Krass. Montag, 7. März 2011.

Gestern, ich hatte meine Mutter vom Flughafen geholt, auf dem Land abgeliefert, bekocht und bejubelt (sie hatte sich in der algerischen Wüste rumgetrieben, da jubelt man schon mal als Tochter, wenn das Elternteil heil wieder anlandet), gestern also, auf der Fahrt zurück, ereilte mich fast die Zerquetschung. Autobahn, mittlere Spur, hundertdreißig kmh. Vor mir parkte jemand. Ich meine, wirklich. Mitten auf der Autobahn. Keine Bremslichter, keine Warnblinkanlage, der Wagen stand einfach da, während rechts und links die Autos vorbeirauschten. Nein, Leserinnen, da war kein Stau oder stockender Verkehr, nur dieser eine Wahnwitzige, der auf meiner Spur nicht langsam fuhr, sondern schlichtweg stand. Ich bemerkte das spät, aber noch rechtzeitig, konnte aber nicht mehr auf eine andere Spur ausweichen, also bremste ich, schrie, hieb auf Hupe und Warnblinkanlage, kam ein paar Zentimeter vor der Stoßstange des Wahnsinnigen zum Stehen und wartete darauf, dass mir der Wagen, der hinter mir fuhr, den Garaus machen würde. So also entsteht eine Massenkarambolage, dachte ich und fragte mich, ob meine Halswirbel…
Im Ernst. Ich fahre einen Smart. Die Knautschzone ist dürftig, um’s milde auszudrücken.
Der Typ hinter mir fuhr mich nicht zu Brei. Er schlitterte in den Stand, ich konnte fast seinen Atem spüren und hupte nun ebenfalls, als ginge es um sein Leben. Ging’s ja auch. Ich schrie immer noch. Da setzte sich der Stehende vor mir in Bewegung. Ich sah noch ein weißes Gesicht, das sich nach mir umdrehte, dann flitzte er seitlich weg.
So. Ich war so im Schock, als ich die Wohnung betrat, dass ich auf’s Lager sank und eben erst wieder zu Bewusstsein kam.

Ich sollte was philosophisches sagen jetzt.
Stattdessen geh ich Eisen stemmen.

10:32
So viel Gewicht wie eben ging, geht selten. Wütend trainieren: dieser Hunger nach Leben und Selbstbehauptung. Titten, Arsch und Schritt trainieren da mit.
(Das bleibt aber unter uns jetzt)

20 Gedanken zu „Krass. Montag, 7. März 2011.

  1. Zum Glück ist nichts passiert. Sonst fährt Ihnen der Hintermann drauf, der Blödmann vor Ihnen fährt davon und ward nie mehr gesehn, und Sie beide bleiben zurück und haben das Malheur.
    Alles Gute.

    • Ist das nicht bemerkenswert, wie schön das Leben ohne jede Hinzufügung plötzlich wieder sein kann, wenn es einmal kurz aber ernstlich bedroht, oder durch einen Grippevirus über Tage hinweg beeinträchtigt war? Verhält es sich nicht in Wahrheit so, dass der NICHT von Krisen und Ängsten heimgesuchte Mensch der wirklichen Lebensfreude und der einfachen Genüssen im Kern unfähig bleiben muss?
      (Oh je, vielleicht steige ich jetzt doch erst mal ne Stunde aufs Radl – was meine (erzwungene) Alternative zum stemmen von Eisen ist)

  2. Zum Glück, und das ist wirklich nicht zu vernachlässigen bei allem Respekt für den großen Schreck, den das hier geschilderte bei Ihnen hinterlassen haben muss, zum Glück ist der Hunger nach Leben unversehrt geblieben. Was wichtig ist, und schön. Und gut.

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