Was ich noch sagen wollte. Mein Text mit der Intelligenzität und dem vermeintlich Oberflächlichen. Sie wissen schon. Ich merke an bestimmten Zeichen in der werten Netznachbarschaft, dass da bei einigen von Ihnen die Klappe runterging. Nachvollziehbar. So nach dem Gießkannenprinzip mal allen… inklusive mir selbst, wenn ich erinnern darf … aber trotzdem. So geht’s nicht. Mein Text war zu kurz, erklärte nicht, woher die Überlegungen kamen.
Ich hatte vorher dieses Telefonat mit einem Freund. Dem ich noch nie persönlich begegnet bin. Trotzdem ist er Freund. Ich spreche mit ihm über alles. Sie kennen das bestimmt: dass man manchmal besser über Distanzen hinweg sprechen kann als mit den Vertrauten der unmittelbaren Umgebung. Oder sagen wir: es ergibt sich einfach manchmal so.
Dieser Freund jedenfalls ist mir einerseits nah; ich weiß viel von ihm und er von mir. Andererseits gibt es da diesen Abstand, der für mich sehr spannend ist. Ich denke immer, der Mann ist mir nichts schuldig, muss nicht so sehr auf meine Gefühle Rücksicht nehmen wie jemand aus meinem innersten Kreis das täte. Umgekehrt genauso. Er kann sich darauf verlassen, dass ich kein Blatt vor den Mund nehme.
Manchmal unterhalten wir uns dann auch über TT, und was es für mich bedeutet, dieses Ateliertagebuch zu machen. Vor allem stellt es meine Schnittstelle zur Welt dar. Mit TT bin ich unbefangener als „Draußen“. Impulsiver, provokativer, fragmentarischer und weniger perfektionistisch. Und dieser Kreis, der sich bildet, dieser seltsame Raum von Menschen, die sich gegenseitig auf ihren Sites besuchen und Kommentare hinterlassen, manchmal auch Gespräche führen, bedeutet mir viel. Sie, Leser:innen, bedeuten mir viel. Ohne Sie und die Worte, die Sie schreiben, ob nu’ ernste oder lustige, würde ich den Laden dicht machen.
Jetzt ging’s also darum, bei diesem Telefonat, wie das gehen kann: im Netz Intensität zu erzeugen. Und aufrecht zu erhalten.
Natürlich ist mir klar, dass das utopisch ist! Wer will schon immer intensiv sein? Und wer von jenen, die es wollen, würde dafür nicht lieber im Kreis enger Freunde sitzen als im Netz? Oh Mann. Da hab’ ich mich in was reingeritten. Tatsache ist, ich wollte Sie nicht vor den Kopf stoßen. Entschuldigung bei denjenigen, die meine Überlegungen in den falschen Hals bekamen. Ich bin die letzte, die nicht zugeben würde, wie wahnsinnig toll es ist, sich gegenseitig zu bestärken. Leicht und unverstellt zu sein. Unfug zu machen. Meine Güte, ich schreib’ doch auch nicht jeden Tag Texte, die die Welt erschüttern. (räusper) Noch nicht mal jeden fünften. Oder dreißigsten. Ich sitz’ hier auch auf nicht auf dem Intelligenzpodest und verteile Strafpunkte an vermeintlich Leichtfüßige – so gut sollten Sie mich eigentlich inzwischen kennen. Meine Güte, allein über meine Selbstzweifel könnte ich ein ganzes Buch schreiben! TT ist mein Ort, die auszutricksen: trotz dieser immer wiederkehrenden Koller arbeiten zu können.
Ach ja: Die Buchmesse hat >>> Faust Kultur in Auftrag gegeben, einen Fragenkatalog zu entwickeln, in dem unterschiedliche Künstler:innen zu ihrer Arbeit im Netz befragt werden. Meine eigenen Antworten sind seit heute online und >>> hier zu finden. Doch das nur nebenbei. Wichtiger ist mir dieses Anspruchsding. Dass Sie mich das sagen lassen, ohne es als eine gegen Sie gerichtete Spitze zu verstehen. Ich bin keine Abwerterin, außer mir selbst gegenüber. Eben fällt mir ein, dass es wahrscheinlich das ist, was mich als Trainerin für Jugendliche so geeignet macht: dass ich so gut weiß, wie das Geräusch des Zweifels klingt, wenn er nagt. Dass ich aber ebenso weiß, dass man ihn austricksen muss und inzwischen ein paar Werkzeuge angefertigt habe, die sich andere genauso schnitzen können.
Wäre schön, wenn..
In eigener Sache erinnere ich mich an Ihren Wunsch nach einer (neutralen) Souffleuse, die sich dann auch prompt einstellte. Die haben Sie nicht nötig, wie auch keine Rechtfertigung -keiner von uns übrigens.
Bleiben Sie bei sich selbst, mürrisch oder hochnäsig oder schweigsam oder metaintelligent, nur dann liest es sich von selbst weiter. Sie haben das Gespür für Fäden, die ein Gewebe ergeben könnten und akzeptieren dabei ein paar Löcher – zweifellos eine besondere Gabe.
Nicht rechtfertigen Sondern dem, was ist, Platz einräumen. Erstaunlich, wie dieser Rat, bei sich selbst zu bleiben, wie eine Münze von Hand zu Hand gereicht werden kann, ohne jemals dünn zu werden oder an Wert zu verlieren. Danke, Frau Rinpotsche.
Mir ist gar nicht aufgefallen, daß einigen “die Klappe runterging” wegen Ihres Textes. Das war doch kein Angriff gegen irgendwen, das waren doch “nur” Überlegungen. (Greifen Sie doch mal an, dann sehen alle mal den Unterschied!) Ich denke, ANH lag ganz richtig mit seinem Hinweis, daß Websites Phasen durchmachen, so wie ich womöglich auch nicht ganz daneben lag mit der Einschätzung, dauernde Intensität sei überhaupt nicht wünschenswert. Ich schreibe ja auf meiner Website auch hier und da mal einen Text, doch den schreibe ich als eine Art Kleinod, ohne mir um seine Wertigkeit oder Intensität Gedanken zu machen, Hauptsache, er ist für mich so weit wie möglich der Text, den ich wirklich hab schreiben und haben wollen. Is’ ja am Ende immer nur ein Angebot, und es tut niemandem weh, wenn es niemanden kratzt. (Und wenn es kratzt, auch gut, kleine Kratzer erhalten die Freundschaft.)
Guter Tipp, mal wirklich anzugreifen! Und bei dauernder Intensität holt man sich den Wolf, wie die Reiter sagen.
Schön für Sie, dass Sie sich um die Wertigkeit der Texte auf Ihrer eigenen Website keine Gedanken machen, übrigens. Ich mir auch nicht; ich les’ sie einfach gerne. Mir ist TT aber eben auch als vielstimmiger Raum wichtig, deswegen versuche ich zu präzisieren wo ich glaube, missverstanden worden zu sein.
Auf die Kratzer im Gefüge!
(Fast hätte ich Geflügel geschrieben : )
Liebe Phyllis, Zweifel sind ja noch kein Urteil, warum also nicht Raum geben statt gleich zu widersprechen oder vom Tisch zu wischen. (Abgesehen von den wirklich destruktiven.) Mit der Zeit schärfen sie die eigene Kontur, finde ich.
Haben Sie eigentlich schon die Schnecke dazu befragt?
Liebe Iris, die Schnecke sagt…
Moment…
(uhm…)
Das dauert anscheinend noch : )
🙂 habe heute vormittag die ganzen faust interviews angeschaut.
nu schau ich mit freude ihres auch an 🙂
Tolle Arbeit, die die Fausts da machen, finde ich. Viel Vergnügen! : )
wehrhaft ist dieser Text, selbstbewusst und anspruchshältig.
Und dennoch milde.
@Kienspan Wehrhaft und milde zugleich zu sein. Klingt wie ein Widerspruch. Aber die Hummel dürfte ja aufgrund ihrer Körperfülle eigentlich auch nicht fliegen können, hab’ ich mal gelesen. Und dass sie es nur kann, weil sie das nicht weiß.
Irgendwie gibt’s da einen Zusammenhang zu meinen eigenen Widersprüchen, auch wenn er sich gerade der Formulierung entzieht…
…anscheinend bin ich intelligenzgeschreddert :), denn, liebe Phyllis, der besagte Text wurde von mir anders – Sie leichtfüßig und mit einem Lachen imaginierend – verstanden.
Was die Fallenden Klappen anbelangt, so kann man sie bei einer breiten Zielgruppe wohl kaum in Gänze auschließen – und zu 100 % davor bewahren könnten dendiedas twoday-Nutzer sicherlich nur diese Kinnbinden, welche die Toten vor einem zu tumben Glotzen bewahren. Was meint… mir sind in meiner langen twoday-Beitrags-Karriere wahrlich kreativ-abwegig-e Motive untergejubelt worden. …mittlerweile – und meiner eigenen Nerven und des Energiemanagements Willen – suggeriere ich mir, dass Lawinen nur dort losgelöst werden können, wo im Vorfeld schon gehörig etwas locker saß… und nahm zum versiegenden Blog-Lebensende beim Beitragsverfassen keine Rücksicht mehr auf das breite Feld jener kaum begreif.baren Fehl-Interpretations.optionen. –
Wie feinfühlig Sie indes mit Ihrer LeserInnenschaft umgehen und sich bemühen,
gefällt mir sehr und bestätigt mich in Ihrem zauberhaften Wesen. Jawoll.
Genug gesäuselt, sei Ihnen, liebe Phyllis, hiermit beschwingt ein vollendetes Wochenende gewünscht!
@Falkin, lawinentechnisch betrachtet haben Sie ganz sicher Recht.
Nun haben Falkinnen aber vor sich wälzenden Massen eh nichts zu befürchten. Fällt mir gerade auf. Wohingegen es in einem Atelier schon schneller mal dicke Luft geben kann. Die mir nicht egal ist.
Anyway. Mich freut’s jedenfalls ungemein, dass Sie dieses mein Bemühen um Pfirsichluft sehen und zu schätzen wissen : )
Ganz herzliche Grüße und auch Ihnen ein beschwingtes Wochenende!
Ich fahre nachher nach München, weil ich morgen in einem literarischen Salon eine Lesung aus “Fettberg” habe. Freu mich schon drauf.
So, nun habe ich auch, liebe Phyllis, das Interview bei Faust Kultur gelesen, wußte ich natürlich alles schon.
Allerdings, und das hat natürlich nichts mit Ihnen zu tun, wurde mir bei dem einleitenden Text zu dieser Rubrik ‘Geld und Leidenschaft’ gleich mal schlecht – wer hat denn den Scheiß verzapft? Der Stadtkämmerer von Oberspießershausen? “Woher kommt das Geld, damit wir uns diese Leidenschaft auch leisten können?” Da hat wohl einer nur Kosten-Nutzen-Rechnungen im Kopf! Sich Leidenschaft leisten können!? Wie man sich Urlaub leisten kann oder ein schickes Auto? Wenn das eigene Geschäftsmodell gut funktioniert, kann ich mir den Luxus des Kunstmachens leisten? Die dahinter stehende “vernünftige” Geisteshaltung ist ganz sicher kompatibel mit einer Welt, in der Geld = Haben mehr zählt als Sein, in der man sich mit Geld Zeit kaufen und sich was leisten kann – gruselig! Das ist echt Werbeblättchenniveau. Und das in Faust Kultur! Aber was rege ich mich auf …
In der Fragestellung des Auftraggebers, also der Buchmesse, ging es nun mal um Finanzierungsmodelle freischaffender Autor:innen, also um Pragmatisches…
Also entgruseln Sie sich mal wieder, lieber Norbert – wir haben doch genug andere Spielflächen zum Herumspinnen : )
Pragmatisch sind alle Künstler, besonders wenn es um’s Geld geht. (Warum richtet die Frankfurter Buchmesse nicht eine Stiftung ein, um allen freischaffenden Schriftstellern den Lebensunterhalt zu ermöglichen – dann könnte man sich dumme Fragen sparen!) Hier geht es aber darum, daß die Welt des normal funktionierenden Normalmenschen über die des Künstlers gestülpt werden soll, damit der Normalmensch keine Angst kriegt vor den Leidenschaften. Entgruseln also unmöglich! Außerdem habe ich keine Spielflächen und benötige auch keine, schon gar nicht solche, die mir als Häppchen zugewiesen werden. Aber was rege ich mich auf, ich muß heute den Epilog meines Romans überarbeiten, das ist wichtiger als Geld.
Ganz gut, wenn einem mal die Klappe runtergeht. Man stolpert da ja über die eigenen (realen oder gefühlten) Unzulänglichlichkeiten. Ist die Klappe für ein Weilchen herunten, hat man Zeit drinnen nach dem Rechten zu schauen, aufzuräumen und das eigene Konzept zu überprüfen, auch das Selbstbild. Letzteres hat ja anscheinen lebenslänglich die Tendenz der Schwerkraft zu folgen, sobald man es mal auf eine vertretbare Höhe bugsiert hat. Nach einer Runde Selbstzweifel, schüchternen LaLeLus und allerlei EiaPoppeia und HeileHeileGänschen verlässt man das Steckkissen und versucht ab dato selbstbewusster seines Weges zu stolpern, zu kreuchen oder zu tanzen. Halt bis zum nächsten Aufprall. Gut so – eigentlich. Der Wunsch nach Intensität ist doch schon immer Movens aller künstlerischen Bemühungen gewesen. Ihre Ehre also.
Nebenbei, nur so aus Neugier: Betreibt der telefonierende Intensitätsnachfrager auch ein Weblog?
ja.
Wo?
wordpress
Wurm No. 1 erfolgreich extrahiert. Also nochmal ran an die Nase:
Name des Blogs??? Gast??? Intensitätsnachfrager???
Fragen Sie mich jetzt bloß nicht, warum ich das frage, das weiß ich nicht so genau. Vielleicht ist es mir danach, ein Exempel für gebloggte Intensität vor Augen zu haben. Ja. Ich glaube das ist es.
.
Na dann, muss ja nicht, soooooo spannend finde ich es nun auch wieder nicht.
@Schreiben wie Atmen zum Intensitätsnachfrager (Ich glaube, die Latte hängt inzwischen einfach zu hoch, diesen Beweis öffentlich antreten zu wollen ; )
zu privatem & öffentlichem Raum … ein spannendes Thema, hier der Link zu einem Interview mit Slavoj Žižek: “Das Internet als Kampfplatz” vom letzten Wochenendstandard:
http://derstandard.at/1348284192381/Slavoj-Zizek-Das-Internet-als-Kampfplatz
“Die Wahrheit hat die Struktur einer Fiktion” – Jacques Lacan –
Merci, Frau Libellenauge, werde mich dem Žižek widmen, sobald mein Gehirn wieder kampfbereit ist!