillisch; daher der Akzent auf der deutschen Transkription.

      Ein Denunziant mag er sein; ob es richtig ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Eine serbische Freundin, die zum libertären Widerstand gehörte, nannte ihn sogar einen Faschisten. Auch das mag richtig gewesen sein. Es änderte aber auch das die Tatsache nicht, daß der Mann zu den größten Romanciers der Weltliteratur gehört. Einer proportionalen Analogie von menschlichem Character, bzw. politischer Meinung und Qualität eines Künstlertums anzuhängen, zeugt von kunstfremder Naivetät.
      Ich bin ihm übrigens begegnet, 1986; ich wollte ihm die Hand reichen: so groß war, und ist noch immer, meine Achtung vor seinem Werk. Es war ein kalt wirkender, unangenehmer Mann, aus dem mir der Eindruck einer so leisen wie um so schärferen Grausamkeit entgegenströmte. Ich brauchte nachher einige Zeit, die Kälte von mir wieder abzuschütteln. – Die Größe seiner Romandichtung beeinträchtigt das nicht.

    • habe ich doch fast alles gelesen von bulatovic und zwar gerne und zwar mit großer begeisterung, das ging mir bei celine auch so, aber als ich K´s Antomiestunde gelesen habe, geht es halt nimmer, aber soll ihn jeder lesen, es lohnt sich, aber es lohnt sich auch Kis zu lesen, Krzleza, Andric, Hemon, Tisma und wie sie alle heißen.
      Hoch lebe Jugoslawien!

  1. Miodrag BulatoviÄ / Die Daumenlosen “Vaterland, ich brauche deinen Namen nicht länger! Vaterland, laß uns unsere Rechnungen begleichen, du und ich: Nimm alles zurück, was du mir verliehen hast, an erster Stelle den Namen, den ich dir hiermit zurückgebe, und dann befreie mich von deinem Schicksal und deiner Finsternis!”

    (Ljudi s Äetiri prsta, Belgrad 1975; dtsch von Johannes Weidenheim, München 1975.)

    • @Kis (ff). Es ist von manchmal erschreckender Bizarrerie, wie die Bücher eines Dichters das völlige Gegenteil dessen aussprechen können, was er selbst persönlich meint. Das macht diesen Beruf, unter anderem, persönlich höchst gefährlich. Es gibt aber, etwa, auch einen Hinweis darauf, wie jemand wie Louis Aragon in seiner miesesten stalinistischen Phase einen Roman wie “Aurélien” schreiben konnte… ah, d e n ersten Satz stelle ich eben auch noch ein für Frau Kiehls wundervolle Serie.

    • @Kis zu Céline.
      >>>> dort.

      Nämlich ist Célines furchtbarer Rassismus in allein seinen Büchern absolut präsent, auch bereits in der “Reise”, die man diesbezüglich immer gern ausnehmen will. Nein, in ihr ist der Rassismus bereits komplett ausgebildet, nur wird er da nicht an Juden, sondern an Schwarzafrikanern ausexerziert – so, wie Céline nachher die Chinesen zu “Juden” geworden sind. Einzelne Formulierungen sind quer durch die Bücher geradezu kopiert und nur je die “Rassennomen” ersetzt.

    • “Wenn der Mond nicht scheint, ist es im Dschungel dunkel als anderswo auf der Erde. Es herrscht totale Finsternis. Dann sind keine Sterne zu sehen. Und auch bei Tage sieht man die Sonne nicht imer. Dennoch leben unter den Kuppeln aus Lianen und Laub viele Tierarten, die an anderen Stellen unseres Planeten nicht anzutreffen sind.
      Nachts herrscht im Dschungel Stille. Dennoch brodelt in ihm das Leben. In der totalen Finsternis blitzen unheilverkündend jeden Augenblick rötliche, grüne, gelbe Funken auf.
      Nachts beginnt die Zeit der Reißzähne und Klauen. Die Zeit der Tragödien.

      (Danilo Kis “Schuhe” übersetzt von Peter Urban (von we auch sonst)

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