[…] Deshalb bin ich auch – wie Sie erstaunt festgestellt haben – wenig entzückt, wenn Männer großmütig sagen, sie liebten “selbstbewusste Frauen”. Auch das Bild der so “selbstbewusst” mit ihrem Körper agierenden Frau ist nämlich ein männlich geprägtes und auf einen männlichen Blick hin gestaltetes. Aus eben diesem Grund beschäftigen sich männliche Künstler weiterhin sehr gern und sehr hingebungsvoll mit weiblichen Körpern (um diese Repräsentanz des Eigenen über das Bild der Anderen fort- und umzuschreiben). Weibliche Künstlerinnen dagegen setzen sich in großer Zahl mit dem eigenen Körper auseinander, um diesen zunächst einmal f ü r s i ch zu entdecken. Leider wird die Selbtrepräsentation der Frau im Bild weiblicher Künstlerinnen von vielen männlichen Interpreten weiterhin und geradezu zwanghaft als eine ausgelegt, die sich auf sie, auf das männliche (Selbst-)Bewusstsein richtet. Falsch! […]
>>> Melusine Barby in einem >>> Kommentar in Die Dschungel, 2. März 2013
Wie so oft hat Melusine da einen Nerv bei mir getroffen; im Kontext meiner Role Model – Überlegungen würde ich gerne später noch etwas dazu schreiben. Muss nur erst einmal zum Allergologen… ein paar neue Prick-Tests sind fällig. Welcome to the world of Quaddel… (Insiderwitz)
Morgen, allerseits! : )
Da sage ich auch nix dazu, gibt nur wieder Ärger, aber wenn ich etwas dazu sagte, dann, daß ein Mann ganz naturgemäß “ein männlich geprägtes und auf einen männlichen Blick hin gestaltetes” Bild der Frau hat, was denn bitte sonst, während die Frau eines auf sich selbst hat, das sie doch bitte auch allein für sich selbst gestalten möge, und auch eines auf den Mann, das ein fraulich geprägtes und auf einen fraulichen Blick hin gestaltetes Bild ist. (Wir Männer wissen davon, von den Männerbildern der Frauen, ein Lied zu singen! Aber hallo!) Wie dies alles in Kunst und Kultur ankommt und vermarktet wird, ist dann etwas anderes, aus dem ganzen Bildergemache Hergeleitetes, und hat (auch) viel mit Gier und Geifer der Menschen zu tun. Das Bild der sich so tapfer nur mit dem eigenen Körper beschäftigenden Frau, die dann eben damit unglücklicherweise, obwohl sie sich doch erstmal selbst erkennen muß, in den primitiven Blick des Mannes an sich gerät, der nur so sich überhaupt als Mann fühlt und nur so seiner Bestimmung gemäß zu vegetieren in der Lage ist, ist allerdings schon etwas abgehangen und dürfte wohl nur noch für die reinsten Engelein unter den Frauen wirklich schlimm sein. Aber ich habe nichts gesagt, notfalls bestreite ich jede Wortmeldung und verweise auf den Beginn der Heuschnupfenzeit und den damit verbundenen Schwindel. Und meine Wohnung muß ich heute auch noch selbst putzen, stellen Sie sich das mal vor!
Nun mal halblang, lieber Norbert, Ärger gibt’s doch hier in letzter Zeit g a r nicht mehr – manchmal vermisse ich ihn fast ; )
Ich zumindest mag diesen oft schwadronierenden Tonfall, den Sie am Leibe haben; ich finde ihn witzig, manchmal übertrieben, immer menschlich (obwohl das, bäh, inzwischen ja fast schon zum Unwort geworden ist) und vor allem schätze ich Ihren produktiven Verdrossenheitsfetisch. Der entspannt mich. Fragen Sie mich nicht, warum. Sie sehen also, “Ärger” ist von meiner Seite nicht zu befürchten! Und Melusine, ihrerseits, ist eine hochkultivierte Frau, die, andererseits, eine Menge Wut im Bauch hat und diese Wut in anderen auch durchaus anerkennt – selbst wenn’s dann manchmal zum clash kommt.
Aber zum Thema!
Es ist nun einmal so, dass uns allen der fremde ERwartungs-Blick gehörig auf die Laune schlägt. Ich will gar nicht bestreiten, dass auch Sie als Mann sich gegen Normierung zur Wehr setzen, weiblichen Erwartungsklischees nicht entsprechen wollen. Wär’ auch bléd, wenn Sie’s nicht täten! Dass aber viele zeitgenössische Künstlerinnen (anders als die Künstler) ihren Körper als Ausgangspunkt ihrer Arbeit definieren, liegt meines Erachtens nicht daran, dass sie sich so schön finden. Oder kein anderes Arbeitsmaterial vorhanden wäre. Sondern daran, dass sie – als Repräsentantinnen vieler anderer Frauen – mit einem oft dringenden Unbehagen zu tun haben und versuchen, diesem Ausdruck zu verleihen, es gesellschaftlich und kulturell zu verorten. Einen eigenen Blick zu entwickeln, der dort beginnt, wo die Intensität am stärksten ist, nämlich am eigenen oder fremden, weiblichen, Körper. Und es sollte mich sehr wundern, wenn uns dieses Unbehagen schon in die Wiege gelegt wäre –
Das nur schnell hingehackt, später mehr, muss eben einen Antrag fertigmachen.
Schön, daß ich, liebe Phyllis, ganz Ihr Diener, zu Ihrer Entspannung beitragen kann. Da ich grad schwer schniefend putze, will ich kurz nur notieren, wie recht sie hätten, wenn es denn um das Repräsentieren ginge. Wie sagt doch die Lateinerin ganz richtig: “Qui melius scit pati: maiorem tenebit pacem.” [“Wer besser leiden kann, findet den größeren Frieden.”] (Oder war’s etwa doch der Lateiner!?)
Ahoischnupfen! (Das Wort widme ich Ihnen – klingt inspirierter als das Original und hilft vielleicht sogar beim Überwasserbleiben … )
Weiterputzen!
Jawoll, Gebieterin – und danke für das Wort, das kann man niesend prima in die Welt prusten.
Nach all dem Putzen und Niesen war ich dann schließlich langsam wieder fit und auch bereit für die Tagestextnachsichtung, woraus natürlich wieder nur Text werden kann – das soll einer verstehen: http://nwschlinkert.de/2013/03/07/produktiver-verdrossenheitsfetisch/
Über den “männlichen Blick” habe ich bei MelusineB öfters, stets lange nachsinnend, gelesen. Das hier eingestellte Zitat hat eine Öse, in die ich nun einzufädeln wage:
“Aus eben diesem Grund beschäftigen sich männliche Künstler weiterhin sehr gern und sehr hingebungsvoll mit weiblichen Körpern (um diese Repräsentanz des Eigenen über das Bild der Anderen fort- und umzuschreiben).”
Ich würde abweichend vorschlagen, dass die hingebungsvolle Beschäftigung des Künstlers mit dem weiblichen Körper auch als suchende Bewegung aufgefasst werden könnte. Die Repräsentanz der Anderen könnte – dem Eigenen fehlend – eingeschrieben werden wollen. Die “Anima” wird im Außen gesucht, der “Animus” hingegen im Innen. Wenn man diese Archetypen nicht als belanglos abtut, wird kaum verwundern, dass Künstlerinnen weit weniger intensiv mit männlichen Körpern beschäftigt sind.
Eine mir liebe Freundin brachte mich darauf, als sie mir in anderem, in weiterem Sinne jedoch verwandten Kontext schrieb, dass sie sich keine Männerschuhe anziehe. Da ich der meinigen vor einiger Zeit unbeabsichtigt verlustig ging und seither konsequenterweise barfuß laufe, verstehe ich nun recht gut, was sie meinte.
@Zaungast Das ist eine mir nahe Überlegung, die Sie da anstellen. Leider hab’ ich verschlafen und muss nun erst einmal eilends zur Stiftung ins Meeting. Bis später.
@Zaungast Ich kann durchaus nicht glauben, daß das überhaupt so stimmt, daß nämlich die männlichen, sich bildnerisch betätigenden Künstler hohen künstlerischen Ranges sich so sehr mit dem weiblichen Körper beschäftigen. Ich habe in meinem Leben viel mit bildenden Künstlern zu tun gehabt (und habe diese Kunst ja auch selbst betrieben http://nwschlinkert.de/bildende-kunst/ ), und weder haben sich in meinem Umfeld die Männer künstlerisch mit Frauen beschäftigt noch die Frauen mit Männern, das stand schon vor zwanzig Jahren nicht mehr zur Debatte. Ein paar alte Herren, die Modigliani oder Picasso noch persönlich kannten, mögen das vielleicht noch betreiben, ansonsten sind es wohl eher nur Epigonen, Eklektiker, Hobbykünstler und Erotikfotohersteller, die sich “hingebungsvoll” mit dem weiblichen Körper beschäftigen, ohne daß dies relevanter wäre als die Tatsache, daß sich etwa Zeitschriften mit Bildern von Frauen auf dem Titelblatt besser verkaufen und auch von Frauen eher gekauft werden, nach allem was man aus der marktwirtschaftlichen Statistikecke so hört.
@Zaungast und Norbert W. Schlinkert Könnte ich Aussagen zu “Männern” und “Frauen”, beziehungsweise deren Körpern treffen, die Aussicht auf Kitsch, Konsens und Kaufkraft hätten, würde ich einen dieser vielen Beziehungsratgeber schreiben!
Ebensolches gilt für Künstlerinnen und Künstler – ich versuche immer, so zu formulieren, dass meine Subjektivität sichtbar bleibt.
Bin kein Guru.
(A propos: Schauen Sie sich “The Master” im Kino an, wenn Sie können – interessanter Film!)
Was Umgang mit dem Thema “Körper” anbelangt: Ich glaube, dass der zum “Base Case” (das Wort habe ich gerade bei einem Meeting gelernt ; ) fast aller Künstler:innen gehört. Grundrepertoire. Vom ersten bis dritten Semester malen und zeichnen alle Akt… und stellen fest, wie viele Themen sich mittels des menschlichen Körpers bearbeiten lassen.
Die armen werdenden bildenden Künstler – drei Semester Aktzeichnen und -malen? Dabei zählt der Mensch doch eher zu den häßlichen Tieren.
Um was es mir aber ging war auch, daß man nicht auf diese Mythen reinfallen oder sie selbst bilden sollte, nach denen es so oder so ist mit “den” Männern und “den” Frauen. Beliebt sind ja eben genau diese Mythen, die den männlichen Künstlern das Übergriffige und den weiblichen das Insichgekehrte zuweisen – ganz, ganz gefährlich, damit wird man keinem künstlerisch tätigen Menschen gerecht. Sooo wichtig ist das Ganze dann aber natürlich auch nicht, weil die bildende Kunst nicht mehr sehr relevant ist. Spannender ist es, sich die Themen in den diskursbestimmenden künstlerischen Bereichen anzusehen und die bildende Kunst sich ihrem Markt zu überlassen.
Was sind denn die relevanten, “diskursbestimmenden” künstlerischen Bereiche, Ihrer Meinung nach?
. Die Literatur natürlich, denn da ergibt sich der Diskurs (im engeren Sinne) über die Zeiten hinweg ganz natürlich qua Sprache, ähnliches gilt für das Theater. Aber ich ahne schon, daß Sie die Literatur als Literatur sehen und nicht als Kunstgattung! Der Rest der Künste hat es natürlich noch schwerer heutzutage, weil auch hohe Qualität im Bildermeer untergeht. [GGW(getz gehts wieda)!]
@Beziehungsratgeber Dass [gestaltende] Beziehung gemeint ist, insinuiert das Zitat – keine Frage – in geschickt eingesetzt polemischem Unterton, welcher sich im Gesamtkontext der Stellungnahme MBs erklärt.
Die Transitivität der Beschäftigung des Künstlers (einerlei, welchen Ranges) mit dem weiblichen Körper mag durchaus auch anzutreffen sein. Im Kunstschaffen überwiegt nach meiner Auffassung allerdings der reflexive Prozess, die Beziehung mit sich selbst und dem ‘Ganzen’. Ich würd’s als Bildungsprozess verstehen, im Sinne von ‘Werden’.
Was der Künstler noch sucht, hat die Künstlerin schon. In einem sexistischen Weltbild geht solches unverstanden unter. Das könnte im Kern, so vermute ich mit aller gebotener Vorsicht, Anliegen MBs sein.