»”Weil” ist in der Gestalttherapie ein Schimpfwort. Als ich damit experimentierte, bemerkte ich, wie das “Weil” mich mehr und mehr von mir selbst und meinem Tun (egal, ob gut oder schlecht) entfernte, während ich ohne dieses “Weil” schlicht und einfach sage, dass ich etwas getan habe. Und dann kehrt meine Kraft zu mir zurück. (In unserer Gesellschaft hören wir den Satz “Warum hast du das getan?” schon sehr früh, und meistens handelt es sich dabei nicht um die Bitte um Information, sondern um einen Vorwurf.)
Ohne “Weil” werde ich mehr zur Indianerin, ich lebe mit Tatsachen – ohne Lob und Tadel, jenem Auf- und Ab unseres Lebens, das dazu führt, dass wir unseren Mittelpunkt und damit unser Gleichgewicht verlieren.«
(Barry Stevens, “Don’t push the river”, 1969)
Eine Literatin ist sie nicht. Aber während ich das Buch las, meistens Nachmittags in meinem Lieblingscafé in Paris, öffnete ihr Gedankenstrom einen Generator-Raum in meinem Kopf, von dem ich gar nichts gewusst hatte. Merkwürdig. Eine Art Zeitreise auch… diese Frau, Mitte sechzig, die 1969 für ein Jahr in diese Kommune nach Kanada geht, wo Fritz Perls versucht, Psychoanalytiker:innen mit seiner Idee der Gestalttherapie zu impfen. Wie sich das für Barry anfühlte, die selbst keine ist, wie sie versucht, mit ihrer Wahrnehmung und ihren Sinnen in Kontakt zu kommen, davon handelt das Buch. So eins will ich auch schreiben, dachte ich ständig, aber ein bisschen eleganter, literarisch. Andererseits ist die fehlende Eleganz gerade das, was den “River” ausmacht … es ist gänzlich unartifiziell. Es geht weder um Konstruktion noch um Dekonstruktion, sondern schlicht darum, Gegenwart so unangestrengt wie möglich in eine Form zu bringen, die Andere daran teilhaben lässt. Barry Stevens ist sich durchaus bewusst, dass dieser Versuch von Vorneherein zum Scheitern verurteilt ist.
Ich glaube nicht, dass diese eigenartige Hippie-Magie mir erhalten bleiben wird, die das Buch beim ersten Lesen für mich ausstrahlte. Doch ich habe vieles notiert, mit dem ich mich weiterhin beschäftigen möchte.
Vor einigen Tagen erzählte mir jemand, in ihrem Unternehmen gäbe es Potenzial-Kandidaten. Die kämen für einige Jahre auf eine “Watchlist”, würden speziell ausgebildet und trainiert, um dann irgendwann den “Ready”-Status zu erreichen, von dem aus sie in die verfügbaren Führungspositionen verteilt würden.
Klingt plausibel…
Ich würde wahrscheinlich durchdrehen, stünde ich auf einer Watchlist. Aber Ready war ich schon immer. Na ja, fast ; )
Ich bin zumindest schon mal fertig gelaufen & geduscht. Jetzt noch die Packlist. Nachher 4 Stunden im Auto mit kaputter Air Condition – Das hat Temperaturpotenzial!
[Zwischen den Spielereien ernsthafte Selbstbeobachtungen zur Frage: Wie bereite ich mich auf etwas vor? Durch welche inneren Zustände gehe ich dabei? Was sagt mir das? Was sind die Kriterien, die wirklich zählen? Wehe, man richtet seine Vorbereitung an anderen Kriterien aus. Warum bin ich gestern abend fast durchgedreht (von dem Vorbereitungsding ganz unabhängig) aufgrund eines beiläufigen Satzes? Und so weiter. Man bloggt ja nicht alles, und ich zur Zeit eh nicht. Was ist gut für mich? In welchen Ecken würde es mit mehr Erlaubnissen und Spielerischheit viel besser gehen? Auch in den öffentlichen Ecken. Welche Ecken gehören verboten oder besser: ersetzt (spart man sich das Verbieten) durch etwas, das besser ist, Spiel ist, die richtige Intensität, das richtige Gut-für-mich. Inneres Pirschen. Klarsichtigkeit. Begegnungen, Präsenz, Augenblick. Und so weiter. Jetzt eine Woche auf Englisch. Kind of roleplay, freshplay, free-of, freeing my mind.]
Fast ready, Ihr B.
Hach, ich freu’ mich ja immer, wenn Sie mal ein bisschen erzählen!
Schöne Fragen; viele davon kenne ich in eigener Formulierung, aber ähnlicher Laufrichtung. Und das Englische: Manchmal bin ich immer noch verdutzt, wie sich der Spiel-Raum verändert, wenn man in einer anderen Sprache unterwegs ist. Nicht nur der inhaltliche, sondern auch jener der Selbstwahrnehmung. Falls sich das überhaupt trennen lässt..
Gute Fahrt! Klimaanlagen sind ja sowas von out! ; )
Fast freestyle, TT
ich war immer schon zu allem bereit.
aber zu nichts zu gebrauchen.
😉
*Lacht* Wer’s glaubt, Herr Ramirer…
Zum einen muß ich mich dem Ramirer-Satz anschließen, denn diese Aussage trifft sicher auf mich auch irgendwie zu, zum anderen mich aber auch mal wieder wundern über diese Sache mit der “Watchlist” und dem “Ready-Status”. Natürlich ist das bekannt, am Rande des Bekanntenkreises kriegt man das ja mit, aber ich wundere mich trotzdem immer wieder, warum Menschen so was mitmachen, denn daß so was krank ist, dürfte ja wohl außer Frage stehen.
Effizientes Kranksein, scheint mir. Für die maximale Gewinnausschöpfung. Wenn sie dann wirklich krank sind, übernimmt der Staat. Also wir alle. Beunruhigend dabei der Aspekt der Freiwilligkeit.
@Norbert Ich bekomme solche Strukturen eher selten mit, aber wenn, werde ich immer sehr nachdenklich. Weil ich dem Dilettanten zustimmen muss: Immerhin begeben sich die Leute mehr oder weniger freiwillig in solche Konstrukte. Ich vermute mal, viele fühlen sich damit auch ziemlich gut, solange alles so läuft, wie sie es sich erhoffen. Klare Ansagen und so. Hierarchien sind nicht zufällig so erfolgreich, hinzu kommt noch – vermute ich – das Gefühl, an einer gemeinsamen Dynamik teilzuhaben. Krank machen Strukturen nur, wenn sie auf Selbstentfremdung angelegt sind. Ich glaube aber, dass sich mehr Leute mit klaren Hackordnungen identifizieren können, als Sie und ich uns vorstellen wollen.
@DerDilettant Mit den eigenen Potenzialen nicht “erfasst”, bzw wahrgenommen zu werden, kann definitiv genauso krank machen –
@Phyllis, DerDilettant Daß das viele Menschen freiwillig und mit gutem (Anfangs-)Gefühl mit sich machen lassen, immerhin löckt ja einiges an Belohnungen, immaterieller wie materieller Art, glaube ich auch, aber anders als bei Spiel und Sport gibt es im Erwerbsleben nicht immer wieder die nächste Möglichkeit, sich zu beweisen, denn wie schnell ist man beispielsweise “alt” in diesem Land! Sein Können und Wissen trotz aller Anstrengungen überhaupt nicht relevant in Sinnzusammenhänge bringen zu können, bringt einen natürlich letztlich auch auf die Verliererschiene, wie man leicht aus der Kulturgeschichte lernen kann. Was also, das ist die Frage, tun!? Ich halte es, wie schon öfter bekundet, mit Samuel Beckett: “Immer besser scheitern”.
Der wunderbare Christoph Schlingensief nannte es “Scheitern als Chance” – aber auch der hatte sich’s irgendwo entlehnt, wahrscheinlich bei Buddha ; )
Beckett schrieb mal in einem Brief “Weitermachen ist mehr, als ich tun kann”, was ungefähr das Selbe bedeutet wie “Immer besser scheitern” und “Scheitern als Chance” – daß diese Gedanken in allen möglichen Variationen seit Urzeiten in der Welt sind, scheint mir allerdings mehr als wahrscheinlich zu sein, denn wer schöpft schon allein aus sich selbst?
Parole des Tages: Schöpfen statt Abschöpfen!
Nicht nur des Tages, sondern die eines jeden!
Komisch, irgendwie wusste ich, dass Sie das schreiben würden ; )
Ja, ich auch!
uuu… und hsss… “…
aber ein bisschen eleganter, literarisch.
…”
Spontan: Als ob so ein bisschen Eleganz literarisches Schreiben ausmachen würde – eher doch Gefälligkeit, oder?
:·
🙂
[Das System fordert mich auf, guny einzutippen … guny – pengpeng, goony]
Sag’ ich ja. Der “elaborierte Code” wirkt oft künstlich und angepasst, wenn man ihn nicht beherrscht. Andererseits ist Unverstelltheit auch nicht immer prickelnd zu lesen. Ich glaube, ich kann darüber keine allgemeingültigen Aussagen treffen. Wenn mich die Inspiration packt, wenn ich Ideen habe, suche ich nach für mich angemessenen literarischen oder bildnerischen Ausdrucksformen. Die sind mal rotzig, mal erlesen, und manchmal einfach normal. Ich hab’ keine Lust, mich damit zu beschäftigen, ob meine Spuren “in der Welt” gefällig oder rebellisch wirken. Mit solchen Hamsterrädchen habe ich schon genug Zeit vertan in früheren Jahren…
mhm … Mir war danach, vom ersten Gedanken auszubreiten, den
“…
aber ein bisschen eleganter, literarisch.
…”
mir zündete. Darüber hinaus regte mich diese Passage an, wieder einmal über Zeichen und deren Setzung nachzudenken, auch, das jetzt von anderer Stelle hergeholt, was jetzt wohl den Unterschied macht zwischen Rezeption und Intention, und an was außer dem Leser Innewohnendem ich das festmachen könne.
Das Komma mag hier keine weitere Aufgabe haben als innerhalb einer Aufzählung kennzuzeichnen, mir selbst ists eben auch zu lesen als kurzes Innehalten vor dem begründenden Fortgang des Gedankens. Zwar subtiler, als ein Doppelpunkt dies klargestellt hätte, aber …
Was Inspiration angeht und durchgehende Pferde, so wurde mein Vernachlässigen allen Suchens allzu oft offenbar, nicht wahr?
:)!
[Das System fragt jetzt nach “cull” … cull, ich lipe es: cull, das ist sicherlich ein heizbarer Eiswürfel, also in etwa so wie köl in “Kölle Alaaf!” um 23:59:30, Veilchendienstag]
Hallo Herr Janssen, spielen Sie doch einfach mit dem “Neues Bild”-Knopf. Da können Sie so oft draufdrücken wie Sie mögen und jedesmal erhalten Sie ein neues faszinierendes Wort. Garantiert hitzebeständig!
Le cul, @Ludwig Janssen, heißt auf französisch der Arsch. Musste eben lachen, als ich Ihre Assoziation zu heizbaren Eiswürfeln las.
sry Bin eine spontane Assoziation, Herr Janssen meinte, da ich ihm schon durch den Kopf ginge und phonetisch iwi am Arsch vorbei, sollte ich bei Ihnen vorstellig werden …
:)!
[naat … naat, wie naatürlich, mit Spin]
ein musikalischer gruss
http://www.youtube.com/watch?v=z-0QtcCRDdM#at=194
oh, gorgeous, another one … … like …
me! 🙂
http://www.youtube.com/watch?v=XDU8K114aYw
ne schnipp pas mon cul, le aal aaf! (zelt fuß bläh)
[wives … das System lässt nach]
@Lobster Thanks for mornin’ music
@Edward Lovely to c u again, I had almost forgotten about you. Please stay, we like scissors around here
[some wives though, but not the scary type]
@DERDILLETANT Hm, “mit dem Dings” spielen ist beileibe nicht dasselbe als auf sich zukommen lassen, was “das System” an Überraschung bereithält, wenn man, wie hier versucht, einen kommentierenden Beitrag abzuliefern bzw. eine Schwurbelei aufzudrängen.
Mag sein, dass es aufgesetzt wirkt, gewollt, die eher beifängigen Aufforderungen des System zu verwursten, wie ichs gern mache, auch hier. Doch sammle ich gelegentlich solche durch ein System geschwurbelten Konstrukte und versuche, sie, die eigentlich Sprache zu Verifizierungszwecken maschinisieren, an ihrer eigentlichen Funktion vorbei einer anderen Aufgabe einzuschreiben. So eine Art Rückversprachlichung, Rückvereinnahmung des Worts (der Worst), wie z.B. hier:
http://springvogel.blogspot.de/2013/05/google-forderte-beweisen-sie-dass-sie.html
… oder halt einzelwörtlich wie das [zosed], das aktuell von einem System generiert mich an dessen Funktionalität ankoppeln soll, muss ich ja mit mir machen lassen, will ich Sie wissen lassen, was Sie zwar nicht in Erfahrung bringen möchten, ich jedoch von mir geben. Gleichermaßen setze ich dem mich frustierenden System die Kappe auf, mfg.
:).