Seitdem ich Zeichnungen mache, pflege ich zwei unterschiedliche Stile beim Zeichnen. Es gibt die „Leichten“ und die „Festen“, und sie schließen sich, wenn ich nicht bewusst darauf achte, sie parallel zu machen, gegenseitig aus: In einer Phase der festen Zeichnungen kann ich keine leichten, und umgekehrt.
Nun wird bei der Rezeption künstlerischer Arbeiten immer viel Wert darauf gelegt, dass sie eine „Handschrift“ haben, die der geschulte Blick dann mit Freude oder Ablehnung wieder erkennt. Im Grunde kann man als Künstler so ziemlich alles machen, was man will, solange die Handschrift durchschlägt.
Zwei Handschriften zu haben, ist da schon schwieriger, das muss man inszenieren. Vielleicht, indem man sagte, dieses sind meine Arbeiten, jene hat mein Alter Ego gezeichnet. Liegt mir ja sehr nah, diese Alter Ego Idee. Gäste, die schon länger hier mitlesen, werden wissen, was ich meine.
Natürlich kann man sagen, es gibt Ideenskizzen und ausgearbeitete Zeichnungen. Die Sorte, die ich in letzter Zeit hier auf Tainted Talents zeige.
Die Sache ist nur so, ich arbeite nie eine Ideenskizze aus. Meine schnellen Zeichnungen (ein Künstlerkollege nannte sie kürzlich Karikaturen) sind schnelle Abbilder dessen, was mir mein Gehirn gerade so zuspielt. Würde ich sie überarbeiten, verschiedene Versionen davon anfertigen, bis eine davon stimmig wäre, würden sie verlieren.
Die leichten Zeichnungen sind absichtlich so unfertig. Sie halten mich im dialogischen Austausch mit mir selbst, da muss man nicht viel Gedöns machen. Bliebe man mal in diesem Ich und mein Alter Ego-Bild, wären sie Repräsentanten meines Alltags-Ichs. Vielleicht ein bißchen ruppiger, als ich nach Außen wirke, aber von drinnen fühlt sich’s definitiv so an. Jeder guckt aus seinem eigenen Turm.
Die festen Zeichnungen sind ein ganz anderes Kaliber: An ihnen sitze ich lang. Der Zustand, aus dem die Bildmotive für sie aufsteigen, ist mir viel schwerer zugänglich; ich muss mich immer selbst austricksen, um da hin zu kommen. Man könnte sagen, ich zerre sie an meinem reflexiven Modus vorbei. Die Linien und Texturen zu zeichnen, durch die sie später ihre Präsenz gewinnen, ist dann ein fast meditativer Prozess.
Lassen Sie es mich so sagen: Die schnellen Zeichnungen fallen mir aus dem Gehirn in die Hand, während die festen mir aus der Hand während des Zeichnens ins Gehirn wandern, neue Orte für mich anlegen.
Ich habe mich schon oefter gewundert, wie sie das anfuehlt, sowohl die eine, also auch die andere Sorte Zeichnen. Und es scheint andersrum, als ich mir das als Nicht-Zeichner so vorstelle…