(…) Andererseits ist die Identität im Kapitalismus ökonomisch verfasst als riesiges Feld der Vermarktung. Ganze Service-Industrien gruppieren sich um die Einzelnen und organisieren die Ausrüstungen für das vermeintlich Eigene. Es gilt ein allgemeiner konsumistischer Ich-Befehl. Der Distinktionsgewinn lauert überall. „Ich“ mache den Unterschied mit Hilfe von Mode, Kosmetik, Popkultur, Touristik etc.
Diese ganzen Selbst-Aufrüstungen hinterlassen ein zwiespältiges Bild – sie können als Training für den selbstbewussten Gang durch die komplexen und dynamischen Wirklichkeiten des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens gelesen werden. Sie wirken aber auch immer schal, weil Konsum letztlich leer bleibt im Verhältnis zu anderen „realen“ Erfahrungen. (…)
Identität ist oft die Summe dessen, wie wir andere sehen oder verkennen und wie wir gesehen werden und gesehen werden wollen. Krisen und Verstörungen sind hier ebenso wichtig wie Erfahrungen der Wirksamkeit, des Einflusses aufs eigene Geschehen. Achtsamkeit, die wir nicht bekommen haben oder vermissen, kann uns darauf hinweisen, diese anderen zugute kommen zu lassen, es besser zu machen, als es uns ergangen ist.
Diese Mikropolitiken des Alltags sind wesentlich für das Ganze der Gesellschaften. (…)
>>> Thorsten Schilling im Editorial des aktuellen fluter – dem Magazin der Bundeszentrale für politische Bildung
Der fluter ist für eine junge Zielgruppe jeden Alters konzipiert. Die Beiträge sind kurz, intelligent und realitätsnah, ohne je in Jugendjargon zu verfallen, kurz, das Ding ist klasse gemacht.
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