Lang ist’s her, dass die Erwachsenen im Hause Kiehl ihrer pubertierenden Tochter bei Androhung – nein, gelogen – also bei Nichtandrohung von Strafe verboten, das Wort “irgendwie” häufiger als zwanzigmal täglich in den Mund zu nehmen. Was mir damals krass schwer fiel, denn es gibt keinen Ersatz.
Teenagern will und muss man vieles nachsehen. Doch ich hab’ schon die ersten grauen Haare, (die natürlich weggefärbt werden), stelle aber fest, das irgendwie hat sich wieder eingeschlichen. (Ebenso wie das “krass”, auf dessen wieder vermehrtes Auftreten in meinem Sprachgebrauch mich kürzlich jemand aufmerksam machte, doch dazu später)
Bin auch nicht die Einzige, übrigens, mit dem irgendwie. Melusine wollte es gestern gar wieder unter Strafe stellen, doch ich glaub’, das ist Herumhantieren am Symptom; es erfüllt ja einen Zweck. Und es gibt eine Wurzel für das Übel. Der kommt man nicht bei, indem man die Symptome unterdrückt. Wissen wir ja.
Sie merken, geschätzte Leser:innen, ich stochere mal wieder. Bin noch nicht ganz wach. Der Brombeerschaumweinschnaps von gestern hängt mir tief in den Zellen, vor allem den grauen. Um ehrlich zu sein, für ein ernstzunehmendes Plädoyer fehlt mir momentan noch die Kraft.
Ich kann also nur verkünden, es sollte eines her! Denn das irgendwie ist gar nicht mal so übel. Es verdeutlicht, der Sprechende befindet sich noch in der Findungsphase seiner Überlegungen. Der Gedanke ist noch nicht ausgegoren, doch er möchte trotzdem gerne beitragen, zu welcher Diskussion auch immer. Nur hab’ ich die Erfahrung gemacht, wenn ich warte, bis meine Erkenntnisse hieb- und stichfest sind, gehen viele Gespräche dahin, ohne dass ich ein einziges Gedankchen beigetragen hätte.
Ich bin sehr oft unschlüssig.
Und wenn ich mir sicher bin, gelegentlich mal, bin ich mir so extrem sicher, dass ich die Notwendigkeit des Diskutierens nicht mehr ganz einsehe.
Alles zwischen diesen Polen von Unschlüssigkeit und Überzeugung lässt sich mittels des “irgendwie” noch wunderbar in der Schwebe halten. Was zum Gelingen eines Gesprächs durchaus beitragen kann.
Ach, gerade überlege ich’s mir anders. Ich bin plötzlich doch dafür, das irgendwie unter Strafe zu stellen, meine Argumentation hat mich nicht überzeugt.
Meine Gedanken sind nie ausgegoren. Ohne das “irgendwie” hätte ich nichts mehr zu sagen. Mal ganz krass gesagt!
Ist auch gänzlich unattraktiv, die Vorstellung einer gärenden Muschel: dann doch lieber alles frisch gedacht und serviert ; )
Sie haben einfach den richtigen Riecher! 🙂
Irgendwie ein Text über das irgendwie. Irgendwie jedenfalls so verstanden und gelesen. 😉 LG tinius
Hey, da sind Sie ja mal wieder, Tinius! Passen Sie auf, dass Melusine Sie nicht zu einer Runde verdonnert, bei drei “irgendwie” in einer einzigen Zeile ; )
Ich bin immer da. 😉 Aber wegen seelischer Betriebsstörungen hab ich mehr mein Blog “LiebesEnden” vollgeschrieben – dabei aber dann doch darauf geachtet, Wortwiederholungen in dieser Dimension zu vermeiden. 😉 LG tinius
Vielleicht sollten Sie es in LiebesWenden umbenennen? ; )
Das wäre – erfahrungsbedingt – fehlerhaft. 😉 Bei “Wenden” ginge es weiter – wenn auch in die entgegengesetzte Richtung. Ich aber bin am Riff zerschellt.