54 Gedanken zu „Die zehn Erlaubnisse. Erste Erlaubnis.

  1. Wo haben Sie denn diesen Schmonsenz her? Das ist ja fast so, als wollte man jemandem die Freiheit schenken, was schon allein deshalb unmöglich ist, weil man sich die nehmen muß. Wer so etwas wie diese erste Erlaubnis erteilt, erwartet bei jedem Nein eine mitgefühlte Dankbarkeit gegenüber sich selbst, dem Erlaubnisgeber. Perfide, sag ich da nur, perfide. Bin mal auf die zweite Erlaubnis gespannt.

    • Das ist eine von vielen möglichen Sichtweisen. Spannt man eine Altersdifferenz von 25 Jahren zwischen “Sender” und “Empfänger” auf und verschiebt diese über die statistische Lebensspanne eines Menschen, kommen weitere Sichtweisen zustande.
      Freiheit schafft man sich mit dem “Nein”, zur rechten Zeit ausgesprochen (und durchgehalten). Freiheit muss geschaffen werden, sie ist nicht einfach vom Lebenswarentisch zu nehmen.
      (ist der Ausdruck “Schmonsenz”, der mir bislang unbekannt war, vom Begriff “Schmonzes” hergeleitet?)

    • @Kienspan, Weberin, Syra Stein Natürlich ist das nur EINE mögliche Sichtweise, das muß ich ja wohl nicht betonen. Ich ging von einer Kommunikation zwischen an sich gleichberechtigten Gesprächspartnern aus, nicht etwa von einer, die zum Beispiel im Rahmen eines Erziehungsauftrags erfolgt. Dann nämlich sähe die Sache anders aus, vor allem wenn man zugrunde legt, daß Erziehung der Versuch ist, die terroristische Natur des Menschen in wenigen Jahren zu entschärfen, woraus ich aber nicht geschlußfolgert haben will, Erziehung sei Krieg, selbst wenn es oft so aussieht.
      Schmonsenz ist übrigens nicht hergeleitet, sondern für mich als Wort einfach da, wahrscheinlich schon sehr lange. Ich denke aber, es kommt eher von ‘Schmu’.

    • “an sich” er macht immer noch einen Schlenker, als wäre er doch ein bißchen gewitzter als die Anderen, sind Sie nicht Herr Schlinkert, keine Bange

    • @DERHOF Es fängt schon damit an, daß am Ende der Punkt fehlt, doch dafür haben Sie die An- und Abführungszeichen sehr schön gesetzt. Sehen Sie, es geht auch weniger gewitzt.

      Sie sind sicher der bestellte Troll, ohne den kein Blog lange auskommt. Das “an sich” hatte übrigens keinen tieferen, sondern nur den Sinn, mich sprachlich präzise auszudrücken, aber das wollten Sie sicher nicht wissen.

    • @Weberin Ich habe dem/der DERHOf lediglich aufzeigen wollen, auf welchem Niveau er/sie sich offensichtlich befindet, wenn er/sie das inhaltlich unabdingbare “an sich” in meinem vorherigen Kommentar als Anlaß nimmt, hier rumzustänkern, so daß diese Bemerkung mit dem fehlenden Punkt allein der Demonstration dient, wie dumm man argumentieren müßte, befände man sich auf DERHOF-Niveau – deswegen auch der Nachsatz “Sehen Sie, es geht auch weniger gewitzt”.

      Ihre Bemerkung “ist das nicht selbst für sie unter ihrem niveau” zeigt aber nicht nur auf, daß Sie meine Replik auf DERHOF nicht verstanden haben, sondern daß Sie mich offensichtlich beleidigen wollen, wahrscheinlich mal wieder aus Versehen.

    • Was, wie: Nein? Erst mißachten Sie die eindeutig aus dem Kontext sich ergebende Intention einer Antwort an jemand Anderen, vielleicht weil Sie nicht präzise lesen oder mit Polemik und Rhetorik nichts anzufangen wissen, was weiß ich. Dann schreibe ich Ihnen etwas dazu, zur Erläuterung. Dann gehe ich auf Ihre an mich gerichteten Zeilen ein, weil ich darin eine unfreundliche Absicht erkenne, die wohl kaum zu leugnen ist, es sei denn, Sie wissen nicht, was Sie schreiben. Und dann schreiben Sie mir am Ende ein Nein zurück? Auf was soll sich das denn beziehen? Ich will’s garnicht wissen!

  2. Noch eine Sicht:weise … mitunter schützt man mit einem Nein nicht nur sich selbst, sondern auch den Anderen.

    @NWS:
    Perfide? Ja. Die Umkehr. Manchmal ist sie dringend notwendig. Auch, um zu schützen, oder zu öffnen…

    • @all Huhu, bin wieder da. Gereizte Stimmung heute, hm? Die kommenden neun Erlaubnisse werden noch viel schlimmer – da werd’ ich dann wohl Kaltgetränke in den Ecken bereitstellen, zur Abkühlung ; )

    • p.s. Dieser erste Erlaubnis verstehen wohl nur jene von Ihnen, die sofort wissen, was gemeint ist: Menschen, die eben nicht nein sagen können. Die sich aus Liebe und Verantwortungsgefühl oder sonst irgendeiner fatalen Schwäche (grins) heraus nicht abgrenzen können.
      Und denen man, bevor sie schon wieder Ja sagen, diese Erlaubnis mal hinhalten könnte. Wohl wissend, dass auch die eigenen Erwartungen dann vielleicht nicht erfüllt werden. (War das erklärungsbedürftig?)

    • Ach so! Das war mit psychotherapeutischer oder sozialpädagogischer Absicht geschrieben! So mit mütterlichem Goodwill. Dann freu ich mich schon auf die nächsten neun Erlaubnisse aus Ihrer Praxis 😉 Obwohl ich Verbote eigentlich besser fände, das kommt dann nicht so gönnerinnenhaft rüber.

    • Gönnerhaft erscheint wohl eher das “Du”, weil man’s von TT nicht gewohnt ist. Ein “Du darfst” kommt nicht per se von oben herab.

      Im übrigen: Erlaubnisse sind gleichzeitig immer auch Verbote, und umgekehrt. Sie trennen sich eigentlich erst in zwei unterschiedliche Begriffe, wenn man ein bißchen an ihnen zupft.

    • Ich wollte Herrn Schlinkert ja schon zustimmend fragen, was für’n Schmonzes das sei (auch wenn es vielleicht meine eigene Schuld ist, wenn “Du darfst” für mich schon werbekontaminiert ist), dann bin ich aber an dem zweiten Satz hängen geblieben, den ich immer noch nicht recht begreife. Ich darf “Nein” zu einem Menschen sagen? Ist das nicht unchristlich? Verkündet nicht das Evangelium, dass Gott “Ja” zu mir und allen gesagt habe und fordert es nicht Gleiches von mir für meine Nächsten. (Was bin ich nur wieder für’n armer Teufel, dass ich derart aufs Evangelium gekommen bin.)

      Nun sieht die Realität vielleicht evangelikal und meschugge (jiddisch! – könnt nicht jemand ein paar jüdische Witze erzählen?) aus, hat aber nicht viel mit dem Evangelium zu tun… Haben Sie also der Weberin das Recht gegeben, “Nein” zu Herrn Schlinkert zu sagen? – Das ist jetzt eine gefährliche, wahrscheinlich falsche (De-)kontextuierung ihres Neins, denn in der Diskussion meinte sie vermutlich nur, dass sie Herrn Schlinkert nicht beleidigen wollte. Und das ist so gefährlich bei der Kommunikation im Netz, wenn nur ein paar dürre Worte oder Sätze da stehen.. und trotzdem formen wir davon schon ein Bild nicht nur davon, wie es gemeint sei, sondern auch von dem der es äußert – vgl. http://taintedtalents.twoday.net/stories/14632052/ ? –

      Kurzum, ich habe Ihren zweiten Satz, phyllis, nicht verstanden. Ist er wirklich so gemeint, dass es erleichternd oder in Ordnung ist, wenn man einfach mal “Nein” zueinander sagt?

      PS. Nun habe ich schon wieder so lange an dem Text getippert, dass er schon wieder obsolet ist, weil die Antwort schon darüber erschien… Soll ich’s dann alles in’nen Orkus schicken?

    • “Sie dürfen Nein sagen. Und Sie dürfen bei mir damit anfangen.” Mhm. Ich finde, auch das muß nicht per se von oben herab kommen, das kann auch von einem wohlmeinenden Chef, Lehrer oder Dozenten gesagt sein. Eher finde ich das “Du darfst …” ein wenig herablassend, aber das sind nur Einschätzungen, die darauf beruhen, wie ich mir das ausgesprochen vorstelle, denn egal ob “Sie” oder “Du”, man kann diesen Satz gereizt, ironisch, belehrend, wohlwollend und so weiter aussprechen, man kann ihn brüllen oder flüstern, ihn wie einen Befehl klingen lassen oder wie einen Ratschlag. Es fehlt der Kontext, die Geschichte dazu, die Menschen, die ihn sprechen oder hören. Es sind “dürre Worte” (Phorkyas).

    • Es sind so wie ich sie verstand, zwei Sätze, die einen Aspekt von Liebe abbilden. So etwas wie Nächsten-liebe. Freundschafts-liebe.
      Ich bin immer wieder verwundert, wie unterschiedlich Sätze aufgefasst werden – offenbar sind meine nicht so angekommen, wie ich sie weggeschickt habe.
      Ein christlicher Gedanke allerdings ist da durchaus im Spiel,

      @ Phorkyas, zumindest bei mir. Eine Vorstellung, dass das Geschenk der Freiheit, die man einem anderen zugesteht, erst dann etwas “gilt”, wenn man willig in Kauf nimmt, dabei selbst auf etwas verzichten zu müssen.

    • @NWS Ich erlaube mir, entschieden zu widersprechen. Es ist kein therapeutisches, sondern ein philosophisches Thema, das hier angesprochen wird.

    • @Kienspan Eben diese Frage, um was es hier geht, ist nach wie vor ungeklärt. In jedem Fall ist eine philosophische Herangehensweise sehr sinnvoll, einige andere aber auch. Es kommt eben auf den Kontext an, in den wir die beiden Sätze stellen.

    • Auf den Kontext kommt es an. Dem stimme ich vorbehaltlos zu.
      “Du darfst Nein sagen. Und Du darfst bei mir damit anfangen.” flüsterte sie lächelnd, während sie ihn liebevoll umarmte, um gleich danach ihre Hände in die Gesäßtaschen seiner Jeans zu versenken.
      Der, zum Beispiel, war nicht gemeint, da bin ich mir (ziemlich) sicher.

  3. @Walker Im Geiste Frau Kiehls aktuellen Beitrages möchte ich nun auf Ihre Frage eingehen: Das Recht zum “Nein” gehört unabdingbar zu den Instrumenten persönlicher Lebensgestaltung und zur Schaffung individueller Freiheit. Der Anspruch darauf leitet sich aus der Gleichheit vor der Schöpfung her, wenn Sie so wollen. Diese Gleichheit wurde aber durch den Glauben an die Wirkmächtigkeit des Geldes unterwandert.

    Freiheit wird nicht einfach genommen, sie wird geschaffen. Letztlich, Frau Kiehl erwähnte das bereits, gewähren wir sie einander. Wer meint, Freiheit kaufen zu können, unterdrückt. Wer meint, das sei in Ordnung so, praktiziert monetäres Faustrecht. Das muss erstmal innerlich verstanden werden, denn dann erst kann Fortschritt zu anderen Formen des Zusammenlebens gelingen.

    • @Kienspan Zunächst vielen Dank für Ihre Antwort, Kienspan. Gleichzeitig, das wird Sie nicht wirklich wundern, kann ich den Zusammenhang zwischen dem von Ihnen soeben geschriebenen und dem vorherigen Thread nicht erkennen. Die in einer offenen Gesellschaft wie der unseren selbstverständliche Freiheit des Nein sagens steht doch in keinem Zusammenhang damit, dass Sie argumentieren, dass Ihnen Kaufkraft vorenthalten (!)wird. Als gäbe es ein Grundrecht auf matrielle Vesorgung nach persönlichem Gutdünken, wenn man mal von ALGI, II und Sozialhilfe absieht – auf die auch Sie selbstverständlich Anspruch haben. Kaufkraft (Geld), die über die eben genannte Grundversorgung hinausgeht erhält derjenige, der in unserer Tauschgesellschaft ein Gut oder eine Dienstleistung anzubieten hat, für die eine Nachfrage besteht, so dass andere Marktteilnehmer mit Ihnen in eine auf Leistung- Gegenleistung beruhende Beziehung eingehen. Alleine das Vorhandensein von Geld hat an diesem grundlegenden Prinzip eines marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaftens übrigens nichts geändert. Geld dient in dieser Hinsicht lediglich als “standardisiertes” Tauschsurrogat. Unabhängig davon hat Geld natürlich noch andere Funktionen und ich will nicht bestreiten, dass unsere Gesellschaft auch nach meinem Dafürhalten in vielerlei Hinsicht zu sehr in Strukturen denkt, die am Geld orientiert sind.
      Wie dem auch sei. Ich kann jedenfalls nicht erkennen, wo in dem Recht des Nein sagens Ihr Anspruch auf (mehr) Kaufkraft begründet liegt.

    • @Phyllis:
      … bei aller oder gerade wegen der Freundschaftsliebe. Solch einen Satz aus einem solchen Grunde zu einem Freund zu sagen, wäre dann für mich aber eher die Methode mit der Axt. Ich wagte so etwas niemals. Das klingt zwar gütig und mitfühlend, erhebt aber den einen über den anderen. “Du d a r f s t….” Was denn, würde man dem Freund, gerade aus diesem Grunde, wirklich abschlagen können? Es würde eine Zwickmühle werden… und ein wirkliches Üben wäre es auch nicht, wenn der Freund dann lediglich auf sein Bier verzichten müsste.

      Ich hatte allerdings mal’nen völlig anders gelagerten Fall… eines meiner Selbste konnte nie Nein sagen. Das hat’s doch tatsächlich von einem der anderen gelernt. Genau! 🙂

      @Kienspan:
      Das verstehe ich nicht ganz, wir können dem anderen seine Freiheit doch nicht gewähren…. für mich ist’s ein Akzeptieren, Achten und Respektieren, dessen, was der andere, beispielsweise der Freund, für mich ist. Eine Art Freiraum entsteht natürlich dadurch…. welcher für mich innerhalb einer Freundschaft selbstverständlich ist. Oder hab ich da was falsch verstanden? Von etwas frei zu sein, bedeutet, daß mir diese Freiheit von anderen gewährt wird? Ich kann mir diese Freiheit nicht selbst erarbeiten?, verschaffen, dafür sorgen?, was nicht bedeuten soll, daß ich sie mir kaufe… das geht ja garnicht. Ich versteh wahrscheinlich nicht, was Sie meinen. Erklären Sie’s mir? Bitte?

    • @Syra Stein Ich will darüber nachdenken, was Sie schreiben. Mich verwundert weiterhin, warum ein “du darfst” so viel Gefälle implizieren sollte. Ich suche nach einem Beispiel, um meinen eigenen Blickwinkel deutlicher zu machen. Später. Jetzt setz’ ich mich erstmal in die Abendsonne : )

    • @Walker Da haben Sie recht, es wundert mich überhaupt nicht. Ich kann Ihnen nicht verübeln, dass sich der Zusammenhang im ersten Darüberlesen nicht sogleich erschließt. Aus Erfahrung kann ich sagen, das braucht seine Zeit. Eines nur: Ich möchte Sie herzlich bitten, diese Diskussion von meiner Person abzulösen, das würde sonst nur behindern.

      @Syra Stein
      Wenn Sie diesen Kommentarstrang durchsehen wollen – von daher nämlich rührt meine Antwort an Walker; das war einfach nicht ersichtlich.

    • @Syra Stein @Phyllis Im Prinzip gebe ich Syra Stein recht.

      Das Gebot “funktioniert” für mich nur als Parodie auf die Zehn Gebote, also “Gott” (bzw. unser “Gewissen”) spricht: Statt “Du sollst…” – “Du darfst…” (zum Beispiel “Nein” sagen, selbst zum Glauben). Das hieße den Versuch zu unternehmen, die Moral nicht negativ, sondern positiv zu begründen. Logisch muss das scheitern. Aber es gibt ja auch ein jenseits der Logik: Bedingte “Pflichten” (gegen sich selbst…).

      Als Satz an einen Freund/eine Freundin gerichtet dagegen empfinde ich gleichfalls ein unangemessenes Gefälle. Unter Freunden ist eine solche “Erlaubnis” so überflüssig wie das Reden über “Vertrauensbildung” mit denen, denen man vertraut.

    • Der Ton macht die Musik, heißt es. Die im Beitrag vorgestellte “Erlaubnis” kann ich mir in väterlich gewährendem Ton vorlesen, liebe Melusine, oder aber auch als bestimmt vorgetragene affirmative Aufforderung (derselben Vaterfigur).

      Wenn die Sätze unter Erwachsenen gesprochen werden (müssen), handelt es sich nach meinem Verständnis tatsächlich um ein zu behebendes Gefälle; nämlich jenes, welches der Freund durch seinen “Ja”-sagenden Kniefall vor seiner Umwelt erzeugt. D A S ist unangemessen, nicht jedoch der Hinweis darauf.

    • Noch ein Nachtrag:
      Egal ob Freundschaft oder Nächstenliebe, oder Verhältnis Lehrer/Schüler…. o.ä., ich sagte nicht “Du darfst….”, ich würde stattdessen ständig mit extremen Situationen konfrontieren, in denen Nein gesagt werden müsste. Dieses “Du darfst” stellt vor eine fast unlösbare Situation. Weil’s nicht wirklich hilft, eben weil es nicht wirklich ein Tritt in den Arsch ist. Das ist wie beim Fallschirmspringen… ich steh da oben, soll auf 4500 Metern Höhe Anlauf nehmen, kurz vorm Sprung stoppe ich. Mein Lehrer guckt mich an, ich schüttele trotzig den Kopf. Erneuter Anlauf, wieder eine Vollbremsung und Kopfschütteln. Da nutzt es nix, wenn der Lehrer da steht und sagt: “Du darfst….” Schwups, beim nächsten Anlauf einen Tritt in den Arsch…. ich brauchte noch einen zweiten, damit ich kapierte, daß ich es kann.

      @Kienspan
      Sie quatschen nicht zuviel. Ich kann mir obengenannte Situation auch entweder nur zwischen Lehrer/Schüler… (eben Vaterfigur… ), oder als Dialog zwischen zwei Selbsten vorstellen. 🙂 Gerade deshalb, weil der Ja-sagende Kniefall ein Gefälle veruracht, bin ich als Freund in der Pflicht, dafür zu sorgen, daß er gerade stehen bleiben kann. Das kann er aber nicht, wenn ich zu ihm sage: “Du darfst….”, weil das Gefälle dann zusätzlich noch ein ganz anderes wäre.

    • @Syra Stein Sie haben meine “Charade” durchschaut! ; )
      Ich wage folgenden Kontrapunkt: als Freund bin ich nicht in der Pflicht, sondern kann meine Freiheit dazu nutzen, dem Kniefallenden zur aufrechten Haltung zu verhelfen. Durch diese Hilfestellung wird à priori jedoch kein zusätzliches Gefälle erzeugt (andernfalls wäre es nämlich pathologisch auffällig – und d a n n erst [@NWS] gelangten wir in den therapeutischen Denkbereich).

  4. ich kann den diskutierenden und ihrem unbehagen mit der erlaubnis nur recht geben. während das gebot/verbot (denn, melusine b., im lutheranischen katechismus wird aus dem „du sollst“ ein „du sollst nicht“) die erlaubnis einschränkt, entläßt die erlaubnis aus einem gebot/verbot. damit ein solches verhältnis aus gebot/verbot funktioniert, müssen die rollen schon festgeschrieben sein zwischen dem, der erlaubt, und dem, der darf. ein solches verhältnis stelle ich mir tatsächlich schrecklich vor (und ist es auch, as far as I know). ich nehme aber an, es sind die zwänge gemeint, unter denen einer lebt, bzw. die zwänge, von denen man meint, ihnen nachleben zu müssen, um den vorstellungen dieser zwänge zu entsprechen (main stream). das wäre eine andere lesart, nämlich das angebot, sich von diesen zwängen frei zu machen. das kann aber weder für eine freundschaft gelten noch für ein schon bestehendes liebesverhältnis, sondern lediglich für gelegenheitsbekanntschaften. ich fühlte mich jedenfalls in einem solchen fall durchschaut. „perfide“: Schlinkert hat recht.

    • @Parallalie Sie sehen mich sehr nachdenklich.
      Wie könnte das empfundene Verhältnis der Ebenbürtigkeit des “Erlaubenden” gegenüber dem “Dürfendem” jemals schrecklich sein? Die spontane Erklärung für diese Sicht legte mir die dazu gedachte Existenz eines Machtgefüges nahe – dem ist doch nicht zwingend so, um Gottes Willen!

      Je mehr ich darüber nachdenke, desto intensiver fällt mir die Selbstverständlichkeit jener auf, die das Vermögen zum “Nein-Sagen” praktisch mit der Muttermilch aufgesogen haben. Die mögen in der Mehrheit sein, darüber wollte ich keine Auseinandersetzung führen. Doch jene, die’s nicht durften (“Nein-Sagen, nämlich) sind zahlreich. Sehr sogar, nach meiner Beobachtung. Dabei habe ich jene Konstellationen im Auge, wo der natürliche “Nein”-Sager den anderen zum “Ja” geradezu nötigt. Ich denke hier an unterschiedliche Menschen- und Weltbilder, nicht jedoch an psychopathologische Anomalien. Wirklich spannend wird es doch erst, wenn zwei “Nein” aufeinander treffen. Dann, und überhaupt erst dann ist nämlich Verhandlungsgeschick gefordert.

      Ich wiederhole mich: Sie sehen mich sehr, sehr nachdenklich.

    • @Parallalie @Kienspan Parallalie, Sie haben vollkommen recht. Ich hätte darauf hinweisen müssen, dass im Katechismus immer schon unbedingte und das heißt negative Pflichten gemeint sind. (Und nur die – wie wiederum Kant zeigt – lassen sich ja logisch widerspruchsfrei herleiten).

      Das hierarchische Verhältnis, das der “Du darfst…” -Satz herstellt, kann durch den Folgesatz nicht aufgehoben werden. Es wird in der Tat nur p e r f i d e vervollständigt.

      (Schon reckt sich in mir der Prometheus´ – oder was seine weibliche Entsprechung wäre…)

      Und, lieber Kienspan, eine solch “väterliche” Rede, so schlau und gemein, – wie dankbar bin ich, dass mein eigener Vater zu ihr nicht fähig war. Und gerade deshalb eine groß zog, die “Nein” sagen kann. Mühelos. Und “Ja”. Auch.

    • @Melusine Ihr Hinweis auf Kant ist sehr hilfreich. Dort wird schlüssig dargetan, was “gesollt” werden kann (vergeben Sie dem Schalk in meinem Nacken ; ). Was “gedurft” wird, wurde aber nirgends aufgeschrieben. Berichtigen Sie meine Annahme bitte, falls leicht möglich. Ich wäre in meiner gerade aufgefalteten Nachdenklichkeit wirklich zutiefst dankbar dafür.

    • @kienspan @melusine b von “ebenbürtigkeit” kann lediglich die rede sein, wenn ein verhältnis von mensch zu mensch gemeint ist, was wahrscheinlich das angestrebte ideal der erlaubnis nummer eins ist (sag’ ich mal intuitiv ohne kenntnis der dies sagenden, weil die so provozierte erlaubnis eine verbotsverbannung auch schon wieder impliziert). auf die diskussion eingehend, ergab sich mir indes ein machtverhältnis. zwingend ist so etwas nicht. aber die möglichkeiten und die realitäten sind gegeben. was immer man dazu meinen mag. wie man solche situationen löst, hängt wahrscheinlich auch vom einzelfall ab, sofern sie denn tatsächlich eintreten, und man sie erkennt.

      indes, mit kant bin ich aufgeschmissen, liebe melusine b.! verwunderlich ihre vater-assoziation! ok, ich hatte meine eigene, meinte aber nicht den vater. also hierarchien, wie auch immer.

  5. Viele Menschen können nicht gut nein sagen, wodurch sie sich manchmal in Schwierigkeiten bringen. Da ist so eine Aussage schon hilfreich, denn sie beinhaltet den Hinweis auf die verantwortliche Selbstsorge. Dieses antike Lebensprinzip hat Michel Foucault wieder ins Gespräch gebracht. Nur wer die verantwortliche Selbstsorge betreibt, hat ein Anrecht auf ein gutes Leben.

  6. Nein. Etwas Dekonstruktives! Du darfst Nein sagen – allerdings zur rechten Zeit!
    Du darfst Nein sagen – im Rahmen eines Erziehungsauftrags!
    Du darfst Nein sagen – ohne Mitgefühl und Dankbarkeit!

    Du darfst Nein sagen – doch keinen Gedanken an Selbstschutz!
    Du darfst Nein sagen – wenn möglich nur bei Kaltgetränken in den Ecken!
    Du darfst Nein sagen – wenn Gereiztheit wieder reizend wirkt!

    Du darfst Nein sagen – ohne Erklärungs- und andere -Bedürftigkeiten!
    Du darfst Nein sagen – und bitte kein mütterliches Goodwill!
    Du darfst Nein sagen – obwohl Erlaubnisse ja auch Verbote sind!

    Du darfst Nein sagen – grundsätzlich hat die ganze Welt aber ja zu dir gesagt!
    Du darfst Nein sagen – von mir aus werbekontaminiert, auf jeden Fall unchristlich!
    Du darfst Nein sagen – nicht per se von oben herab, trotzdem besser mit Sie!

    Du darfst Nein sagen – gereizt, ironisch, belehrend, wohlwollend: halt alles auf einmal!
    Du darfst Nein sagen – willig bedacht auf eigenen Verzicht!
    Du darfst Nein sagen – natürlich nur kontextabhängig!

    Du darfst Nein sagen – als eines meiner Selbste, selbstsorgend!
    Du darfst Nein sagen – als Instrument persönlicher Lebensgestaltung!
    Du darfst Nein sagen – keineswegs als affirmative Gewährung, ein zu behebendes Gefälle!

    Du darfst Nein sagen – denk nicht an Charade, denk an Ebenbürtigkeit!
    Du darfst Nein sagen – gemäß dem Katechismus voller Perfidie!
    Du darfst Nein sagen – als gelernte Jasagerin!

    Du darfst Nein sagen – sogar mit einem Nein!
    Du darfst Nein sagen – natürlich im Hier und Jetzt!
    Du darfst Nein sagen – fang an bei mir!

Schreibe einen Kommentar zu Norbert W. Schlinkert Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.