Plötzlich. Samstag, 13. August 2011

„Du verzichtest auf den Moment der Plötzlichkeit.“
„Stimmt… Äh… Was meinst du damit?“
„Wenn du in Gesellschaft etwas sagst oder tust, das keinen logischen Bezug zur Situation hat.“
„So wie du manchmal. Du bringst die Leute aus der Fassung. Bewusst.“
„Ja.“
„Warum?“
„Reiner Impuls. Es fliegt auseinander – das Bild der Leute von mir. Und dann sehe ich, wie sich das erste Stutzen in Lust verwandelt.“
„Bei dir?“
„Bei denen. Dass sie was Neues denken dürfen von mir. Und auch von sich, je nachdem, wie sie reagieren. Probier’s mal.“
„Geht nicht. Mein Bedürfnis nach Kontrolle ist zu stark.“
„Quatsch. Du hast nur Angst, die Erwartungen der Anderen nicht zu erfüllen. Und dafür bestraft zu werden. Wirst Du aber nicht.“
„Sondern?“
„Das Gegenteil. Du gibst den Leuten die Möglichkeit, dir was durchgehen zu lassen, du nimmst was für dich in Anspruch. Das hinterlässt Bilder…“
„Ich will aber gefallen.“
„Da kommst du ja aus dem Interpretieren und Nachkorrigieren gar nicht mehr raus.“
„Stimmt.“
„Du magst das nicht an dir, oder?“
„Nein.“
„… also …entweder du lebst es, nimmst es dir nicht mehr übel. Inszenierst es. Machst es elegant.“
„Oder?“
„Plötzlichkeit. Nimm’ dir Sachen raus, mit denen niemand rechnet. Die Leute werden es lieben.“
„Nicht alle.“
„Du brauchst auch nicht alle.“

28 Gedanken zu „Plötzlich. Samstag, 13. August 2011

  1. Vor Jahren fiel mir einmal der Satz »Für freilaufende Hühner übernehmen wir keine Bodenhaftung« ein. Seither warte ich vergebens auf eine passende Gelegenheit, ihn in logischem Bezug in ein Gespräch einzustreuen. Erst Ihr Text machte mir heute bewusst, damit jahrelang auf den Moment der Plötzlichkeit verzichtet zu haben.

  2. …. kann man auch sehr gut strategisch anwenden. Ich hab einen Kollegen, der mit hyperventilatorisch platzendem Schädel sich ständig immerzu streiten will. Ist ein Muster bei ihm. Bei mir wagt er es nicht mehr, weil ich für ihn nicht mehr berechenbar bin. In einer Situation etwas auszulösen, was gegen eine jegliche soziale Konvention geht, oder etwas zu tun, von dem man genau weiß, daß es in dieser Situation unerwünscht wäre, erzeugt beim Gegenüber einen Moment des Unvoreingenommen:sein:könnens, womit er aber wieder nicht klar kommt, weil er aus seiner Assoziationskiste heraus immer bewerten, einfassen, in die Schublade stecken, somit kontrollieren und letzendlich bestätigt haben will. Im Grunde subtrahiert man die übergeneralisiert der eigenen Adresse zugeschriebene Attributation des Anderen selbst…. kann köstlich sein, für’s eigene Wohlbefinden. 🙂

    • Genau. Schade nur, dass sie manchen von uns so schwer fällt, die strategische Anwendung. So ein Harmoniebedürfnis ist unglaublich schwer loszuwerden. Es ist wie Kriechöl im Getriebe einer Kommunikation, man hört nur immer, wie die Maschine schnurrt und versäumt, das Steinchen zu werfen…

  3. In Konsenzsauce etwas Überraschendes und Unpassendes zu werfen ist sei je her mein Ding! Mir macht das Spaß, weil es auch eine Herausforderung bedeutet, falls das wirklich völlig fehl am Platze war – sich dann aus der allgemeinen Verstimmung wieder herauszuwinden, ohne der Buhmann zu sein, ist nicht immer einfach. Die Konsenzsauce ist aber in jedem Fall verdorben, es kommt was Neues auf den Tisch.

    • Sie scheinen, lieber Norbert, zu jenen zu gehören, denen das Aufmüpfige einfach zugeflogenist. Darum beneide ich Sie ein wenig.
      … Andererseits, vielleicht ist es ja ansteckend? Husten Sie doch mal!

    • Liebe Phyllis, das hat mit Aufmüpfigsein nicht viel zu tun, viel mehr habe ich eine soziale Ader und will Menschen aus langweiligen Situationen retten. Ob die gerettet werden wollen, sei mal dahingestellt! [Husten geht grad nicht so gut, aber Niesen klappt prima: Ha……….]

  4. Konsenzzzzz zzzzzzzzz zzzzzzzzzzzzzzzzz Kein plötzlicher Einwand – nur banale Anschlusskommunikation – aber ein paar plötzliche Fragezeichen:
    Was ist an Herrn Schlinkerts Beitrag so toll, wo er doch lediglich den allgemeinen Konsens über diesen Beitrag bestärkt (laaaangweilig! oder übersehe ich die Ironie?)
    Und um das Konsensrädchen (oder was war das noch) mal mit etwas Sand zu beträufeln: leider gibt es auch die Menschen, die wie oben beschrieben wutschnaubend ständig Kontra gebend durch die Gegend dampfen WEIL ihnen ständig plötzlich irgendwas unpassendes einfällt worüber es sich aufzuregen gibt.

    MECKER

    • @In Chickeria Ich hatte garnicht vor, einen spannenden Beitrag zu liefern, sondern wollte nur in der Konsenzsauce mitschwimmen und meine Sicht der Dinge kundtun, ohne dies durch Taten zu belegen. Das ist natürlich langweilig. Wutschnaubende Dampfwalzen finde ich allerdings auch nicht eben spannend, denn bei denen fehlt gemeinhin der Witz, die ironische Brechung, wenn Sie so wollen.

    • @In Chickeria Verstehen Sie doch bitte (oder versuchen Sie’s wenigstens) erst mal, was Phyllis’ Beitrag aussagt (oder aussagen könnte) und teilen Sie uns dann DARÜBER Ihre Ansicht mit.

    • @In Chickeria Sie mögen Schlinkert also nicht.
      Er wird’s unbeschadet überstehen (siehe Beitrag: letzter Satz)
      Nackte Antipathiekundgebungen sind langweilig, weil kindisch.
      Stänkereien bar jeglicher geistiger Substanz? *gähn*
      Schlinkert-Hasser kommen alle in der selben Aufmachung daher: ungeschneuzt und ungekämmt.
      Mit der Rotznase ist’s auf die Entfernung tatsächlich ein wenig schwierig.
      Doch beim Haar! Jederzeit könnte da hilfsweise ein Scheitel gezogen werden.

    • Ich mag hier niemanden nicht (Mecker 2) Nee nie gesagt, dass ich Schlinkert nicht mag!
      Gibt es keinen Anlass zu und das meine ich auch nicht so!

      Sehr geehrter Herr Kienspan:
      Ich habe keinen so weit gehenden Eindruck von Ihnen, dass ich Sie unsympathisch fände. Ihre Aussagen legen mir tatsächlich bisher das Gegenteil nahe.

      Ich fand nur die vorhandene Konsenzsauce öde und hab mich dabei ja vielleicht sogar verschmeckt.

      Hätte es zugegeben besser ohne den direkten namentlichen Hinweis gemacht.

      Alles Gut!
      Weitermachen!

    • “Weitermachen, ohne Meldung!” so lautet’s beim Österreichischen Bundesheer, wenn eine höhere Charge zum Beispiel ein Mannschaftszimmer betritt und von militärischen Förmlichkeiten abzusehen wünscht.

    • Kriegen Sie sich mal wieder ein … Über allzugroße Harmonie wird auf TT genauso gerne und häufig gemeckert wie über allzuviel Zoff. Die Kritik an einzelnen Namen festzumachen ist (wie bereits o f t festgestellt!) ein hervorragender Grillanzünder.
      Miss TT ist aber heute friedlich unterwegs. Sie geht zu Bett. Und wünscht allen, die noch weiterzündeln wollen (bitte nicht hier), eine gute Nacht.

  5. ich stelle fest, man kann die Leute hier auf twoday gar nicht überraschen.
    Meine Ansichten sind schon so oft publiziert und kommentiert worden, dass ich meine, dass jeder es merken müsste, wenn ich einmal einen Ironie-Smiley vergesse. Nicht so. auch Personen, die schon mehrfach bei mir gelesen haben, nehmen die Ironie für bare Münze und argumentieren ernsthaft etwas, worüber sie mit mir nicht diskutieren müssten.
    Wenn ich mich daher jetzt als überheblichen, arroganten Troll darstelle, werden sicher wieder einige zustimmen und meinen, endlich hat er es begriffen.

    P.S. Den Smiley lasse ich auch diesmal ganz bewusst aus.

    Im realen Leben trifft das mit der Konsensbereitschaft schon eher zu, dass man eine Streiterei ja eigentlich nicht will. Sie ist so etwas wie eine verlorene Zeit. Ich gebe zu, dass ich manchmal aber nur deswegen Kontra gebe, weil ich die Person nicht mag und mich gerade über etwas geärgert habe. Da kann ich dann ohneweiters Dinge behaupten, die gegen meine eigene Überzeugung gehen.

    Was die Plötzlichkeit in der Gesellschaft angeht, halte ich sie sowieso einfach für etwas Erfrischendes. Unplötzlich wäre das Gespräch übers Wetter fortzusetzen. Aber wollen die Leute wirklich etwas Neues von einem denken? Das sind nur diejenigen, für die die Plötzlichkeit gar nicht notwendig wäre. Bei denen ein “Reden wir einmal über was Gescheites!” durchaus ausreichte.
    Die anderen hingegen lieben die Verunsicherung nicht sehr. Das Neue ist unheimlich, bedrohlich. Vor fünfzig Jahren habe ich einmal in einer beruflichen Sitzung genau dagegen argumentiert. Ich unterstellte, dass die Menschen an Neuem interessiert wären. Heute gebe ich zu, dass ich Unrecht hatte. Was die Menschen als “Neues” wollen, sind Nachrichten ala News oder Bild-Zeitung, afferente Stimuli, die sie mit Leichtigkeit wegstecken können, die sie nicht beühren.
    Gar von einem Menschen berührt werden, nein, igitt, das könne ja in weiß Gott was ausarten.
    Das erlebe ich bei den Gleichaltrigen bis zu 15 Jahre jünger.
    Dort wo wirklich noch die Lust am Neuen vorherrscht, das sind die Studenten. Und da sind die serbischen Studenten den Wienern noch voraus, zumindest in meinem Berufsumfeld. Allerdings möchte ich da unsere eigenen Studenten nicht zu schlecht machen. Da finden sich auch wunderbare, LEBENDIGE und wissbegierige Menschen. Aber ab dem dreißigsten Lebensjahr dünnt es dann schon sehr aus.

    Wenn man in der richtigen Gesellschaft ist, dann lieben die Menschen vielleicht die Plötzlichkeit. Aber dann ist der Hinweis darauf nicht zweckmäßig. Denn in der richtigen Gesellschaft sind sowieso alle “plötzlich”.

    • @Steppenhund Ihre Bilanz in Sachen Lebendigkeit über dreißig ist nicht gerade erfreulich. Tja… Das Kunststück besteht dann eben verstärkt darin, zumindest die eigenen Territorien inhaltlich so zu definieren und aufzuladen, dass sich die wunderbaren, lebendigen und wissbegierigen Dreißig+jährigen (*hüstel*) dort gerne zusammenfinden. Gelingt uns ja auch ganz gut! (Smiley)
      Was mich allerdings nachdenklich macht, ist der Energiehaushalt. Viele, nein, die meisten meiner Freunde arbeiten im roten Bereich; sie verbrauchen immer ein bißchen mehr Energie, als eigentlich da ist. Das macht nicht nur Falten und dicke Augen, sondern auch einfach dauermüde. Man gewöhnt sich dran. Doch die Energieversorgung für Begeisterungsfähigkeit, Neugier und Übermut sackt ab, wenn die Stabilisierungsroutinen überhand nehmen. Erst ist es nur ein Flackern. Dann fällt der Strom auch mal ganz aus. Das kann so weit gehen, dass man den ungebremsten Enthusiasmus der Jungen irgendwann als Provokation empfindet.
      So sehr ich persönlich die Jungen liebe – ich arbeite mit ihnen – ich schätze diesen Mix aus Lebenserfahrung, Humor und Biestigkeit, der sich bei den Älteren einstellt, wenn sie zu ahnen beginnen, dass die Kräfte irgendwann nachlassen. Manche werden dann listig. Andere weise. Wenn sie gelegentlich auch noch plötzlich sind – wunderbar!

    • Ich wollte ja schon längst Ihre ganz und gar richtige Einschätzung würdigen, liebe Phyllis, denn wir Ü30er sind ja durchaus noch für was zu gebrauchen, allein ich mußte erst Kraft sammeln und mich ordentlich zusammenreißen, um eben dies hier zu schreiben, so langweilig es auch sein mag. Daß man sich an die Dauermüdigkeit gewöhnt, wußte ich übrigens noch nicht, und ich will mich auch nicht daran gewöhnen, selbst wenn ich, das wird mir jetzt allzu plötzlich klar, auf Weisheit und Listigkeit verzichten muß. [Sollte ich jetzt Smileys irgendwo einsetzen, und warum heißen die Smileys Smileys, wenn sie auch Böskuckys, Augenzwinkys usw. sein können?]

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