Die Sprache der Anderen, 15

“Es ist wichtig, das nie zu vergessen: Dass die Worte (und Zeichen) die Welt nicht s i n d. Die Begeisterung für Intertextualität etc. hat manchen dazu veranlasst zu glauben, dies sei anderes herum: Gehungert werde nur dann, wenn der Hunger gezeigt werde.

Tatsächlich wird die ‘konkrete Handlung’ aber immer sofort wieder ein Zeichen, da wir gar nicht anders können als die Welt mit Sinn aufzuladen. Deshalb ist dieses “Innehalten”, sich der Sinn-Freiheit für einen winzigen Moment zu überlassen, finde ich, auch so beglückend: der Austausch eines Lächelns – noch bevor es zum Zeichen wird und “etwas” bedeutet.”

MelusineB in einer Kommentarfolge zu Ihrer Besprechung von Markus A. Hedigers “Krötenkarneval”, drüben auf Gleisbauarbeiten.

8 Gedanken zu „Die Sprache der Anderen, 15

  1. Tippfehler Liebe Phyllis,
    Danke für das Zitieren! Können Sie mir einen Gefallen tun und den Tippfehler ändern: Es muss in der zweiten Zeile heißen “dies sei anders herum”. Ich habe den Fehler in meinem Kommentar schon bemerkt, konnte ihn aber dort nicht ändern, ohne den ganzen Kommentar zu löschen (Das ist irgendwie sehr unkomfortabel.) Dies hier können Sie auch gleich wieder löschen.

    Herzliche Grüße
    Melusine

  2. Die konstituierende Macht der Worte gilt nicht für das S E I N, d’accord, aber doch für die Wahrnehmung?

    Am Beispiel des Hungerleids ist es erst einmal unerheblich für den Hungernden, ob es in Worte gefasst wird oder eben nicht. Falls sich das Wort n i c h t des Hungers annimmt, bleibt er den Nichthungernden verborgen – aus Selbstschutzinteresse. Er wird von jenen in die emotionale wie kognitive Nichtexistenz abgeschoben. Insofern kann ich an der Annahme: “Gehungert werde nur dann, wenn der Hunger gezeigt werde” vorerst nichts Verfehltes erkennen.

    Ich denke, dass das (künstlerische) Wort komfortable Gleichgültigkeit zu stören hat, um nicht zu sagen: zu ZERstören hat. Es muss die Wahrnehmung aus der Komfortzone hinausdrängen. Erst dann kann Dynamik entstehen, die gegen das U n r e c h t des Hungers (hier als plakatives Beispiel gemeint) Wirkung entfalten kann.

    Während ich das schreibe, fällt mir auf, dass sich die angemessenen Worte wohl auch nur außerhalb der Komfortzone auffinden lassen könnten. Sie muss verlassen werden zum Pflücken und Ordnen der machtvoll wirksamen Worte. Denn sie sind da, meist aber außer Reichweite.

    Gleichzeitig halte ich es für möglich, dass ich die intendierte Kernaussage des betreffenden Zitatteils nicht korrekt verstanden habe. Könnten Sie vielleicht aushelfen, liebe Melusine?

    • Ist immer so eine Sache, Zitate aus Kontexten zu reißen. Vielleicht wäre ein Gespräch hierüber besser bei den Gleisbauarbeiten selbst anzusiedeln…
      Ich hab’s mir eigentlich nur hier von Melusine geliehen, weil darin auch vom Austausch des Lächelns die Rede war; das passte irgendwie zu meinem TTag-Eintrag.

    • Wahrnehmen und Sprechen Das ist ein alter Streit, nicht wahr? Ob erst wahrgenommen wird, was zur Sprache gelangt? Für mich ist es nicht so. Ja, ich meine sogar, dass ich mehr (oder etwas anderes) wahrnehme, wenn ich es nicht in Worte fasse. Wäre unsere Wahrnehmung identisch mit unserer Sprache, dann fühlten wir ja nie ein Ungenügen: dass uns die Worte fehlen….(gilt das nicht auch gerade für das Mit-Leiden?)

    • Aus dieser Ecke der Denkstube betrachtet haben Sie vollkommen recht, ohne “Wenn” und “Aber”.
      Die Amygdala machte sich i m m e r schon wortlos verständlich.
      Das Wort ist erst von BeDeutung, wenn es ums BeDenken geht.
      (Butterbächlein schlängeln sich eilig hinter meinen Ohren vorbei ins Genick hinab)

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