Das Tainted Talents Wort zum Sonntag, 5:

“schwanen”

“Da schwante mir etwas” soll folgenden Ursprung haben: Wie die Lübecker Stadtzeitung (deren Existenz mir bei der heutigen Recherche zum ersten Mal bewusst wurde) berichtet, konnten sich nach dem Glauben der Alt-Lübecker Vorfahren die Jungfrauen der Stadt in Schwäne verwandelt und in dieser Gestalt die Zukunft voraussagen. Weil dabei meist nichts Gutes herauskam, nahm das Wort “schwanen” eine pessimistische Bedeutung an.
Behauptet besagte Lübecker Stadtzeitung.
Ich war mit diesem Bedeutungszusammenhang unzufrieden; immer werden die armen Jungfrauen für alles hergenommen, das irgendwie böse endet. Also konsultierte ich flugs mein etymologisches Wörterbuch, den “Kluge”, und siehe da, “schwanen” entspringt keineswegs den Orakelsprüchen depressiver Jungfrauen.
Liebe Leser, folgendes zur Erhellung: Es gibt das Wort “Olor”, das heißt “Schwan” auf lateinisch.
Und es gibt das Wort “olere”, das “riechen”, oder auch “wittern” oder “vorausahnen” heißt, ebenfalls lateinisch.
So dass die Redewendung “mir schwant etwas” als Scherz der Lateinkundigen anzusehen ist.
Du lieber Schwan! Darauf muss man erst mal kommen. Der Ausruf kommt übrigens aus dem Lohengrin, dessen berühmteste Arie so beginnt.

Eben fällt mir ein, es gibt noch einen anderen Vogel, der in dieser Weise orakelnd eingesetzt wird: “Nachtigall, ick hör dir trapsen” wurde in meiner Familie gebraucht, wenn man glaubte, den anderen eines Begehrens überführen zu können, das jener noch gar nicht geäußert hatte.
(Der Ausdruck stammt übrigens aus dem Lied „Frau Nachtigall“ aus „Des Knaben Wunderhorn“ und parodiert im Berliner Volksmund die Anfangszeilen der ersten und zweiten Strophe: „Nachtigall, ich seh dich laufen“)

So, genug.
Bleiben Sie mir gewogen, liebe Leser &: Einen schönen Sonntag allerseits.

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