Vom Zauber der Doppelflat

Z-Intro:
Zu müde, um zu wachen, zu verstimmt, um zu stimmen. Zu beleidigt, um zu leiden und zu zögerlich, um zu zögern. Zu gut erzogen, um andere zu erziehen und zu zickig, um einfach mitzuziehen.

Was wäre, wenn wir wirklich denken könnten. Ich meine, außerhalb der Fäden. Manchmal kommt mir das Denken vor, als wäre man nicht mehr als eine Spinne, die was gefangen hat und nun stundenlang ihre Beute umwickelt, obwohl wahrscheinlich die Hälfte der Fäden, oder ein Viertel, schon reichen würde, um die Beute unschädlich zu machen. Will man sie unschädlich machen? Vielleicht sollten wir die Beute nicht unschädlich machen wollen. Geschweige denn verdauen. [Ich verabscheue den Anblick von Spinnen und ihrer Netze. Die einzige Weberin, die mir nicht die Haare zu Berge stehen lässt, ist die – Sie wissen schon. Die Weberin eben. Man liebt sie, weil sie nichts rafft, sich nicht brüstet, weil sie behutsam ist und fair tradet. Und poetisch ist, natürlich. Man darf einen Moment lang sie sein, sie ist zart, man wird dort nicht verhauen.]

Es gibt Andere. Es gibt immer Andere – so merkwürdig das auch ist. So merkwürdig Grenzen ziehen auch ist, denn, wir wohnen doch ebenso in den Köpfen der Anderen wie in unseren eigenen. Wir haben unsere Schlappen unter ihren Betten stehen, wir heften unsere Memos an ihre Wände und schrauben unsere Spiegel direkt hinter ihre Netzhäute. Von wegen getrennt: Blödsinn. Wir stecken alle ineinander. Fragen Sie mal einen Säugling. Wenn Sie einen Säugling fragen, wie viele er ist, er versteht die Frage gar nicht. Weil er alle ist und niemand. Vor dem alle-und-niemand-zugleich-sein fangen wir dann ganz schnell an, uns zu schützen. Ich behaupte, wir hätten vom Säugling viel zu erfahren. Nur, dass er halt, Sie wissen schon, ein Brabbler und Gurgler ist. Vielleicht steht uns sein Wissen auch einfach nicht zu.

Wie viel Wissen steht uns zu? Alles? Wie viel nehmen wir davon? Wie viel Wissen saugt der Gurgler schon mit der Muttermilch ein – und schlägt es ihm auf den Magen? Mir bekommt mein Wissen oft nicht, deswegen vergesse ich so viel.
Weil ich für das, was für mich schöpferisch ist, mit meinem Gehirn allein sein muss. Für das, was meinem Herzen kostbar ist, nicht – da gehörst Du hin, o Freundin. Ins Herz. Lass mir doch meine Kunst. Lass mir das seltsam ungezügelte Denken, steck Dein Bügeleisen wieder ein, mit dem Du mich glattstreichen willst. Wir sind alle und niemand zugleich, Du hast das nur vergessen.
Und ich habe mich schon immer als erstes danach gesehnt, arbeiten zu können. Geliebt zu werden kommt später. Arbeiten können, das heißt ja nicht, das zu tun, was jemand anderes von einem erwartet. Sondern das, was man selbst nie von sich erwartet hätte: das Überraschende. Es geht um Zugang. Immer, beim Denken, geht es um Zugang. Vielleicht ist sogar die Idee der persönlichen Reservoirs ein Irrtum, und es geht nur darum, an das, was hinter dem alles und niemand liegt, ranzukommen. Ein gemeinsamer Speicher. Die Kraftsuppe. Die Glorifizierung des Individuums ist nicht weltweit verbreitet.
Mein neues Laptop ist so flach, dass ich ständig befürchte, mit meinen gewaltbereiten Fingerspitzen Löcher reinzuschlagen und plötzlich auf meinen Oberschenkeln zu tippen.
Ich würde vieles tun, meine intellektuelle Kraft zu mehren, aber nicht alles, um geliebt zu werden. Ich wünsche mir Flatrates – so weit ist es gekommen. Ich will eine Flatrate für Gehirnleistung. Die Liebe hingegen, die Liebe ist das, was auf roher Haut lebt, ohne Schorf zu machen: Liebe bleibt immer ungeheilt.

Bedenken Sie mal, was es genau ist, was Sie von Ihrem Leben wollen. Vielleicht werden Sie feststellen, Sie wollen im Grunde nichts als das: eine Flatrate. Kontinuität. Manche brauchen mehr Arbeitskontinuität, manche mehr Liebeskontinuität; am teuersten ist die Doppelflat.
Und möglichst immer genau wissen, wann der Preis gezahlt werden muss. Sind sie nicht zum Wahnsinnigwerden, die unvorhergesehenen Rechnungen? Die kommen echt durch alle Ritzen, nur im Briefkasten liegen sie nicht.
Jede Ihrer Falten ist eine Rechnung, die Sie bezahlt haben. Ich frag’ ich wirklich, warum Falten ein so schlechtes Ansehen haben.

Das Unvorhergesehene macht uns mürb. Den Säugling auch, übrigens – er braucht eine Flat in Sachen Milchversorgung, sonst dreht er am Rad. Erwachsenwerden ist nichts anderes als die Erkenntnis, dass es sich auch ohne Nippel im Mund überleben lässt. Wenn auch schlechter als mit.

27 Gedanken zu „Vom Zauber der Doppelflat

  1. Och, bisweilen hat man ihn ja wieder drinnen. (Lächelt:) Verzeihn Sie die kleine Anrüchigkeit unter diesem so sehr schönen Text; aber sie gehört dort hin.
    Nur bei dem Unvorhergesehenen bin ich sehr anderer Meinung als Sie. Mürbe macht, was vorhersehbar ist und vorhergesehen wird; begeistern tun, jedenfalls mich, die Besonderheiten, ein Blick, ein Lachen, ein Kuß, den man nie erwartete, und plötzlich knallt er einem an einem Ort auf die Lippen, wo man überhaupt noch nie war, und die Küssende kennt man, eigentlich, auch nicht – also konkret, jenseits ihrer Innenbildhaftigkeit –

    • Ich verzeihe Ihnen den Matchball in Sachen Nippel, lieber ANH – dass Sie dem nicht widerstehen konnten, ist mir völlig klar. (Lächelt.)
      Was nun das Unvorhergesehene betrifft: ich liebe es doch. Ich schrieb doch vom sich selbst überraschen, und will auch nicht auf alles gefasst sein. Was ich mir vorhersehbar, will sagen stetiger wünschen würde, wär’ einzig der Fluss: die unterschwellig strömende Energie. Mürbe macht, etwas Aufregendes anzufangen und daran zu arbeiten und am nächsten oder übernächsten Tag keinen Zugang mehr dorthin zu finden.
      Der unerwartete Kuss, der einem an unbekanntem Ort auf die Lippen knallt: welch schönes Bild. Ich nehme mir einen vor.

  2. Und da schrieb Herr nömix kürzlich unter meinen K Beiträg es gäbe nicht mehr so viele Komplimente… Was Sie hiermit sehr liebenswürdig widerlegt haben. Ich bin berührt und auch ein wenig beschämt über Ihr Urteil. Dass Sie mir Behutsamkeit und Fairness bescheinigen, bedeutet mir was. Das sind tatsächlich hohe Werte für mich. Schön, wenn das irgendwo in meine Netze gewebt ist.
    Und vielleicht liegt es auch daran, dass ich die Falten genau wie Sie als bezahlte Rechnung ansehe, manchen sieht man an, wie freudig sie bezahlt wurden, das macht sie besonders schön.
    Und während die faltenlosen Gesichter Versprechen auf eine ungewisse Zukunft sind, liegt in den Falten die Geschichte mehrerer eingelöster Versprechen.
    Erwachsen zu werden heißt vielleicht auch, andere Möglichkeiten der Nährung zu finden, solche die austauschen, geben und nehmen, die das Überleben zum Erleben machen. Und das hat seinen Preis.

    • Liebe Weberin, es wäre ganz einfach, Herrn Nömix (bei allem Respekt ; ) zu widerlegen: wenn alle etwas mehr Wertschätzung in ihre Netze weben würden. Nichts leichter als das, im Grunde. Ich hab’, wie Herr Steppenhund mal sinngemäß formulierte, große Achtung vor Leuten, die “ihr Ding” machen. Wer eigen-willig produziert, nimmt Fehlbarkeit und Beschädigungen in Kauf – wovon Falten zu den harmlosesten zählen. Ich seh’ die gerne in Gesichtern und lasse mich gerne in Texte fallen, die nicht glattgezogen sind.

  3. Ich hab mich mein ganzes Leben in Soft Skills fortgebildet, und weil ich so schön lieben kann, ist das meine Arbeit, die ich liebe. Und, ja, ich will diese flatte Ratte Kontinuität, aber ick häng ma fuuuulisch Hart dann ja gern mal an unsichere Verbindungen, und werkel daran rum, Hobbykellersyndrom, aber auch nur, weil ja eine Verbindung schon steht, in meiner Hybris denke ich vermutlich, ich krieg das ganze bedürftige Dorf noch gleich mitversorgt. Ich brauche definitiv mehr Arbeitskontinuität, stattdessen investiere ich alles in Liebeskontinuität, vielleicht, weil ich Schiss hab, wenn ich das nicht mach, geht mir die flöten. Viele lieben aber ja eh nur Leuz für ihre Arbeit, ich will ja ständig um meiner selbst willen geliebt werden und nicht, weil ich was mit Texten kann, darum wäre Schönheit ja so ein netter Ausweg, da wird man einfach so geliebt, denk ich mir, fürt plumpe uffa Welt sein, gut, es gibt dann halt auch noch andere Schöne und man muss sich dann wieder was einfallen lassen und man selbst liebt dann ja auch wieder nur Schöne, und also nullt sich der Vorteil wieder und man muss sich doch wieder spezialisieren neben der ganzen Schönheit. Und man mag sich ja auch wieder nicht so wirklich eintauschen, wenn man könnte, irgendwie hängt man ja auch an seiner eigenen Verwachsung, man legt sich ja auch mal hässliche Haustiere zu, selbst als schöner Mensch. Es gibt durchaus was am Nichtschönen, was anziehend ist und am Schönen was, was abstößt. Ich glaub ja heimlich, man tut die Dinge, um dafür geliebt zu werden, ex negativo, aber da unterliege ich sicher dem falschen Konsens Effekt. Also, wenn ich mich mit Texten mühe, mach ich das letzenendes tatsächlich wieder um geliebt zu werden, und wenn es von mir selbst ist, dass ich sage, nu kannste dich wieder achten, du hast was gemacht und wolltest nicht nur geliebt werden, aber, wollt ich ja doch, von mir selbst.
    Es gibt auch Leuz, die können sich nur lieben, wenn sie sich darin ausbilden, dass sie niemanden anderen brauchen, um sich zu lieben, an denen schraub ich dann gerne mal rum, eine Riesenangst vor Bedürftigkeit jedweder Art hält sie davon ab, oder die Erkenntnis, dass es wirksamere Drogen gibt oder gab, auch ein Problem und eine Erkenntnis. Autonomie halt ich allerdings für erschwindelt, und Künstler sind dabei die schlimmsten Schwindler, wir sind alle abhängig, auf die ein oder andere Weise. Wenngleich man auch diesen Schwindel braucht und den Höhenrausch von Freiheit und Utopie.

    • Liebe Frau Soft(s)kill! Sie stellen da aber eine ziemlich große Rattenfalle auf, und am Schluss hocken die armen Künstler als schlimmste Schwindler drin, anstelle der Ratten. Die Flucht nach vorn aber ist kein Täuschungsversuch und mit den Schönen ist es, wie Sie richtig feststellen, so eine Sache. Wer schön und klug ist, scheint mir manchmal, sucht oft das ganze Leben nach Vergebung für diesen Mix. Die dummen Schönen interessieren uns eh nur als Projektionsfläche, wenn überhaupt. Die klugen Hässlichen haben’s leichter, zumindest die Männer, weil Frauen Schönheit erfinden, während Männer sie immer nur wiedererkennen wollen. (Dafür gibt’s jetzt bestimmt Prügel.) Und Autonomie? Die könnte man ja einfach so lange behaupten, bis sie sich einlöst. Nein, nicht einfach. Aber machbar. Nur – wer will die schon? Ich hänge wie ein glücklich glucksender Säuger an den Lippen derer, die mich lieben.

    • Skilling me softly. Stimmt, ich sollte nicht die Künstler vergiften, wennn ich den Pelz der Ratten will, sehr wahr. Ich behaupte mal, ich bin nicht weniger autonom, auch wenn ich verdammt nochmal gehätschelt werden will, so. Und ich bete mir natürlich vor, von Hätschelverweigerern halte dich fern, gelingt nur nicht, weil natürlich Hätschelung und Bedürftigkeit in meinem Beruf no go sind, und vermutlich denk ich dann, so Hätschelverweigerungsspezis sind mein innerer Mr Miyagi, in einer Welt, die natürlich Autonomie gern auf no pain, no gain gründet, ganz christlich eigentlich, aber jeder bitte nur ein Kreuz, und bitte selber tragen, jetzt nix Hubwagen, nee nee:))
      Ich bin halt diejenige, die als erste nen Hubwagen organisiert, weil, wenn man sein Leben auch schön verbringen kann, warum sich quälen.

  4. Ein wunderbarer Text, dem an und für sich nichts hinzuzufügen ist, denn offensichtlich haben Sie Ihre intellektuellen Kräfte beieinander, und nicht nur die. Das eben daraus etwa folgende Nicht-Geliebtwerden von denjenigen Menschen, die einen komplett anderen Lebens- und Arbeitsbegriff haben, ist ja aushaltbar, selbst wenn d i e s e doch in uns stecken, als Fremdkörper, als Ärgernis, als Zumutung und letztlich als Ziel unserer Aggressionen. Sich den Anderen, den Mißgünstigen, aus dem Gemüt zu reißen ist oder wäre auch richtig Arbeit, allerdings eine nutzlose, denn wie wunderbar läßt sich ein solch Anderer verwenden, als Romanfigur beispielsweise, der es so gar nicht gut geht in dieser, unserer Welt.

    • Wow, Herr Schlinkert, so eine Breitseite Kompliment feuern Sie wirklich selten ab, davon muss ich mich erstmal erholen ; )
      Was Sie über die ANDEREN schreiben, beschreibt vielleicht genau das, was die weißen Blutkörperchen der Schaffenskraft in Bewegung hält.

    • Nunja, Frau Phyllis, ich sah mich dazu gezwungen, nachdem ich Ihren Text gelesen habe, und zwar den ganzen Text, nicht nur die Schlagworte. So, und nun muß ich wieder an meinen Romantext, wo es leider den Guten nicht gut ergeht, aber auch da muß ich durch, denn so ist die (Roman-)Welt.

  5. Ich bin aber nicht die andere und stell das Paar Schuhe gleich wieder ins Regal, die Heels sind ma zu hoch, ich nehm die Boots made for walking, und, ja, Frau Kiehl ist erhaben, dieser Text perfekt. Nur Herr Schlinkert könnte auch mal loben, ohne gleich wen anderen damit runterzuputzen, findsch:). Villa Riba Villa Bajo Prinzip, ich sag, egal wie, Hauptsache das Essen hat geschmeckt.

  6. Ja, natürlich weiß man, Hubwagen organisieren kriegt null Respekt, und darum gehts mir ja auch weiter ungut, liegt aber ja nur an the Künstlers, die immer die whole nine yards selber gehen müssen, und nicht an mir, die anderen verhindern einfach, dass meine Strategie, die offensichtlich doch eine sinnvolle, kreuzschonende und leidfreiere ist, die richtige sein könnte, vermutlich weil die Konäggschens zu Hubwagenbesitzern fehlen, verständlich, verständlich all dies:). Ah, Roman, ja, gut dem Dinge, das sowieso mal!

    Ich gehör zu denen, die sich öfter mal Schuhe kaufen, die nicht passen und dann zieht sie sie nicht an. In Moonboots konnte keiner je laufen, meines Wissens, nicht mal auf dem Mond.

    Es kann ja der faulste Künstler nicht in Frieden leben, wenn es dem fleißigen nicht gefällt, jetzt aber mal:).

    • Na na, mein Diademchen, von mir kriegen Sie aber mächtig Respekt, ob mit oder ohne Hubwagen am Handgelenkt! : )

      Jetzt aber mal: Auch die Guten, auch die Faulen, will der Herr nicht ganz vergraulen.

    • Hah, jetzt jehtet besser:). Sie wissen aber auch immer welche Knöppe drücken, Sie manipulatives Weibsstücksche. Und sowieso, jezze werden sie endlich mal strunzbekannt, und heimeln sie nicht hier weiter rum, Saugnapfdassiedompteusen sollten auf Fidji leben, wo ihnen Fische die Füße pediküren, so. Balsche Fescheidenheiten müssen 2012 ein natürliches Ende haben.

      Und irgendwie sind ja diese nichtsnutzigen Dostojewskischen Künstlerfiguren flux durch bepreisungsfähige Langstreckenlemminge ersetzt worden, das Nichtsnutz am Künstler ist aber in meinen Augen, klopft wachsam auf Holz, eine nicht unwichtige und immer zu berücksichtigende Größe (Selbstrettungsversuch, der zweiunddreißgtausendeinhalbte).

    • *grinst* Die Knöppe sind einfach zu verlockend! Und bei mir isses schließlich genauso einfach, man reiche mir ‘ne Ladung Wohlwollen und ich geh’ ab wie ne Rakete.
      Berühmt werden?
      Weiterhin in Raten, zuviel Jeffjeff auf einmal macht mich ratlos.

  7. Gerade heute wurde ich von einem Freund auf “Brain at work” aufmerksam gemacht. http://blog.derbund.ch/berufung/index.php/872/wer-stets-online-ist-riskiert-eine-minderung-seines-iq/

    Ich habe mir das Buch sofort auf meinen Kindle heruntergeladen und zu lesen begonnen. Relativ früh stellt sich heraus, dass die Gehirntätigkeit auch ein energetisches Problem beinhaltet. Für den präfrontalen Cortex stehen uns nur beschränkte Energiereserven zur Verfügung. Da ist dann nichts mit Flatrate. Leider.
    Macht mich selbst auch recht betroffen.
    Sonst könnte ich Ihrem Wunsch durchaus sekundieren.

    • Die Guten machen betroffen, die schlechten lassen mich kalt – beides Zustände, aus denen heraus ich ungern arbeite. Ich werd’ doch nicht plötzlich anfangen, an Bücher zu glauben…

      Werd’ aber trotzdem heimlich mal reinlugen.

    • Schiller kannte die Probleme des konzentrationszerrissenen Menschen doch auch schon: http://audio48.archive.org/details/Koerners_1011_redaer sein Freund Körner kommt den ganzen Morgen nicht aus dem Bademantel und will doch eigentlich an seinem Briefroman mit Schiller weiterschreiben, hat sich den Morgen doch extra dafür freigenommen, und, was ist, Essig ist, erst stört ein Theologiestudent, dann das Personal, derweil muss der Bart ab, und man kann behaupten, der Ulysses setzt genau damit ein und den Problemen eines abgelenkten Jahrhunderts, dazu braucht es wahrlich kein Internet. Ich bin eine große Skeptikerin (Sektseptikerin) all derer, die in jeder neuen Erfindung gleich das Medium zur Verblödung entdecken wollen, es ist immer beides, es ist die Frage, wie man es nutzt, und wohl auch eine Frage, welche persönlichen Affinitäten man hegt, oder eben nicht. Käme ich auf die Idee, jemandem, der stoisch an seinen Hausheiligen festhält Verblödung vorzuwerfen, weil ich denke, die Welt ist wahrlich bunter, nein, es ist halt seine Art, wie er denken kann, seine Leitplanke und ok, andere Gehirne denken anders, auch das eine Frage von Übung und worin man sich übt.
      Von wegen nix mit Flatrate, es können auch einige die Tour de France fahren, andere wiederum nicht. Ist wohl auch eine Frage, wofür man die Energie aufwenden will, und den einen ist es die Liebe wert, den anderen wiederum nicht, that s all.

    • @diadorim Manche können, manche können nicht. Das hatte ich auch gedacht und es auch auf mich bezogen. Und ich war ein extremer Multitasker. An einem Tisch drei verschiedenen Gesprächen zuhören, alle in einer verschiedenen Sprache, war keine besondere Herausforderung. Schachspielen gegen zehn Gegner gleichzeitig, drei Anfragen von Untergebenen aus dem Stegreif heraus beantworten, alles kein Problem. Doch jetzt, wo ich älter werde, merke ich die Anstrengung des Denkens, obwohl ich momentan mich noch auf Nachwirkungen der Narkose ausreden kann.
      Das Buch erklärt aber eben, dass es eine Grenze gibt, die auch durch Training nicht überschritten werden kann. Deswegen finde ich es ganz gut und deswegen schließe ich auch daraus, dass mit flatrate nix is.

    • Und ich schließe daraus, dass ihnen das Buch wichtiger ist als alles andere, und daraus schließe ich, dass ich ein paar Autoren kenne, eigentlich alle, denen es genau so geht und ein paar Autorinnen, eigentlich alle, die auch Buch mal sein lassen können, wenn es um Rettung anderer Kontinuitäten geht, und daraus schließe ich, das jemand wie ich die Finger lassen soll von Autoren, die mich jeder Kontinuität am Buch opfern. Logisch, oder?

    • Das kommt mir ja jetzt so vor wie der niederösterreichische Landeshauptmann, der behauptet, in seinem Leben nur ein Buch gelesen zu haben, den Schatz im Silbersee.
      Das kommt mir zwar nicht glaubwürdig vor, immerhin hat er ein Doktorat. Aber dass ein Buch die Kontinuität unterbricht, kann ich mir nicht vorstellen.
      Etwas anderes lasse ich für AutorInnen gelten. Die sollten vielleicht nichts lesen, um sich nicht in ihrer eigenen Kreativität zu beeinträchtigen. Das kann ich mir vorstellen.

    • Während ich schreibe – einen längeren Text schreibe – les’ ich keine wirklich beeindruckenden Bücher: will mich nicht von den Flaggschiffen einschüchtern lassen, während ich arbeite. Manche schreiben am besten im Trockendock, andere brauchen die Regatta, um richtig in Fahrt zu kommen.

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