Miss TT denkt nach. Nicht vor allem, aber auch nicht zuletzt über den Dschinn und Undschinn dieses Weblogs. Das ihr am Herzen liegt, weiterhin. Klaro! Sie kam nur so oft in den letzten Wochen, ja Monaten, ins Grübeln. Ihr ging’s nicht gut. Sie fühlte sich wie ein Alias ihrer selbst: Kompetent, aber künstlich. Was wirklich von Belang, was weh und real war, fand im inneren Situation Room seinen Ausdruck. Nicht hier. Denn in der Publikation – so der (grrrimmige) Selbstanspruch – sollten Gefühle zu Themen werden und Themen eine Form haben. Miss TT will doch das innere Eigene nicht einfach undigestiert raushauen, vor allem nicht, wenn es düster ist, und wieder düster am nächsten Tag, und im Übermorgen immer noch.
Jauchzen ist einfach zu kommunizieren, Jaulen nicht. Wer will schon mit Fremdjaulen konfrontiert werden ständig.
Also.
Schrieb sie mehr Tagebuch. Le journal intime. Da lässt sich’s wüten, ohne andere mit nach unten zu ziehen, die schließlich auch ihr Päckchen zu tragen haben. Und versuchte sich hier auf TT hauptsächlich in durchaus zärtlich bebilderten Ablenkungsmanövern. Geschnitzte Deckelchen für die Wucht des Tatsächlichen. Sie wissen schon. Ungefährliche Gesten.
Tatsache ist, eine Weile geht so etwas gut. Aber irgendwann wird diese fehlende Übereinstimmung zwischen Selbstwahrnehmung und Außendarstellung zur Streckbank. Oder (für die zarten Gemüter unter Ihnen) zur Relativierungsfalle.
Darüber denkt sie jetzt nach. TT als gemeinsame Expedition. In letzter Zeit fühlte es sich für die Verfasserin eher wie eine wattierte Box an.
Miss TT wünscht sich, diese Watte herunterzureißen. Vielleicht erkennt sie dann auch, wo sie einen Konstruktionsfehler hat, ihre Box, und wird das Ding zusammentreten. Für Expeditionen braucht man einen Horizont.
Was für ein f r e i e r Text, Madame! Von großer Eleganz in seiner eben nicht-Selbstironie, sondern zwar spielerisch, aber ernst bei sich bleibend. Vielleicht, daß uns die Zustände, von deren einem Sie erzählen, glätten, polieren, edel machen, sofern sie uns nicht in die Knie zwingen konnten?
Kompliment.
Er war längst fällig, Monsieur. Mein Ansinnen aber ist nicht, glatter und edler aus meinen Tiefs herauszukommen, sondern realer. Und Realität hat, zumindest meiner Erfahrung nach, eine verdammt raue Oberfläche.
Merci für das Kompliment – gerade weil es einen Text betrifft, der weder inhaltlich noch stilistisch besonders poliert ist.
“Edel”. So, wie ich das Wort meine, meint nicht “unreal”, sondern dieses Edle g e h t nur bei einem Höchstmaß an empfundener und gelebter Realität.
vom ende der streckbank aus gesprochen
bleibt nur das gebet
mit der bitte um vollstreckung
das könnte man den folterknechten doch mal
sublim ins gehirn förmeln
Verstanden.
Vollstreckung klang noch nie
nach Erfüllung.
Das Thema hatten wir ja letztens schon: wie sag ich’s dem Publikum, bzw. natürlich auch, sag ich es diesem überhaupt. http://nwschlinkert.de/2013/03/29/tagebuch-fiktiv/ Ich denke, die wirklich interessierten Leser halten schon auch mal Klartext aus, wenngleich Sie hier oft “unangenehm” ernsthafte Themen vor deren Vertiefung ganz pragmatisch mit Flippig-Leichtem beendeten, jedenfalls schien mir das gelegentlich so – und das, nachdem Sie am 11. Januar noch bekannten, dieses Jahr mehr dem Irrationalen zu frönen. (Hab ich nicht vergessen!)
Sehen Sie mal, liebe Phyllis, ich habe das mit dem zärtlich bebilderten Ablenkungsmanöver auch mal ausprobiert http://nwschlinkert.de/2013/04/08/zaertlich-bebilderte-ablenkungsmanoever/
Die reagieren
auf sublim nicht
Das Flippige lässt halt den Ball auf der Nase tanzen.
(Ich hatte es derweil schon wieder verdrängt, danke für die Erinnerung!)
Liebe Miss TT,
ich teile die Analyse der zärtlich bebilderten Ablenkungsmanöver. Und bewundere die Formulierung.
Und ja, Kompliment, so gut – man kann natürlich auch “ernst” sagen – wie dieser war hier schon lange kein Text mehr.
Es geht hofentlich besser? Also Ihnen, meine ich; heute?
“…Manchmal sitzt man still auf einer Bank…”
Beste Grüße
NO
Lieber Dr. NO, Sie ahnen sicherlich, wie wichtig mir Ihre Reaktion ist. Ja, es geht mir gut, doch solche Tage waren verdammt rar in den vergangenen Monaten. Das Schwierige an Zuständen, wie ich sie durchlebe, ist, sie wirken wie eine Zementmischmaschine. Der immer gleiche schwere Brei, der drinnen herumgewirbelt wird, kann nicht zum Bauen benutzt werden, weil die Zementmischmaschine keine Öffnung hat.
Still auf einer Bank zu sitzen. Ja.
Beste Grüße
PHY
Darf ich Ihnen einen kleinen Hölderlin herüber biegen?
(…) Nur müßt ihr euch bescheiden, lieben Leute, müßt ja in aller Stille euch wundern, wenn ihr nicht begreift, daß andre nicht auch so glücklich, auch so selbstgenügsam sind, müßt ja euch hüten, eure Weisheit zum Gesetz zu machen, denn das wäre der Welt Ende, wenn man euch gehorchte. (…)
Ich bin übrigens ein begnadeter “handyman”, der auch gerne mal eine Verlängerungsstrippe mit Ausschalter ans Blaulicht flickt. Sie wissen schon …
enteignung auf hohem niveau
wo kinder in mülltonnen gefunden werden
da braucht man dicke ostereier
um dem zypriotischen frühling
angemessen
also in kontinental
platten dimensionen
mit hölderlinscher gelassenheit
zu begegnen
in aller bescheidenheit
ruft man in berlin die diktatur
der kunst aus
es ist halt fast schon schade, dass sie keine diskussionen mehr suchen … sondern nur noch personalitie-providers – möglichst noch in zuschleimender snail-comment-form.
und da gibt es keine kritik hinsichtlich strikt vermiedener depressiver individual-phasen-schau ?
( persönlicher stimmungstieflage )
perso-blogs ( ego-bloganzeigen ) haben die tendenz, sich mit ein paar gewogenen mit-lakaien ( neben den lakaien des ego ) mit/hin zu zusprechereien versorgen.
das war hinreichend mehererseits angewarnt.
nun : sie sind ja noch mittelpunkt ihres blogs.
ihre intuition ( welche sie auszeichnet ) – opferten sie vielleicht schon.
naja, bin wieder mal breit und irgendwie wedere verhandlungsfähig noch sich schön-fühlend.
ich sags mal so – minton oder wecker sind doch kleine wichte.
sie sehen vielleicht männlich aus ( und sind gar männlich ) aber es gehört ein wenig mehr zu grösse als ein wenig klavierspielerei oder stimmakrobatik.
es gehört geist dazu.
( wahrscheinlich 20 semester philosophie für begabte )
da läuft der hase für meine begriffe hin.
zu deutlich mehr zeit.
dann will ich resultate sehen oder hören.
zu herbst sagte mal jemand ( antiherbst ) er würde nur eine kleine eisenbahn ( h0 ) zusammenleimen, während andere tgv-affin grosse gedanken offenbarten.
eine kleine eisenbahnartigkeit wälzt sich in sehr vielen seiten dort aus, wo mehrere grosse gedanken sicherlich platz ghabt hätten.
nun war dies dem herbstschen genie-gedanken zugeschrieben, nicht einer erwartung :
betreffender mensch erwartete wnigstens EINEN einzigen grossen gedanken.
das hatte mich restlos überzeugt.
onschon ich mich mit einer einzigen grossen frage begnüge ( sicherlich nicht nach einer unversalformel )
schön indiviualistisch ( also )
@Provokateur Monsieur Provocateur. Ich muss mich in diesen Kategorien von “gut” oder “weniger gut” erst einmal zurechtfinden – auf Menschen bezogen verwende ich diese Begriffe nur selten.
Meiner Erfahrung nach halten die Menschen in meiner Umgebung – also auch hier – weit mehr Intensität, auch schmerzliche, aus, als man so denken würde. Ich so gedacht habe früher.
Ihre Einschätzung allerdings, dass es ein gewisses Zeitlimit und Geduldskontingent für aktive Anteilnahme gibt, teile ich. Ich bin mir nur nicht sicher, ob Ihre “weniger Guten” tatsächlich barmherziger sind – um dieses alte Wort mal zu gebrauchen. Ob sie eher willens und in der Lage sind, einen Stachel aus einer Pfote zu ziehen als jene, die Sie “die Guten” nennen. Sind die Armen und Verkannten die besseren Menschen? Die Gütigeren? Einfühlsameren?
Dabei fällt mir auf, dass ich niemanden unmittelbar kenne, der sich außerhalb eines Roth’schen Scherzes als “gut” bezeichnen würde. Meine Freunde sind Zweifler, meine Arbeitskollegen nicht weniger. Selbst diejenigen, die nach außen hin ausgesprochen erfolgreich wirken, sind es. Die Geldgeberin meiner Stiftung: Eine Zweiflerin. Mein Lebensgefährte: Ein begnadeter Zweifler. Innerhalb meiner Familie: Noch mehr Zweifler. Auch die Leser:innen von TT scheinen mir keine selbsternannten Guten zu sein. (Von einigen Ausnahmen abgesehen ; )
Sie sehen, ich komme mit gut oder weniger gut nicht gut zurecht…
(Fortsetzung nach Lust und Laune… : )
@Lobster Um auf Ihre teilweise eigenartig treffenden Überlegungen einzugehen, müsste ich mir erst einmal einen antrinken. Ist aber noch zu früh am Tag…
@Mr. Provocateur Ihre Vermutung ist richtig, ebenso wie Ihr Instinkt: Erst einmal die Tage im Gehäuse.
Hab’ gerade schon drüben kommentiert, lieber Norbert.
Ich weiß es, und komme darauf zurück, Spurenleser.
(Über das “klein” hätte sich Hölderlin bestimmt aufgeregt…)
Ein wichtiger Text ist das. Er regt an und auf.
“Wer will schon mit Fremdjaulen konfrontiert werden ständig.” Damit fängt’s an. Wieviel persönliche Kompetenz, so wäre zu untersuchen, ist nötig, um “Fremdjaulen” unbeschadet auszuhalten?
Sie kennen gewiss das humorige Gedichtpointchen von Eugen Roth:
Ein Mensch erkennt,
‘s ist auch den Guten
mehr zuzutrau’n,
als zuzumuten.
Hübsch und verständiges Lächeln hervorzaubernd, nicht wahr? Allein: da ist was faul dran…
Sehen Sie, Roth setzt stillschweigend voraus, dass den weniger Guten “zugetraut” werde. Das war in der Geschichte der Menschheit indes noch nie so. Den weniger Guten wurde stets nur zugemutet und – seien wir ehrlich – nichts, aber schon gar nichts zugetraut; dennoch lebten und leben sie, trotz allem Nicht-Zutrauen, trotz aller Zumutung. Wie ist das nun mit der Kompetenzverteilung? (Ah! Gell?)
Mag sein, dass sich die Guten wegen anhaltenden Gejaules nach knapp bemessener Zeit des Duldens indigniert zu beschweren beginnen. Die weniger Guten unterdessen gehen hin zu dem jaulenden Geschöpf und ziehen ihm den Stachel aus der Pfote.
Aus der Sicht der Guten wär’s freilich optimal, wenn das Geschöpf nicht jaulte (und schon gar nicht unablässig). Aus der Sicht der weniger Guten ist Jaulen ein Hinweis auf Schmerz, den sie untersuchen und zu beseitigen (oder wenigstens zu lindern) trachten. Die g a n z schlimmen Finger erkennen im Jaulen des Geschöpfs ihren eigenen Schmerz und beginnen d a r ü b e r nachzudenken. Was wiederum, zugegeben, dem Geschöpf nicht unmittelbar hilft.
Wie sieht nun aber die Welt aus der Sicht des Geschöpfs aus? Da gibt’s Gute, weniger Gute und gaaaanz schlimme Finger. Jetzt frage ich, ernsthaft: wie, um alles in der Welt, könnte es sich als Geschöpf unter Guten gut leben lassen?
(Fortsetzung nach Lust und Laune… : )
@Mme. Phyllis Ich setze sehr gerne fort, allerdings will ich bis zum Ende Ihrer klösterlichen Übungen damit zuwarten.
Für den Moment mag ich lediglich klären, wer neben Miss TT an der “gemeinsamen Expedition” teilnimmt. Meiner unsicheren Vermutung nach sind die (kommentierenden) TT-Leser:innen gemeint.
Mit den besten Wünschen
Ihr
Provocateur
Ein paar Tage offline in Berlin [wenn das kein Widerspruch in sich ist] unterwegs, habe ich mir das Notebook der Tochter geschnappt und sitze fünf Etagen tiefer im WLAN-Café. Da fehlt was, ohne Blogs. Nach der Lese- und Schreibpause und angesichts dieser Stadt, mit der mich eine Menge Geschichte verbindet, kann ich Ihrem Beitrag – wenn man so sagen kann, ich hau’s mal so raus – nur ‘zustimmen’. Könnte jetzt nette Fotos von unterwegs in der Stadt posten, z.B. eines “Finde Dich zurecht!”-Infostandes bei IKEA (Überspielkabel vergessen, sonst Foto) mit der Überschrift “Tryin'”. Eine wattierende Spielerei, die zwar auf – sagen wir – psychologische Themen verweist, aber doch ein Spiel bleibt. Ja, mal was raushauen, ganz anders schreiben als sonst. Ein Zustandsprotokoll, dass einem, aber holla, Hören und Sehen vergeht, wie man so sagt. Was sagte man dazu eigentlich zutreffenderweise? Versteh ick. Glaub ich.
Herzlich
B.
[lese das jetzt nicht noch einmal*, ab damit]
*) ist natürlich gelogen; man findet ja immer noch mal was. Hier in fehlender Kontext, da eine Schärfung, dort was weg.
psst letztlich aber halten ego-bloggers keiner diskussion stand – wieso auch ?
das ego versucht sich zu behaupten, zu verorten, zu verifizieren in seiner grundsätzlich schmalen einsamkeit und redet vielleicht monadisch von der welt, der welt des egos.
das wissenschaftllich sein wollende, erkenntnisorientierte ego bildet rubriken und lässt nicht locker, bis wenigstens mal eine rubrik unter einem stichpunkt ( motto ) mit ego-erfahrungen gefüllt ist.
haben wir es mit einfachen schaltungen zu tun ?
eins ist weiblich null ist männlich oder umgekehrt : der phallus ist I – die muschie ist O ?
bin echt breit und sätzchen gepostet.
warum sie ihr blog ‘tainted nannten ist mir eh schleierhaft.
ich hätte immer ganz gerne noch gloria jones’ tainted love deren nummer ‘tin can people’ beiseite gestellt ( nicht zappas’ plastic people )
fürher oder später anscheinend scheint man-frau plastiniert zu sein, spoiled o(de)r rubbished.
weil man nichts anderes tat, als von anderen als david lynch-figur wahrgenommen zu werden ( + ästhetik )
von leuten, die nicht mal wissen wie wahnsinn zu buchstabieren ist.
( das hat mit david lynch nicht die erbes zu tun )
now i stop
@Books and more Hübsch, Ihre Zustandsbeschreibung! Und, ja, wir können doch inzwischen eigentlich genug, um auch mal ins Nichtkönnenwollen abzuschlittern, die bewährten Formate zu verlassen, den beliebtesten Rubriken eine lange Nase zu drehen. (Sagt man das so?) Worte sind eh Verräter. Es gibt auch keinen einzigen Zeichenstift, dem man trauen kann. Und dann dieses ewige Schielen auf’s Endprodukt. (Manche haben sogar einen Nachweltfetisch! Wenigstens der ist mir erspart geblieben.)
Das Irritierende ist, wie lange es gebraucht hat. Wie aufwändig das alles war. Aus dem Schlingernden ins Geformte zu gelangen. Profil. Tatsächlich erkannt zu werden als die Person, die zu werden man sich irgendwann vorgenommen hatte.
Ein enger Freund sagte gestern: “Dir trauen doch alle Kanzlerin zu. Wenn die wüssten.”
Woraufhin ich das Hühnchen zeichnen musste. (Klar.)
tagsdarauf den frühen tag, tagein tagaus aus frühe raus, aus frühcchenhafter tageintagausigkeit.
DIE EHERNEN INSIGNIEN
die ephemeren steinernen ERZE :
ihr – und nur ihr – öffnet mir den wein jetzt.