Die Annahme wäre, >>> “der Lobende wüsste, wie’s gelingend gehört und klopfte dem zu Lobenden belohnend auf die Schultern. Jedes Kunstschaffen würde dadurch degradiert.“
Stattdessen lieber: fundierte Rückmeldungen auf Augenhöhe, mittels derer der Rezipient die Wirkmächtigkeit einer künstlerischen Arbeit auf sein oder ihr Innenleben in Worte fasst.
Der Idealfall.
Und einer der vielen Gründe, weshalb mir TT ans Herz gewachsen ist. Weil das hier ab und an passiert. Reflektierte Reaktionen aufs eigene Schaffen, Mitteilungen aus den Parallelwelten. Saugeil. Und fair obendrein: erst arbeitet die Künstlerin, dann der Rezipient. (Hatten wir ja >>> schon mal ; )
Sowas will in der Tat geübt sein, oft ist da als Reaktion ja zunächst nur ein Begeisterungsquietschen. Oder Herzflattern. Das muss dann in wertschätzenden Text umgewandelt werden. Am besten mit Fragen. Möglichst klugen. Und einem Kontingent konstruktiver Kritik. Sonst outet man sich als Fan. Blödes Etikett, wenn einem auch die eigene Birne etwas wert ist, nicht nur die fremde.
Ok.
Soweit korrekt, aber … wissen Sie was? Vergessen Sie’s. Ich will Ihnen sagen, wie es m i r geht bei Texten, Gedichten, Geschichten, auch Bildern, die mich im Netz beeindrucken: ich kommentiere selten darunter. Mein Anspruch, mit meiner eigenen Reaktion dem Niveau des Urhebers, der Urheberin gerecht zu werden, hebelt mich aus, ehrlicher noch: ich bin oft zu faul, zu uninspiriert oder vom Offline zu geschlaucht, um die Energie aufzubringen, etwas Adäquates zu schreiben.
Wenn ich trotzdem reagieren will, schreib’ ich ein Lob hin. Schlicht. Immerhin steht dann was da. Klar will ich damit auch Präsenz zeigen. Und meinetwegen den Adressaten für mich einnehmen. Was aber eigentlich nie nötig ist, denn ich schütte meine Lobe nur über Menschen aus, von denen ich annehme, dass es ihnen nie in den Sinn käme, das als Hudelei misszuverstehen. Wo man sich zugeneigt ist, genügt manchmal auch ein Quietschen. Und wo man sich nicht riechen kann, kommt selbst die eloquenteste Formulierung schräg rüber. Ich plädiere für die ganze Palette. Kieksen und Quietschen einbegriffen.
*Quietsch*
*Lacht zu Momo7 rüber*
*Diese lacht zurück*
“Wo man sich zugeneigt ist, genügt manchmal auch ein Quietschen. Und wo man sich nicht riechen kann, kommt selbst die eloquenteste Formulierung schräg rüber. Ich plädiere für die ganze Palette. Kieksen und Quietschen einbegriffen.”
Word!
“Copy & paste” wie Dr. Schein seine Zustimmung neulich auszudrücken beliebte : )
Ich atme hier jetzt auf. Hörbar, und von einem erfreuten Kieksen begleitet.
Es ist eh schon alles so kompliziert. Das Miteinander, von dem ich mir meist wünsche, es sei produktiv.
Ich überlege gerade… Vor einem Jahrzehnt trug ich im Internet mein Herz noch auf der Zunge, gab zu allem meinen Senf ab und war nicht gerade sparsam dabei. Gleichzeitig las und beobachtete ich viel und bemerkte immer wieder, wie hoch die Ansprüche sind. Ja, selbst das Loben soll nun eine Wissenschaft sein. Ich weigere mich! Verdammte Kiste noch eins! Warum es mich auch wütend macht: Inzwischen wage ich kaum noch etwas zu sagen. (Natürlich, dafür bin ich verantwortlich, denn es gibt keinen Grund mich von den (vermeintlichen) Ansprüchen anderer beeinflussen zu lassen. Aber das ist die Theorie…)
Das Anspruchslose und Schlichte, das ich in Kommentaren zu geben habe, ist in meinen Augen nicht wertlos – mit meinen Worten trage ich schließlich einen Teil von mir in die Welt hinaus. Entplustert grüßt – Samtmut!
Liebe Frau Samtmut, ich verstehe Ihren Ingrimm.
Lassen Sie uns unsere Mütchen in allen Tonlagen kühlen! Nein, lieber entfachen : )
Heißblütig grüßend,
Miss TT
Nehmen wir einmal an, ich entdecke in einer Ausstellung ein Bild, welches mir so gut gefällt, daß ich einfach nur denke: “Wie geil ist das denn?” Ich setze mich, wenn ich kann, steh wieder auf, um die Nase… äh die Augen möglichst dicht davor zu halten, sehe mir Farben, Formen, Strukturen an, will ja die Strukturen am liebsten immer anfassen, darf das aber immer nicht…. krieche förmlich in das Bild hinein, währenddessen sich der/die KünstlerIN mir nähert, was ich aus dem seitlichen Blickwinkel registriere. Sofort schlägt mein Herz Kapriolen…. (Kunst geht bei mir auch durch den Körper) und mein Schädel verbraucht Kalorien, weil er die nächsten Minuten krampfhaft damit beschäftigt ist, zu überlegen…. wie sag ich das denn jetzt so, daß ich nicht mißverstanden, oder hinterher nicht als dämlich eingestuft werde. Er stellt sich also Fragen:
1. Was will ich sagen?
2. Welche Intention verbinde ich damit?
3. Dosiere ich mein Lob so, daß es nicht Gefahr läuft, glitschig zu werden?
4. Was könnte jemand anderer von mir denken, wenn ich das… und das…. so sage?
5. Wie bringe ich mein Lob so detailliert wie möglich rüber, ohne daß das überfrachtet klingt?
6. Muß ich mich fragen, ob ich ohne Einschränkung loben darf?
7. Wie muß mein Lob klingen, damit es nicht unecht klingt?
8. Muß ich letztendlich noch einen Gesamtzusammenhang zu mir selbst nach Außen darstellen, damit begriffen wird, daß ich nicht blöde bin?
Wissen Sie was? Ich heb mein Glas, nicke anerkennend lächelnd, und geh schweigend zum nächsten Bild, oder aber ich stelle eine Frage: “Kann ich’s auch auf Raten zahlen?” Sonst muß ich mich ja zusätzlich auch noch fragen, wieso der/die KünstlerIn das ganze Gesülze erträgt…..
Formidabler Beitrag, liebe Syra. Wenn ich meinen Stiftungstext fertig habe, komm’ ich auf den nochmal zurück. Aber erstmal die Wochenendlohnarbeit …
Dazu fällt mir ein Cartoon ein – sinngemäß wird folgende Situation dargestellt:
Ein Konzertbesucher zum anderen: “Also ich fand ja das Forte an der XY-Stelle zum Fortissimo vergröbert, blabla…”
Man dreht sich nach der kritischen Fachsimpelei zu einem weiteren Besucher um und fragt: “Und, wie fanden Sie das Konzert?”
Antwort (schwelgend): “Schön!!!”
Beide wenden sich angewidert ab und sind sich einig: “Kulturbanause!”
Dankesquietschen erst mal mein quietschen: schöner beitrag, vieles davon ist mir aus der eigenen seele geschrieben und jetzt befasse ich mich eingehend damit.
Ich mag Texte und Kommentare, die nicht abschließend, sondern aufschließend formuliert sind und bleibe paradoxerweise selbst oft stumm, weil mir meine Gedanken zu unfertig scheinen …
Eben deswegen, werte Iris, unterhalten wir uns darüber. Um dem Stummbleiben entgegenzuwirken. Dem Scheusein. Dem nervigen Insverhältnissetzenmüssen. Und den achttausend anderen Verfassungen, die uns erfolgreich davon abhalten, impulsiv zu sein. Grrr.
Auf dass wir die Gedanken miteinander fertig stellen aufschließend formulieren und sich die Mühe einer wirklichen Auseinandersetzung zu machen, das sind zwei Dinge, die ich schon jetzt gerne aus dieser Diskussion mitnehme.
Eine sehr schöne Anregung, Frau TT, dass muss ich jetzt (egal ob glitschig und lobhudelnd oder nicht) noch einmal sagen.
Auf jeden Fall eine Diskussion, die noch viele Fragen offen lässt. Zum Beispiel, warum sich heute kein einziger Mann dazugeschaltet hat. Zufall?
Interessanter scheint mir allerdings die Überlegung, warum sich so eine Sparflammenimpulsivität, so ein Rückzug auf Bedachtsein hat durchsetzen können: So viel Zaudern. Gerade bei Frauen.
Wer profitiert davon?
@Noch ein zarter Hinweis:
Meine “Sparflammenimpulsivität” war ironisch gemeint. Ich lobe wann und wie und so oft ich das für richtig erachte, die Gedanken anderer gehen mir da so ziemlich am Arsch vorbei.
@Syra_Stein Hatte ich auch so verstanden : )
Loben!? Na klar! Wenn ich nicht zu faul bin oder keine Zeit habe oder grad keinen rechten Ausdruck finde, lobe ich skrupellos und ohne jede Hemmung, was mir gefällt. Warum denn nicht? Diese Furcht vorm Loben und Gelobtwerden – das finde ich seltsam verschwurbelt.
Viel schwieriger ist doch Kritik und Missfallen. Das hat keine/r so gern, zumindest zunächst. Da kommt ein Gefühl der Fremdheit und des Unverstandenseins auf (auch zwischen den Rezipienten, übrigens). Das kann aber auch sehr fruchtbar sein. Oder verletztend. Je nach dem. Man kann da auf Schongang setzen. Immer schön pädagogisch. Zum Beispiel. Unter Gleichwertigen haut man sich auch mal ordentlich was um die Ohren. Das ist ok, finde ich.
Denn: Lob mag ich nur in einem Fall nicht. Wenn es von Leuten kommt, die alles und jeden loben. Die immer einverstanden sind oder Einverständnis suchen. Die Fremdheit nicht ertragen. Und Differenz nicht haben wollen. Denen alles gleich wert ist. Ich beobachte das oft im Umgang mit Kindern. Da wird jedes Fürzchen und Gekrakel in höchsten Tönen gelobt. Das ist die neue Anerkennungspädagogik. Selbstbewusstsein aufbauen will man dadurch. In Wirklichkeit erzeugt man durch inflationäres Lob grad soviel taube Bewusstlosigkeit wie durch unablässige und herabsetzende Kritik Angst und Rückzug.
Also denke ich: Immer loben, wenn es ehrlich gemeint ist. Und sonst halt nicht. Kann man ja schweigen. Oder streiten. Je nachdem, wie viel einem daran liegt.
Ach ja: Und zum Schluss noch ein Lob für die Frau Samtmut; das gefällt mir!
Balance Warum ist den Kritik und Missfallen schwieriger? Doch nur, weil man sich da nicht erlaubt, einfach zu sagen, das hat mir nicht gefallen, das mag ich nicht, das spricht mich nicht an, sondern sich die begründete Auseinandersetzung verschreibt und dann auch noch möglichst diplomatisch, um nicht zu verletzen.
Tatsächlich erlebt man in den Blogs ja nicht selten auch das von MelusineB beschriebene “inflationäre Lob” und irgendwann kann man das auch nicht mehr ernst nehmen. Was jetzt nicht heißen soll, dass nicht mehr einfach und schlicht gelobt werden soll, aber mir persönlich bedeutet ein Lob mehr, wenn es von jemandem kommt, der mich auch einmal kritisiert.
Ein bisschen Streitkultur wäre schon nett. Aber das ist natürlich anstrengender als “nur” zu loben.
Letztendlich kommt es hier, wie bei allem im Leben, auf die richtige Balance an.
. und 😉 verwende ich gar auch.
weder fähig zu loben noch auf lob zu reagieren, lob’ ich mir der griechen fähigkeit, den kopf zu schütteln, wenn sie ‘ja’ sagen wollen, was dann in einem ‘ne’ artikuliert wird, gegebenenfalls. gilt mutatis mutandis für den tadel.
ich versuche mich beim machen zu loben ( indem ich mir ne rezeptionserwatung vorstelle ) und sehe mich manchmal vom rein deskriptiven enthoben, indem ich therapeutisch versucht bin, empathisch die situation einer krisenbeladenen figur zu verstehen und nach positiven auswegs-lösungen aus situativen lebensmomtenen zu suchen.
kritik ist geil – kritik ist so etwas wie ne lebensbejahung, in dem erfolgsorientierten, linearen aufstiegs-transzendentalsystem des erfolgs ( mit all seinen ruinösen schattenseiten, gell )
löschen sie biite den text von drugbabe ( meinen )- sie haben den ja in gewisserweise zu tragen, und ich hab meine eigene ding zu tragen.
sorry ( exclusivimpuls )
bitte dies und das itzo
thanx
Ist erledigt, Lobster.
@parallalie gelobt sei ihr ναι.
offene Fragen Tatsächlich, derer sind hier einige geblieben. Ich hebe mal eine hervor:
Lob wird als Steuerungsinstrument eingesetzt, es dient der Konditionierung. Das ist bei Kindern unverzichtbar, damit sie den moralischen Wertekanon der Gesellschaft, in die sie hingeingeboren sind, durch Erfahrung und verstärkt durch Lob lernen können. Lob findet übrigens auch in der Tierdressur erfolgreich Anwendung. Wollen wir also Künstler:innen wirklich mit Lob bedenken?
Lob zielt auf den (oberflächlichen) Affekt des Belobigten. Wertschätzung verankert sich tiefer, da sie Reflexion beim Empfänger bewirkt. So, wie es das Werk beim Wertschätzenden tat. Vom Lob grenze ich ab die eigene Affektäußerung, das begeisterte Kreischen, das beschwingte Zwitschern oder das satte Grunzen. Wem “Lob” durch die Ganglien kriecht, der hat tatsächlich ein Problem. Die Lösung dafür ist allerdings nicht, es als Nicht-Problem zu definieren, sondern darüber nachzudenken und die Sinnverstaubungen aus dem Wort herauszuklopfen. Oder eben “die Sprache zu prügeln”, wie es Jelinek formulierte, “bis sie die Wahrheit sagt”.
Ich freue mich, dass dieses Thema noch nicht abgeschlossen ist. Lob als Konditionierungsinstrument leuchtet mir augenblicklich ein, auch wenn ich niemals darauf gekommen wäre.
Allerdings ist doch wohl ein Unterschied zu machen zwischen zu sozialisierenden Kindern und erwachsenen Künstlern. Dennoch bleibt das Manipulative am Lob, das man keineswegs abstreiten kann. Ein Problem eher für die gelobten Künstler, die sich von diesem Lob emanzipieren müssen, um weitermachen zu können, und nicht im Lob stecken zu bleiben.
Für mich bleibt jetzt die Frage, wie sich konkret die Wertschätzung vom Lob unterscheidet. Durch eine kritische Auseinandersetzung, oder wie sehen Sie das?
Seit einer Stunde funken mir die verschiedensten Gedanken durchs Hirn, doch sollte ich endlich zu Potte kommen – aus Wertschätzung für Ihr Interesse. Deshalb vorab zusammengefasst: Lob ereignet sich auf der Beziehungsebene und gilt der phantasierten Person (welche eben NICHT mit dem Autor, der Künstlerin identisch ist), während Wertschätzung zuerst am Werk und dessen Wirkung festmacht. Der Zeitaufwand spielt dabei die entscheidende Rolle. Räume ich dem Werk ausreichend Zeit zur Entfaltung in mir ein, werde ich kein Lob mehr formulieren können. Bestenfalls könnte ich mich selbst dafür loben, für externe Impulse empfänglich zu sein.
Ich will meine Gedanken dazu weiter beobachten, einfangen und hier ablegen.
Wertschätzung, ff. Anhand des weiter oben humorvoll eingestellten Witzes über die fachsimpelnden Konzertbesucher lässt sich schön zeigen, was (kritische) Wertschätzung nicht ist: Urteil. Doch genau das ereignet sich am laufenden Meter im “Kunstbetrieb”, zelebriert von professionellen Kritikern. Wir als “einfache” Rezipienten haben uns aus der mit Worten formulierten Wertschätzung längst zurückgezogen, da uns wohl die beeindruckende Sprache der Fachleute fehlt. Damit haben wir denen allerdings ungebührlich viel Macht gegeben (über die Kunstschaffenden nämlich), ohne dass es uns auch nur im entferntesten bewusst wäre. In der Folge haben wir uns selbst herabgesetzt zu Kunstkonsumenten, die individuelle Rezeption vergleichen mit dem, was Kritiker gesagt haben. Wir haben damit aber auch die Existenzgrundlage der Künstler:innen recht ungünstig beeinflusst. Dabei wäre es für alle so wichtig, dass wir die Sprache der Kritiker verwerfen und wieder üben, aus den eigenen Eingeweiden heraus zu sprechen über das, was uns an einem Werk bewegt. (im Hinterkopf schwirrt mir eine Analogie zur Ökonomie herum)
Ein Kunstwerk – dazu zähle ich trotz aller wissenschaftlicher Trennschnitte auch den literarischen Text – macht Innenbewegung im Außen erfahrbar. Es ist Zeichen, dessen Bedeutung sich nicht augenscheinlich offenbart. Was unmittelbar und für jedermann oberflächlich erkennbar ist, mag als schiere Trivialität benannt werden. Darüber zu sprechen wäre tatsächlich müßig. Dem hinter dem Offensichtlichen Liegenden widme sich die Aufmerksamkeit. Dann erst wird das Zeichen deutbar, aus dem Eigentümlichen des Seins heraus. Ich verwahrte mich energisch dagegen, wollte jemand das Anreicherungsreservoir abzirkeln, das sich zum Beispiel aus einer Zeichnung für mich ergibt.
Wertschätzung äußert sich durch individuelle Arbeit. Ich zitiere Phyllis’ kompakte Aussage: “erst arbeitet die Künstlerin, dann der Rezipient”. Wo die Zeit nicht reicht, das Arbeitsergebnis in Worte zu fassen, unterbleibt’s eben. So einfach. Dass die Einlassung gar wissenschaftlichen Kriterien (welchen denn, hm?) genügen solle, ist indes blanker Humbug. In diesem selbst aufgespannten “Qualitätsnetz” bleiben viele Zeugnisse authentischer Wertschätzung ungesagt hängen. Dass dabei Autorinnen/Künstlerinnen strengere Maßstäbe an sich anlegen, als ihre Rezipientinnen, ist wohl mit einigem guten Willen nachvollziehbar, dennoch vollkommen aus dem Rahmen des Menschlichen geraten.
Wertschätzung, Nachtrag Dass wir in einer Umbruchszeit leben, darf als unbestreitbar angenommen werden. Ich hänge unter anderem der Utopie nach, dass wir in diesem Umbruch endlich aufgeben können, uns gegeneinander zu behaupten und stattdessen voneinander zu lernen. Eben auch dadurch, indem wir erkennen dürfen, wie sich konkrete Wertschätzung für die geistige Nachbarin darstellt und ausdrückt.
Ihren letzten Nachtrag, teile ich vorbehaltlos. Und wage sogar zu behaupten, dass sich diese Utopie an manchen Stellen erfüllt, zumindest Form annimmt. Mitunter auch hier.
Sie trennen Lob von Wertschätzung und das Werk vom Autor. Eine Trennung, die ich gut nachvollziehen kann, die mir einleuchtet.
Bleibt die Frage nach der Rolle des Künstlers. Wie soll er mit dieser Wertschätzung umgehen? (was das Lob mit ihm macht, darüber wurde schon geschrieben). Oder kann der Künstler letztendlich gar nicht angemessen auf die Wertschätzung reagieren, weil sie ja dem Werk gebührt und nicht dem Menschen, der es hervorgebracht hat?
Zu den professionellen Kritikern: bei mir persönlich ist es nicht nur das Vokabular, das ich nicht beherrsche. Es ist auch das Wissen darum, dass ich eine Zusammenhänge herstellen kann, dass ich z.B. weder von der Kunstgeschichte noch von der Literaturgeschichte ausreichend große Kenntnisse habe, um Bezüge herzustellen, um einordnen zu können. All das enthebt mich dennoch nicht der Mühe, mich mit einem Werk eingehend auseinander zu setzen, wenn ich wirkliche Wertschätzung ausdrücken will. Noch eine Frage drängt sich mir auf: kann wirklich jeder, die von ihnen definierte Wertschätzung aussprechen? Was ist, wenn ich einfach nur ergriffen bin von einem Werk, unfähig zu benennen wovon speziell und auf welche Art? Nehmen wir z.B. meine Kafka Lektüre, nach der ich hilflos, verwirrt, vielleicht sogar verstört zurückbleibe und trotzdem die geschliffen schönen Sätze genossen habe. Wie könnte ich vor so einem Hintergrund Wertschätzung ausdrücken?
Überhaupt, wenn Kunst die Aufgabe hat, dem Unaussprechlichen einen Ausdruck zu geben (und das ist meine Definition von Kunst), wie kann dann von einem wertschätzenden Rezipienten verlangt werden, seine Wertschätzung in Worte zu fassen?
Was mir sehr gefällt, ist, dass solche Gespräche stattfinden in einem Medium, in dem man sich aufgrund von Reizüberflutung und Zeitmangel häufig mit dem flüchtigen Lob begnügt. Und meine Fragen, ich denke das wissen Sie, sind kein Widerspruch, nur Ausdruck angestoßenen Denkens und damit vielleicht ein Schritt hin auf die von Ihnen formulierte Utopie.
Also von euch beiden lass ich mein Rad nicht reparieren, so viel ist mal klar;).
* in lauthalses gekichert habend *
diadorim, jetzt haben sie etwas kurzbündig zum ausdrucke gebracht, was eine gewisse wendung zum unaussprechlichen auch der individuellen kunstrezeption womöglich vorabklärifizierte.
ich will mich als rezipient ja nicht vom künstler bezahlen lassen, also eine arbeitsleistung beim rezipieren vollziehen müssen und ein ehrenamtlicher rezipient will ich auch nicht sein.
p.s. ein wenig sehr spontan vielleicht, deshalb dieser kurze nachtrag.
wenn jemand vielleicht 10 stunden lang an einem essen kochte ( ein koch-künstler ) und dabei vielleicht 20 erlesene ( und teure ) gewürze verwendete ( von anderen zutaten womöglich gänzlich zu schweigen ) und ich koste das und es schmeckt mir nicht “auf anhieb”, so werde ich mir sicherlich keiner – mit einer arbeitsleistung verbundenen – beflissentlichen geschmacksschulung unterziehen, auf die gefahr hin, nach vielleicht 30 essdurchgängen immer noch mit vielleicht so etwas wie brechreiz kämpfen zu müssen…
de gustibus …
Sie mögen wohl kein Topinambur, tztz.
@Weberin Das weiß ich, ja.
Ich will etwas zurechtrücken: Ich trenne nicht das Werk vom Autor, sondern den Autor von der Person. Der Unterschied ist mir wichtig; damit ist die Frage nach dem Umgang mit der Wertschätzung durch den Künstler in die Richtung zu beantworten, die Sie bereits formuliert haben. Ich meine, der Künstler kann deshalb nicht damit umgehen, da “Künstler” ein besonderer Daseinsmodus (mentaler Zustand?) ist, in welchem ein Werk geschaffen wird. Danach ist der Modus weg und muss im Anlassfall, nach Stundenplan zum Beispiel, erst mühsam wieder hervorgerufen werden, denke ich. Glücklich jene, übrigens, denen dieser Modus scheinbar aus dem Nichts emporwallt und die auch gleich daran gehen können, am Ausdruck der Wallung, dem Werk, zu arbeiten. Deshalb reagiert immer der Mensch, in dem der Künstler wohnt, auf Wertschätzung – so jedenfalls meine Vermutung. Die Frage, was der Mensch nun damit anstellt, beantworte ich mit einer Gegenfrage. Nehmen wir an, dass mir auf der Straße jemand ein Kompliment für meine perfekt sitzende Frisur macht. Dann vergleichen wir das mit einem herzlichem Lächeln, das mir auf derselben Straße entgegengebracht wird. Und jetzt wiederholen wir dieses Gedankenspiel mit IHNEN. Was meinen Sie? Sind unsere Impulsantworten vergleichbar? (eben! : )
Was die professionellen Kritiker angeht und die Kunsthistoriker: Fachsprache (egal, welche) ist, in der Allgemeinheit verwendet, als Abgrenzungsmerkmal beabsichtigt. Sie soll teilen. Denken Sie an das Medizinerkauderwelsch, das mitunter verunsicherten Patienten zugemutet wird. Das hat keinen Aufklärungszweck, sondern vielmehr einen Stabilisierungseffekt für das Selbstwertgefühl jenes Arztes, dem das Leiden des Patienten Angst macht. Kunsthistoriker haben es in deren Wissenschaft verstanden, Kunstzeugnisse der Vergangenheit zu systematisieren. Das hat seinen unbestreitbaren Wert, keine Frage. In der Gegenwart sind sie aber genauso planlos, wie wir alle. Es muss beachtet werden, dass zeitgenössische Kunst durch elfenbeinerne Raster zu fallen droht, denn die aktuellen kulturellen Rahmenbedingungen sind in dieser Form noch nicht dagewesen und noch recht wenig beforscht. Kunsthistorische Analogieschlüsse auf die Gegenwart wären gerade in der heutigen Zeit mit äußerster Vorsicht wahrzunehmen.
Doch noch einen anderen Punkt male ich mit der dunkelsten Farbe an die Wand: Alle sind wohl ausnahmslos übereinstimmend der Meinung, dass “Lesen” bilde. Jedes literarische Werk zum Beispiel verändere den Leser, und möge diese Veränderung noch so geringfügig erscheinen. Dass wir von ungebildeten Vollidioten regiert wurden und werden, wird niemand ernsthaft behaupten wollen. Wie aber ist erklärbar, dass jederfrau in ihrem Umfeld eine Unmenge an Leiden registrieren muss? Wohlgemerkt: nicht “auf der Welt”. Nein, in Deutschland. Bei Ihnen zu Hause.
Der langen Rede kurzer Sinn: “Mit Kunst kann man gar nichts erreichen”, so sagte Jelinek. “Ich glaube nicht, dass man mit Sprache heute noch jemanden erschrecken könnte. Leider glaube ich aber auch nicht, dass man damit aufklären kann”, setzte sie fort. Insofern meine ich, dass individuelle Wertschätzung für die Arbeit der Künstlerin sich im Bemühen um ein besseres Miteinander äußern kann. Denn was Jelinek bei ihren vorangehenden Überlegungen nicht berücksichtigt haben dürfte: Kunst ist meiner Meinung nach eine Holschuld. Ich kann als Künstler die Wahrheit aus meiner Sprache herausprügeln, jedoch nicht in Ihr Verständnis hineinprügeln. Was aus Kunst gemacht wird, liegt nicht mehr in der Macht der Künstlerin, obschon sie vielleicht die hehre Absicht dazu hatte.
Darf ich ein Beispiel für Wertschätzung geben? “Seit ich Ihre Texte gelesen habe, nehme ich das Lächeln meiner Mitmenschen eine Spur anders wahr.” Das ist meine Rückmeldung zu Ihren Texten. In solch profan anmutenden Äußerungen zeigt sich individuelle Veränderung. Das kann wirklich jede. Nicht jede getraut sich aber, auf diese Weise sichtbar zu werden (wegen der Lacher zum Beispiel). Doch möchte ich klarstellen, dass Wertschätzung nicht um jeden Preis formuliert werden muss. Wo sie gelingt, bewegt’s nicht nur die Künstlerin, sondern gibt auch Anregung für Mitlesende, sich auf neue Art und Weise in die Welt zu stellen. Wo sie nicht möglich ist, freut sie eben im Stillen.
nachgetragen: mich erfreut das Gespräch, und mag es in anderer Augen noch so stümperhaft erscheinen.
Ich freue mich sehr über Ihre ausführliche Antwort, auf die ich gerne eingehen würde, nur leider werde ich morgen operiert, so dass ich jetzt weder Zeit noch Muße dafür habe.
Nur soviel, ich empfinde diesen Austausch nicht als stümperhaft, sondern als wertschätzend. Das ist vermutlich nicht jedermanns Sache.
Herzlich
die Weberin
@Weberin Es kommt nicht darauf an, ob es “jedermanns Sache” ist: Sie und Kienspan haben mir – und sicher vielen anderen Mitlesenden – gezeigt, wie sich aus ersten Rückmeldungen ein echtes Gespräch entspinnen kann. Ich habe das sehr gerne und mit Wertschätzung verfolgt : )
Alles Gute für Ihre Operation!
hier ein *pieeeep!*
was fuer mich eine ganze Bandbreite an ehrlicher Herzlichkeit ausdrueckt.
zu Sparflammenimpulsivität und Rückzug auf Bedachtsein Die Frage nach dem Zaudern blieb ja auch offen. Sie ist nun aber am Beispiel eines Gesprächsstranges hier wenigstens teilweise beantwortbar. Man würde gerne einen Gedankenfaden abwickeln und in andere Fäden einknüpfen, an einem Gedankennetz mitgestalten. Abgehalten wird man aber von der Vorstellung, dass wieder andere dabeihocken, glotzen und lachen. Weil’s ungebildet klingt, weil’s schal schmeckt, weil’s nicht hält, weil’s amateurhaft ist, und was weiß ich noch alles. Weil’s unfertig ist und nicht perfekt; so muss das aber sein beim ent:wickeln. Blöd nur, dass das Lachen manchmal deutlich hörbar ist und der verkrümmenden Vorstellung giftige Nahrung gibt.
Es kommt halt allzu oft zu berührungsfreien Gebilden, wenn sie denn überhaupt zustande kommen, weil die Idee der Möglichkeit des größeren Ganzen als Gesprächsergebnis abgelehnt wird. Oder nicht verstanden. Oder gar gefürchtet? Whatever. Sogar Schulhoftraumata könnten da wieder hoch kommen. Von diesen in den eigenen Synapsen hausenden Lachern muss man sich mit Nachdruck und notfalls mit Räumungsklage verabschieden. Die machen Verhinderungspolitik, sonst nichts. Und das Lachen im draußen konkurriert mit der ruhigen Achtsamkeit der Gedankenknüpfer, die gibt’s nämlich auch. Die Entscheidung liegt alleine bei mir, wer schlussendlich gewinnt.
andere (…) glotzen ( … )
( vielleicht, was weiss ich über andere )
wer braucht denn wirklich noch den rezipienten … um ein wenig stringenz hereinzubringen.
@Dragan Was Sie mit Stringenz bezeichnen, nenne ich Beschränktheit.
kienspan ihre anämische, antiseptische herangehensweise in richtung vielleicht normativ zu begutachtender utopie, die sich in geradezu keinster
weise zu unbequem sich vielleicht gegenüber denk- und vor allem verhaltensgewohnheiten in einem sich ausdefinieren wollenden gefühlssystem …
Sie wollten noch fortsetzen…?
… sie meinen vielleicht kunstvolle textschulung klebt an dem marodieren einer sprache, die sich in eilfertig-zusammengeschusterter beflissentlichkeitsmödalität gerne aufzuhalten vermochte, solange gelassen.
und eines tages bequemen sie umgangssprachlichkeit hinab aus den fabrikhallen dieser welt.
und dann ist ihr interpretationsrahmen weit, sehr weit aufgespannt.
ohne bemerkenswerte unterschiede.
das ist genau dieses antiseptisch anämische geflitter der sprachzeit, welche von technik, nichts, aber auch gar nichts wissen will, und schon gar nicht derer ätiologien.
Sprachschusterei ist Handwerk.
Bewegung zu erzeugen indes ist Kunst.
Es sei die Kombination der Worte bedacht: KunstHandwerk
nun lassen sie doch histogrammatik ausser 8
dragan
@ kienspan : bewegung erzeugen ?
( meinen sie indoktrinationsähnliches ? )
ps um etwas vorweg zu nehmen : das metall wollte bewegt werden, verhüttet, es wollte dienstbar sein ( sonst wäre es nicht gewesen )
vertauschen sie da nix, bitte.
Nein. Ich meine Evolutionäres.
und sind wir auch nur zwei so liegt die wahrheit bei uns.
( frei nach nietsche )
in der kunst ? – kienspan ?
also evolutionäres ?
naja.
ohne rezipienten keine gesellschaft.
exakt. guad’s Nächtle!
danke, dislozieren zur kunst bitte absichtsvoll und nicht verschränkt. 🙂
oder so,
bitte.
@Dragan & Co. Ich verstehe nicht, worauf Sie hinauswollen. Und schon gar nicht, was an Kienspans Ausführungen anämisch sein soll. Im Gegenteil: für mein Empfinden sind Sie es, die hier blutleer Fläche besetzen – jedenfalls lösen Ihre Äußerungen in mir nichts aus. Sollte Ihnen daran gelegen sein, würde ich vorschlagen, Sie formulieren noch einmal neu.
” blutleer fläche besetzen” und das selbst gar mit einer anämischen sprache – ja gut phyllis, das mag sein – das darf sogar ich rückwärts betrachtet irgendwie erkennen.
gut – erstens wollte ich keinen klassisch-argumentativen streit ( vor allem kein mit streit verbundenes grundgefühl ) und zweitens hätte ich gerne kienspan dabei irgendwie zum ausdruck gegeben, dass meines erachtens seine mir oftmal wirklich exquisit vorkommenden formulierungen meinem gefühl nach in theorie über kunst irgendwie verschwinden.
mich würde es echt mal interessieren, wie seine sprachperlen isoliert dastehen.
für mich besteht ja der kern der künstlerischen arbeit im wegstreichen können – im erkennen können der eigenen künstlerischen qualität, was den künstler dazu befähigt, aus einer ideenfülle selbständig das spreu vom weizen zu trennen.
ein weitere kern künstlerischer arbeit kann darin bestehen, sich am tag nur mit einem detail zu beschäftigen und daran so lange zu arbeiten, bis es wirklich präzise ist.
andere künstler sehen das vielleicht anders – ihr künstlerisches schaffen besteht vielleicht vor allem darin ideen zu häufen.
oder – wenn ich ihr nächstes post verstehe – möglichst frei und “instinktiv” zu schaffen ( ohne konkret vorgefasste aufgabenstellung ).
alles in ordnung.
bloss :
wie will da einer von dem anderen lernen ?
p.s. ich bin ja eher der meinung, dass sich diese unterschiedlichen künstlertypen gegenseitig abtörnen als dass sie aneinander wüchsen ( lernten )
@Dragan Danke, jetzt versteh’ ich besser. Die Wegstreicher und die Häufer gibt es in der bildenden Kunst ebenso wie in der Literatur, denke ich, und stimme zu: die törnen sich wahrscheinlich eher gegenseitig ab. Wenn ich mir aber überlege, von wem ich in der Vergangenheit gelernt habe, an wem ich gewachsen bin, finde ich keinen roten Faden. Ich zähle mich ja zu jenen, die dem künstlerischen Prozess ebensoviel “Wert” beimessen wie dem Endprodukt. Ich mag Fülle. Und Heterogenität.
Ich mag es, wenn manches schwach und anderes brilliant ist, und die Nebenprodukte auf dem Weg zum schwachen oder brillianten möchte ich auch gerne abgebildet sehen. Das betrifft meine eigene Arbeit ebenso wie meinen Blick auf andere Kunstschaffende. Kriege ich nur Essenzen geliefert, Ausgreiftes, langweile ich mich schnell. Ich besuche auch viel lieber Ateliers als fertige Ausstellungen…
ja eben – so ein “roter” faden wäre wahrscheinlich mit ner halsstarrigen norm gleichzusetzen.
was das schwache und das brillante an einem exponat angeht, so kann das allerdings nicht nur künstlerischen, sondern auch wirtschaftlichen misserfolg bedeuten.
finde ich manchmal schade, wenn es darum geht, sollte ein künstler seine kunst nicht verkaufen können – wobei ich es mir allerdings grundsätzlich nicht anmasse, zu behaupten, ich wüsste was nun so etwas schwaches wäre.
( und was ich für brillant halte, muss auch keiner mit mir geteilt wissen wollen )
deshalb halte ich gespräche über kunst so eminent schwierig und hab darunter manchmal eben etwas laszive, wenn nicht brüskieren könnende aussetzer.
sorry.
@Dragan Mir wäre daran gelegen, das Gespräch über Kunst vom Gespräch über das Gespräch über Kunst auseinander zu halten. Um Letzteres ging es nämlich nach meinem Empfinden und meiner Auffassung hier. Kunst ist nicht für ihresgleichen geschaffen. Kunst spricht zu uns, den Betrachtern, den Lesenden, den Empfindenden, den Nach-Denkenden. Über das Gehörte, Gelesene, Gefühlte, Aufgefasste zu sprechen, sollte allerdings nicht ebenso als Kunst überhöht, sondern vielmehr als Verständigung zwischen Aufmerksamen verstanden werden. Ansonsten hätte Jelinek recht (und hat sie auch, solange sich am Elitarisums nichts ändert).
Was die “Sprachperlen” betrifft, bin ich außer Stande, diese auch nur grob zu identifizieren. Würden sie gefasst und isoliert, erstickten sie – mit Sicherheit. Dennoch nehme ich Ihre spezifische Aufmerksamkeit wahr, obgleich ich sie nicht zu bündeln vermag; ein Persönlichkeitsdefizit eben, wenn Sie so wollen.
Im übrigen denke ich gerade der Weberin zu.
Mögen sich Komplikationen von ihr fernhalten.
gibt es in der tat nicht formulierungen, die ihnen selbst aus ihren sätzen irgendwie herausleuchten, also ganz besonders gut gefallen ?
merkwürdig.
dann brauche ich sie ja nicht zu fragen, ob jene nicht eher von der – von ihnen mitgeschaffenen – sprachumgebung einem möglichen ersticken ausgesetzt wären ( ? ).
den unterschied von einem “gespräch über kunst” und einem “gespräch über das gespräch über kunst” verstehe ich nicht, weil ich eben davon ausgehe, dass nicht mal ein “gespräch über kunst” wirklich detailliert zu veranstalten ist.
lieber wäre mir dann halt ein “kunstvolles gespräch über kunst” zu unternehmen, das meiner meinung nach sie schon sehr geschickt betreiben können.
( wobei man allerdings aufpassen muss, nicht ausversehen in allzu normen wollendes abzugleiten – so wie ich das sehe oder fühle )
@Dragan Nein, solche Formulierungen gibt es tatsächlich nicht – was vermutlich darin liegt, dass ich eben keine künstlerische Ausbildung habe. Ich würde das nicht unbedingt als merkwürdig erkennen wollen. Jedoch: dem Sprachgebrauch hochgebildeter Zeitgenossen folgend, sollten Sie mich als Träger einer Geisteskrankheit bezeichnen dürfen. (mehr schaff’ ich in meiner “Umnachtung” gerade nicht)
ich hoffe ja stark, da schwebt ein leicht ironischer unterton mit, echt.
wenn ich meine, es gibt den rezipienten nicht so stelle ich mir folgendes vor : ich gebe mir die aufgabe, für drei menschen, die ich mag, eine kurze geschichte zu schreiben und was wird mir passieren ?
ich bin damit konfrontiert, dass alle drei ziemlich unterschiedliche bücher gerne lesen.
vorausgesetzt ich könnte überhaupt derer verschiedene stile schreiben, eine schnittmenge zu finden wäre wahrscheinlich selbst unter absprache denkabr schwierig.
folglich wäre es erleichternd ich würde nur für einen dieser drei eine kurzgeschichte schreiben, was, so finde ich schon sehr schwer ist.
was das mit ihren jelinek-studien zu tun hat, weiss ich nicht, allerdings fand ich das schon interessant, wie intensiv und einlassen wollend sich sich meinem gefühl nach hier vor einiger zeit dafür interessierten.
mir war das allerdings erstmal zu hoch und ich mag jelineks sprache nicht ( was ihre site / blog angeht ) – allerdings verglich ich sie seinerzeit, als ihr ‘lust’ buch erschien, was ich las, ziemlich euphorisch mit zappa, dessen echter und fast schon gründlicher fan ich damals war.
ich hoffe ich hab sie nicht zusätzlich derangiert mit meinen paar posts hier – also ne stringent-unselbstwidersprüchliche form hab ich wahrscheinlich immer noch nicht drauf.
alles gute soweit, echt.
kienspan – ich sollte mich aus solchen diskussionen heraushalten und ich versuch das mal zu sagen warum.
da gibt es ja leute, die sich laut fragen, ob charlotte roches aktuelles buch kunst ist oder nicht.
ich kann das nur mit musik vergleichen – also da gibt es echt vielleicht noch leute, die meinen, eingängige musik im popformat kann keine kunst sein.
wenn ich mir z.b. ‘slave to the rhythm’ / grace jones anhöre, so ist das für mich absolut perfekt arrangierte musik ( ich setze hier persönlich komposition mit arrangement gleich – egal ob erlaubt oder nicht )
ich will gar nicht mal wissen, ob dahinter ein einzelner arrangeur/komponist steht oder ob das ein perfekt gemixtes “studio-arrangement” ist.
fest steht, dass ich da keinen qualitätsunterschied mehr zu für mich hervorragender ernster musik erkenne, was mir fast schon locker ausreicht, so ein kunst- versus kunsthandwerkthema zu beenden, es regelrecht nicht für voll zu nehmen, da brauch ich nicht mal mehr eine vielleicht weitergehen wollende kunstinhärente diskussion zu haben, die sich auf vergleiche innerhalb von ausgestochenen genres stützen mag.
da wird dann eh alles zum persönlichen geschmack.
naja.
kienspan – was mir alleine schon auf den wecker geht ist wenn über ein ganzes lebenswerk eines künstlers “in einem atemzug” geredet wird, und das schon in threads.
ich selbst kenne keinen einzigen musiker, dessen lebenswerk ich verabsolutieren würde / könnte.
irgendwie bin ich auch kein werbekampatyp – gut, vielleicht gibt es ja menschen, ich konzediere dies gerne – die sich rückhaltlos hinter ein komplettes lebenswerk eines künstlers stellen können, okay, auf mich wirkt das aber grundsätzlich plättend – zumal wenn ich vielleicht nur ein paar teile eines solchen lebenswerks kenne.
kienspan, ich wollte ihnen keinen wind aus den segeln genommen haben – ich weiss gar nicht mal wie triftig meine paar posts überhaupt sein sollten
insofern sie überhaupt die breite ihrer gedanken berührten.
sorry.
@Dragan Selbstverständlich war darin ein (säuerlich) ironischer Unterton enthalten.
Selbstverständlich war kein einziges Ihrer Posts gemeint.
Die Angelegenheit mit der Geisteskrankheit trug sich woanders zu.
Im Moment bin ich einfach nur müde.
ich wäre auch der letzte der bei ihnen so etwas wie eine geisteskrankheit in irgendeine erwägung gezogen hätte ( da dachte ich immer, ich bin hier generell am nächsten dran ).
sie sind halt ein akribischer mensch, das zeichnet sie für mich aus.
bloss dachte ich manchmal sie leben vielleicht ein wenig zu sehr on the edge – also mit hypersensiblen wahrnehmungsintensitäten beschäftigt – ich weiss nicht, ob das immer sinn machen muss ( klar das darf jeder selbst entscheiden, also ich zumindest kam mal zu dem schluss, dass ich es nicht allzu eilig haben darf )
sorry, ich weiss hier keinen für mich adäquaten ton zu treffen, auch nach längerer überlegerei nicht, trotzdem dachte ich, ich würde ihnen ein gutes wort hier gegeben haben an dieser stelle.
alles liebe
@all Wow. Wer hätte gedacht, dass sich unter der Frage, wie Lob stattfinden kann, so viele Überlegungen versammeln. Schade, dass ich die letzten Tage nur lesen und nicht richtig mitbuddeln konnte – mir ging’s nicht gut. Da dieses blöde Twoday-Format nicht erlaubt, jetzt direkt unter Ihre jeweiligen Beiträge zu kommentieren, möchte ich Ihnen einfach danken: Sie haben mir da vieles in den Kopf gesetzt, auf das ich auf meine Weise zurückkommen werde.
Eben kommt mir das Wort „ehrenhaft“ in den Sinn. Man wird von seiner Ehre in Haft genommen. Manchen gelingt es ganz leicht, die Wände dieser Zelle wegzupusten, andere stehen an der Tür und rütteln, wieder andere sitzen auf der Pritsche und projizieren Bilder auf die Wände: da wirkt die Zelle plötzlich groß wie ein Feld.
Mein Eindruck ist weiterhin, dass dieses Bedürfnis, mich in Anerkennung und Kritik gegenüber Anderen ehrenhaft zu verhalten, meine natürliche, instinktive Sprache ausbremst. Ich möchte der Leistung des Anderen gerecht werden in meinen Reaktionen: dieser Anspruch an mich selbst verdonnert mich zum Brüten. Oft auch zum Schweigen. Beim Diktat der Verhältnismäßigkeit petze ich immer die Pobacken zusammen, um keine Fehler zu machen. Was für ein Krampf.
Wir machen uns alle viel Arbeit, um uns hier im Netz als komplexe Wesen darzustellen – jede und jeder auf ganz eigenwillige Weise. Und sind dabei ziemlich und auch sehr offensichtlich anständig. Ich mein’, die Weblogs. Die sind doch nicht nur Selbstdarstellung. Sondern der Versuch, mitzuweben. Inspirierende, forschende, nährende Fäden zu spinnen. Wir kennen uns inzwischen ein bisschen, oder? Das müsste uns doch eigentlich die Freiheit einräumen, nicht mehr jedes Wort auf die Goldwaage legen zu müssen, sei es nun ein begeistertes oder ein kritisches.
Anyway. Ist vielleicht alles Unfug. Aber auch das Un-gefügte hat seine Berechtigung. Ich d a r f ungefügt reagieren auf Andere, finde ich. Meinetwegen auch inadäquat.
Als Künstlerin könnte ich im übrigen keinen Strich mehr arbeiten, wenn ich der vermeintlichen Angemessenheit meiner Reaktion auf die Welt beim Arbeiten zu viel Raum geben würde. Im Gegenteil: meine besten Ideen entstehen da, wo ich eben nicht sorgfältig und gewissenhaft bin, sondern einfach nur ich. Ohne jegliches Etikett, ob nun selbst- oder fremdaufgeklebt.