fügt sich Alban Nikolai Herbsts Seminar »Dichtung und Internet« in meine aktuellen Fragestellungen. Gestern Abend konnte ich die Einführung noch halb liegend mit Hilfe zahlreicher mitgebrachter Kissen im Seminarraum überstehen, heute aber ist der Schmerz zu präsent. Nu verfolge ich die Veranstaltung vom Bett aus über Skype.
Nachtrag: ANH zum Seminar (aus dem >> Arbeitsjournal)
“[…] Spannend, >>>> dieses Seminar. Auch wenn Teilnehmer nicht kamen. Die Autorin vom Vortag, die hatte liegen müssen, sagte des Rückenleidens wegen ab, der Teilnehmer, der bereits gestern nicht erschienen war, sagte seiner Arbeitsüberlastung wegen ab, und die Pyschologiestudentin blieb ohne Absage fort; ich habe ein wenig das Gefühl, in meinen Positionen vorgestern abend vielleicht ein wenig zu dominant gewesen zu sein, ich hatte deutlich gezeigt, daß ich an die Entwicklung, die Evolution auch des menschlichen Gehirns glaubte, und sie hatte leise gezeigt, daß sie n i c h t daran glaubte. Inwieweit das ein Grund ist fernzubleiben, weiß ich nicht; doch muß man’s akzeptieren. Um so intensiver war die Arbeit mit den anderen. Abendschein, über Skype, erzählte uns die >>>> Bibliotheka Celaestis, wir lasen bei >>>> Parallalie und >>>> Ajtys, machten einen kleinen Spaziergang durch >>>> Bargfeld und weiteres mehr. Allen wurde klar, daß die Literatur im Internet viele un- oder nur teilerfüllte Forderungen der jungen Mordene, die man bereits fast wieder vergessen, realisiert; selbstverständlich mußte, aktualitätshalber, >>>> Hegemann gestreift werden, als wir über Collagen/Montagen sprachen, auch die Frage der Autorschaft in den Blick nahmen. „Es bleibt doch”, so versuchte ich’s zu vermitteln, „gar nicht die Frage, ob jemand abgeschrieben habe, sondern die einzige, die man sich stellen muß, ist die nach dem Formniveau, nach der Ausformung der Sätze und Bilder, der Metaphorik usw.: kurz: ist hier ein Kunstwerk entstanden? Falls ja, ist jedes Plagiat marginal, siehe Lolita, siehe das Haus der fallenden Aschers.” Überhaupt war über „Autorschaft” zu diskutieren. „Bereits, indem ich Kommentare zulasse, zerfällt sie”, sagte uns Abendschein. Da gingen wir essen.
Was bedeutet der Umbruch ins Netz für das Buch? Was ist der Fetischcharakter des Buches! „Ich hänge aber am Fetisch!” So eine Teilnehmerin, woraufhin eine andere ihr Iphone hob: „Da ist er”, sagte sie. Usw. Die Erscheinungsformen der Fetische ändern sich, auch das Buch war nicht immer einer, und die Diskussionen beim historischen Umbruch zum Buchdruck lesen sich fast identisch mit denen heute… worauf schon in ihrem Aufsatz Renate Giacomuzzi verwies. – Selbstverständlich schauten wir auch bei >>>> Jelinek vorbei, schon weil ihre Website das Beispiel für eine nahezu untechnische, sogar „handgemachte”, irgendwie gebastelte Website ist, mit dem Charme des kleinen Mittelbürgers, was Jelinek aber grade nicht ist, und dann läßt sie radikal die längsten Texte aus den Bildschirmen Bleiwüsten schaffen und will keine Bücher mehr machen, sondern nur noch im Netz publizieren.
Schließlich weitere Diskussionen, die an sich mit Literatur und Internet speziell insofern wenig zu tun hatten, weil sie sowohl fürs Internet als auch für Bücher gelten; poetologische Fragen; Fragen des Stils; Fragen der Selbstdarstellung; Fragen des Größenwahns usw.; schließlich auch eine kleine Differenz „weiblichen” und „männlichen” Schreibens, was, geb ich zu, eher spekulativ war, aber immerhin lustvoll. Danach, durch den für Berlins Februar sehr warmen Frankfurter Abend zu den Freunden hinüberspaziert, riesig schillerten die Hochhausbauten, „aber letztlich”, sagte ich, „je näher man an Frankfurt herankommt, sitzt man dann eben doch bei Handkäs und Musik.” Mit Michael Ende habe ich Frankfurtmain vor Jahren schon einen Scheinriesen genannt. Tur Tur am Main. […] ”
(Immer gut zu wissen, was man verpasst hat.)
habe eben bei herrn herbst gelesen, mich würde das weite feld als “seminar” schon auch einmal interessieren. es gab einst eine verbindung/zusammenarbeit (fruchtbar!) mit jemandem, den er auch erwähnt hat…
ich wünsche eine einigermaßen schmerzfreie teilnahme. 😉
@schneck08 danke. Schon verblüffend – mein erstes (übrigens hochinteressantes) Seminar, an dem ich per Videoschaltung teilnehme. Wegen des Heizkissens unterm Po und einer auch sonst nicht gesellschaftsfähigen Erscheinung hab ich mich allerdings entschlossen, meine eigene Kamera aus zu lassen.