wollte ich berichten, weil so viel Außen war letztlich, und Pop-up. Wie diese Kinderbücher in Hochglanzpappe: entgegenspringende Tiere, Raumschiffe, Actionhelden, was-weiß-ich. Hammer-Effekt.
Bin selbst so. Es kostet aber. Sprechen ist mühsam. „Ach geh, Phyllis, Du kannst das doch.“
„Aber es höhlt mich aus. Ich kann dann nicht mehr schreiben.“
„Einen Tag in der Woche solltest Du auf Stille bestehen“, wispert mir Sanssourir ins Ohr, meine Verbündete, die, im Gegensatz zu mir, niemals lächelt. „Kein Telefon. Keine Besuche. Keine Meetings. Kein Sprechen von morgens bis nachts, wenn Du zu Bett gehst.“
(„Ich kann mir keinen Ort vorstellen, an dem ich Dich nicht würde mitnehmen wollen.“ )
(„Ich weiß. Aber an diesen muss ich jetzt ohne Dich gehen.“)
(„Warum?“)
(„Aus Respekt vor der Präzision.“)
(„Es sind aber doch wir diejenigen, die eine Geschichte haben. Du bist nicht geliebt dort, nur geachtet; wie können deren Codes Dir gültiger sein als unsere?“)
Alles ist immer gleichzeitig.
Alles ist immer neutral.
Alles ist immer anders.
Ich habe keine Antworten für meine Vertrauten als jene, die mir selbst nicht genügen. Ich habe keinen Hunger. Es gibt dennoch täglich Geschenke. Erst, während ich sie öffne, merke ich, dass ich selbst sie eingepackt habe. Warum, um alles in der Welt, bestehe ich dann weiterhin darauf, sie nicht verdient zu haben.
Alles ist immer gleichzeitig, ja. Aber synchron sind wir nicht. Fast nie. Wenn doch, nennen wir es Glück.
Wir ziehen die Täuschung der Enttäuschung vor.
Wer auf Offenlegung besteht, darf dabei zusehen, wie sich der Raum leert, während sich die Hinterzimmer füllen.
(„Tu’ es nicht. Pack nicht aus.“)
(„Doch. Ich muss.“)
ich wohne zwischen den Zeilen wohne zwischen
Rrrring:
„Sag’ mal, Phyllis … ich hab’ einen Anschlag auf Dich vor…“
„Schieß los.“
„Kurzworkshop mit den ganzen Anzugträgern, die unser Projekt mit finanzieren. Am Montag. Damit die sich vorstellen können, was Du so mit den jungen Leuten machst.“
„Hmmm…“
„Einige unserer Sponsoren scheinen zu denken, die Schreibtrainings seien so eine Art kreatives Beiwerk zum Eigentlichen. Wär’ klasse, wenn Du die mal schriftlich in die Mangel nehmen könntest – vielleicht wird ihnen dann klarer, welche Herausforderung im Schreiben steckt und welche Energie die Jugendlichen daraus mitnehmen.“
„Okay. Ich mach’s.“
wohne zwischen den pop-ups
Ich habe keinen Hunger …
Lange Zeit dachte ich, von allem gäbe es nur eine bestimmte Menge, selbst von Liebe und Leidenschaft, und ich müsste sehr komplizierte Dinge tun, um die Depots wieder auffüllen zu können. Dinge, die ich nicht beherrsche. Also fing ich an, sparsamer zu werden und verlor auf diese Weise aus dem Behälter für’s Fallenlassen den größten Teil. Der Eimer Neinsagen stand indes unberührt und randvoll in einer eigentlich gut zugänglichen Ecke, aber schöpfen wollte ich daraus nur im äußersten Notfall. Erst als ich es mit Kindern zu tun bekam, schaute ich nicht mehr auf Etikett und Menge und nahm von überall. Das Neinsagen wurde warm, die Liebe heiß und die Leidenschaft kochte. Manchmal kippe ich ein bisschen warmes Neinsagen in die kochenden Leidenschaft, dann wird die Masse so heiß wie die Liebe und ich mag mich wieder.
@Rinpotsche Was für ein schöner Kommentar. Ausmahmsweise verstehe ich sogar mal genau, was Sie meinen! Yeij!
Für jemanden, der mich Neinsagen lehrt, würde ich all mein Stroh zu Gold spinnen. Leider weigern sich alle.
Der Grat verläuft zwischen Selbstherabsetzung und Hochmut, wenn man künstlerisch arbeitet, denkt und fühlt. Darüber kann man sich eigentlich gar nicht täuschen, selbst wenn man mal Glück hat – irgendwo läutet immer ein Glöckchen, das einem etwas in Erinnerung ruft. Oder sollte es eine Täuschung sein, wenn man, man weiß nicht wie und warum und von was eigentlich, enttäuscht ist?
(Übrigens war ANH gesternabend bei seiner Lesung stocknüchtern und mir ist nächtens eine Leuchtschrift erschienen, die ich natürlich photographisch festhielt http://nwschlinkert.de/2012/10/18/nix-wie-es-soll/)
Der Grat @Norbert W. Schlinkert, von dem Sie sprechen, ist mittlerweile zum Trampelpfad mutiert. Scheint mir manchmal. Es wird richtig eng! Und kakophonisch.
Zur Behebung dieser Mängel erwäge ich die Anschaffung der aktuellen Arbeit aus der >>> Schilder-Edition des Kollegen Schneck…
Der Grat dieser Art, liebe Phyllis, also als Trampelpfad, erinnert mich an die hohle Gasse, aus der wohl heutzutage ganze Völkerschaften kommen. Da wird es schwer sein, gegen den Strom zu schwimmen.
@Norbert W. Schlinkert Haben Sie als Kind zufällig Swimmy vorgelesen bekommen? Von Leo Lionny?
Swimmy schwimmt nicht gegen den Strom. Er ist das Auge.
Nee, mir sind fast “nur” die Klassiker vorgelesen worden. Ist aber ein interessanter Gedanke, das mit dem Auge! (Hätte ich als Kind aber bestimmt nicht kapiert, ich war nämlich der allerdöfste von allen!)
äh…. yesss… die anschaffung des schildes überlege ich auch schon lang.
@Rosmarin Nicht mehr länger überlegen, >>> bestellen!
Hab’ ich soeben auch getan.
Ich mag die Idee, das Material und die limitierte Auflage von zwanzig Stück pro Aussage. Hätte auch schon bei “bin arm” zugeschlagen, doch da war mir die Aussage zu suggestiv – das wollte ich mir nicht an die Wand meines Arbeitszimmers schrauben.
“fresse” dagegen passt wie angegossen! ; )
Ein sehr schöner Text, Frau Phyllis. Diese Szene aber ist großartig:
(„Ich weiß. Aber an diesen muss ich jetzt ohne Dich gehen.“)
(„Warum?“)
(„Aus Respekt vor der Präzision.“)
(„Es sind aber doch wir diejenigen, die eine Geschichte haben. Du bist nicht geliebt dort, nur geachtet; wie können deren Codes Dir gültiger sein als unsere?“)
@ANH Das sind genau die fünf Zeilen im Text, die ich einfach nur “abgeholt” habe, ohne über sie nachdenken zu müssen.
Behalten Sie. Unbedingt die Klammern bei. Und lassen Sie sich dafür später von keinem Lektorat reinreden.
@ANH (Versprochen.)