Man beachte die Haltung der rechten Hand. Erinnert an Abwehrbereitschaft unter Einsatz des Stockes. Der dünne Appell “vergib mir” scheint ziemlich befremdlich zu wirken.
@Nömix Auf den ersten Blick sieht der Mann so natürlich besser aus. Aber ich hab’ die Augenbinde durchaus absichtlich so gesetzt, weil … er eben etwas leicht seltsames haben sollte … ; )
@Phyllis … sondern (den möglichen Stockhieb) nur andeuten, ich weiß – meist reicht das schon.
Das “vergib mir” vermag ich nicht aufzulösen. Aber das ist eine andere Geschichte, die mit der Zeichnung nichts zu tun hat.
@Kienspan Ich will jetzt nicht mit dem alten Klischee kommen, dass man bildende Künstler:innen nie zu ihrer Arbeit befragen darf, weil sie eh nur Bockmist erzählen…
Das “vergib mir” (so viel sag’ ich dann doch) hat sich einfach so in die Zeichnung eingeschlichen. Wollen denn die Säcke nicht immer, dass man ihnen vergibt?
Ich wollte Sie nicht befragen, liebe Phyllis, nur meine Regungen rückmelden.
“Vergib mir” tönt in mir als eine wertlose Floskel, die einem enttarnten – und erst durch die Enttarnung eingesehenen – Manipulationsversuch folgt. Es ist nichts weiter als eine Beschwichtigungsformel, gerichtet auf die deutlich erkennbare Verstimmung, die sich einstellt. Sie ist das Eingeständnis, dass sich die eingetretene Situation nicht mehr zurück manipulieren lässt. Gleichzeitig ist sie die Selbstermächtigung für weitere Beeinflussungsversuche, ohne aus dem eben gescheiterten Lehren ziehen zu müssen. Aber immer hin: die Floskel trägt ein gewisses Maß an Zugeständnis nicht rechtfertigbarer Verletzung in sich. Im seelischen Nebenzimmer sind indes die Verletzungen gestapelt, die niemand jemals zu benennen als notwendig erachtete.
Eine mögliche Auflösung wäre vielleicht: “du kannst mir gestohlen bleiben”, oder “ich nehm’ dich nicht mehr ernst”. Es stimmt schon, was Sie sagen, Phyllis. Säcke wollen immer, dass man ihnen vergibt, denn sie wollen weiterspielen.
PS: Es gibt natürlich die Menschen, denen die Worte “vergib mir” nicht
zur Forderung, sondern zur Bitte geraten. Allein, ich kenn’ so wenige.
Haben Sprechblasen ein Leben außerhalb der Zeichnung? Nun, klassisch gesehen stellt die Sprechblase eine zusätzliche Dimension der Zeichnung dar.
Sie ist Teil der Zeichnung, auch wenn sie aus einer photoshopisch gesetzten Font bestünde.
So gesehen kann sie sich — meines Erachtens — genauso wenig incognito und unerkannt bleibend in eine Zeichnung einschleichen, wie ein langes weißes Haar auf meine Brust.
Isses amol drauf, gehört’s dazu (Teil des selbigen, so zu sagen).
Den tiefen Gehirnwindungen der werten Zeichnerin hat wohl eine Dimension in der Zeichnung gefehlt, sonst wäre diese Sprechblase nicht von hier nach dort (durch den den Stift durch) gewandert.
Dort ein Mal angekommen, machte sie es sich in ihrer Ecke bequem und gehörte fortan einfach dazu.
***
Daß nur wenige diese Floskel antifloskelisch nutzen, stimme ich gerne zu.
Davor stünden nämlich ziemlich viel an unbequeme Arbeiten sowie die Errungenschaft eines gewissen Ehrgefühls an der Tagesordnung.
In aller Aufrichtigkeit mit einhergehender Einsicht reflektieren, zum Beispiel.
Das kann nicht jede:r.
Wahrlich nicht (ja, es klingt bitter, es *ist* bitter).
@Kienspan Ich entsinne mich nicht, diese Worte schon einmal in meinem realen Leben tatsächlich gehört zu haben. Oder ausgesprochen. Für die Dinge, die mir und meinen Nächsten leid tun, reicht meistens eine schlichtere Entschuldigung.
Bäte mich jemals mit einem “Vergib mir!” um Verzeihen, ich würde es ernst nehmen. Denn selbst würde ich diese Worte nur in den Mund nehmen, wenn ich keine Wahl mehr hätte. Wenn ich so in die Enge getrieben wäre vom Blick auf meine eigene Schuld, von Scham und Reue, dass ich der Hilfe des Anderen bedürfte, um mich wieder bewegen zu können.
Brrrr. Mag gar nicht darüber nachdenken.
Hat auch mit der Zeichnung gar nichts mehr zu tun, fiel mir nur eben ein.
@Genuin Ah, Ihr Kommentar erinnert mich daran, dass ich die Ersten Sätze, die Sie mir per Mail schickten, noch nicht eingestellt habe.
“Isses amol drauf, gehört’s dazu” : wenn Sie wüssten! Ich zeichne oft mehrere Versionen des gleichen Motivs, bis es in meinen Augen stimmig ist. Auch von dieser Zeichnung gibt es eine, wenn nicht zwei Varianten ohne das “Vergib mir”. Doch Sie haben recht, es gehört dazu; deswegen ist auch diese Version die einzig von mir mir selbst gegenüber autorisierte : )
Über Aufrichtigkeit habe ich schon zu Kienspan hin versucht, ein paar Gedanken zu sammeln. Interessant wäre der Unterschied zwischen einer ehrlichen und einer aufrichtigen Bitte um Verzeihung. Muss mal darüber nachdenken.
Reflektierend und stolz Ehrlich ist a priori.
Aufrichtig ist a posteriori.
Ehrlich ist eine Charaktereigenschaft, die aber nicht immer reicht, man kann sich selbst seeeehr gut täuschen.
Ehrlich ist mitunter naiv.
Aufrichtig ist eine Haltung.
Wer aufrichtig ist, steht zu seinen Taten: im Sinne von “Verantwortung übernehmen”. Wiedergutmachung ist dann eine Selbstverständlichkeit, keine “oh, es tut mir Leid!” Sackgasse der Lähmung und des Nichtstun (Zeit gewinnen, Zeit gewinnen, bis man alles vergißt) sondern echte Taten gehören dazu.
Vielleicht nur die strenge Ehre der Menschlichkeit.
Man kann ehrlich und feige sein (und dadurch noch mehr weh tun) => ich kann mich da schon an Situationen aus meiner Jugend erinnern, auf die ich selber alles andere als stolz bin!
Feige ist man bei Aufrichtigkeit nie, sondern stolz (im positiven Sinne), auch wenn’s weh tut.
@Genuin Ihre heiße Rede würden mich sehr interessieren.
An dieser Zeichnung ließe sich ganz gut untersuchen, welche Haltung der Aufrichtige und welche der Wahrhaftige (der Ehrliche verblasste in diesem Zusammenhang) einnimmt. Da gibt es einen spürbaren Unterschied, will mir scheinen – ebenso in deren Ausdruck einer Bitte um Verzeihung.
Verzeihung aber ist wiederum ein derart großes Thema, dass es den Rahmen des Skizzenbuchs sprengen würde.
Diese Stinkmorchel. Ist mir an anderer Stelle auch
schon angepriesen worden.
Entpuppte sich als wackliger Pilz
mit abgebrochenem Hütchen.
Und aus dem faulen Schaft
baumelte ein dünnes Würmchen.
Die Stinkmorchel Weiß die Morchel, dass sie stinkt
Und Pestilenz im Umkreis schwingt?
Geht sie mit dem Wissen schwanger,
Ja, Stinker bin ich, lebenslanger?
Niemand kann das wirklich wissen,
Die Pilze sind verflixt gerissen.
Glaubhaft wäre, dass sie’s wissen,
Weil Morcheln selten Morcheln küssen.
Werden Menschen nicht gekost,
Verhalten Nachbarn sich erbost,
Wenn der Hund sich schnell verkriecht,
Ist’s möglich, dass man heftig riecht.
Die HERRliche Haltung zeigt sich offenbar stets im Verhältnis zur Bewaffnung: Hand und Stand. So auch hier noch, unter Säcken. Wo allerdings die Waffe kein Ziel mehr findet und notwendig ins Leere stößt. Es kann dies nicht vergeben werden, so viel ist klar. Denn im Gesäusel liegt die Forderung, zum Sacke zu erschlaffen.
Chodowiecki, als er Bürger-Mann und -Weib die rechte Haltung leerte, hieß den Herrn sorgsam die Hand vor den Knauf der Waffe legen. Der dennoch zielgerichtet blieb. Sie schlug die Augen nieder (musste!). In die er niemals gestarrt hätte, so angriffslustig wie dieser hier. Alle Unterdrückung prägt Haltung auf: die größte Versteifung – vor der Explosion des Begehrens.
Der Adelsspross indessen, vor dessen Verluderung der aufklärende Kupferstecher zu warnen vorgab, streckte mit zurückgeschobenem Becken seine Waffe vor, genau aufs Ziel hin: den Schoß der Dame. Allerdings krümmte er sich dabei so arg, dass kein Druck dahinter war – nur die ziselierte Inszenierung der Lust.
Und dieser hier: Schaut nieder. Auf die Säcke. Im Augenwinkel h a t er sie. Hilft ihm nix: Freibeuter-Klappe nicht und Knauf und Kralle nicht. Er wird erstarren oder erschlaffen – ganz ohne Aussicht auf Erlösung.
(An eine historisch-kritische Auslegung wag´ ich mich nicht.)
@MelusineB Die Zeichnung, spür’ ich gerade, brauchte noch einen weiblichen Blick. Nun hebt sie ab wie ein Luftschiff, das fertig befüllt ist.
(Schön, dass Sie auf Ihren Körpersprache-Text verlinken, den ich schon beim ersten Mal mit großer Neugier las – )
( Nein, es wird nicht alles gut, leider. Aber es wird! Das Tun selbst ist Haltungsfrage – die Interpretation des Tuns bereits nicht mehr. Ich schreibe das, obwohl mein Verstand mir eben einreden will, es sei anders herum. )
@MelusineB Mir ist nun klar geworden, weshalb sich die Handhaltung des Mannes und dessen Blick eben nicht zur Angriffsbereitschaft deuten lässt: “Vergib mir” legt einen vorgängigen Angriff der anderen Seite (des Sackes) nahe. Andernfalls fühlte sich nämlich die Vorstellung, dass ein Aggressor um Vergebung gebeten wird, außerordentlich seltsam an.
Nein, die Zeichnung stellt energische Abwehrbereitschaft dar. Dabei findet sich eine neue Deutung für die Augenklappe. Sie verhilft zum klaren Durchblick. Das trübe, weil verletzte Auge (denken Sie an das Bild vom “Sand in die Augen streuen”) behinderte das gute Auge im Erkennen. Denn es überlagerte das scharfe Bild mit einem verbergenden Schleier. Daher mag der Mann die Augenklappe sich selbst angelegt haben, einen elementaren Erkenntnisschritt verwirklichend. Der Verteidigungswille mag also dem verbliebenen Wahrnehmungsvermögen und, damit verbunden, der inneren Haltung gelten.
Was aber, wenn die Säcke bloß im Kopf des Mannes lebten? Es spielte keine Rolle, meine ich. Haltung (wahrhaftige, nicht: aufrichtige) ist eine Angelegenheit der Entschließung – einerlei, welchen Anfeindungen sie ausgesetzt ist. Sie hat ihre Wurzeln im Nährboden des inneren Wertekanons, dessen Zusammensetzung durch die “Säcke” unentwegt in Frage gestellt wird.
Wem stünde es schon zu, “Herr” zu sein, “Herr” über sein Dasein? Was ist mit der Frauengestalt an der Stelle des Mannes in dieser Zeichnung, die einen Sonnenschirm statt eines Stockes in ihrer rechten Hand bereithält? Ich versuche, mir jenen weiblichen Blick vorzustellen: Respekt gebietend, fiele mir ganz schnell dazu ein – keinesfalls angriffslustig. Und wie erginge es wohl dem “Herrn”, mit solchem Blick konfrontiert?
Der hat die Augenbinde falschrum aufgesetzt.
Bitte um Begründung, werter Nömix!
Voilà.
@Nömix. Aber jetzt verdeckt er den Schmiß nicht mehr, sondern mußte ihn wegschminken. Das gibt dem Gehstock etwas Transvestites.
@Nömix Der hat sich die Augenbinde nicht selbst aufgesetzt. Sie wurde ihm verpasst.
Man beachte die Haltung der rechten Hand. Erinnert an Abwehrbereitschaft unter Einsatz des Stockes. Der dünne Appell “vergib mir” scheint ziemlich befremdlich zu wirken.
Entschuldige für den letzten Beitrag war alleine nur mein Zustand zuständig, jetzt geht es wieder…
@Nömix Auf den ersten Blick sieht der Mann so natürlich besser aus. Aber ich hab’ die Augenbinde durchaus absichtlich so gesetzt, weil … er eben etwas leicht seltsames haben sollte … ; )
@Kienspan Das “Aufrechte” sollte eben nicht ganz hinhauen…
@Mitte Erst denken, dann schreiben!
Bissi old school, aber weiterhin kein schlechter Tipp : )
@Phyllis … sondern (den möglichen Stockhieb) nur andeuten, ich weiß – meist reicht das schon.
Das “vergib mir” vermag ich nicht aufzulösen. Aber das ist eine andere Geschichte, die mit der Zeichnung nichts zu tun hat.
@Kienspan Ich will jetzt nicht mit dem alten Klischee kommen, dass man bildende Künstler:innen nie zu ihrer Arbeit befragen darf, weil sie eh nur Bockmist erzählen…
Das “vergib mir” (so viel sag’ ich dann doch) hat sich einfach so in die Zeichnung eingeschlichen. Wollen denn die Säcke nicht immer, dass man ihnen vergibt?
Ich wollte Sie nicht befragen, liebe Phyllis, nur meine Regungen rückmelden.
“Vergib mir” tönt in mir als eine wertlose Floskel, die einem enttarnten – und erst durch die Enttarnung eingesehenen – Manipulationsversuch folgt. Es ist nichts weiter als eine Beschwichtigungsformel, gerichtet auf die deutlich erkennbare Verstimmung, die sich einstellt. Sie ist das Eingeständnis, dass sich die eingetretene Situation nicht mehr zurück manipulieren lässt. Gleichzeitig ist sie die Selbstermächtigung für weitere Beeinflussungsversuche, ohne aus dem eben gescheiterten Lehren ziehen zu müssen. Aber immer hin: die Floskel trägt ein gewisses Maß an Zugeständnis nicht rechtfertigbarer Verletzung in sich. Im seelischen Nebenzimmer sind indes die Verletzungen gestapelt, die niemand jemals zu benennen als notwendig erachtete.
Eine mögliche Auflösung wäre vielleicht: “du kannst mir gestohlen bleiben”, oder “ich nehm’ dich nicht mehr ernst”. Es stimmt schon, was Sie sagen, Phyllis. Säcke wollen immer, dass man ihnen vergibt, denn sie wollen weiterspielen.
PS: Es gibt natürlich die Menschen, denen die Worte “vergib mir” nicht
zur Forderung, sondern zur Bitte geraten. Allein, ich kenn’ so wenige.
Haben Sprechblasen ein Leben außerhalb der Zeichnung? Nun, klassisch gesehen stellt die Sprechblase eine zusätzliche Dimension der Zeichnung dar.
Sie ist Teil der Zeichnung, auch wenn sie aus einer photoshopisch gesetzten Font bestünde.
So gesehen kann sie sich — meines Erachtens — genauso wenig incognito und unerkannt bleibend in eine Zeichnung einschleichen, wie ein langes weißes Haar auf meine Brust.
Isses amol drauf, gehört’s dazu (Teil des selbigen, so zu sagen).
Den tiefen Gehirnwindungen der werten Zeichnerin hat wohl eine Dimension in der Zeichnung gefehlt, sonst wäre diese Sprechblase nicht von hier nach dort (durch den den Stift durch) gewandert.
Dort ein Mal angekommen, machte sie es sich in ihrer Ecke bequem und gehörte fortan einfach dazu.
***
Daß nur wenige diese Floskel antifloskelisch nutzen, stimme ich gerne zu.
Davor stünden nämlich ziemlich viel an unbequeme Arbeiten sowie die Errungenschaft eines gewissen Ehrgefühls an der Tagesordnung.
In aller Aufrichtigkeit mit einhergehender Einsicht reflektieren, zum Beispiel.
Das kann nicht jede:r.
Wahrlich nicht (ja, es klingt bitter, es *ist* bitter).
@Kienspan Ich entsinne mich nicht, diese Worte schon einmal in meinem realen Leben tatsächlich gehört zu haben. Oder ausgesprochen. Für die Dinge, die mir und meinen Nächsten leid tun, reicht meistens eine schlichtere Entschuldigung.
Bäte mich jemals mit einem “Vergib mir!” um Verzeihen, ich würde es ernst nehmen. Denn selbst würde ich diese Worte nur in den Mund nehmen, wenn ich keine Wahl mehr hätte. Wenn ich so in die Enge getrieben wäre vom Blick auf meine eigene Schuld, von Scham und Reue, dass ich der Hilfe des Anderen bedürfte, um mich wieder bewegen zu können.
Brrrr. Mag gar nicht darüber nachdenken.
Hat auch mit der Zeichnung gar nichts mehr zu tun, fiel mir nur eben ein.
@Genuin Ah, Ihr Kommentar erinnert mich daran, dass ich die Ersten Sätze, die Sie mir per Mail schickten, noch nicht eingestellt habe.
“Isses amol drauf, gehört’s dazu” : wenn Sie wüssten! Ich zeichne oft mehrere Versionen des gleichen Motivs, bis es in meinen Augen stimmig ist. Auch von dieser Zeichnung gibt es eine, wenn nicht zwei Varianten ohne das “Vergib mir”. Doch Sie haben recht, es gehört dazu; deswegen ist auch diese Version die einzig von mir mir selbst gegenüber autorisierte : )
Über Aufrichtigkeit habe ich schon zu Kienspan hin versucht, ein paar Gedanken zu sammeln. Interessant wäre der Unterschied zwischen einer ehrlichen und einer aufrichtigen Bitte um Verzeihung. Muss mal darüber nachdenken.
Reflektierend und stolz Ehrlich ist a priori.
Aufrichtig ist a posteriori.
Ehrlich ist eine Charaktereigenschaft, die aber nicht immer reicht, man kann sich selbst seeeehr gut täuschen.
Ehrlich ist mitunter naiv.
Aufrichtig ist eine Haltung.
Wer aufrichtig ist, steht zu seinen Taten: im Sinne von “Verantwortung übernehmen”. Wiedergutmachung ist dann eine Selbstverständlichkeit, keine “oh, es tut mir Leid!” Sackgasse der Lähmung und des Nichtstun (Zeit gewinnen, Zeit gewinnen, bis man alles vergißt) sondern echte Taten gehören dazu.
Vielleicht nur die strenge Ehre der Menschlichkeit.
Man kann ehrlich und feige sein (und dadurch noch mehr weh tun) => ich kann mich da schon an Situationen aus meiner Jugend erinnern, auf die ich selber alles andere als stolz bin!
Feige ist man bei Aufrichtigkeit nie, sondern stolz (im positiven Sinne), auch wenn’s weh tut.
Ich merke es schon: ich rede mich wieder heiß!
@Genuin Ihre heiße Rede würden mich sehr interessieren.
An dieser Zeichnung ließe sich ganz gut untersuchen, welche Haltung der Aufrichtige und welche der Wahrhaftige (der Ehrliche verblasste in diesem Zusammenhang) einnimmt. Da gibt es einen spürbaren Unterschied, will mir scheinen – ebenso in deren Ausdruck einer Bitte um Verzeihung.
Verzeihung aber ist wiederum ein derart großes Thema, dass es den Rahmen des Skizzenbuchs sprengen würde.
@Kienspan Dieses Skizzenbuch hat viel Platz. Wenn Zeichnungen Gespräche zu den “großen” Themen anregen, das ist das Beste überhaupt.
Diese Stinkmorchel. Ist mir an anderer Stelle auch
schon angepriesen worden.
Entpuppte sich als wackliger Pilz
mit abgebrochenem Hütchen.
Und aus dem faulen Schaft
baumelte ein dünnes Würmchen.
Die Stinkmorchel Weiß die Morchel, dass sie stinkt
Und Pestilenz im Umkreis schwingt?
Geht sie mit dem Wissen schwanger,
Ja, Stinker bin ich, lebenslanger?
Niemand kann das wirklich wissen,
Die Pilze sind verflixt gerissen.
Glaubhaft wäre, dass sie’s wissen,
Weil Morcheln selten Morcheln küssen.
Werden Menschen nicht gekost,
Verhalten Nachbarn sich erbost,
Wenn der Hund sich schnell verkriecht,
Ist’s möglich, dass man heftig riecht.
Ingo Baumgartner
Grinsegrins!
Wenn ich ehrlich bin. Hätten Sie besser einen
StreeruWITZ erzählen sollen.
Marlene gewinnt mit Pointen,
Ingo verliert mit Reimzwang.
Punktzwang. tja, nobodi is pörvekt ; )
(sry)
Pointenzwang mit >>> Streeruwitz. Nur der Vollständigkeit halber ; )
Die HERRliche Haltung zeigt sich offenbar stets im Verhältnis zur Bewaffnung: Hand und Stand. So auch hier noch, unter Säcken. Wo allerdings die Waffe kein Ziel mehr findet und notwendig ins Leere stößt. Es kann dies nicht vergeben werden, so viel ist klar. Denn im Gesäusel liegt die Forderung, zum Sacke zu erschlaffen.
Chodowiecki, als er Bürger-Mann und -Weib die rechte Haltung leerte, hieß den Herrn sorgsam die Hand vor den Knauf der Waffe legen. Der dennoch zielgerichtet blieb. Sie schlug die Augen nieder (musste!). In die er niemals gestarrt hätte, so angriffslustig wie dieser hier. Alle Unterdrückung prägt Haltung auf: die größte Versteifung – vor der Explosion des Begehrens.
Der Adelsspross indessen, vor dessen Verluderung der aufklärende Kupferstecher zu warnen vorgab, streckte mit zurückgeschobenem Becken seine Waffe vor, genau aufs Ziel hin: den Schoß der Dame. Allerdings krümmte er sich dabei so arg, dass kein Druck dahinter war – nur die ziselierte Inszenierung der Lust.
Und dieser hier: Schaut nieder. Auf die Säcke. Im Augenwinkel h a t er sie. Hilft ihm nix: Freibeuter-Klappe nicht und Knauf und Kralle nicht. Er wird erstarren oder erschlaffen – ganz ohne Aussicht auf Erlösung.
(An eine historisch-kritische Auslegung wag´ ich mich nicht.)
Gefällt mir! Die Zeichnung! ( I don´t want to change a thing when there´s magic ) Vielleicht wird doch alles gut? (Im Sack?)
@MelusineB Die Zeichnung, spür’ ich gerade, brauchte noch einen weiblichen Blick. Nun hebt sie ab wie ein Luftschiff, das fertig befüllt ist.
(Schön, dass Sie auf Ihren Körpersprache-Text verlinken, den ich schon beim ersten Mal mit großer Neugier las – )
( Nein, es wird nicht alles gut, leider. Aber es wird! Das Tun selbst ist Haltungsfrage – die Interpretation des Tuns bereits nicht mehr. Ich schreibe das, obwohl mein Verstand mir eben einreden will, es sei anders herum. )
@MelusineB Mir ist nun klar geworden, weshalb sich die Handhaltung des Mannes und dessen Blick eben nicht zur Angriffsbereitschaft deuten lässt: “Vergib mir” legt einen vorgängigen Angriff der anderen Seite (des Sackes) nahe. Andernfalls fühlte sich nämlich die Vorstellung, dass ein Aggressor um Vergebung gebeten wird, außerordentlich seltsam an.
Nein, die Zeichnung stellt energische Abwehrbereitschaft dar. Dabei findet sich eine neue Deutung für die Augenklappe. Sie verhilft zum klaren Durchblick. Das trübe, weil verletzte Auge (denken Sie an das Bild vom “Sand in die Augen streuen”) behinderte das gute Auge im Erkennen. Denn es überlagerte das scharfe Bild mit einem verbergenden Schleier. Daher mag der Mann die Augenklappe sich selbst angelegt haben, einen elementaren Erkenntnisschritt verwirklichend. Der Verteidigungswille mag also dem verbliebenen Wahrnehmungsvermögen und, damit verbunden, der inneren Haltung gelten.
Was aber, wenn die Säcke bloß im Kopf des Mannes lebten? Es spielte keine Rolle, meine ich. Haltung (wahrhaftige, nicht: aufrichtige) ist eine Angelegenheit der Entschließung – einerlei, welchen Anfeindungen sie ausgesetzt ist. Sie hat ihre Wurzeln im Nährboden des inneren Wertekanons, dessen Zusammensetzung durch die “Säcke” unentwegt in Frage gestellt wird.
Wem stünde es schon zu, “Herr” zu sein, “Herr” über sein Dasein? Was ist mit der Frauengestalt an der Stelle des Mannes in dieser Zeichnung, die einen Sonnenschirm statt eines Stockes in ihrer rechten Hand bereithält? Ich versuche, mir jenen weiblichen Blick vorzustellen: Respekt gebietend, fiele mir ganz schnell dazu ein – keinesfalls angriffslustig. Und wie erginge es wohl dem “Herrn”, mit solchem Blick konfrontiert?
@Kienspan, Haltung Dazu fällt mir >>> dieser Text wieder ein.
Ja übrigens zur Abwehr. Der Angriff, so man will, kommt von unten.
@Phyllis Wühlmäuse machten sich an den Wurzeln zu schaffen? Nein, gewiss nicht.
FürAuf mich würde das Bild zutreffen: “zuviel gejätet” : )