“Ich möchte mich verorten” sage ich. “Alle diese Jahre, und ich habe kein Haus.”
Sie sieht mich an. Komisch, da kenne ich sie so lange und merke eben erst, wie schön sie ist; offenbar hab’ ich ihr noch nie wirklich ins Gesicht gesehen. Fast türkis dieser Blick. Sind das goldene Einsprengsel da in ihrer Pupille? Ich fass’ es nicht: Die Frau hat Flitteraugen. Und einen so ruhigen Mund. Wie in einen Kahn möchte man sich reinlegen in den, auf den Rücken, und in die Sonne gucken. Dies aber ist ein Arbeitsgespräch.
“Die Leute sollen wissen, wo sie mich finden können” sage ich. “Ich seh’ mir das jetzt lange genug an, wie sie kommen und schreiben und wieder gehen, und danach kreuzen sich unsere Wege nie wieder. Fast schon zynisch, wie ich etwas in ihnen zum Keimen bringe und angieße und dann nie wieder Gelegenheit habe, daran anzuknüpfen.”
“Was schwebt dir vor?”
“Na, ein Haus. Regelmäßig geöffnet. Kontinuierlich Kurse, Biographiewerkstätten, Schreibanregungen, Veranstaltungen. Dazu eine Webpage, besser noch ein Weblog, auf dem die Akteure ihre Texte und Bilder veröffentlichen können. Mit mir als Bezugsperson.”
“Du kannst mit jungen Leuten umgehen…”
“Ich bin nah dran. Mein pubertäres Selbst ist von meinem jetzigen nur einen Schrittweit entfernt, ich komm’ da sofort hin, wenn ich will. Ich weiß ganz genau, wie es sich anfühlt, siebzehn zu sein. Viele dieser alten Gefühle drängen sich auch heute noch in mein Handeln, wenn ich nicht aufpasse.”
Sie geht darüber hinweg.
“Willst du nur mit ausländischstämmigen Jugendlichen arbeiten?” fragt sie.
“Die anderen nehme ich auch.”
“Und mit Alten?”
“Ich stell’ mir sogar vor, dass wir die Kurse mischen, gar nicht auf Kategorien festlegen, keine Etiketten, nichts mit Migranten oder Frauen oder Senioren, einfach gemischte Gruppen.”
(…)
“Wie willst du werben? Wird das dann nicht zu breit vom Angebot her?”
“Gib mir Kontinuität und einen Ort, den ich besetzen kann. Den Rest kannst Du mir überlassen. Ich trage das mit meiner Person. Die Kurse und die Kommunikation nach außen.”
“Ich habe eine Idee, wie wir’s machen können” sagt sie. “Wenn du etwas Zeit hast. Könnte noch ein- zwei Jahre dauern, bis wir’s fix haben. Das Ding ist noch im Bau.”
“Wer wird darüber entscheiden?”
“Ich.”
“Gut.”
“Wir machen das” sagt sie.
“Es ist nicht eilig. Aber ich will langsam friedlich werden, verstehst du?”
“Ja” erwidert sie.
Friedlich werden klingt viel schöner als zur Ruhe kommen, ankommen und all diese Dinge. Vielversprechender auch. Ich wünsch Ihnen Glück und Zuversicht.
@Weberin Ich danke Ihnen : )