Dienstag, 28. Februar 2017
Nox kommt eben über den langen Flur. Wie immer ist er entspannt gekleidet, dunkle Stoffhose, helles Hemd, dazu eines seiner typischen Jacketts mit dezent folkloristischen Details. Silbernes, fast schulterlanges Haar, unter dem links der kleine, dreieckige Ohrstecker glänzt, nach dessen Herkunft ich ihn immer mal fragen wollte. Ich erhebe mich.
„Farah.“
Er ignoriert meine ausgestreckte Hand, zieht mich an seine Brust. Mehrere Augenpaare sind auf uns gerichtet, außer mir warten noch andere. Mir egal, wenn’s ihm egal ist.
„Nox“, sage ich, den Mund an seinem Ohr. Er greift mir rechts und links an die Oberarme, bringt mich sachte auf Abstand, sieht mir ins Gesicht.
„Komm’.“
Er führt mich durch den Korridor nach hinten, öffnet die schwere Tür, lässt mich durchgehen.
„Setz dich. Was trägst du denn da?“
„Sie machen es mir angenehmer, Menschen die Hand zu geben.“
„Aber rotes Leder?“, fragt er, während er seinen Platz einnimmt. „Und vorne abgeschnitten..?“
„Das sind Fingerlose. Sportlich.“
„Soso. Dann erzähl’ mal. Wie ist es dir ergangen.“
[…]
„Ich weiß inzwischen eine Menge über mich, weiß, warum ich auf bestimmte Impulse innerhalb bestimmter Muster reagiere…
an klaren Tagen kann ich mich an Dutzende von Reaktionen erinnern. Manche waren wichtig, andere hatten kaum Effekt – jedenfalls weiß ich, wie sich eine Reaktion anfühlt.“
Nox hat die Hände mit den Handrücken nach unten im Schoß liegen, hört mir zu.
„ – Aber an meine Aktionen erinnere ich mich überhaupt nicht! Ich bin mir nicht mal sicher zu verstehen, was eine Aktion i s t. Geschweige denn, wie sie sich anfühlt.“
„Ein paar wirst du dir über die Jahre schon zuschreiben können, denke ich…“
„Die waren auch nur Reaktionen auf etwas, das mir zuvor passiert oder nicht passiert ist.“
„Präziser?“
„Bei jeder zukünftigen Handlung setze ich etwas voraus: eine Vorstellung dessen, was bereits geschehen ist und was durch meinen nächsten Schritt geschehen sollte. Ich brauche Voraussetzungen, um handeln zu können.“
„Und wo kommen die her?“ fragt Nox.
„Sie bestehen aus meinen ungezählten Reaktionen, die, sofern ich mich an sie erinnere, mein Ich-Gefühl ausmachen.“
Er nickt.
„Wo aber sind meine Aktionen,“ frage ich, „wie erkenne ich sie?“
„Was bedeutet dir die Vorstellung zu agieren?“
„- Anstatt zu reagieren?“
„Ja.“
„Unmittelbarkeit“, sage ich. „Und Entscheidungsfreiheit.“
„Du willst Entscheidungsfreiheit? Unbedingt?“
„Unbedingt.“
„Dann machen wir jetzt ein kleines Spiel.“
Er erhebt sich.
„Steh bitte auf. Und sieh mich an.“
Und dann?????
Das ist (noch) geheim. *lächelt*